Kommission für forschungsnahe Dienste

Jahresbericht 2019

Die Kommission für forschungsnahe Dienste1 wurde im Oktober 2018 gegründet und startete mit einem vielversprechenden und offenen Arbeitsauftrag: Auf Wunsch des VDB sollten sich die sechs Gründungsmitglieder der Kommission systematisch mit dem Thema der forschungsnahen Dienstleistungen an Bibliotheken auseinandersetzen und entsprechende Vernetzungs- und Fortbildungsmöglichkeiten schaffen.

In den vorangegangenen Jahren hatte sich in diesem Bereich einiges verändert: Viele Bibliotheken boten mittlerweile Publikationsberatung, Unterstützung beim Forschungsdatenmanagement oder Hilfe bei der Verbesserung der Sichtbarkeit von Forschung an. Andere Bibliotheken fingen erst damit an, solche Dienstleistungen zu entwickeln und signalisierten Fortbildungs- und Diskussionsbedarf. In jedem Fall schien das Feld der forschungsnahen Dienste sich so dynamisch zu entwickeln, dass eine neue Kommission ins Leben gerufen werden sollte.

Wichtigstes Ziel der neuen Kommission war zunächst, einen Überblick über die Entwicklung im Bereich der forschungsnahen Dienste zu gewinnen, zu sondieren, wo Fortbildungsbedarf bestand, und geeignete Formate für Austausch und Weiterentwicklung zu schaffen.

Ein Impulscafé auf dem Bibliothekskongress 20192 bot den Rahmen, um die Kommission vorzustellen und mit Interessent*innen vieler Institutionen ins Gespräch zu kommen. Mit rund 60 Teilnehmer*innen war die Veranstaltung mehr als gut besucht und ermöglichte in einem partizipativen Format einen intensiven Austausch über Wünsche für die künftige Kommissionsarbeit. Kurze Eingangsimpulse der Kommissionsmitglieder zu Open Science, Bibliometrie, Metadaten, Digital Humanities und Unterstützung des Forschungsprozesses öffneten das Feld für eine breite Diskussion.

Ein wiederholt geäußerter Wunsch an die Kommission bestand darin, konkrete Austausch- und Fortbildungsformate zu entwickeln, ohne die Vielfalt der angesprochenen Themen zu vernachlässigen. Ein weiteres wichtiges Thema betraf die zahlreichen Schnittstellen zu anderen Themen, insbesondere die Abgrenzung zu klassischer Fachreferatsarbeit sowie Auswirkungen auf Fragen der beruflichen Qualifikation. In den letzten Jahren zeigt sich immer stärker in Stellenausschreibungen, dass dezidiert Positionen für forschungsnahe Dienste ausgeschrieben werden. Diese Entwicklung weist auf einen Wechsel in den Geschäftsverteilungsplänen und der Arbeitsorganisation in Bibliotheken hin und reflektiert die wachsende Bedeutung von zentral angebotenen Dienstleistungen, für die Funktionsstellen geschaffen werden. Wünschenswert schienen daher gemeinsame Veranstaltungen mit den VDB-Kommissionen für Fachreferatsarbeit und berufliche Qualifikation, insbesondere um dem Aspekt Rechnung zu tragen, dass diese Positionen oftmals nicht einfach zu besetzen sind.

Die Herausforderung für die Kommission bestand darin, aus der Vielfalt der Anregungen und Themen ein realistisches Arbeitsprogramm zu entwickeln, die in der Kommission vorhandenen Kompetenzen zu nutzen und themenspezifisch weitere Kooperationspartner und Expertinnen und Experten einzubinden.

Die erste Fortbildungsveranstaltung, die die Kommission organisierte, stellte die für alle forschungsnahen Dienste zentrale Frage in den Mittelpunkt: Was ist Forschung?3 Am 13. und 14. November 2019 fanden sich an der ULB Darmstadt knapp 40 Teilnehmer*innen ein, um mit acht Fachwissenschaftler*innen unterschiedlicher Disziplinen der Frage nachzugehen, wie sich Forschungsprozesse in einzelnen Disziplinen konkret gestalten: Wie sieht der Arbeitsalltag von Elektrotechniker*innen, Chemiker*innen oder Computerlinguist*innen aus? Welche Werkzeuge nutzen sie? Wo sehen die Forschenden besondere Herausforderungen bei Vorbereitung, Durchführung, Dokumentation oder Veröffentlichung von Forschungsprozessen? Welche konkreten Unterstützungsangebote würden Forschende sich wünschen? Welche Dienste könnten Bibliotheken sich vorstellen, um die einzelnen Arbeitsphasen eines Forschungsvorhabens optimal zu unterstützen? 

Der gemeinsame Blick von Bibliothekar*innen und Forschenden auf den Forschungsprozess schuf die Voraussetzungen, um diese Fragen konkret anhand von fachspezifischen Abläufen zu diskutieren und im Hinblick auf bestehende oder neu zu entwickelnde forschungsnahe Dienstleistungen zu analysieren. Die Herausforderungen in der Forschung sind heute durch mehrere Faktoren (u.a. mehr Projekte, mehr digitale Archivierungsmöglichkeiten) in einer Weise gewachsen, die ein Mehr an Strategie erfordern. Dies lässt sich beispielsweise am Forschungsdatenmanagement erklären, das nicht mit Daten-Buchhaltung verwechselt werden sollte, sondern eines eingehenden Kompetenzaufbaus bedarf. Die Qualität der Forschung kann durch die forschungsnahen Dienste der Bibliotheken insgesamt unterstützt werden. Dies geschieht immer dann, wenn der gesamte Forschungsprozess zusammen mit dem Forschungsdatenmanagement von der Datenerhebung bis zur Datenpublikation nachhaltig und qualitätsgerecht praktiziert wird.

Vor allem drei Wünsche der Wissenschaftler*innen kristallisierten sich während der intensiven Diskussionen heraus:

Um den Workshop zu organisieren, verwendete die Kommission erstmals ein Konferenz-Management-Tool, das sich für Anmeldeverfahren, Teilnehmerbetreuung und finanzielle Abwicklung als hilfreich erwies und nach entsprechend positiver Gesamtevaluierung vom VDB als Standardlösung für Veranstaltungsplanung übernommen wurde4.  

Unmittelbar im Anschluss an den Workshop war Annette Strauch zur 20. Jahrestagung des Arbeitskreises Bibliotheken und Informationseinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft eingeladen und referierte dort über die Aktivitäten der Kommission für forschungsnahe Dienste sowie über Ablauf und Ergebnisse des Workshops5.

Mitte 2019 verließ Timo Glaser die Kommission. Die anderen Mitglieder danken ihm für seine Beiträge und die Mitarbeit während der Gründungsphase. Eine Nachbesetzung durch Sibylle Herrmann erfolgte zu Beginn des Folgejahres.6

Die weiteren Arbeitsschwerpunkte der Kommission richten sich darauf, einerseits Schnittstellen zwischen forschungsnahen Diensten und anderen Arbeitsbereichen in Bibliotheken zu identifizieren (insbesondere Fachreferatsarbeit und Informationskompetenz, gemeinsame Veranstaltungen mit den entsprechenden VDB-Kommissionen sind geplant), andererseits forschungsnahe Dienste thematisch zu vertiefen und Austausch- und Fortbildungsmöglichkeiten zu schaffen. Geplant sind Veranstaltungen bzw. Aktivitäten zur Unterstützung bei der Drittmittelbeantragung sowie bei bibliometrischen Dienstleistungen. 

Kommission für forschungsnahe Dienste (Dr. Wolfgang Stille, Stefan Farrenkopf, Sibylle Hermann, Gerald Jagusch, Dr. Caroline Leiß, Annette Strauch)

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5628

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2 7. Bibliothekskongress in Leipzig – zugleich 108. Deutscher Bibliothekartag. Impulscafé der Kommission für forschungsnahe Dienste auf dem Bibliothekskongress 2019 unter<https://www.o-bib.de/article/view/5501/7695>, Stand: 24.08.2020.

4 Ein Bericht über den Workshop sowie eine Zusammenfassung der Ergebnisse erscheint zeitnah in o-bib.

5 Annette Strauch: “Research Support From Libraries For All. Unterstützung für alle!“ Vorstellung der Ergebnisse des Workshops „Was ist Forschung?“ der Kommission für forschungsnahe Dienste des VDB. Gehalten auf der 20. Jahrestagung des Arbeitskreises Bibliotheken und Informationseinrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft. 15. November 2019. Universität Magdeburg. <https://www.researchgate.net/profile/Dirk_Tunger/publication/337732723_Szientometrie_Vermessung_der_Wissenschaft/links/5de7897a4585159aa45faf45/Szientometrie-Vermessung-der-Wissenschaft.pdf>, Stand: 24.08.2020.

6 Selbstvorstellung von Sibylle Hermann in o-bib unter https://www.o-bib.de/article/view/5605/8101, Stand: 24.08.2020.