In diesem Beitrag geht es um eine Open-Source-Software für die Produktion von Diamond-Open-Access-Publikationen. Mit der Open Source Academic Publishing Suite (OS-APS) lassen sich beispielsweise Bücher oder eine Diamond-Open-Access-Zeitschrift erstellen und dann mittels Open Journal System (OJS) veröffentlichen. Redaktionen von Diamond-Open-Access-Publikationen benutzen die Open-Source-Software OJS für die Verwaltung und Veröffentlichung ihrer Zeitschriften. Veröffentlichungs-Tools wie OJS beinhalten bisher keine Werkzeuge zur Produktion der Veröffentlichungsformate PDF, HTML, EPUB und XML. Dieses Desiderat soll OS-APS schließen.
Bis jetzt haben Redaktionen und Herausgebende noch keine einheitliche Lösung für die Produktion der Veröffentlichungsformate gefunden. So arbeiten die Redaktionen mit unterschiedlichen Eigenlösungen, wie InDesign, LaTeX oder der Umwandlung eines Word-Dokuments in ein PDF. Diese Vorgehensweise setzt zum Teil spezielles Know-how bezüglich der Publikations-Tools und spezieller Anforderungen wie der Umsetzung von digitaler Barrierefreiheit bei den Redaktionen voraus.
Die Zielstellung des Projektes „Open Source Academic Publishing Suite“ (OS-APS) war es zunächst, eine Open-Source-Software zu entwickeln mit der sich Publikationen erzeugen lassen, die sichtbar, auffindbar, zugänglich und professionell gestaltet sind. Hierfür sollte es einen Single-Source-Publish-ing-Workflow geben, der offene Standards und Tools wiederverwendet.1
Ein Bruch im Publikationsworkflow hatte lange Zeit gute und einfache Publikationsformate verhindert. Auf der einen Seite stand der Content, also beispielsweise ein Word-Manuskript. Auf der anderen Seite stand die Produktion mit anderen Output-Formaten.2
Der OS-APS-Reader ist ein Feature der Open Source Academic Publishing Suite und ein Kernbestandteil des vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderten Projekts „Ausbau der Open Source Academic Publishing Suite für komplexe STEM-Publikationen und optimierte Online-Darstellungen“ (OS-APS STEMO). Der OS-APS-Reader zielt darauf ab, akademische Publikationen intuitiv, barrierearm und medienneutral darzustellen.3
Der Aufbau des OS-APS Readers beinhaltet unterschiedliche Funktionen, mit welchen wissenschaftliche Inhalte barrierefrei, nutzerfreundlich und responsiv gestaltet werden können. So gibt es beispielsweise die Möglichkeit, Links zum Herunterladen hochauflösender Versionen von Bildern einzubinden. Durch ein responsives, d. h. anpassbares Layout wird den Benutzenden ermöglicht, die Breite der Seitenspalten zu verändern, um das Layout für ihre jeweiligen Zwecke anpassen zu können. Ein auswählbarer Vollbildmodus bietet zudem die Möglichkeit eines ablenkungsfreien Lesens.
Für die Entwicklung des OS-APS-Readers wurden mithilfe der Fokusgruppe-Barrierefreiheit und Fokusgruppe-OS-APS-Reader aus dem wissenschaftlichen Beirat von OS-APS STEMO Anforderungen für barrierearme, wissenschaftliche Dokumente erhoben. Zum besseren Verständnis werden zunächst die Kernpunkte von OS-APS und der Workflow der Software beschrieben und anschließend daran die Anforderungserhebung für den OS-APS-Reader dargelegt.
Die OS-APS-Kernpunkte sind zum einen eine Web-Software, mit der man möglichst einfach professionelle Layouts für PDF, HTML und maschinenlesbare XML-Datenformate für Zeitschriften und Monografien (JATS-XML/BITS-XML4) sowie das E-Reader-Format EPUB erzeugen kann. Zum anderen gibt es für OS-APS die Möglichkeit des Self-Hostings am Rechenzentrum der eigenen Institution oder eine Hosting-Möglichkeit bei SciFlow GmbH.5
Der Workflow mit OS-APS funktioniert dabei wie folgt. Zunächst wird ein Word- oder LaTeX-Dokument in den Texteditor importiert und dabei auf die semantische Struktur des Textes überprüft, d. h. welcher Textbestandteil eine Überschrift, eine Tabelle, Fließtext, Abstract oder Literaturverzeichnis ist. Im Texteditor hat man anschließend die Möglichkeit, das Manuskript bezüglich Formatierungen zu überarbeiten: Wenn im importierten Dokument beispielweise eine Überschrift nicht als Überschrift ausgezeichnet ist, kann man im Editor den Text der Überschrift markieren und in eine Überschrift umwandeln. Die Überschrift wird dadurch im Export-Produkt des Dokuments mit entsprechender Schriftgröße und Zählung angezeigt sowie auch im automatisch generierten Inhaltsverzeichnis aufgeführt. Anschließend kann man den Text im gewünschten Output-Format (PDF, HTML, XML oder EPUB) exportieren. Das jeweilige Output-Format kann man daraufhin auf einer Publikationsplattform wie OJS, OMP oder einem Repositorium hochladen und veröffentlichen.6
Im OS-APS-Texteditor, in den die Manuskripte importiert werden, sind formale und inhaltliche Textänderungen möglich. Auch können hier Metadaten wie Autorendaten und DOI ergänzt werden sowie Referenzen hinzugefügt werden. So kann beispielsweise eine bib.tex-Datei, welche die Referenzen der betreffenden wissenschaftlichen Publikation enthält, im Editor hochgeladen und automatisch beim Export in ein Literaturverzeichnis eingepflegt werden. Zudem werden hier Standardtemplates beispielsweise für Zeitschriften oder monografische Publikationen bereitgestellt. Templates sind Formatvorlagen, die das Design des Layouts der Publikation, wie die Schriftgrößen, die Seitenränder, die Abstände der Kopf- und Fußzeilen usw., bestimmen. Weitere Templates können mit dem „Template Developement Kit“ erzeugt werden. Das heißt eine Institution kann mit ihren eigenen Formatangaben und Journal-Vorstellungen ein eigenes Template entwickeln, speichern und nutzen.7
Bei der Erstellung eigener Templates kann man sich an bestehenden Templates orientieren beziehungsweise diese für seine Zwecke anpassen. Auf GitLab gibt es für die OS-APS-Community eine Template-Library mit Templates etwa der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), FID Philosophie und NiedersachsenOPEN.8
Im Folgeprojekt von OS-APS, dem Projekt OS-APS STEMO, gab es weitere Entwicklungsvorhaben für OS-APS. Es wurde daran gearbeitet, Anforderungen von STEM9-Publikationen besser zu unterstützen, insbesondere Formeln, Tabellen und LaTeX. Ebenso wurden die maschinenlesbaren XML-Formate JATS-XML und BITS-XML als neue Output-Formate implementiert.10
Der OS-APS-Reader wurde für die Darstellung der Dateiformate XML und HTML entwickelt. Auch neueste Anforderungen an die digitale Barrierefreiheit werden in den mit OS-APS hergestellten Output-Formaten umgesetzt.11
Digitale Barrierefreiheit bedeutet in Bezug auf den OS-APS-Reader, dass in der Export-Datei die Textbestandteile mit ihren Eigenschaften so ausgezeichnet sind, dass sie mit einer Bildschirmlesesoftware (Screenreader) für sehgeschädigte Nutzende wiedergegeben werden können. So sollte beispielsweise die Sprache des Textes in der exportierten Datei hinterlegt, die Lesereihenfolge der Kapitel- und Textbausteine hierarchisch festgelegt und Überschriften sollten explizit als Überschriften ausgezeichnet sowie Alternativ-Texte (Alt-Texte) zu Diagrammen, Abbildungen und Links vorhanden sein.
Die Anforderungserhebung für die Barrierefreiheit des OS-APS-Readers wurde wie folgt gestaltet. Zunächst wurde ein PDF-Dokument mit einer Software zur Prüfung der Barrierefreiheit (PAC) auf seine Barrierefreiheit hin geprüft. Die Fehlermeldungen aus dem Fehlerbericht wurden anschließend gesammelt und priorisiert. Die daraus entstandenen Anforderungen wurden mit verschiedenen Beteiligten/Expertengruppen abgeklärt, wie z.B. den Mitgliedern der Themengruppe Barrierefreiheit der AG Universitätsverlage und der Fokusgruppe Barrierefreiheit des wissenschaftlichen Beirats von OS-APS STEMO.
Bei der Anforderungserhebung für den OS-APS-Reader wurden bereits existierende Reader, wie der Lens-Viewer12 und HeiViewer13 berücksichtigt und davon ausgehend Anforderungen für den zu entwickelnden Reader erhoben. Diese Erhebung hat zunächst grundlegende Anforderungen bezüglich Metadaten, Barrierefreiheit, etc. ergeben.
Die Anforderungserhebung für Barrierefreiheit ergibt folgende allgemeingültige Barrierefreiheitsanforderungen: Metadaten wie Dokumenttitel, Autor und DOI sind auszuzeichnen. Die Sprache wird als Textsprache absatzweise hinterlegt. Alternativ-Texte für Bilder und Hyperlinks können übernommen beziehungsweise angelegt werden. Sofern im jeweiligen Format unterstützt, sollen möglichst alle Strukturelemente übernommen werden, das heißt alle Textbestandteile sollen mit ihrer Eigenschaft/Rolle ausgezeichnet sein. So werden Textbestandteile wie Überschriften mit ihrer Eigenschaft/Rolle „Überschrift“ ausgezeichnet, Zitate als Zitate, Bilder als Bilder, Links als Links etc. (s. Abb. 1).

Entsprechend den Anforderungen der Responsivität, hat sich der Text an die Größe des Ausgabegeräts anzupassen und am unteren Ende des Bildschirms umzubrechen.
Die Anforderungen sind bei jedem Schritt des Publikationsworkflows von OS-APS, Import, Edition und Export, berücksichtigt. Dies bedeutet, dass beim Import des Word-Dokuments in die OS-APS-Software die Barrierefreiheitselemente wie Alternativtexte für Bilder in den Editor der Software übernommen werden, falls solche vorhanden sind. Es gibt im Editor zudem die Möglichkeit Alternativtexte zu Bildern hinzuzufügen und zu bearbeiten. Auch beim Export werden diese Alternativtexte der Bilder dann im Ausgabeprodukt exportiert.
Der OS-APS-Reader ist ein Tool für wissenschaftliche Publikationsdienste und Verlage. Er dient einer optimierten Online-Darstellung wissenschaftlicher Publikationen basierend auf den Plan S-Empfehlungen für Barrierefreiheit.14 Durch den Reader kann zum Beispiel HTML barrierearm gelesen werden, indem ein Screenreader direkt auf den Reader zugreift und damit die Online-Inhalte ohne Konvertierung auf jedem Gerät zugänglich sind. Dies ist bei einer PDF-Datei nicht möglich. Durch den Reader können dynamische Online-Inhalte unabhängig vom Leseendgerät dargestellt und auf der Verlagsseite angeboten werden.15
Der OS-APS-Reader wurde für den Einsatz in Repositorien und OJS entworfen. Für die Anwendung des OS-APS-Readers bei einer OJS-Publikation gibt es ein OJS-PlugIn für die OJS-Version 3.5 und höher. So gibt es bei Online-Zeitschriften neben PDF einen zusätzlichen Button, über den man die Artikel in dem OS-APS-Reader ansehen kann.
Weitere Barrierefreiheitselemente werden im OS-APS Reader umgesetzt, indem es u. a. die Möglichkeit gibt, verschiedene Schriftgrößen einzustellen sowie das Farbschema anzupassen und Bildinformationen einzublenden. Diese Funktionen werden im Folgenden noch näher erläutert.

In Abb. 2 sind die Anpassungsmöglichkeiten bezüglich des Farbschemas („Theme“) zu sehen. Unter „Color“ kann man unterschiedliche Farben einstellen und bei „Theme Mode“ lässt sich ein „Light Mode“ oder „Dark Mode“ für die individuell bessere Lesbarkeit im Hell- oder Dunkelmodus auswählen. Die Auswahl „System“ ermöglicht es, benutzerdefinierte Einstellungen des Lesenden zu präferieren.

Es gibt zudem ein interaktives Inhaltsverzeichnis (Table of Content) zur Navigierbarkeit innerhalb des Textes. Durch das interaktive Inhaltsverzeichnis in der linken Spalte wird hervorgehoben, welches Kapitel gerade angezeigt wird und es gibt hier die Möglichkeit zwischen den Kapiteln zu springen.

Im OS-APS-Reader werden Abbildungen und Tabellen in der Seitenleiste angezeigt. Im Hauptfließtext wird auf die Abbildungen und Tabellen verlinkt.

In Abb. 5 sind in der rechten Spalte mehrere Bilder zu sehen. In der mittleren Spalte ist das „fig. 1“ orange und in der rechten Spalte ist das zugehörige Bild orange umrandet, sodass eine eindeutige Zuordnung der Nummerierung zum jeweiligen Bild erfolgt. Mit einem zusätzlichen Link ist der Download einer besonders hochauflösender Bildversion aufrufbar.
Zudem gibt es die Auswahlmöglichkeit eines Vollbild-/Lesemodus im OS-APS-Reader, durch den sich die zusätzlichen Spalten – Inhaltsverzeichnis links und die Bilder, Referenzen und Metadaten rechts – ausblenden lassen. Dadurch ist es im OS-APS-Reader möglich, den Text als klassisches E-Book als Ganzes ohne die Randspalten links und rechts zu lesen. Ebenso lässt sich die Ansicht von Abbildungen etc. an der Seite in die Breite skalieren.
Im OS-APS-Reader wird die Möglichkeit der Verlinkung von Kapiteln sowie Abbildungen zum externen Teilen geboten. So ist die Kapitelzitierbarkeit mit Einblenden eines Zitierlinks in der rechten Spalte möglich. Die Bildzitierbarkeit wird ebenfalls durch das Einblenden eines solchen Zitierlinks in der rechten Spalte realisiert.
Bilder lassen sich im OS-APS-Reader darüber hinaus in Großdarstellung anzeigen. So lässt sich ein Bild noch einmal größer als in der rechten Spalte „vor dem Text“ darstellen und mit Funktionalitäten wie Drehen, Spiegeln und Heranzoomen an persönliche Präferenzen anpassen.
Sowohl die Abbildungen als auch die Referenzen sind im Text navigierbar. Die Elemente und Darstellungen sind gegenseitig „reaktiv“, d.h., wenn man in der Spalte rechts bei einer Fußnote auf „Show“ klickt, springt der Volltext links auf die Stelle im Text, wo die Fußnote aufgerufen wird; umgekehrt werden bei Klicks auf Elemente im Volltext diese rechts in der Spalte aufgerufen.

In Abb. 6 ist zu sehen, wie Referenzen im OS-APS-Reader angezeigt werden. In der mittleren Spalte ist die Referenz im Text orange hinterlegt und in der rechten Spalte ist die zugehörige, ausführliche Referenz in orange hinterlegt zu sehen.
Im OS-APS-Reader ist auch ein Theming und Customizing möglich, d.h. die Anpassung der Farben ist möglich sowie die Anzeige des Zeitschriften-Logos und der Metadaten. Hierfür gibt es eine anpassbare Oberfläche im OS-APS-Reader. Durch diese anpassbare Oberfläche wird zum Beispiel die Verwendung eines eigenen Logos und/oder die Farbgestaltung der jeweiligen Institution ermöglicht. Dadurch wird die Anpassung an verschiedene Nutzerbedürfnisse verwirklicht.
OS-APS kann mittlerweile als professionell einsetzbares Publikationstool bezeichnet werden, dessen weitere Entwicklung vorangetrieben wird.
So entwickelt die Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen (SUB Göttingen) OS-APS zusammen mit SciFlow im Projekt „DOA-Produktion (Diamond-Open-Access-Produktion)“ weiter. Das Projekt läuft vom 1. April 2025 bis März 2026. Es verfolgt das Ziel, wissenschaftliches Publizieren noch weiter zu vereinfachen und zu professionalisieren sowie offene Infrastrukturen für Diamond-Open-Access-Publikationen zu fördern. OS-APS soll für die Formatierung und das Layout weiterer Zeitschriften (wie z.B. die Zeitschrift „movements“) erweitert werden und wird für ganz Niedersachsen angeboten. Hierzu sollen auch Handreichungen für die Anwendung von konfigurierbaren Formatvorlagen entstehen.16
Der Fachinformationsdienst Philosophie wiederum nutzt OS-APS für drei seiner periodischen Publikationen via OJS, so etwa für „Philosophy&Digitality“, die „Philosophischen Symposien“ der DFG und „Philosophy of AI“.17
Das Public Knowledge Project (PKP) als Anbieter der Publikationsplattform OJS hat unterdessen auch die technische Implementierung von OS-APS als OJS-Komponenten angeregt. Entsprechende Planungen zur Umsetzung sind diesbezüglich in Arbeit.
Der Universitätsverlag der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, FAU University Press setzt OS-APS in der monografischen und ab Januar 2026 auch in der periodischen Publikation ein. Zur Unterstützung der weiteren Kooperation und zum Austausch mit nutzenden wie relevanten Akteuren (wie die Open Access Projekte: Servicestelle für Diamond Open Access (SeDOA), Public Knowledge Project (PKP) etc.) ist ein drittmittelfinanziertes Projekt geplant, dass die Nutzung von OS-APS verstetigen und professionalisieren soll.