Nr. 2 (2025)
DOI: 10.5282/o-bib/6160

Bibliotheksentwicklungspläne

Anmerkungen zu einem aktuellen Trend

1. Einführung

In einem Grossteil der österreichischen Länder (sechs von neun) und der deutschen Bundesländer (acht von 16) wurden in den letzten Jahren Bibliotheksentwicklungspläne erarbeitet, die meisten seit 2019 (vgl. Tabelle 1). Zusätzlich liegt seit Mitte 2024 einer für ganz Österreich vor. An weiteren wird wohl gearbeitet oder ihre Veröffentlichung steht kurz bevor.1 Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass solche Pläne für andere Länder/Bundesländer schon vorliegen, aber nicht recherchiert werden konnten.2 Gleichzeitig wird in den bibliothekarischen Fachpublikationen über diese Pläne kaum berichtet. Die breiteste Thematisierung scheint dem österreichweiten Plan gegolten zu haben.3 Aber auch dieser wurde dabei eher grundsätzlich beschrieben, nicht diskutiert.

Dabei wäre eine solche fachliche Diskussion sinnvoll. Offensichtlich steht hinter den Erarbeitungen eine bibliothekspolitische Strategie. Sowohl der Büchereiverband Österreich als auch der Deutsche Bibliotheksverband propagieren diese Pläne aktiv, ihre Landesverbände sind oft an ihrer Erarbeitung beteiligt.4 Gleichzeitig werden die Pläne jeweils spezifisch und mit grossem Aufwand für das betreffende Land/Bundesland erarbeitet.

Es stellt sich also die Frage, was die Ziele, Erfolge und Erfolgschancen dieser Pläne sind. Interessant wäre auch zu fragen, was mit ihnen für Bibliotheken und Bibliotheksnetze angestrebt wird. So wäre es z.B. möglich zu diskutieren, ob mit den Plänen alle Bibliotheken des jeweiligen Landes/Bundeslandes erreicht werden oder ob die in den Plänen skizzierte zukünftige Entwicklung vom gesamten Bibliothekswesen gut geheissen wird. Solche Diskussionen sollen mit diesem Text angestossen werden.

Für den Autor, situiert in der Schweiz, ist auch auffällig, dass diese Entwicklung bislang in der Schweiz oder Liechtenstein nicht zu beobachten ist. Obwohl einige Kantone seit Langem explizite Bibliotheksgesetze erlassen haben oder Bibliotheksförderungen ausrichten, steht hier der Kanton Wallis mit seinem Bibliotheksleitplan allein.5 Entwicklungen in den Büchereien und Bibliotheken der beiden anderen deutschsprachigen Länder werden aber manchmal mit einer gewissen Verzögerung auch in der Schweiz und Liechtenstein aufgegriffen. Der Autor möchte mit diesem Artikel deshalb u.a. diskutieren, ob es sinnvoll wäre, solche Bibliotheksentwicklungspläne auf kantonaler Ebene, oder für Liechtenstein landesweit, zu propagieren.

Dabei wird wie folgt vorgegangen. In einem Kapitel (3) werden die bislang vorliegenden Pläne zusammenfassend dargestellt. Anschliessend werden diese Pläne in einem weiteren Kapitel (4) kritisch diskutiert. Im Fazit (5) wird dann auch auf die Frage eingegangen, ob sie sich für die Schweiz eignen. All dem ist ein kurzer Abschnitt (2) vorangestellt, welcher auf die Geschichte von Bibliotheksplanungen eingeht. Dieser Punkt scheint relevant zu sein, gerade weil er in den aktuellen Plänen fast nicht thematisiert wird.

Dieser Text versteht sich explizit nicht als wissenschaftliche Arbeit. Während der ersten Recherchen war der Einsatz wissenschaftlicher Methoden geplant (z.B. eine Diskursanalyse). Beim Lesen zeigte sich aber, dass die Zahl, der Umfang und die Inhalte der Pläne für den Autor einen anderen Zugang sinnvoller erscheinen liessen. Der Text ist also als subjektive Meinungsäusserung zu verstehen. Der Autor ist der Ansicht, es wäre an der Zeit, über den Sinn und die Ausrichtung dieser Pläne zu diskutieren, anstatt sie einfach als Notwendigkeit anzusehen.

2.  Zur Geschichte der Bibliotheksplanung im DACH-Raum

Die in den letzten Jahren erstellten Bibliotheksentwicklungspläne sind nicht die erste Welle von Planungen für Bibliotheksnetze im DACH-Raum. Bekannt ist wohl noch der Bibliotheksplan 1973, der von den Bibliotheksverbänden der Bundesrepublik Deutschland im Kontext einer damals von der Politik und Institutionen wie z.B. der DFG vorangetriebenen gesamtgesellschaftlichen Bildungsplanung erarbeitet wurde.6 Er stellte den Versuch dar, das damalige Bibliothekswesen zu beschreiben, zu systematisieren und dann zu planen, wie es sich in Zukunft entwickeln sollte. Eine Grundidee dabei war die Entwicklung eines zusammenhängenden Bibliotheksnetzes: Alle Bibliotheken des Landes wurden als Teil dieses Netzes konzipiert, die sich Aufgaben teilen und gegenseitig unterstützen sollten, um eine bibliothekarische Grundversorgung der gesamten Bevölkerung sicherzustellen. Im Vergleich zu heute wurde der Plan damals relativ breit, auch kritisch, in der Fachöffentlichkeit diskutiert.7

In der DDR wurde ein 1969 veröffentlichter Vorläufer dieses bundesdeutschen Plans von Wolfgang Mühle in einer Polemik thematisiert.8 Diese war offensichtlich als Abgrenzung gedacht und deshalb auch keine faire Rezension. Ein Punkt aber, den Mühle machte, war zutreffend: Der Bibliotheksplan wurde damals so präsentiert, als wäre er eine ganz neue Entwicklung, während das Planen eines landesweiten Bibliotheksnetzes mit verteilten Aufgaben in der DDR – als Planwirtschaft – schon seit den 1950er Jahren eine selbstverständliche Prämisse war. Mühle postuliert zudem, dass der Plan keine Umsetzungsinstrumente beinhaltete, also nicht direkt durchgesetzt werden könne: es sei nicht klar, wer was machen müsste, damit der Plan Wirklichkeit würde. Dieses Punkt scheint auch aus einer DDR-spezifischen Sichtweise zu stammen, der sich eine Gesellschaft, in der Pläne auch durch freiwillige Absprachen erreicht werden können, nicht vorstellen konnte. Trotzdem hat er recht: Der bundesdeutsche Plan erschien, verglichen damit, dass die Bibliotheksplanung damals schon eine Geschichte hatte, recht kontextlos. Was Mühle ignorierte – und hier aus Platzgründen nicht weiter dargestellt wird – ist, dass auch ausserhalb der DDR in den Jahrzehnten zuvor – in der Weimarer Republik, der ersten österreichischen Republik, während des österreichischen Ständestaates und des Nationalsozialismus sowie nach 1945 in der Bundesrepublik und der zweiten österreichischen Republik – auf allen Ebenen unterhalb der gesamtstaatlichen, Planungen für Bibliotheken vorgenommen worden waren.

Als der Plan 1993 dann für Gesamtdeutschland fortgeschrieben wurde, gab es zwar Verweise auf den Plan von 1973, aber nicht auf das Bibliotheksnetz in der DDR, dessen Strukturen damals in den «fünf neuen Bundesländern», für die der Plan von 1993 auch gelten sollte, noch ausgeprägter existierten als es heute der Fall ist.9

Relevant daran ist, dass sich eine solche «Kontext- und Geschichtslosigkeit» in den aktuellen Bibliotheksentwicklungsplänen wiederfindet. Auch diese lesen sich oft so, als hätte es nicht schon vorher zahlreiche vergleichbare Pläne gegeben.10 In einigen Fällen (beispielsweise dem Plan aus Schleswig-Holstein11) wird zwar erwähnt, es habe früher schon einmal einen vergleichbaren Plan gegeben, aber auf dessen damalige Wirkung wird nicht eingegangen. Nur in Thüringen12 (und Salzburg13, dessen Plan aber ausgelaufen zu sein scheint) wird darauf verwiesen, dass damit eine Fortschreibung eines früheren Planes vorläge, aber ohne dass klar wird, wie der Anschluss an den früheren Plan stattgefunden hat: Gab es eine Auswertung? Wurde die Compliance oder Zielerreichung überprüft? Oder wurde einfach ein neuer Plan erstellt? Das wird zumindest nicht dargestellt.

Dabei wäre es relevant, vor der Erstellung neuer Pläne darüber nachzudenken, was eigentlich mit den Planungen in den letzten Jahrzehnten erreicht wurde. Aber soweit sichtbar, gab es bislang keine Diskussion über «ausgelaufene» Bibliotheksplanungen.

3. Ein Überblick zu den Bibliotheksentwicklungsplänen

In diesem Kapitel wird ein Überblick über die vorhandenen, aktuellen Bibliotheksentwicklungspläne in Österreich und Deutschland gegeben.14 In der folgenden Tabelle sind diese – inklusive der Institutionen, welche dieser herausgeben – aufgeführt.

Tab. 1: Aktuelle Bibliotheksentwicklungspläne in Österreich und Deutschland (Stand März 2025)

Land / Bundesland

Titel des Bibliotheksentwicklungsplans

Herausgebende Institutionen

Umfang

Österreich

Bund

Die Bibliothek für alle: Der Büchereientwicklungsplan des Bundes

Büchereiverband Österreich

57

Burgenland

Bibliotheksentwicklungsplan für das Land Burgenland 2021-2025

Landesverband Bibliotheken Burgenland

78

Kärnten

Kärntens Öffentliche Bibliotheken auf dem Weg in der Zukunft: Der Bibliotheksentwicklungsplan 2022-2030

Bibliotheksverband Kärnten im Auftrag des Landes Kärnten

32

Niederösterreich

Grundlagenpapier Öffentliche Bibliotheken NÖ 2021, Maßnahmenpapier Öffentliche Bibliotheken NÖ 2022

Servicestelle Treffpunkt Bibliothek, Abteilung NÖ Landesarchiv und NÖ Landesbibliothek

30, 28

Oberösterreich

Bibliothek Entwicklung Plan 2025: Öffentliche Bibliotheken Oberösterreich

Erwachsenenbildungsforum Oberösterreich im Auftrag von Land Oberösterreich

32

Salzburg

Landesbibliotheksplan: Entwicklungsplan für Öffentliche Bibliotheken im Land Salzburg

Land Salzburg

8

Steiermark

Strategie zur Potenzialentfaltung Öffentlicher Bibliotheken

Amt der Steiermärkischen Landesregierung

32

Vorarlberg

Vorarlberger Bibliotheksleitplan 2022

Land Vorarlberg

35

Deutschland

Baden-Württemberg

Bibliotheksentwicklungsplan Baden-Württemberg

Landesverband Bande-Württemberg im Deutschen Bibliotheksverband e.V.

92

Bayern

Bayerischer Bibliotheksplan

Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst

96

Berlin

Bibliotheksentwicklungskonzept für Berlin 2021-2025

Senatsverwaltung für Kultur und Europa

103

Brandenburg

Bibliotheksentwicklungsplan Land Brandenburg

Deutscher Bibliotheksverband e.V.

87

Hamburg (Besonderheit: Mit den Hamburger Bücherhallen gibt es ein zusammenhängendes Netz der Öffentlichen Bibliotheken)

Bibliothekskonzept Bücherhallen Hamburg 2021

Stiftung Hamburger Öffentliche Bücherhallen

120

Rheinland-Pfalz

Bibliotheksentwicklungsplan für das Land Rheinland-Pfalz

Ministerium für Familien, Frauen, Kultur und Integration des Landes Rheinland-Pfalz, Landesbibliothekszentrum Rheinland-Pfalz

76

Sachsen

Öffentliche Bibliotheken in Sachsen 20230: Perspektiven und Handlungsfelder

Sächsischen Staatsministerium für Wissenschaft, Kultur und Tourismus, Sächsische Landesfachstelle für Bibliotheken

84

Schleswig-Holstein

Agenda 2025 zur Entwicklung der Bibliotheken in Schleswig-Holstein

Deutscher Bibliotheksverband e.V., Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

34

Thüringen

Bibliotheksentwicklungsplan für die Öffentlichen Bibliotheken in Thüringen

Freistaat Thüringen, Thüringer Staatskanzlei

44

Alle diese Pläne sind im Detail unterschiedlich und dem jeweiligen Land/Bundesland angepasst. Aber es gibt doch einige formale Gemeinsamkeiten, die sich jeweils in fast allen finden lassen.15

Auch inhaltlich gesehen zeigen sich in den Plänen grosse Gemeinsamkeiten.17

4. Eine Bewertung der Bibliotheksentwicklungspläne

Wie schon angesprochen, wurde im Laufe der Recherche das Ziel, diese Pläne methodisch zu analysieren (also an ihnen zu forschen), aufgegeben. Umgangssprachlich gesagt hinterliessen sie, nacheinander gelesen, beim Autor eine grosse Frustration, die es sinnvoller erscheinen liess, die Pläne subjektiv zu bewerten.21

Um noch einmal auf ehemalige Pläne zu verweisen: Als der Bibliotheksplan 1973 veröffentlicht wurde, enthielt er klare Tabellen mit Werten, die in Zukunft erreicht werden sollten und Forderungen an die Träger der Bibliotheken, dafür Mittel bereitzustellen. In der DDR, mit ihren Verordnungen, Richtlinien und regelmässigen Plänen, existierten ebenso Vorgaben, deren Erfüllung direkt Einrichtungen (den Gemeinden, den Betrieben/Gewerkschaften, den Bezirken usw.) zugeschrieben wurden. Sowohl im Bibliotheksplan 1973 als auch in der DDR war einigermassen klar, was die Ziele der Bibliotheksplanung waren (bibliothekarische Versorgung der Bevölkerung, Ermöglichung der Demokratie in der BRD, Erziehung zur «ganzheitlich entwickelten sozialistischen Persönlichkeit» in der DDR) und wer dabei welche Aufgaben hatte.

Das ist bei den aktuell vorliegenden Bibliotheksentwicklungsplänen überhaupt nicht gegeben. Es ist bei ihnen nicht klar, wer angesprochen wird, welche Ziele die jeweiligen Bibliotheksentwicklungen haben sollen und wer dabei welche Aufgaben haben soll. Egal, wer diese Pläne heute liest: Es ist nachher nicht klar, was getan werden soll. Träger oder Politiker*innen, welche ein Interesse daran hätten, sich für Bibliotheken einzusetzen, werden nach dem Lesen nicht wissen, was genau sie jetzt ändern sollten. Vertreter*innen der breiten Öffentlichkeit wüssten ebenso nicht, von wem sie etwas fordern sollten, um Bibliotheken zu unterstützen. Auch Bibliothekar*innen werden von den Plänen recht allein gelassen. Ein Grund dafür ist, dass die Pläne den Status Quo fast durchgängig positiv darstellen.22 Sie sagen nicht, warum überhaupt etwas verändert werden muss. Gerade wegen ihres Designs wirken sie deshalb oft eher wie Werbeschriften für Bibliotheken – aber ohne klar darzustellen, was mit ihnen «verkauft» werden soll.23

Im Ganzen vermitteln die Pläne oft den Eindruck einer gewissen «Abgehobenheit». In Vielem scheinen sie eher «luftige» Wünsche zu versammeln als konkrete Forderungen. Dies wird dadurch unterstützt, dass fast immer ein konkreter Zeithorizont fehlt, also das nicht klar ist, ob etwas in einem Jahr umgesetzt sein soll oder erst in einer fernen Zukunft. Erstaunlich ist, dass praktisch nie konkrete Finanzforderungen gestellt werden – zu denen «Ja» oder «Nein» zu sagen in der Politik möglich wäre. In diesem Zusammenhang erinnern die Verweise auf partizipative Prozesse bei der Erstellung etc., die sich in einigen Plänen finden, eher an eine Strategie, um durch ein Sammeln von noch mehr Daten, konkrete Entscheidungen in eine unbestimmte Zukunft zu verschieben.

Dieser grundsätzliche Eindruck führt zu der Vermutung, dass es sich bei diesen Plänen gar nicht um Pläne, sondern um eine andere Form von Dokumenten handelt: Um Diskursdokumente zur Selbstvergewisserung der Bibliotheken. Vielleicht ungewollt scheint es, als würde in diesen Plänen vor allem dargestellt, wie sich Bibliothekar*innen vorstellen, dass Bibliotheken heute funktionieren würden. Dies wird unterstützt durch den Aufbau und das Design der Pläne: Die Forderungen sind oft unkonkret, nicht evaluierbar und oft auch erstaunlich gleichförmig (allerdings jeweils «gleichförmig» im jeweiligen Land, d.h. in Österreich finden sich andere Ideen immer wieder – z.B. ein gemeinsames Signet für alle Bibliotheken des jeweiligen Landes – als in Deutschland). Im Vergleich dazu sind die Abschnitte zum Status Quo lang und konstruieren Bibliotheken jeweils als Einrichtungen, die für eine möglichst grosse Zahl an Personen in diversen, demokratischen Gesellschaften möglichst viele Angebote machen und die ein Zentrum des öffentlichen Lebens in ihrer Gemeinde darstellen.

5. Fazit

Zu Beginn dieses Beitrags wurde gesagt, dass er auch entstand, um zu klären, ob für die schweizerischen Bibliotheken – dann auf Kantonsebene bzw. in Liechtenstein auf Landesebene – empfohlen werden kann, solche Pläne zu erstellen. Bei der Lektüre dieses Textes ist vermutlich klar geworden, dass der Autor davon abrät. Abgesehen davon, dass es in der Schweiz – durch die noch stärkere Gemeindeautonomie und die grösseren Unterschiede in der Struktur der Kantone – noch komplizierter wäre, zu bestimmen, welche bibliothekspolitischen Forderungen an welche Stellen gestellt werden könnten, scheint es keine klare Funktion für diese Entwicklungspläne zu geben. Wie dargestellt, ist bei Ihnen praktisch nie klar, an wen sie sich richten, was sie planen oder was sie fordern. Es ist auch offensichtlich, dass sie nicht in einer Reflexion über die Erfolge oder Misserfolge der Bibliotheksplanungen der letzten Jahrzehnte verortet sind.

Wenn etwas aus den Plänen gelernt werden könnte, dann, was eine sinnvolle Entwicklungsplanung enthalten sollte: Sie sollte vermeiden, bei «luftigen» Aussagen stehen zu bleiben. Sie sollte klarstellen, an wen sie sich richtet, was sie fordert und für welche Zeiträume diese Forderungen gestellt werden. Sie sollte klären, welche Ziele erreicht werden sollen, also wie Bibliotheken in Zukunft sein und was sie leisten sollten. Sie sollte auch klären, was überhaupt einer Veränderung bedarf. Sie sollte nicht vergessen, wie sich die Bibliotheken in den letzten Jahrzehnten tatsächlich entwickelt haben (und sich dabei nicht mit Behauptungen darüber zufriedengeben, was sich angeblich «jetzt aktuell» ändert) und welche Erfolge oder Misserfolg die früheren «Runden von Bibliotheksplanungen» hatten. Zudem sollten sie die politische Struktur, in welcher Bibliotheken verortet sind, mit bedenken.

Insgesamt – für die verschiedenen nationalen Bibliothekswesen im gesamten DACH-Raum – sollte aber, anstatt einfach weitere dieser Pläne zu erarbeiten, innegehalten werden, um einige Frage zu klären: Was ist aus den vorherigen Plänen zu lernen? Was soll die Aufgabe dieser Pläne heute sein? Mit welchen Zielen werden sie eigentlich durchgeführt? Gibt es überhaupt ein Interesse von Bibliotheken oder deren Trägern, der Politik, der Öffentlichkeit an ihnen?

Anmerkungen

1 Der für Rheinland-Pfalz (Mittrowann, Andreas; Gerlach, Annette; Rhiemeier, Dorothée: Bibliotheksentwicklungsplan für das Land Rheinland-Pfalz, Ministerium für Familie, Frauen, Kultur und Integration des Landes Rheinland-Pfalz, Mainz 2025. https://lbz.rlp.de/fileadmin/lbz/UEber-uns/Publikationen/Broschueren/BEP-RLP-2025-04-08.pdf, Stand: 14.04.2025) erschien z.B. während der Niederschrift dieses Textes.
2 Beispielsweise wurde der für das Land Berlin als Teil einer parlamentarischen Antwort publiziert, scheint aber bislang sonst nicht veröffentlicht zu sein. Es kann also gut sein, dass andere Entwicklungspläne zum Beispiel behördenintern existieren.
3 Feigl, Markus; Stocker, Robert: Die Bibliothek für alle. Der Büchereientwicklungsplan des Bundes, Büchereiperspektiven Sonderausgabe 2024, Büchereiverband Österreichs, Wien 2024. https://www.bvoe.at/sites/default/files/2024-05/BP_sonderausgabe_2024_screen.pdf, Stand: 14.04.2025.
4 Siehe die spezifische Homepage des dbv (https://www.bibliotheksverband.de/entwicklungsplaene, Stand: 14.04.2025) sowie die Einleitung des österreichweiten Plans. Das gilt allerdings nicht für alle hier herangezogenen Pläne. Einige Pläne wurden offenbar aufgrund von Vorgaben oder Entscheidungen auf Ebene des jeweiligen Landes / Bundeslandes geschrieben. Der für die Hamburger Bücherhallen aufgrund von Vorgaben für die Form von Stiftungen, wie sie die Bücherhallen darstellen.
5 Kanton Wallis, Departement für Gesundheit, Soziales und Kultur: Leitplan der Bibliotheken 2024-2028, Sitten 2024. https://bibliovalais.ch/wp-content/uploads/2024/05/DI_Plan_directeur_bibliotheque_def_DE.pdf, Stand: 14.04.2025.
6 Deutsche Bibliothekskonferenz (Hg.): Bibliotheksplan 1973. Entwurf eines umfassenden Bibliotheksnetzes für die Bundesrepublik Deutschland, Berlin 1973. Online: https://bibliotheksportal.de/wp-content/uploads/2017/10/bibliotheksplan1973.pdf, Stand 14.04.2025.
7 Vgl. Süberkrüb, Hansjörg: Bericht des Vorsitzenden des Deutschen Büchereiverbandes vor der Mitgliederversammlung in Hamburg, in: Buch und Bibliothek 25 (7/8), 1973, S. 633–637. Andrae, Friedrich: Konkrete Utopie. Bibliotheksplan 1973, KGSt-Gutachten «Öffentliche Bibliothek», Bildungsgesamtplan, in: Buch und Bibliothek 25 (11), 1973, S. 929–936.
8 Mühle, Wolfgang: Ein «Bibliotheksplan» für eine pluralistische Gesellschaft, in: Der Bibliothekar 23 (12), 1969, S. 1192–1204.
9 Bundesvereinigung Deutscher Bibliotheksverbände (Hg.): Bibliotheken ’93. Strukturen, Aufgaben, Positionen, Berlin; Göttingen 1994.
10 Symptomatisch ist, dass es im Land Salzburg, zu den aktuell kein Bibliotheksentwicklungsplan vorzuliegen scheint, bis 2014 einen Plan gab, der offenbar auch mehrfach fortgeschrieben wurde. (Allerdings sind die früheren Pläne auch bei ausgiebiger Recherche nicht mehr zu finden. Vielleicht sind sie aber in den Bibliotheken des Landes in den internen Ablagen aufbewahrt worden) Dieser wird im österreichischen Büchereientwicklungsplan als Literatur angeführt (Feigl; Stocker, 2024, S. 7), aber ohne zu thematisieren, dass er damals schon fortgeschrieben worden war und ohne zu erwähnen, dass er ohne Nachfolge geblieben ist.
11 Ahlers, Jens u. a.: Agenda 2025 zur Entwicklung der Bibliotheken in Schleswig-Holstein. Bibliotheken, Digitalisierung und digitale Gesellschaft, Deutscher Bibliotheksverband, Landesverband Schleswig-Holstein, Rendsburg 2019. https://www.bibliotheksverband.de/sites/default/files/2021-01/Bibliotheksentwicklungsplan_Schleswig%20Holstein.pdf, Stand: 14.04.2025.
12 Pfafferott, Milena; Anding, Katharina; Brunner, Sabine: Bibliotheksentwicklungsplan für die Öffentlichen Bibliotheken in Thüringen, Freistaat Thüringen, Thüringer Staatskanzlei, [Erfurt] 2023. https://www.db-thueringen.de/receive/dbt_mods_00061497#, Stand: 14.04.2025.
13 Luckmann, Robert: Landesbibliotheksplan. Entwicklungsplan für Öffentliche Bibliotheken im Land Salzburg 2015 bis 2019, Land Salzburg, Salzburg 2014. https://bibliotheken.salzburg.at/component/rsfiles/download-file/dateien.html?path=bibliotheken%252Fpdf%252FLandesbibliotheksplan2015-2019mitAnhang.pdf&Itemid=231, Stand: 14.04.2025.
14 Die bibliographischen Angaben zu den Plänen sind folgende: Feigl, Markus; Stocker, Robert: Die Bibliothek für alle. Der Büchereientwicklungsplan des Bundes, Büchereiperspektiven Sonderausgabe 2024, Büchereiverband Österreichs, Wien 2024. https://www.bvoe.at/sites/default/files/2024-05/BP_sonderausgabe_2024_screen.pdf, Stand: 14.04.2025; Rois, Silke; Tichy, Ursula; Gsertz, Julia u. a.: Bibliotheksentwicklungsplan für das Land Burgenland 2021-2025, Landesverband Bibliotheken Burgenland, Litzelsdorf 2020. https://www.lvbb.bvoe.at/sites/sub_lvbb/files/2023-05/Bibliotheksentwicklungsplan_Burgenland.pdf, Stand: 14.04.2025; Ehgartner, Reinhard; Feyertag, Andrée; Huditsch, Roman u. a.: Kärntens öffentliche Bibliotheken auf dem Weg in der Zukunft. Der Bibliotheksentwicklungsplan 2022-2030, Bibliotheksverband Kärnten, Klagenfurt/Wörthersee 2023. https://bvk.at/sites/sub_bvk/files/2024-06/BEP%20K%C3%A4rnten_Aktuell.pdf, Stand: 14.04.2025; Grundlagenpapier Öffentliche Bibliotheken NÖ 2021, Treffpunkt Bibliothek; NÖ Landesbibliothek, St. Pölten [o.J.]. https://www.treffpunkt-bibliothek.at/wp-content/uploads/sites/58/2022/09/Grundlagenpapier-TB-2021-v01d-digitaleVariante.pdf, Stand: 14.04.2025; Maßnahmenpapier Öffentliche Bibliotheken NÖ 2022, Treffpunkt Bibliothek; NÖ Landesbibliothek, St. Pölten [o.J.]. https://www.treffpunkt-bibliothek.at/wp-content/uploads/sites/58/2022/07/Massnahmenpapier-TB-2021-final3_Bogen.pdf, Stand: 14.04.2025; Dandl, Christian; Brandstetter, Günter; Merschitzka, Heike u. a.: Bibliothek Entwicklung Plan 2025: Öffentliche Bibliotheken Oberösterreich, Land Oberösterreich, Direktion Kultur und Gesellschaft, Linz 2021. https://www.land-oberoesterreich.gv.at/Mediendateien/Formulare/Dokumente%20GSGD%20Abt_Geft/Bibliotheksentwicklungsplan%202025.pdf, Stand: 14.04.2025; Luckmann, Robert: Landesbibliotheksplan. 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15 Die tabellarische Auswertung, auf welche sich die folgende Darstellung stützt, findet sich in Anhang 1.
16 Ohne Lizenzangaben, insoweit sind sie nicht Open Access. Auch ist nicht klar, ob sie langzeitarchiviert wurden.
17 Es wird hier auf die Nennung von Beispielen verzichtet, da dies zu schnell den Eindruck vermitteln könnte, einzelne Berichte «vorführen» zu wollen oder nebensächliche Punkte kritisieren zu wollen. Das soll vermieden werden, weil es hier darum geht, das Thema Bibliotheksentwicklungspläne insgesamt zu besprechen. Alle Pläne sind in der Tabelle weiter oben genannt und im Literaturverzeichnis nachgewiesen, insoweit können die Aussagen auch nachgeprüft werden.
18 Dies bezieht sich zumindest auf den Deutschen Bibliotheksverband. Selbstverständlich gibt es im deutschen Bibliothekswesen weitere Verbände.
19 Erstaunlich an diesen Bildern ist – im Gegensatz zu den Texten, die häufig betonen, dass die österreichische und deutsche Gesellschaft divers geworden und es deshalb notwendig sei, auf diese Diversität einzugehen – wie einheitlich der Grossteil der Personen auf diesen Bildern oft aussieht. Auf ihnen scheint es oft so, als würden Bibliotheken in Österreich und Deutschland doch vor allem von «weissen» Menschen aus dem Mittelstand besucht werden, die zudem ohne religiöse oder spezifische Kulturen zugeordnete Symbole oder Kleidungsstücke auftreten. Letzteres ist auffällig, weil in einigen Plänen stattdessen auf comichafte Abbildungen gesetzt wird, in denen dann Menschen mit solchen Kleidungsstücken ständig abgebildet sind. Auch Menschen mit sichtbaren Beeinträchtigungen finden sich auf den Fotos, wieder verglichen zu den comichaften Darstellungen, praktisch nicht.
20 Grundsätzlich gilt diese Struktur auch für die Schweiz.
21 Insoweit steht eine wissenschaftliche Beschäftigung mit diesen Dokumenten weiter aus, zu der hier auch angeregt sei.
22 Ausnahme ist der Plan für Schleswig-Holstein, in welchem u.a. die geringe Wirkung des 2016 erlassenen Bibliotheksgesetzes beklagt wird. (Ahlers 2019, S. 32 ff.)
23 Den Autor erinnern sie in vielem (wohl auch, weil sie ein vergleichbares Design haben) an Werbezeitschriften, die in der Schweiz regelmässig von kleineren Bahngesellschaften oder von Tourismusbüros verteilt werden und bei denen auch nicht klar, was ihr Effekt sein soll, weil sie meistens für die Bahnlinien oder Destinationen werben, in denen sie verteilt werden – also v.a. Personen erreichen, die «schon da sind».

Karsten Schuldt, Fachhochschule Graubünden, Chur, https://orcid.org/0000-0001-6255-623X

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