Mit der Open-Access-Transformation verändert sich die Kostenbasis für wissenschaftliche Zeitschriften zunehmend in Richtung publikationsbasierter Modelle. Zusammen mit stagnierenden Etats und der Forderung der Deutschen Forschungsgemeinschaft und des Wissenschaftsrats nach einem Informationsbudget führt dies seit Jahren zu Veränderungen im Mitteleinsatz an wissenschaftlichen Bibliotheken und zu Anpassungen bei etablierten Etatmodellen. In diesem Artikel wird der Frage nachgegangen, ob ein Etatmodell gelingen kann, das für den Zeitschriftenbereich als Kern eine rein publikationsbasierte Mittelverteilung vorsieht. Für einen zentralen Zeitschriftenartikeletat sollen diverse Geldquellen, wie z. B. fachspezifische Zeitschriftenetats der Bibliothek, Open-Access-Fonds und Beteiligungen von Autorinnen und Autoren, vereinigt werden und daraus alle Kosten für den Zugang zu wissenschaftlichen Zeitschriften und die Publikationen beglichen werden. Die Integration aller Finanzströme im Bereich der Zeitschriften liefert einen ersten Schritt in Richtung eines Informationsbudgets. Die zentralen Aspekte eines solchen Modells, wie die nötige Etat- und Finanzstruktur und die Kostenaufteilungen anhand verschiedener Kriterien, werden am Publikationsaufkommen der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau verdeutlicht.
With the Open Access transformation, the cost basis for scientific journals is increasingly shifting towards publication-based models. Additionally, the budgets of academic libraries are stagnating since many years and the German Research Foundation (Deutsche Forschungsgemeinschaft) and the German Council of Science and Humanities (Wissenschaftsrat) are demanding an information budget. All of this has led to changes in the established budget models of academic libraries and on how money is used. This article explores the viability of a budget model that allocates funds for the journal sector exclusively on a publication-based basis. A central journal article budget for all journal and publication-related costs, shall combine various funding sources, including subject-specific journal budgets of the library, Open Access funds, and contributions from authors. At the same time this central budget will cover all costs concerning access of and publication in scientific journals. The integration of all financial flows in the field of journals thus represents an initial step towards introducing an information budget. The central aspects of such a model, including the necessary budget and financial structure, as well as cost allocations based on various criteria, are illustrated using the publication volume of the RPTU University Kaiserslautern-Landau.
Schlagwörter: Wissenschaftliche Bibliothek; Open Access; Etatverteilungsmodell; Publikations-kosten; Publikationsbasierte Mittelverteilung
Der schnelle Wandel im Bereich Open Access (OA) und die sich dadurch wandelnden Finanzierungsmodelle auf dem Zeitschriftenmarkt von abonnementbasierten hin zu publikationsbasierten Abrechnungen führen seit einigen Jahren dazu, dass sich wissenschaftliche Bibliotheken zunehmend fragen müssen, ob ihre interne, meist abonnementorientierte Etatverteilung noch zu den zunehmend publikationsbasierten Finanzierungsmodellen passen oder ob die Berücksichtigung neuer Parameter bei der Mittelverteilung notwendig wird.1 Die Transformation stellt die bisher gültigen und etablierten Modelle der fachspezifischen, aber statischen Mittelallokation grundlegend in Frage.2 Wird die Transformation zu Open Access konsequent weitergeführt, ergibt sich die Situation, dass Bibliotheken nicht länger nur den Zugriff auf Publikationen erwerben, sondern das Publizieren an sich finanzieren.3 Mit Blick auf diese Anforderungen ist die Eingliederung des an vielen wissenschaftlichen Bibliotheken üblichen Publikationsfonds in den regulären Etat unter Berücksichtigung des fachspezifischen Publikationsaufkommens als Steuergröße für die Etatverteilung naheliegend und sinnvoll.4
Das Publikationsverhalten in seiner Gesamtheit ist hochschulspezifisch sehr unterschiedlich ausgeprägt und unterliegt naturgemäß selbst innerhalb einer Hochschule jährlichen Schwankungen. Im Kontrast zu bisherigen, etablierten Haushaltsmodellen entstehen so eine hohe Varianz und eine gewisse Unschärfe in der Bedarfsermittlung und im Mitteleinsatz. Etablierte Modelle können auf diese Forderung häufig nur unzureichend reagieren. Dies begründet die Notwendigkeit, in zeitgemäßen Haushaltsmodellen Erwerbungsmittel flexibel einsetzen zu können.5 In den vergangenen Jahren haben verschiedene Bibliotheken Versuche unternommen, Open Access in Erwerbung und Etatverteilung zu verankern.6 Die unterschiedlichen Ansätze orientieren sich dabei auch immer an den örtlichen Gegebenheiten und an bereits bestehenden Verteilungsmodellen. Sie zeigen die Schwierigkeiten auf, die hybriden Anforderungen aus dem klassischem Erwerbungshandeln und die nachhaltige Verankerung von Open Access in einem bestehenden Modell zu vereinen.
Im Folgenden wird am Beispiel der Rheinland-Pfälzischen Technischen Universität Kaiserslautern-Landau (RPTU) ein Ansatz vorgestellt, der sich für den Bereich der Zeitschriftenfinanzierung von den klassischen Mechanismen etablierter Etatmodelle löst, indem er Zeitschriften- und Publikationskosten zusammen denkt und so versucht, diese nachhaltig und transparent in den Bibliothekshaushalt zu integrieren. Der Kerngedanke ist dabei, dass jeder Publikation ein Wert zugewiesen wird, der von verschiedenen Kriterien wie dem OA-Status, der Art der Publikation o. ä. abhängt. Dieser Wert wird aus einem zentralen Budget der Bibliothek bereitgestellt. Sollten die akkumulierten Werte die Kosten von APCs (Article Processing Charges) oder Zeitschriftenpaketen nicht decken, wäre der Fehlbetrag nach dem Verursacherprinzip durch die Autorinnen und Autoren oder durch die Fachbereiche auszugleichen. Dabei wäre es unerheblich, ob es sich um einen PAR- (Publish-and-Read) 7 oder Subskriptionsvertrag handelt. In diesem Beitrag wird den Fragen nachgegangen: Kann ein Etatmodell gelingen, das als Kern eine publikationsbasierte Mittelverteilung vorsieht? Wo sind die Möglichkeiten und die Grenzen eines solchen Modells? Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Modell für die fachspezifische Etatverteilung und die Finanzierung bestimmter Produkte? Die Antworten auf diese Fragen dienen als Vorüberlegungen zum neuen Etatverteilungsmodell der RPTU, welches im Laufe der Jahre 2025/2026 implementiert werden soll. Sie sollen aufzeigen, an welchen Stellen das Modell den angestrebten Zweck erfüllt und wo Anpassungen nötig sind. Für weitere zentrale Bestandteile der Erwerbung, wie Monografien oder die Finanzierung von Datenbanken, sieht das zukünftige Modell der RPTU eigene Etatbereiche vor. Eine detaillierte Betrachtung dieser Etatbestandteile soll nicht Teil des vorliegenden Artikels sein.
Die UB der RPTU entstand im Zuge der Fusion der beiden Universitätsbibliotheken Kaiserslautern und Landau im Rahmen der Gründung der RPTU zum 01.01.2023.8 Sie geht auf die Fusion der ehemaligen TU Kaiserslautern und dem Standort Landau der vormaligen Doppeluniversität Koblenz-Landau zurück und ist die einzige Technische Universität des Landes Rheinland-Pfalz. Rund 17.000 Studierende, 300 Professuren und 4.000 Beschäftigte verteilen sich auf 16 Fachbereiche9, eine zentrale Verwaltung und verschiedene zentrale Einrichtungen. Die Fachbereichsstruktur ist in Kaiserslautern vorwiegend natur- und ingenieurswissenschaftlich geprägt, wohingegen in Landau sozial- und erziehungswissenschaftliche Schwerpunkte sowie Psychologie überwiegen.10 Zum Zeitpunkt des Erscheinens dieses Artikels steht die UB der RPTU vor der Herausforderung, die beiden grundlegend unterschiedlichen Etatstrukturen der Ursprungseinrichtungen vereinheitlichen zu müssen. Ziel ist dabei die Harmonisierung der ursprünglichen Strukturen der beiden Ausgangsbibliotheken in einem zentralen Bibliothekshaushalt. Dies erfordert an beiden Standorten tiefgehende Eingriffe in die gewohnten Strukturen. Es bietet aber auch die Möglichkeit, gänzlich neue Ansätze der Mittelverteilung zur Diskussion zu stellen, da sowohl der Haushalt der UB als Ganzes als auch die Parameter der Mittelverteilung losgelöst von bestehenden Strukturen neu gedacht werden können. Dabei ist klar, dass der neue Bibliothekshaushalt die Finanzierung aller bisherigen Informationsmittel sicherstellen muss und zudem die Finanzierung von Abonnement- und Publikationskosten integrieren soll.
Der Bedarf neuer Steuergrößen für die Kosten- und Mittelverteilung ergibt sich wie an vielen wissenschaftlichen Bibliotheken unter anderem aus den bereits zuvor skizzierten Folgen der Open-Access-Transformation. Es stellt sich zunehmend die Frage, inwieweit bzw. ob überhaupt die Kosten für die steigende Zahl fachübergreifender Paketverträge mit und ohne Publikationskomponente gemäß dem Bedarf auf die einzelnen Fachbereiche umgelegt werden können. Bisher werden auch an der RPTU die Kosten für Zeitschriftenpakete einem oder wenigen Fachbereichen zugeordnet. Der Verteilungsschlüssel entspricht dabei bislang in den meisten Fällen ̶ der lange gültigen Kostenlogik folgend ̶ dem Verhältnis der ehemaligen Einzelabonnements. Änderungen im Bedarf verschiedener Fachbereiche aufgrund fachlicher Neuausrichtungen oder Veränderungen in der Kostenberechnung durch publikationsbasierte Vertragsmodelle werden bisher nur in wenigen Fällen berücksichtigt. Allerdings beruht mittlerweile ein Großteil der Kosten, die für ein Zeitschriftenpaket anfallen, auf der Zahl der Publikationen und nicht mehr (ausschließlich) auf der Zahl der früher bestehenden Abonnements im jeweiligen Verlag. Überträgt man diese Idee auf die interne fachspezifische Kostenaufteilung der Pakete und nimmt zudem nicht Zugriffszahlen, sondern Publikationszahlen als Maß für die Relevanz eines Verlags für einen bestimmten Fachbereich, stellt sich die Frage, ob die interne, fachspezifisch Etatverteilung noch passend ist oder ob sie nicht viel mehr, dem Verursacherprinzip folgend, an das Publikationsverhalten der Fachbereiche angepasst werden muss.
Begleitet werden diese Überlegungen von der Forderung von DFG und Wissenschaftsrat nach einer größeren Transparenz der Mittelflüsse zur Publikationsfinanzierung an deutschen Hochschulen sowie dem Einsatz der Erwerbungsmittel wissenschaftlicher Bibliotheken für die Finanzierung von Publikationen und damit verbunden der Umsetzung eines Informationsbudgets in den Einrichtungen.11
Die momentane Verteilung der Bibliotheksgelder an der RPTU bzw. die Kostenverteilung von Paketen zwischen den Fachbereichen entspricht in keiner Weise den aktuellen Anforderungen. Sowohl Fachbereichsgrößen als auch -bedarfe haben sich über Jahrzehnte weiterentwickelt. Der Schlüssel zur Mittelverteilung in Kaiserslautern ist seit mehr als 20 Jahren unverändert. Die Allokation von Kosten für Zeitschriftenpakete zwischen verschiedenen Fachbereichen spiegelt das Verhältnis der vormals gehaltenen Einzelabonnements wider, ohne dass seit Abschluss der Paketverträge Anpassungen vorgenommen wurden. In Landau werden bisher Zeitschriften- und E-Book-Pakete durch zentrale Bibliotheksmittel beglichen ohne eine Allokation auf die Fachbereiche. Fachspezifische Mittel dienen der Finanzierung fachspezifischer Zeitschriften, in der Regel als Einzelabonnements in gedruckter Form.
Als Beispiel stellt Abb. 1 die aktuellen prozentualen Aufwendungen der Fachetats für Zeitschriften (subskriptionsbasierte Kosten) dem prozentualen Anteil an Veröffentlichungen und damit dem publikationsbasierten Anteil an Zeitschriftenkosten gegenüber.
Aus internen Gründen werden die betrachteten Fachbereiche (FB) nicht näher benannt. Es wurde deshalb auf eine farbcodierte Darstellung zurückgegriffen. Es zeigt sich, dass die Folgen einer Änderung der Kostenbasis von subskriptions- auf publikationsbasierte Abrechnung je nach Fachbereich unterschiedlich stark ausgeprägte wären. Die mit den Buchstaben A-D bezeichneten Fachbereiche sind dabei exemplarisch für die vier möglichen Szenarien, die sich an der RPTU ergeben würden. Der ingenieurswissenschaftliche Fachbereich A sticht besonders hervor. Hier betragen die aktuell aufgewendeten subskriptionsbasierten Kosten 2 % der gesamten Zeitschriftenausgaben der Bibliothek. Setzt man das Publikationsaufkommen als Maß an, müsste der betroffene Fachbereich 24 % der fehlenden Kosten tragen. Demgegenüber stehen der naturwissenschaftliche Fachbereich C und ein anderer ingenieurswissenschaftlicher Fachbereich B, deren Kostenanteile sich von 17 % auf 8 % (FB C) bzw. von 3 % auf 0,5 % (FB B) stark reduzieren würden. Darüber hinaus gibt es Fachbereiche ohne starke Veränderungen (FB D).
Ergeben sich für einen Fachbereich im publikationsbasierten Modell deutlich höhere Kosten, so hat dies in den meisten Fällen zwei Gründe. Zum einen ist das Publikationsaufkommen des Fachbereichs sehr hoch. Zum anderen publizieren die Forschenden häufig in Fachzeitschriften, deren Kosten bisher ausschließlich von anderen Fachbereichen getragen wurden. Beteiligt man nun die Verursacher an den Kosten für diese Zeitschriften, führt dies bei einigen Fachbereichen zur dargestellten Kostensteigerung, bei anderen Fachbereichen, die bisher besonders teure, fachspezifische Zeitschriften allein tragen, zu einer Kostenreduktion. Ein weiterer Grund für eine Senkung des Kostenanteils ist die fehlende Relevanz von Zeitschriftenpublikationen in bestimmten, insbesondere geistes-, sozial- und kunstwissenschaftlichen Fachbereichen.
Ziel des im Folgenden vorgestellten Modells ist es, neben reinen Zeitschriftenkosten auch die Ausgaben für das Veröffentlichen von Zeitschriftenbeiträgen durch Mitglieder der RPTU in den regulären Bibliothekshaushalt zu integrieren. Durch die Berücksichtigung aller Zeitschriften- und Publikationskosten und der damit verbundenen Bündelung der Finanzströme zur Publikationsfinanzierung werden zudem erste Schritte in Richtung eines integrierten Informationsbudgets unternommen. Das Informationsbudget beruht dabei auf der Idee, alle Ausgaben12 und Einnahmen zur Finanzierung wissenschaftlicher Informationen zentral zu erfassen (virtuelles Informationsbudget) bzw. zentral zu bewirtschaften (reales oder integriertes Informationsbudget). Dabei werden alle Ausgaben und Finanzquellen berücksichtigt, unabhängig davon, ob sie zentral oder dezentral verausgabt bzw. erwirtschaftet werden. Hierdurch soll ein umfassender Überblick über Ausgaben und Finanzierungsquellen der Einrichtung zum Zweck der Informationsversorgung gewonnen werden.13 Der dargestellte Ansatz der Integration von Zeitschriften- und Publikationskosten in den zentralen Bibliothekshaushalt ist dabei unabhängig vom Stand der Open-Access-Transformation, da er Subskriptions-, Publish-and-Read- und reine Publikationskosten gleichermaßen und gleichberechtigt berücksichtig. Zudem können die wenigen und transparent nachvollziehbaren Verteilungsparameter mit Blick auf Veränderungen der Transformation unkompliziert angepasst werden.
Grundidee des Modells ist ein gemeinsamer zentraler Etat für Zeitschriften und Artikelgebühren, der verschiedene Finanzquellen bündelt. Die Mittelverteilung innerhalb dieses Etats erfolgt auf Basis des Gedankens, dass jede Publikation einen bestimmten Wert hat, der von diversen Faktoren wie dem Open-Access-Status oder der Publikationsart, abhängt. Der Wert eines Zeitschriftenpakets entspricht der Summe aller durch die Mitglieder der RPTU darin veröffentlichten Artikel. Der zentrale Zeitschriftenartikeletat ist unabhängig von den einzelnen Fachetats und sowohl Mittelzuweisung als auch Kostenverteilung zwischen den einzelnen Fachbereichen finden rein publikationsbasiert statt.
Zur Finanzierung des Etats sollen all diejenigen Finanzquellen dienen, die auch bisher zur Finanzierung von Lesezugriffen und Veröffentlichungen beitragen, teilweise aber von unterschiedlichen Akteuren auch außerhalb der Bibliothek, bewirtschaftet werden. An der RPTU werden die Kosten für Zeitschriftenabonnements und Publikationsgebühren derzeit unter anderem aus den fachspezifischen Zeitschriftenetats, aus variablen Zuschüssen verschiedener Fachbereiche und Forschungsbereiche, aus dem E-Medienetat der ehemaligen UB Landau, verschiedenen Open-Access-Geldern, wie dem Open-Access-Fonds und Sondermitteln der Hochschulleitung, Drittmitteln der Arbeitsgruppen und ähnlichem beglichen. Durch eine perspektivische Bündelung all dieser Mittel im Zeitschriftenartikeletat soll eine nachhaltige, wirtschaftliche und bedarfsgerechte Finanzierung von Zeitschriften und Publikationen gewährleistet werden.
Die Verteilung der Mittel erfolgt rein publikationsbasiert, kann dabei aber von diversen, artikelinhärenten Faktoren abhängen. Grundlegend sind dabei zwei Gedanken:
(a) Die Relevanz einer Zeitschrift für ein Fachgebiet bzw. die gesamte Einrichtung bemisst sich an der Zahl der veröffentlichten Artikel14 und
(b) jede Publikation hat einen festen Wert, der von verschiedenen Faktoren, wie z. B. dem Open-Access-Status, der Publikationsart u. a., abhängen kann (siehe 3.2).
Die Summe, die von Seiten der UB aus dem Zeitschriftenartikeletat für ein Zeitschriftenpaket bzw. für die Veröffentlichungen in einem Verlag zur Verfügung gestellt wird, ergibt sich aus den kumulierten Werten der darin publizierten Artikel. Dabei ist es unerheblich, ob es sich vertragsgemäß um ein reines Subskriptionsmodell, einen PAR-Vertrag oder ein reines Open-Access-Modell handelt.
Fallen die Kosten ausschließlich artikelbasiert an, wie dies beispielsweise bei Gold Open-Access-Publikationen oder dem DEAL-Elsevier-Vertrag15 der Fall ist, so werden die APCs oder PAR-Gebühren bis zu einer bestimmten Höhe aus dem Zeitschriftenartikeletat beglichen.
Bei Subskriptionsverträgen oder PAR-Verträgen mit getrennter, aber nicht artikelgenauer Abrechnung von Zugriffs- und Publikationsanteilen wird der "Gesamtwert" aller durch die Mitglieder der RPTU im Verlag veröffentlichten Publikationen bestimmt. Die so berechnete Summe wird über den Zeitschriftenartikeletat gedeckt. Da dies immer erst nach Ablauf des entsprechenden Kalenderjahres möglich ist, Rechnungen aber in der Regel im Voraus oder im Laufe des Lizenzjahres beglichen werden müssen, dient das durchschnittliche Publikationsaufkommen der vorangegangenen drei Jahre als Bezugsgröße.
Zeitschriften von Verlagen in denen nicht publiziert wird, wird kein Wert im Sinne des Zeitschriftenartikeletats zugewiesen, so dass hier keine Kostenübernahme über dieses zentrale, fachunabhängige Budget stattfindet. Diese Verträge müssen über fachspezifische Etats für Forschungsliteratur finanziert werden.
Je nach Wert einer Publikation und abhängig von der Gesamtzahl der Publikationen in einem Verlag kann der Fall eintreten, dass die bereitgestellten Mittel für die APC oder die Paketfinanzierung nicht ausreichen. Diese Kosten sollen im vorgestellten Modell von den Autorinnen und Autoren bzw. deren Fachbereichen nach dem Verursacherprinzip getragen werden.
Dies soll dazu beitragen ein Kostenbewusstsein bei den Forschenden zu schaffen. Der Anteil der Verfasserinnen und Verfasser ist umso höher, je teurer die APC bzw. das mit der Zeitschrift verbundene Zeitschriftenpaket ist. So wird ein günstiges Preis-Leistungs-Verhältnis durch eine Komplettübernahme der Kosten unterstützt, auf ein überteuertes Verhältnis wird durch die Kostenbeteiligung aufmerksam gemacht.
Um die Auswirkungen der oben dargestellten theoretischen Überlegungen auf die Finanzierung bestimmter Produkte und die Kostenbeteiligung der Fachbereiche zu evaluieren, wird mit Hilfe eines Berechnungsmodells der Einfluss verschiedener Kriterien auf den Wert einer Publikation und die sich daraus ergebenden Konsequenzen für die Etatverteilung untersucht. Um Schwankungen zu glätten, dient als Basis das Dreijahresmittel des Publikationsaufkommens an der RPTU in den Jahren 2021–2023 sowie eine fiktive Höhe des Zeitschriftenartikeletats von 1 Million Euro.
Für die Evaluation des Modells stellt sich primär die Frage, wie hoch, bei begrenzten Mitteln, der Wert sein kann, den eine Publikation zugewiesen bekommt. Für die im Folgenden vorgestellten Szenarien der Wertermittlung werden folgende Annahmen getroffen (s. Tab. 1):16
Berücksichtigt werden Artikel, deren korrespondierender Autor bzw. korrespondierende Autorin zum Zeitpunkt der Einreichung Mitglied der RPTU17 war.
Beschränkung auf Forschungsartikel, die in Scopus oder Web of Science indexiert sind. Beiträgen zu Sammelwerken, sog. Non-Research-Artikeln und ähnlichem werden keine Werte zugewiesen.
Zur Vereinfachung fließt lediglich der Open-Access-Status einer Publikation als Gewichtungskriterium in die Wertermittlung ein. Dabei wird zwischen closed, hybrid und open Publikationen unterschieden.18
Parameter | Wert |
---|---|
Status korrespondierende Autorin bzw. korrespondierender Autor | Mitglied der RPTU oder der Vorgängereinrichtungen |
Open-Access-Status | Closed / Hybrid / Open |
Qualitätssicherung | Indexierung in Scopus oder Web of Science |
Artikelart | Forschungsartikel |
Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben werden verschiedene Szenarien betrachtet. Im ersten Fall werden alle Publikationen unabhängig vom Open-Access-Status als gleichwertig angesehen, so dass jede Publikation den gleichen Wert zugewiesen bekommt. Somit ergibt sich im ersten Fall eine ungewichtete Betrachtung (1:1:1 Closed:Hybrid:Open). Der Wert einer Publikation ergibt sich hier im ungewichteten Fall aus dem fiktiven Budget geteilt durch die durchschnittliche Anzahl der Publikationen.
Im zweiten und dritten Fall hängt der Wert einer Publikation von ihrem Open-Access-Status ab. Als gewichtete Betrachtung soll zum einen nur zwischen Artikeln mit Open-Access-Status Closed und Open-Access-Artikeln (Hybrid oder Open) unterschieden werden (1:4:4 Closed:Hybrid:Open) und zum anderen zusätzlich auch zwischen Hybrid und Open (1:2:4 Closed:Hybrid:Open). In den gewichteten Fällen wird mit Hilfe des gewichteten Mittels der Wert einer Publikation mit Gewichtung 1 bestimmt und davon ausgehend die Werte der höher gewichteten Publikationen berechnet.
Bei einem fiktiven Budget von einer Million Euro, sowie durchschnittlich 234 Closed-, 192 Hybrid- und 190 Open-Artikeln ergeben sich in einer Beispielkalkulation die in Tabelle 2 dargestellten Werte für eine entsprechende Publikation.
OA- | Wert [€] (Gewichtungsverhältnis 1:1:1) | Wert [€] (Gewichtungsverhältnis 1:4:4) | Wert [€] (Gewichtungsverhältnis 1:2:4) |
---|---|---|---|
Closed | 1.623 | 568 | 724 |
Hybrid | 1.663 | 2.270 | 1.447 |
Open | 1.663 | 2.270 | 2.894 |
Budget UB | 1.000.000 | 1.000.000 | 1.000.000 |
Wird keine Gewichtung vorgenommen, beträgt beim dargestellten Modell der Wert einer Publikation an der RPTU im Jahr 2023 rund 1.600 € und damit 73 % der von deutschen Einrichtungen im Jahr 2023 durchschnittlich gezahlten APC von 2.262 €.19 Betrachtet man den Fall einer gewichteten Mittelverteilung, erhöhen sich die Werte, die einer Open-Access-Publikation zugewiesen werden und entsprechen bei einer Gleichbehandlung aller Open-Access-Varianten der durchschnittlichen APC des Jahres 2023. Eine höhere Gewichtung führt zu einem höheren Wert und damit dazu, dass für diese Publikation eine größere Summe aus dem Zeitschriftenartikeletat verrechnet wird. Der Wert einer Publikation in einer Subskriptionszeitschrift sinkt analog. Durch die Wahl der Gewichtungsfaktoren ergibt sich somit die Möglichkeit der publikationspolitischen Steuerung, indem gewolltes Publikationsverhalten durch einen höheren Wert dieser Publikationsform und damit durch die Übernahme eines größeren Teils der Kosten honoriert wird. Der theoretische Wert, der in diesem Haushaltsmodell einer bestimmten Zeitschrift bzw. einem Zeitschriftenpaket zugeteilt wird, ergibt sich aus den summierten Werten, der in dieser Zeitschrift im Betrachtungszeitraum durchschnittlich erschienenen Artikel.
Um die Auswirkungen des vorgestellten Berechnungsmodells auf die Finanzierung verschiedener Zeitschriftenprodukte zu verdeutlichen, wurden in den hier dargestellten Überlegungen Gewichtungsverhältnisse gewählt, die zu extremen Unterschieden bei den Artikelwerten führen. Für die praktische Anwendung des Modells empfehlen sich weniger stark ausgeprägte Gewichtungen.
Darüber hinaus ermöglicht das Modell auch die Berechnung des umgekehrten Falls, die Abschätzung des Finanzbedarfs für Artikel bei vorgegebenen Werten. In diesem Fall werden global die Werte für Closed, Hybrid und Open festgesetzt und daraus das nötige Finanzvolumen berechnet. Wenn die Werte bekannt sind, wird bei der Berechnung berücksichtigt, ob die durchschnittliche APC eines Verlags bzw. der Preis eines Zeitschriftenpakets und damit die Kosten pro Artikel günstiger oder teurer als der angesetzte Wert sind. Ist der angesetzte Wert höher als die realen Kosten, werden nur die realen Kosten berücksichtigt, sonst der angesetzte Wert. Mit diesem Vorgehen kann unter Annahme eines unveränderten Publikationsverhaltens, beispielsweise der voraussichtlich zu erwartende Mittelbedarf bei Neulizenzierungen in Abhängigkeit von der Preisgestaltung prognostiziert werden.
In Abb. 2 sind für die RPTU beispielhafte Verträge der Kategorien Hybrid, Closed und Open dargestellt.20
Die Gesamthöhe der Säulen entspricht dabei den Kosten, die die Bibliothek der RPTU bisher für diese Produkte aufwendet. Dies sind im Fall der dargestellten PAR- und Closed-Verträge alle Kosten, die an der RPTU für den Lesezugriff bzw. das Publizieren in diesen Verlagen anfallen. Bei den mit Open gekennzeichneten Verträgen kann nicht vollständig ausgeschlossen werden, dass im Betrachtungszeitraum für einzelne Publikationen Kosten an anderen Stellen innerhalb der Hochschule angefallen sind, welche nicht durch die UB abgerechnet wurden.21 Diese und etwaige weitere publikationsnahe Kosten, wie Colour-Charges o. ä., wurden in dieser Bedarfsabschätzung nicht berücksichtigt. In einem zentralen Zeitschriftenartikeletat würden bisher dezentrale und damit schwer zu erfassende Kosten durch eine zentrale Buchung zusätzlich Berücksichtigung finden. Der dunkelblaue bzw. blaugraue Anteil (UB-Mittel) entspricht den Kosten, welche gemäß dem hier dargestellten Modell von der UB übernommen würden, im Folgenden auch als Budget bezeichnet. Der pinke bzw. graugrüne Anteil (Fachbereichsanteil) spiegeln den von den Fachbereichen zu tragenden Fehlbetrag wider. Dieser wird gemäß dem Grundgedanken des Modells, Mittel und Kosten rein publikationsbasiert zu verteilen, wiederum anteilig auf die in diesem Verlag publizierenden Fachbereiche umgelegt. Negative Balken indizieren, dass nach dem Berechnungsmodell mehr Mittel für den Vertrag zur Verfügung stehen würden, als Kosten entstehen. Das jeweilige Budget setzt sich aus den kumulierten Werten für alle Closed-, Hybrid- und Open-Publikationen in diesem Verlag zusammen, die den in Tabelle 1 aufgeschlüsselten Kriterien entsprechen.
Es fällt auf, dass keine vollständige Kostendeckung aus Mitteln des Zeitschriftenartikeletats möglich ist. Die im Schnitt 1.600 € bzw. 2.000 € pro Publikation, die im Budget bereitstehen, liegen unterhalb der rund 2.900 € pro DEAL-Publikation22, so dass ein Fehlbetrag erwartbar ist. Eine Beteiligung der Fachbereiche zur Kostendeckung ist unumgänglich.
Die Verschiebung im Fehlbetrag bei PAR 1 zwischen einer ungewichteten Berechnung und einer 1:2:4-Gewichtung ist deutlich stärker ausgeprägt als bei den anderen betrachteten PAR-Verträgen. Dieser Effekt lässt sich durch einen deutlich höheren Anteil an Closed-Publikationen in diesem Verlag erklären. Das Budget bei PAR 2 wiederum erhöht sich bei einer stärkeren Gewichtung von Gold-OA-Publikationen aufgrund des höheren Anteils dieser Publikationsart in den Zeitschriften dieses Verlags im Vergleich zu den anderen PAR-Verträgen.
Die Betrachtung der reinen Subskriptionsverlage (Closed 1 bis 3) zeigt deutliche Unterschiede im Verhältnis der Gesamtkosten bezogen auf die Zahl der Artikel. Zwar kann im Fall des dritten Subskriptionsverlags (Closed 3) in beiden betrachteten Szenarien eine Kostendeckung erreicht werden, aber gerade bei dem Vertrag Closed 1 wird eine starke finanzielle Unterstützung der Autorinnen und Autoren benötigt. Errechnet man in diesem Fall die Subskriptionsgebühr pro Publikation, so liegt sie bei mehr als dem Doppelten im Vergleich zu den Kosten eines Artikels im Rahmen der DEAL-Verträge, obwohl dieser Vertrag keine Publish-Komponente beinhaltet. Insbesondere bei solchen Fällen wird deutlich, dass auch bei subskriptionsbasierten Verträgen mit ungünstigem Preis-Leistungs-Verhältnis eine Beteiligung der Autorinnen und Autoren zur Schaffung einer Kostensensibilität sinnvoll ist. Im Falle einer stärkeren Förderung von Open-Access-Artikeln verglichen zu Closed-Veröffentlichungen erhöht sich der Fehlbetrag.
Das Budget der „Open“-Verträge enthält definitionsgemäß nur Gold-OA-Publikationen. Da die APCs dieser Verlage meist geringer als die Publikationskosten bei DEAL sind, ist die Finanzierung für diese Fälle meist in etwa kostendeckend. Im Fall Open 1 wird nur ein Bruchteil des bereitgestellten Budgets benötigt.
Der dargestellte Vergleich der verschiedenen Vertragsformen zeigt, dass die Kosten pro Artikel in der Regel mit dem Open-Access-Status korrelieren. So sind die APCs für Gold-Open-Access häufig niedriger als die für einen hybriden Artikel, ganz zu schweigen von den rechnerischen Subskriptionsgebühren pro Publikation. Legt man bei der Wertermittlung zusätzlich eine höhere Gewichtung für Open Access an, führt dies zu einer zusätzlichen Belastung der Autorinnen und Autoren von Closed-Artikeln. Dies kann durch – im Vergleich zu den hier dargestellten Verhältnissen – weniger extreme Gewichtungsverhältnisse abgemildert werden. Dennoch führt die Kombination aus höheren Kosten pro Artikel und geringerer Beteiligung der Bibliothek zu einer doppelten finanziellen Benachteiligung von Artikeln in Subskriptionszeitschriften. Aufgrund der aktuellen Kostenstrukturen der verschiedenen Vertragsformen ist eine Förderung von Open-Access-Artikeln bereits durch eine ungewichtete Wertzuweisung gegeben, ohne dass sie durch eine stärkere Gewichtung zusätzlich erzeugt werden müsste.
Die oben dargestellten Ergebnisse stützen die Annahme, dass für die RPTU aktuelle interne Etatverteilung und Kostenverursacher nicht mehr zusammenpassen und für Zeitschriften- und Publikationskosten neue Mechanismen der Etatverteilung gefunden werden müssen. Das vorgestellte Modell stellt einen neuen Ansatzpunkt dar, Kosten verursachergerechter zu verteilen und bietet die Möglichkeit haushaltspolitischer Steuerung.
Bei einer konsequenten Umsetzung des Modells findet automatisch eine Kostenverteilung nach dem Verursacherprinzip statt.23 Dies erreicht das Modell mit Hilfe einiger weniger einfacher und objektiv nachvollziehbarer Parameter, die sich leicht um weitere Kriterien erweitern lassen. So können als zusätzliche Kriterien z. B. weitere Publikationsarten, Seitenzahlen, fachspezifische Kriterien oder Drittmittelgeber berücksichtigt werden. Durch die Erweiterung des Kriteriums Publikationsart kann beispielsweise ein weiterer Gewichtungsfaktor eingeführt werden.
Publikationsarten (insbesondere Tagungsbeiträge): Aktuell unterscheidet das Modell nur zwischen Forschungsartikeln24 und allem anderen. Allerdings handelt es sich gerade bei Beiträgen in Tagungsbänden häufig um kürzere Veröffentlichungen, die dem Charakter nach eher einer umfangreicheren Zusammenfassung entsprechen. Eine Gleichbehandlung mit anderen Veröffentlichungen des Typs Forschungsartikel führt, gemessen am Umfang der Publikationen und ihrem wissenschaftlichen Beitrag, zu überproportional hohen Kosten. Dennoch sind Proceedingsbeiträge im Publikationsverhalten bestimmter Fachbereiche von großer Relevanz. Eine Möglichkeit, diesem Problem zu begegnen, ist ein zusätzlicher Gewichtungsfaktor im Rahmen der Wertermittlung auf Basis verschiedener Publikationsarten.
Seitenzahl: Einen ähnlichen Punkt adressiert die Berücksichtigung einer Mindestseiten- oder Mindestzeichenzahl als Schwellwert für die Wertermittlung. Besonders kurze Veröffentlichungen, wie sie sog. Letter oder Editorials darstellen, können auf diese Weise aus der Kostenbeteiligung durch die Bibliothek ausgeschlossen werden.
Qualitätssicherung: Zusätzliche fachspezifische Kriterien bezüglich der Qualitätssicherung können berücksichtigt werden, um die aktuelle systematische Benachteiligung vor allem deutschsprachig publizierender Fachgebiete abzumildern. Im aktuellen Modell werden nur Artikel berücksichtigt, die in Zeitschriften erschienen sind, welche in Scopus oder Web of Science indexiert sind. Dies benachteiligt systematisch Fachrichtungen, wie das Bauingenieurwesen oder Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften, deren bevorzugte Publikationsorgane häufig nicht in den genannten Datenbanken indexiert sind, ohne dass darüber eine Aussage bzgl. der Qualität dieser Zeitschriften abgeleitet werden kann. Hier können zusätzliche fachlich anerkannte Kriterien helfen, das Ungleichgewicht abzumildern und dennoch sicherzustellen, dass nur qualitätsgesicherte Publikationen Kosten für die Bibliothek generieren.
Drittmittelgeber: Bei der Gewichtung des zugewiesenen Wertes für eine Publikation könnte, analog zum Vorgehen beim Open-Access-Status, auch die Nennung bestimmter Fördermittelgeber berücksichtigt werden. Dadurch würde die Unterstützung bestimmter Mittelgeber für Publikationskosten adressiert, wenn diese in den Zeitschriftenartikeletat miteinfließen.
Diese Beispiele illustrieren, dass das hier vorgestellte Modell durch die Wahl der Parameter an verschiedene Rahmenbedingungen und Prioritäten innerhalb der Hochschule angepasst werden kann. Durch den Einsatz verschiedener Kriterien zur Gewichtung kann das Modell zudem eine Steuerungsfunktion erfüllen.
Mit Hilfe des Modells und des Festlegens des Werts einer Publikation lässt sich neben der Möglichkeit einer verursachergerechten und anpassbaren Mittelverteilung auch der benötigte Geldbedarf prognostizieren und der Einfluss etwaiger Entwicklungen durch geänderte Rahmenbedingungen simulieren. Der Mehrwert dieser Art der Berechnung zeigt sich vor allem in der strategischen Kommunikation nach außen und kann dazu dienen, Mehrbedarfe gegenüber Mittelgebern zu plausibilisieren. An der RPTU wurden auf diese Weise die Auswirkungen auf den Bibliotheksetat durch verschiedene Arten der Kostenverteilung bzw. -beteiligung im Rahmen der DEAL-Verträge eruiert und dienten als Diskussionsgrundlage in den Finanzierungsgesprächen mit der Hochschulleitung.
Durch die gebündelte Abrechnung von Zeitschriften- und Publikationskosten in einem zentralen Etat ist eine zentrale Erfassung der Kosten inklusive der Informationen zu den Mittelgebern und Verursachern gegeben. Dies stellt einen ersten und wichtigen Schritt in Richtung eines Informationsbudgets dar.25 Die zuvor dargestellten Analysen zeigen aber auch, dass die Anwendbarkeit des Modells stark von der Qualität und der Vollständigkeit der vorhandenen Daten abhängt. Entscheidend ist vor allem, dass ein (nahezu) vollständiges Publikationsmonitoring gegeben ist, welches alle für die Wertbemessung relevanten Metadaten einschließt. Nur so sind belastbare Berechnungen des Budgets und der nachgelagerten fachspezifischen Kostenverteilung möglich. Die Universitätsbibliografie der RPTU BiblioKL26 bietet hier bereits eine solide Datengrundlage.
Das Problem, dass sich Publikationszahlen nicht bzw. nur mit großer Unsicherheit vorhersagen lassen und zudem schwanken, besteht auch bei der publikationsbasierten Mittelverteilung, wirkt sich aber durch den Ansatz eines zentralen Etats statt einzelner Fachetats weniger stark aus. Da zu erwarten ist, dass Schwankungen in den Publikationszahlen auf Fachbereichsebene größer sind als im Gesamtpublikationsaufkommen der Hochschule, ist eine Zentralisierung der Finanzierung von Zeitschriften und Publikationen sinnvoll.27 Dennoch sollten im Rahmen des Zeitschriftenartikeletats Möglichkeiten zur flexiblen Mittelbewirtschaftung geschaffen werden, wie es durch einen Übertrag von Mitteln über den Haushaltsschluss hinweg oder durch die Umschichtung von Mitteln zwischen verschiedenen Etats begrenzt möglich ist.
Es zeigt sich zudem, dass insbesondere Fachdisziplinen in denen Zeitschriftenpublikationen eine geringe bis keine Rolle spielen, bei einer reinen publikationsbasierten Mittelverteilung erheblich benachteiligt wären. Auch die Finanzierung von (Fach-)Datenbanken und Monografien kann im vorliegenden Ansatz nicht adäquat berücksichtigt werden. Um diese Benachteiligungen auszugleichen, können zum einen die zugrundeliegenden Berechnungsparameter angepasst werden (s. 3.4): So können beispielsweise Sammelwerksbeiträge oder Open-Access-Buchpublikationen als zusätzliche Publikationsformen berücksichtigt werden. Zum anderen muss das Gesamtmodell zur Mittelverteilung weitere publikationsunabhängige Etats zur Finanzierung von Forschungs- und Lehrliteratur enthalten. Diese Positionen sind für den angedachten Etatumbau der UB der RPTU mit fachspezifischen Fach- und Studierendenetats geplant, eine detaillierte Betrachtung würde allerdings den Umfang des Artikels sprengen.
Die Umsetzung des hier vorgestellten Modells zur Finanzierung von Subskriptions- und Publikationskosten würde auch an der RPTU einen tiefgreifenden Eingriff in die bisher gültigen Mechanismen zur Finanzierung von Zeitschriften und Publikationen bedeuten. Im Moment herrscht bezüglich der Kostenübernahme durch die UB verlagsabhängig eine große Heterogenität: Während Subskriptionskosten und Publikationskosten bei Verträgen der Bibliothek mit diversen Verlagen üblicherweise ohne Zusatzkosten für Autorinnen und Autoren oder Fachbereiche getragen werden, müssen alle anderen Publikationskosten in der Regel von den Arbeitsgruppen übernommen werden. Im Fall von Gold-Open-Access-Publikationen können die Kosten bis zu einer gewissen Grenze und unter bestimmten Voraussetzungen durch den Open-Access-Fonds erstattet werden. Diese Praxis führt zu einer zunehmenden Ungleichbehandlung in der Kostenübernahme. Durch die wachsende Anzahl an PAR-Verträgen bzw. OA-Verträgen halten Publikationskosten zunehmend Einzug in den Bibliothekshaushalt.
In Gesprächen mit der Hochschulleitung wurde ein Bewusstsein für diese Thematik geschaffen, so dass grundsätzlich Konsens darüber besteht, dass eine Gleichbehandlung von Open-Access-Publikationen unabhängig vom Vertragspartner anzustreben ist. Darüber hinaus wird diskutiert, sämtliche Mittel zur Finanzierung von Informationsmitteln inklusive der Gelder, die für Veröffentlichungen zur Verfügung stehen, zentral der Bibliothek zuzuweisen und von ihr verwalten zu lassen. Auch die Möglichkeit der (begrenzten) Weitergabe von Kosten an die Verursachenden wurde geschaffen, sie wird ab dem 2. Quartal 2025 umgesetzt. In einem ersten Schritt soll dies zu einer finanziellen Gleichbehandlung hybrider und goldener Open-Access-Artikel (z.B. DEAL, OA-Verlage) unabhängig vom Verlag und der Publikationsart sorgen.
Auch für die Notwendigkeit einer grundsätzlichen Neugestaltung der Etatstruktur der UB der RPTU konnte ein Bewusstsein geschaffen werden. Für das zweite Halbjahr 2025 stehen intensive Diskussionen zwischen Präsidium, Bibliotheksleitung und den Fachbereichen zum neuen Etat an. Es besteht die begründete Hoffnung, dass sich die Grundgedanken des hier vorgestellten Modells im zukünftigen Haushaltsmodell der UB der RPTU wiederfinden.
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