Mit dem Aufbau des Diamond-Open-Access-Verlages TIB Open Publishing1 hat die Technische Informationsbibliothek (TIB) ihre Ausrichtung auf Open Science unterstrichen und ihre Angebote zur Open-Access-Transformation um eine wichtige Säule ergänzt. Ein neuer Ort für Open-Access-Erstveröffentlichungen inklusive der dazugehörenden professionellen Publikationsabläufe wurde als Angebot für Herausgebende aller wissenschaftlichen Disziplinen und Einrichtungen geschaffen. Ausgangspunkt war die Feststellung, dass institutionell betriebene, hochwertige Open-Access-Angebote fehlen, um die Bedarfe von Forschenden zu decken. Letzteres gilt in besonderem Maße für Konferenzveröffentlichungen. In manchen wissenschaftlichen Disziplinen, darunter auch in einigen Kernfächern der TIB (z.B. Informatik), kommt dieser Publikationsform ein hoher Stellenwert zu. Dennoch sind Konferenzveröffentlichungen oftmals weniger sichtbar und weniger zugänglich.2 Der Dienst fügt sich dabei gut in die strategische Entwicklung der TIB ein, insbesondere in den Aspekt Open Science ‒ u.a. durch die Ausrichtung auf Open Access, offene Lizenzen und freie Software.3
Zu Beginn der Planungen gab es gewisse Vorbehalte, das Vorhaben „Verlag“ zu nennen, da der Begriff besonders in der Bibliotheks-Community oftmals mit der Profitmaximierung großer kommerzieller Verlagshäuser assoziiert wird, sodass zunächst die Bezeichnung „Publikationsplattform“ genutzt wurde. Da das Leistungsportfolio der Publikationsplattform aber klassische Verlagsleistungen umfasst, erschien „Verlag“ schlussendlich doch die treffendere Bezeichnung zu sein. Leistungen, die TIB Open Publishing derzeit nicht selbst anbietet (z.B. Englisch-Korrektorat) werden auch bei anderen Verlagen an externe Dienstleister ausgelagert. Was das Angebot der TIB allerdings von einer Vielzahl von Verlagen abhebt ist der Umstand, dass
die TIB eine institutionelle Anbieterin ist,
nur Open-Access-Publikationen verlegt werden,
die Publikationskosten nicht auf Autor*innen abgewälzt werden,
die Rechte an den Publikationen (Zeitschriften, Konferenzpublikationen, Artikeln, Beiträge) bei den Wissenschaftler*innen verbleiben
alle inhaltliche Entscheidungen den aktiven Fach-Communities überlassen werden.4
Gestartet sind die konkreten Vorbereitungen des Dienstes im Sommer 2020 mit der Einrichtung von zwei Publication-Platform-Manager-Stellen (Vollzeit, unbefristet). Die ersten Konferenzbände wurden 2021 publiziert.5 Im Sommer 2023 kam eine weitere unbefristete Vollzeitstelle im redaktionellen Bereich (Kundenbetreuung/Produktion usw.) hinzu. Außerdem wurde das Team 2024 durch zwei studentische Mitarbeiter*innen verstärkt. Im Herbst 2024 hat ein Open-Source-Anwendungsbetreuer und Systemadministrator, zunächst befristet für zwei Jahre, die Arbeit aufgenommen. Die Social-Media-Aktivitäten werden derzeit von einer weiteren Mitarbeiterin übernommen, die befristet einen Stellenanteil von 12,5 % im Verlag hat.
Es gibt eine Reihe von verlegerischen Standards, die dabei helfen, die Sichtbarkeit, Zugänglichkeit, Auffindbarkeit und Nachhaltigkeit von (Open-Access-)Publikationen zu gewährleisten6 und die gute wissenschaftlicher Praxis auch beim Publizieren sicherzustellen.7
TIB Open Publishing stellt sicher, dass die verlegten Publikationen diese formalen Qualitätsstandards einhalten.8 So müssen die Publikationen mit den Förderkriterien der in der cOAlition S vereinten Forschungsförderer („Plan S“) kompatibel sein.9 Weitere formale Qualitätsstandards, die eingehalten werden müssen, richten sich nach dem DOAJ Seal10, den OASPA-Mitgliedschaftskriterien11 und den COPE-Richtlinien12.
Alle von TIB Open Publishing veröffentlichten Inhalte sind Open Access, werden unter der CC BY-Lizenz veröffentlicht, und die Autor*innen behalten die Rechte an ihren Werken. Die Lizenzinformationen sind in Volltextformaten (PDF, XML/HTML) sowie in den Metadaten enthalten. Als Dienst der TIB legt TIB Open Publishing großen Wert auf die Langzeitarchivierung, um die dauerhafte Bewahrung und Verfügbarkeit der publizierten Beiträge und Artikel zu gewährleisten. Alle Publikationen aus dem TIB-Fächerspektrum (Technik, Architektur, Chemie, Informatik, Mathematik und Physik) sowie aus den Forschungsfeldern der TIB (Data Science & Digital Libraries, Scientific Data Management, Visual Analytics, nicht-textuellen Materialien und Open Science) werden im Langzeitarchivierungssystem der TIB (Rosetta)13 archiviert. Alle Publikationen aus anderen Fachgebieten werden über den Dienst des externen Partners Portico14 archiviert.
Persistente Identifier wie ROR15, DOI16 und ORCID17 sind essenziell für die nachhaltige Auffindbarkeit und eindeutige Identifikation und werden in allen Publikationen unterstützt. Zudem verfügen alle Publikationen über eine ISSN (online).
Kriterium | Herkunft |
---|---|
ISSN (online) | DOAJ |
Information zur Finanzierung | DOAJ, OASPA |
Langzeitarchivierung | DOAJ. Plan S, OASPA |
Keine Beschränkung für Text-Mining | DOAJ |
Persistente Artikel Identifier (DOI) | DOAJ, Plan S, OASPA |
Informationen zum Editorial Board mit Affiliation | DOAJ, OASPA |
Informationen zum Peer-Review-Prozess | DOAJ, Plan S, COPE |
Definierte Aims and Scopes | DOAJ |
Klare Guidelines für Autor*innen | DOAJ, OASPA |
Plagiatscheck | DOAJ |
Open Access Statement | DOAJ, OASPA |
Lizenzinformationen in den Artikeln | DOAJ, OASPA, COPE |
CC Lizenz, maschinenlesbar | DOAJ, Plan S |
Policy zur Selbstarchivierung | DOAJ, Plan S (Empfehlung) |
Autorenrechteverbleib | DOAJ, Plan S |
Verwendung von CC BY | (Schnittmenge von) Plan S, OASPA |
CC 0 für Metadaten | Plan S |
Preistransparenz | Plan S |
Informationen zu Editorial Policies und Entscheidungsprozessen | Plan S |
Jährliche Statistik zu Zahl der Einreichungen, Zahl der angefragten Gutachten, Zahl der erhaltenen Gutachten, die Akzeptanzrate sowie zur Dauer zwischen Einreichung und Publikation | Plan S (bisher nicht implementiert) |
Funding Informationen | Plan S |
Keine Mirror-Zeitschrift einer Subskriptionspublikation | Plan S |
Autor*innen Identifier (ORCID IDs) | Plan S (Empfehlung) |
Organisationen Identifier (ROR) | Plan S (Empfehlung) |
Maschinenlesbare Volltexte (XML/HTML) | Plan S (Empfehlung) |
OpenAIRE-kompatible Metadaten (dublin core) | Plan S (Empfehlung) |
Verlinkung zu Daten, Code und anderen der Publikation zugrundeliegender Materialen, die auf Repositorien abgelegt sind | Plan S (Empfehlung), COPE (Datenverfügbarkeit) |
Offene Referenzlisten (I4OC18) | Plan S (Empfehlung), OASPA |
Publikationsdaten in den Artikeln | OASPA |
Klare Publikationsfrequenz | OASPA |
Keine irreführenden Informationen, keine Imitation anderer Publikationen | OASPA |
Kontaktadresse und Kontaktperson | OASPA |
Kein Spam-Marketing | OASPA |
Information zu Eigentümerschaft und | OASPA, COPE |
Policies zu Publication Ethics inklusive Interessenkonflikte | OASPA, COPE |
Regeln, wie mit Fehlverhalten umgegangen wird | COPE |
Regeln, wie mit Beschwerden verfahren wird | COPE |
Regeln zu Autorenschaft | COPE |
Regeln zu Korrekturen nach der Publikation | COPE |
TIB Open Publishing stellt für alle Publikationen die Webseiteninhalte bereit, die sich auf diese Aspekte beziehen, alles Inhaltliche zur Ausrichtung der Zeitschrift, der Ausgestaltung des Peer-Review-Verfahrens und dessen Kriterien kommt von den Herausgeber*innen.
Seit dem 15. September 2022 ist TIB Open Publishing Mitglied der OASPA19, seit dem 08. Mai 2023 auch bei der AG Universitätsverlage – Institutionelle Publikationsdienste für eine offene Wissenschaft.20
Welche Aspekte zur guten wissenschaftlichen Publikationspraxis gehören, ist nicht statisch, sondern entwickelt sich beständig weiter.21 Diese Entwicklungen behält TIB Open Publishing im Blick und führt notwendige Anpassungen in Absprache mit den Herausgeber*innen durch. So wurden z.B. Policies zu Namenänderung und zum Umgang mit KI-Werkzeugen (z.B. Chat GPT) implementiert.
Die Leistungen (s.a. 2.4) von TIB Open Publishing sind nicht kostenfrei. Die Herausgeber*innen müssen eine Finanzierung für ihre Publikation mitbringen. Bisher wurden Publikationen meist aus Konferenzeinnahmen, Haushaltsmitteln, Drittmitteln oder den Mitgliedsbeiträgen von Fachgesellschaften bezahlt. TIB Open Publishing unterstützt ggf. dabei, Text-Bausteine für Drittmittelanträge bereitzustellen. TIB Open Publishing ist kein Universitätsverlag, allerdings unterstützt die TIB in ihrer Funktion als Universitätsbibliothek der Leibniz Universität Hannover (LUH) unter bestimmten Voraussetzungen Publikationen, die von Wissenschaftler*innen der LUH bei TIB Open Publishing herausgegeben werden.
Das Preisschema wurde vom Bereich Publikationsdienste in Zusammenarbeit mit dem Referat Controlling und dem Bereich Finanzen der TIB entwickelt. Hierbei gab es vielerlei Aspekte und Variablen zu berücksichtigen. Zunächst unterscheidet sich der Preis je nach Art der Publikation (Zeitschrift oder Konferenzpublikation). Bei Konferenzpublikationen kann zusätzlich ein Peer Review über TIB Open Publishing beauftragt werden (vgl. 2.4) Im ersten Jahr einer Zeitschrift bzw. einer Proceedings-Serie werden Kosten für das Einrichten der Publikation, die Schulung der Herausgebenden und andere Initialkosten einberechnet, die in den Folgejahren nicht mehr anfallen. Wenn Proceedings-Serien von unterschiedlichen Einrichtungen verantwortet werden, können die Initialkosten auf alle Bände verteilt werden. Als eine öffentlich finanzierte Einrichtung hat die TIB zudem den EU-Rahmen für staatliche Beihilfen zur Förderung von Forschung, Entwicklung und Innovation der Europäischen Kommission bei der Preisfindung zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang wurde ein eigener Kriterienkatalog entwickelt, wonach jede Publikation individuell geprüft wird.
Im Ergebnis ist eine Preisstaffelung abhängig von der Anzahl von Veröffentlichungen (Artikel, Konferenzbeiträge, d.h. 1–15, 16–50, 51–100, 101–250 usw.) je Publikationsart entstanden. Abhängig von den zuvor genannten Bewertungskriterien würde derzeit beispielsweise ein Konferenzband mit 60 bereits akzeptierten Beiträgen (exkl. Peer Review über TIB Open Publishing) und verteilten Initialkosten zwischen 2.700 und 4.700 Euro kosten. Für eine Zeitschrift mit 15 Artikeln pro Jahr würden zwischen 1.600 und 2.600 Euro (3.300 und 5.300 Euro im ersten Jahr) anfallen.
Die TIB schließt Verträge mit den Eigentümer*innen der Fachzeitschriften und Konferenzveröffentlichungen ab. Dies sind meist wissenschaftliche Institutionen, wie Universitäten, außeruniversitäre Forschungseinrichtungen oder Fachgesellschaften. Die Musterverträge für die oben skizzierten Fälle wurden zusammen mit dem Justiziariat und der Datenschutzbeauftragten der TIB erarbeitet und werden bei Bedarf auf konkrete Situationen der Zusammenarbeit angepasst.
Alle Vertragsschlüsse mit den Autor*innen (Publikationsvereinbarung, Zustimmung zur Lizenzvereinbarung, Datenschutzrichtlinien usw.) erfolgen über das Open-Journal-Systems-System während der Einreichung. Auf den Webseiten sind außerdem das Impressum, die Nutzungsbedingungen, die Regelungen zum Datenschutz und zur Barrierefreiheit für alle Nutzenden einsehbar.
TIB Open Publishing verwendet für den Betrieb der Publikationen OJS die weltweit am häufigsten verwendete Zeitschriften-Verwaltungssoftware des Public Knowledge Project (PKP). Bei OJS handelt sich um einer free and open source software.22 Bei der Bereitstellung von Zeitschriften und Konferenzpublikationen kommt der Durchführung aller Updates/Upgrades von OJS, aber auch der zugrundeliegenden Software-Infrastruktur (PHP, Datenbanken, usw.) eine große Bedeutung zu23,. TIB Open Publishing nutzt die jeweils aktuelle Long Term Support (LTS)-Version von OJS24 (derzeit 3.3, künftig 3.5 usw.). Dabei liefert OJS alle Funktionalitäten (im Core oder als Plugins) um die genannten Standards umzusetzen25. Ein weiterer wichtiger Aspekt der technischen Umsetzung ist die Verbreitung von Metadaten und Inhalten an Indexierungs- Archivierungs- und Registrierungssysteme.
Seit Anfang 2021 ist die TIB Major Development Partner von PKP. Die Vereinbarung wurde bereits zweimal verlängert. Die Partnerschaft beinhaltet eine Beteiligung der TIB an der Arbeit von PKP, besonders bei der Softwareentwicklung, durch finanzielle Unterstützung sowie Eigenleistungen.26
Neben dem skizzierten Betrieb von Zeitschriften und Konferenzpublikationen werden im Rahmen von TIB Open Publishing gemeinschaftlich nutzbare OJS-Plugins (z.B. das ROR-Plugin27 oder das Conference-Plugin28), entwickelt. Diese und andere Entwicklungsarbeiten (wie z.B. die technischen Weiterentwicklungen im Sinne der Datenschutzgrundverordnung) sind allerdings nicht Thema dieses Beitrags.
Zum Import von Archiv-Inhalten bei der Übernahme von Publikationen von anderen Verlagen, wurde ein für die Kunden leicht zu bedienendes Datenschema in Excel geschaffen, dass den Import von Metadaten und Volltexten in OJS ermöglicht. Auch DOIs können automatisiert übertragen (sofern die Zustimmung des alten Verlags vorliegt) und/oder neuregistriert werden (für Inhalte, die noch nicht über eine DOI verfügen). Auch rechtliche Aspekte der Übernahme von bereits publizierten Inhalten wurden zusammen mit der Datenschutzbeauftragten geklärt. Bei dem Import von Archivinhalten, handelt es sich allerdings um eine Sonderleistung, die gesondert in Rechnung gestellt wird.
Derzeit bietet TIB Open Publishing folgendes Leitungspaket an:
Technische Einrichtung der Publikation auf der OJS-Plattform TIB Open Publishing (inkl. Website, Nutzerrollen und Plug-Ins).
TIB Open Publishing betreibt eine Multi-Journal-Instanz auf TIB-Servern.
Für alle Publikationen, wird ein Layout genutzt, das auf dem OJS-Default-Theme basiert, da dies bisher als einziges Theme (Layout der Journal-Webpage) auf Barrierearmut geprüft worden ist.
Registrierung/Fortführung einer ISSN (online).
Unterstützung bei der Konfiguration des Begutachtungssystems (OJS).
Nutzung einer Plagiatsprüfungs-Software über Crossref (Similarity Check29).
Halbautomatische Produktion der Beiträge/Artikel und ihre Open-Access-Veröffentlichung.
TIB Open Publishing stellt den Autor*innen Formatvorlagen (Word und LaTeX) zur Verfügung.
Als HTML gerendertes XML kann erstellt werden, wenn die Word-Formatvorlage genutzt wird. Die Konvertierung. Bearbeitung und Ausgabe wird über OJS-Plugins (s. 2.4.2) umgesetzt.
Crossref-DOI-Registrierung.
Langzeitarchivierung und Abgabe bei der Deutschen Nationalbibliothek.
Unterstützung und Beratung der Herausgeber*innen bezüglich OJS und formaler Qualitätskriterien, wie z.B. Plan S-Kompatibilität.
Indexierung der Beiträge in Google Scholar.
Unterstützung der Herausgeber*innen bei der Indexierung der Zeitschrift in anderen Datenbanken und Nachweisdiensten
Manche Konferenzen begutachten ihre Beiträge, auch in der Langform, über eine Konferenzmanagement-Software. In diesen Fällen entfällt die Benutzung der Peer-Review-Funktionalitäten von OJS, da bereits akzeptierte Beiträge eingereicht und veröffentlicht werden. Dennoch müssen auch diese Bände/Serien ihren Qualitätssicherungsprozess genau beschreiben und diese Information transparent für die Lesenden auf der Webseite bereitstellen.
Für alle Artikel und Beiträge besteht die Möglichkeit Daten, Code und andere, mit der Arbeit in Verbindung stehenden Materialien, die auf geeigneten Repositorien abgelegt sind, mit dem Artikel bzw. Beitrag per DOI zu verknüpfen. Das gilt auch für Videos. Hier besteht zusätzlich die Möglichkeit diese über das AV-Portal der TIB30 zu veröffentlichen. Besonders für Veranstalter*innen wissenschaftlicher Konferenzen ist dieses Angebot attraktiv und wurde bereits mehrfach genutzt. Die Präsentationen werden auf der Konferenz durch den Dienst TIB ConRec31 aufgezeichnet, die entstanden Videos im TIB AV-Portal veröffentlicht und mit dem entsprechenden Beitrag, der über TIB Open Publishing veröffentlicht wird, per DOI verknüpft.
Der erste Kontakt erfolgt meist als Anfrage von Interessent*innen per E-Mail. Wenn beim Team von TIB Open Publishing Unklarheit über die fachliche Ausrichtung (TIB-Fach bzw. Forschungsschwerpunkt ja oder nein?) oder über die wissenschaftliche Qualität einer Anfrage besteht, wird die Expertise der Fachreferent*innen der TIB einbezogen. Dann folgen meist weitere E-Mails und Gespräche. Vor der Zusammenarbeit ist es wichtig auszuloten, ob die Vorstellungen und Wünsche der Kund*innen zu den angebotenen Leistungen passen. Daher wollen die meisten Interessent*innen auch vorab einen „Blick ins System“ werfen. Um diesem Wunsch gerecht zu werden, Ansichten für verschiedene Rollen (Autor*innen, Herausgber*innen, Gutachter*innen) zu zeigen, aber auch um Funktionalitäten bzw. Workflows zu testen, betreibt TIB Open Publishing eine Test-Zeitschrift, die bei Bedarf über das Conference Plugin in eine Test-Proceedings-Serie umgeschaltet werden kann.
Bei beidseitigem Kooperationswillen, erfolgt nach der Angebotserstellung und -annahme die Vertragserstellung und Unterzeichnung. Im Anschluss wird die neue Publikation auf der OJS-Multi-Journal-Instanz angelegt. Die Webseite wird von TIB Open Publishing mit den Verlagsinhalten sowie mit dem inhaltlichen Input der Herausgeber*innen (besonders zu Aims & Scope und dem Review-Prozess) bestückt. Die Webseite wird farblich nach den Kundenwünschen angepasst. Auch Logos und Grafiken/Abbildungen können in einem gewissen Rahmen implementiert werden. TIB Open Publishing nimmt in Absprache mit den Herausgebenden die System-Einstellungen in OJS vor. Bei Bedarf erflogt eine OJS-Schulung für die Beteiligten.
OJS liefert von Haus aus die Funktionalitäten für Einreichung, Begutachtung und Publikation. Während der Einreichung müssen Autor*innen diverse Metadaten zu ihrem Manuskript eingeben und ihre Datei hochladen. Eingereichte Manuskripte werden einem Plagiatsscheck unterzogen, TIB Open Publishing sichtet die Berichte und leitet kritische bzw. unklare Fälle an die Redaktionen bzw. die Herausgeber*innen zur Bewertung und Entscheidung wie damit weiter verfahren werden soll weiter. Wenn OJS für die Begutachtung genutzt wird (also bei allen Zeitschriften und vielen Konferenzpublikationen), können die Herausgeber*innen über das System Gutachter*innen anfragen, diese können ihre Gutachten hochladen und die Herausgeber*innen können über Akzeptanz, Ablehnung oder nötige Überarbeitungen entscheiden und dies an die Autor*innen kommunizieren.
Vor der Produktion der final akzeptierten Manuskripte müssen alle in OJS hinterlegten Metadaten kontrolliert werden und mit den Manuskripten abgeglichen werden. Spätestens in diesem Schritt werden die Autor*innen, die über eine ORCID verfügen, über E-Mail mit Token aufgefordert, eine authentifizierte Verknüpfung zwischen ihrer Publikation und ihrem ORCID-Profil herzustellen. Auch RORs müssen oftmals in diesem Schritt ergänzt werden und Funder-IDs gefunden werden. Außer den Metadaten müssen auch die Manuskripte auf Einhaltung der Formatvorgaben überprüft werden. Das Team von TIB Open Publishing fügt dann die DOI und Publikationsdaten in die Dateien ein und kontrolliert, ob die richtige CC BY-Version (4.0 International oder 3.0 DE) enthalten ist. Die so angepassten LaTeX- und Word-Dateien werden in PDFs konvertiert, paginiert, mit Dokumenteigenschaften versehen und als PDF-A publiziert.
Für Word-Dateien, die der Formatvorlage entsprechen, führt TIB Open Publishing eine Konvertierung in JATS-XML33 durch (DOCX to JATS XML Converter Plugin34) und editiert die XML-Dateien mit dem Texture Plugin35 (v.a. interne Verlinkungen, Einfügungen von Referenzen und Formeln) sowie einem externen XML-Editor. Das so generierte JAST-XML kann mit dem Plugin lensGalleyBits36 als HTML gerendert werden.
Die Publikation erfolgt je nach Kundenwunsch fortlaufend oder in Heften bzw. Bänden. Die DOI-Vergabe und Übermittlung der entsprechenden Metadaten an Crossref37 erfolgt im Zuge der Publikation.
Nach der Publikation werden die Artikel/Beiträge bzw. Hefte/Bände und ihre Metadaten auf der Webseite und an Schnittstellen (OAI-PMH) bereitgestellt und an Langzeitarchive (Portico, Rosetta), Datenbanken (je nach Publikation z.B. DOAJ, EBSCO, J-Gate, Scopus, Web of Science) weitergegeben. Über die Crossref DOIs werden alle Artikel/Beiträge zudem in Dimensions und OpenAlex nachgewiesen. Im Rahmen der Pflichtabgabe erfolgt auch eine Übermittlung an die Deutsche Nationalbibliothek (DNB). OJS bietet zudem eine Suchmaschinenoptimierung für Google Scholar. Neue Reihen und Zeitschriften werden auch in den Katalog der TIB aufgenommen.
Die Kommunikation über die Zeitschriften und Konferenzbände liegt vornehmlich bei den Kunden bzw. den Herausgeber*innen, die Artikel werden auch von den Autor*innen weiter-kommuniziert. Zusätzlich postet TIB Open Publishing neue Publikationen sowie andere Informationen auf mastodon (https://academiccloud.social/@TIBopenpub).
Die Kunden von TIB Open Publishing sind vielfältig. Bisher gab es Kooperationen mit Universitäten, Hochschulen, Fachgesellschaften, Bibliotheken, außeruniversitären Forschungseinrichtungen und einem professionellen Organisator wissenschaftlicher Konferenzen. Die Kunden kommen bisher vorwiegend aus Deutschland, aber auch aus dem europäischen Ausland.
Alle Konferenzbände werden innerhalb von Proceedings-Serien veröffentlicht. Konferenzeinzelbände werden in der offenen Serie „Open Conference Proceedings“ publiziert. Bisher (Stand 17.12.2024) hat TIB Open Publishing 22 Bände in 12 Proceedings-Serien veröffentlicht. 11 weitere Konferenzbände sind geplant (bereits unterzeichnete Verträge). Derzeit werden drei Zeitschriften publiziert, weitere drei sind für 2025 in Planung. Eine davon wurde von einem anderen Verlag übernommen und, in Zusammenarbeit mit der ZBW38, in das Diamond Open-Access-Modell überführt. Diese Publikationen wurden und werden bisher in Zusammenarbeit mit 15 verschiedenen Partnern realisiert. Ein weiteres Wachstum ist gewünscht und geplant.
Während der erfolgreichen Etablierung und im laufenden Betrieb gab und gibt es diverse Herausforderungen, von denen einige im Folgenden kurz beschrieben werden.
In den vergangenen vier Jahren, haben TIB Open Publishing insgesamt ca. 100 Anfragen aus verschiedenen Disziplinen, von diversen Einrichtungen und hinsichtlich sehr unterschiedlicher Publikationen erreicht. Darunter gab es einige Anfragen, die nach reiner technischen Unterstützung gesucht haben (Hosting) und denen das angebotene Leistungspaket „zu viel“ war bzw. die Anpassungsmöglichkeiten zu gering. Auf der anderen Seite gab es Anfragende, die sich gewünscht hätten, dass weitere Leistungen wie z.B. Lektorat und Korrektorat inbegriffen gewesen wären. Für wenige Anfragende waren auch die moderaten Preise für das Leistungspaket eine zu hohe Hürde.
Eine generelle Herausforderung ist die Etablierung neuer Zeitschriften und Proceedings-Serien an sich. Hier wirkt sich negativ aus, dass ein Nachweis in den bei Herausgebenden weiterhin beliebten Nachweisdiensten wie Scopus und Web of Science aufgrund der Aufnahmekriterien dieser Dienste nicht von Anfang an möglich ist und insgesamt nicht garantiert werden kann. Zwar ist es möglich, alle formalen Anforderungen zu erfüllen, die Entscheidung über eine Aufnahme wird aber letztendlich durch Dritte gefällt. In diesem Zusammenhang kann auch erwähnt werden, dass Sherpa Romeo39, ein Dienst, der Open Access Policies von Verlagen und Zeitschriften nachweist, keine Proceedings Policies mehr aufnimmt und es damit schwieriger wird, die OA-Policies für Proceedings z. B. bei einer Aufnahme ins DOAJ nachzuweisen.
Was den internen Workflow von TIB Open Publishing anbelangt, müssen noch viele Schritte in der Erstellung der publizierten Dokumente manuell durchgeführt werden. Eine weitere Automatisierung wäre hier, besonders was den XML-Workflow anbelangt, wünschenswert. Auch muss weiter am Thema „Barrierearmut“ der Dokumente gearbeitet werden.
Durch das Rechte- und Rollen-Management in OJS 3.3 haben die herausgebenden „Journal Editors“ weitreichend Befugnisse, Änderungen an den Systemeinstellungen in OJS vorzunehmen, was auch zu Problemen führen kann.
TIB Open Publishing bietet ein umfassendes Angebot für Open-Access-Zeitschriften und Konferenzpublikationen. Durch eine fortwährende Weiterentwicklung der technischen Infrastruktur sowie der standardisierten Workflows ist der Dienst gut für weiteres Wachstum gerüstet. Dabei ist zum einen eine enge Zusammenarbeit mit den Redaktionen/Herausgeber*innen essentiell. Zum anderen profitiert der Dienst durch die gute Einbettung in der TIB und der weitreichenden internen Zusammenarbeit.