Aus der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Der Ausschuss für Wissenschaftliche Bibliotheken und Informationssysteme (AWBI) hat am 16. und 17. Mai 2024 in Bonn in Präsenz getagt.

1. Diskussionspapier „Digitale Forschungspraxis und kooperative Informationsinfrastrukturen“

Das Diskussionspapier basiert auf den Ergebnissen der Klausurtagung des AWBI im November 2023. Es analysiert die Veränderungen im Bereich der Informationsinfrastrukturen und stellt die immer enger werdenden Bezüge zwischen Forschung und Informationsinfrastruktur dar. Nach Verabschiedung des Papiers durch die DFG-Gremien wird es voraussichtlich im Frühjahr 2025 veröffentlicht.

Der AWBI hat sich in seiner Sitzung eingehend damit befasst, welche Schritte einzuleiten sind, um die im Diskussionspapier benannten drei wesentlichen Handlungsfelder

mit konkreten Maßnahmen zu unterlegen. Dabei wurden gleichzeitig Vorschläge entwickelt, in welcher Form einzelne Maßnahmen umgesetzt werden können (z.B. Ausschreibungen; Änderung bzw. Weiterentwicklung bestehender Förderprogramme; neue Förderformate; Anpassung von Förderbedingungen).

In einer zweiten Diskussionsrunde stellte der AWBI aufbauend auf der ersten Diskussion Überlegungen dazu an, wie Dialoge mit weiteren relevanten Akteuren gestaltet werden können, um die Anforderungen aus dem Diskussionspapier zielgruppengerecht zu adressieren. Auf der Grundlage der vom AWBI diskutierten Vorschläge werden nun Konzepte für die Umsetzung des Diskussionspapiers und für einen Dialogprozess erarbeitet.

2. Open-Access-Publikationskosten

2.1 Zweite Förderphase

In diesem Jahr wurden die ersten Anträge für die zweite Förderphase im Programm „Open-Access-Publikationskosten“ eingereicht. In der zweiten Förderphase werden die Zuschüsse pro Artikel erhöht, allerdings kann nur noch die Anzahl an Publikationen, die aus der Forschungsförderung der DFG resultieren, als Kalkulationsgröße gemeldet werden. Da das Antragsvolumen deutlich über dem kalkulierten Verfügungsrahmen liegt, musste der AWBI über einen Kürzungsmechanismus1 beraten.

2.2 Förderung ab 2028

Vorgesehen ist, auch nach Ablauf des Programms „Open-Access-Publikationskosten“ ab 2028 weiterhin über ein Förderprogramm der DFG einen Zuschuss zur Publikation wissenschaftlicher Ergebnisse im Open Access zu gewähren. Ziel ist es, dafür ein vereinfachtes Verfahren zu etablieren. Zu den konkreten Modalitäten, die ab 2028 gelten sollen, wird die DFG-Geschäftsstelle im Herbst 2024 ein Rundgespräch unter Beteiligung von AWBI- und Senatsmitgliedern der DFG durchführen.

2.3 Ausschreibung „Diamond Open Access stärken“

Der AWBI hat sich über den Stand der eingereichten Antragsinteressen im Rahmen der Ausschreibung „Diamond Open Access stärken“ informiert. Zum 15. März 2024 waren neun Absichtserklärungen eingereicht worden. Die DFG-Geschäftsstelle hatte daraufhin Vertreter*innen der Einrichtungen, die Absichtserklärungen eingereicht hatten, zu einem Koordinierungstreffen am 2. Mai 2024 eingeladen. Ziel war es, zum einen Transparenz über Antragsinteressen und Projektideen zu schaffen, zum anderen aber auch ein Forum für gemeinsame Anträge zu schaffen. Die zum 1. August 2024 einzureichenden Vollanträge sollen von einer international zusammengesetzten Begutachtungsgruppe begutachtet werden.

3. Verantwortung für Informationsinfrastrukturen
gemeinsam organisieren (VIGO)

Das Programm „Verantwortung für Informationsinfrastrukturen gemeinsam organisieren“ (VIGO) wurde vor zwei Jahren eingerichtet. Es zielt auf die Stimulation von selbstorganisierten Verständigungsprozessen zur kooperativen Entwicklung von Lösungsansätzen ab. Der AWBI hat eine erste Bewertung der bisher erzielten Förderaktivitäten vorgenommen. Eine strukturierte Evaluation des Programms ist für das Jahr 2026 geplant.

Der AWBI stellte fest, dass die häufigsten Gründe, die zur Ablehnung von VIGO-Anträgen führen, die ungenügende Verzahnung von Gesprächsformaten und Arbeitsprogramm sowie Mängel bei der systematischen Einbindung relevanter Akteur*innen sind. Basierend auf diesen Erfahrungen hat der AWBI angeregt, Antragsvorbereitungen durch die Veröffentlichung von Frequently Asked Questions (FAQ) zu unterstützen. Zudem sollten in der Beratung von potenziellen Antragsteller*innen folgende Punkte hervorgehoben werden:

Der AWBI betonte, dass er das Förderprogramm für die Anbahnung von Verständigungsprozessen im Bereich forschungsrelevanter Informationsinfrastrukturen für sehr relevant hält.

4. Fachinformationsdienste für die Wissenschaft

Der AWBI hat konstatiert, dass im Programm „Fachinformationsdienste für die Wissenschaft“ (FID) auch Softwarelizenzen gefördert werden können. Voraussetzung ist, dass der fachspezifische Bedarf sowie die klare Abgrenzung zur Grundversorgung eindeutig bestätigt werden können. Außerdem hat der AWBI festgehalten, dass eine Förderung von Aufwänden für die Stärkung der IT-Sicherheit weiterhin ausgeschlossen ist. Entsprechende Maßnahmen sind als Voraussetzung für die Antragstellung zu sehen.

Zudem hat sich der AWBI über den am 17. April 2024 stattgefundenen virtuellen Dialog zur geplanten Programmlinie FIDplus informiert. In der Veranstaltung informierte die DFG-Geschäftsstelle Vertreter*innen aller aktuell geförderten FID über den Stand zur Einführung der geplanten Programmlinie. Die im Gremienweg befindliche Programmlinie soll eine Ergänzung der FID-Projektförderung um längere Förderperioden und die Möglichkeit einer fortgesetzten Antragstellung eröffnen. Die Geschäftsstelle stellte die wesentlichen Merkmale von FIDplus vor. Auch der Prozess der inhaltlichen Erarbeitung der Programmlinie, die von einer eigens eingesetzten AWBI-Kommission vorgenommen wurde, wurde vorgestellt. Hinzuweisen ist diesbezüglich auch auf die wertvollen Beiträge der FID-Community, die die Arbeit der Kommission z.B. im Rahmen von Workshops intensiv unterstützte. Der Dialog diente auch dazu, Fragen und Anregungen aus der Community aufzunehmen, um diese für die weitere Umsetzung der neuen Programmlinie berücksichtigen zu können. In einem zweiten Block der Veranstaltung informierten Vertreter*innen der Gremien des FID-Netzwerks die Teilnehmer*innen über den Stand zur (Weiter-)Entwicklung der FID-Gesamtstruktur. Sie erläuterten, welche Maßnahmen im DFG-geförderten Projekt „FID-Netzwerk: Koordinierung und Weiterentwicklung zum FIDplus-System“ umgesetzt werden sollen. Dabei hoben die Vortragenden die zentrale Rolle der konstruktiven Mitwirkung aller geförderten Fachinformationsdienste an dem Projekt und die Relevanz des Projekts und einer entsprechenden Beteiligung für einen erfolgreichen Übergang zur FIDplus-Förderung hervor. Nachdem der Senat der DFG der Einführung der Programmlinie FIDplus im Juli 2024 zugestimmt hat, steht im September 2024 der Beschluss des Hauptausschusses der DFG zur Einführung von FIDplus an.

5. Ideenwettbewerb zur Unterstützung von KI in der Forschung durch Informationsinfrastrukturen

Der AWBI hat eine Ausschreibung verabschiedet, mit der Ideen zur Konzeption von Fördermaßnahmen im Bereich der wissenschaftlichen Literaturversorgungs- und Informationssysteme (LIS) eingeholt werden sollen. Ziel ist es, das Potenzial der Nutzung Künstlicher Intelligenz (KI) in der Forschung aufzugreifen und geeignete Förderangebote im Bereich der Informationsinfrastrukturen zu entwickeln. Die Ausschreibung wurde bereits veröffentlicht.2 Das Thema wird durch Workshops zu „Datenkorpora für KI“ im Herbst 2024 und „Lizenzierung von Large Language Models“ Ende 2024 bzw. Anfang 2025 flankiert werden.

6. Ökologische Nachhaltigkeitsgedanken im Förderhandeln der DFG

Ab September 2024 werden Angaben zur ökologischen Nachhaltigkeit von Projekten in DFG-Anträgen obligatorisch sein. Die Angaben werden in der Begutachtung und Bewertung von Anträgen nicht entscheidend sein. Allerdings können für nachhaltigere Herangehensweisen höhere Mittelbedarfe beantragt werden. Der AWBI hat die DFG-Geschäftsstelle darum gebeten, ab September 2024 die in Anträgen gemachten Angaben zusammenzustellen, um auf dieser Grundlage erste Erfahrungen und Erkenntnisse zu sammeln, um anschließend beurteilen zu können, welche Konsequenzen für die Förderung von Informationsinfrastrukturen ggf. zu ziehen sind.

7. Knowledge Exchange

Der AWBI hat sich zudem über die aktuellen Entwicklungen im europäischen Netzwerk Knowledge Exchange informiert. Eine Aktivität bezieht sich auf „FAIR Data and Software supporting Reproducible Research“3, wodurch eine stärkere Verankerung von Reproduzierbarkeitspraktiken in Forschungseinrichtungen erreicht werden soll. Zur praktischen Unterstützung wurde hierfür ein „Framework“ veröffentlicht. Auch für die weitere Ausarbeitung der dritten Ebene des DFG-Kodex zur wissenschaftlichen Integrität ist angedacht, Ergebnisse des veröffentlichten Berichts aufzunehmen. Dies konnte bereits umgesetzt werden.4 Zwei weitere Vorhaben mit Bezug zum wissenschaftlichen Publikationswesen – „Small Publishers and the Transition to Open Access“5 und „Alternative Publishing Platforms“6 – befinden sich aktuell in der zweiten Projektphase. Ergebnis der ersten Projektphase waren Überblicksstudien; darauf aufbauend werden nun qualitativ ausgerichtete Untersuchungen durchgeführt.

In Planung befindet sich ein Projekt, das sich mit Vertrauen in der und in die Forschung befassen wird: Wie kann Vertrauen in Forschung aufgebaut, erhalten und gesteigert werden? Welche Rolle spielen Informationsinfrastrukturen und Open-Science-Prinzipien in diesem Zusammenhang? Konkrete Anknüpfungspunkte für die DFG bestehen unter anderem bei den Themenkomplexen „Forschungssicherheit“ und „Gute wissenschaftliche Praxis“.

8. Workshop „Forschungsdatenkooperationen stärken”

Die DFG hat zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und dem Stifterverband am 7. Mai 2024 einen Workshop zum Thema „Forschungsdatenkooperationen stärken –
Kollaborative Datennutzung zwischen Wirtschaft und Wissenschaft“ veranstaltet, über dessen Ergebnisse sich der AWBI informiert hat. Der Workshop fand im Rahmen des geschäftsstelleninternen Programms „Digitaler Wandel“ statt, in dem u.a. auch die Rahmenbedingungen für das Teilen von Daten zwischen Wirtschaft und Wissenschaft mit relevanten Akteur*innen aus Wirtschaft und Wissenschaft diskutiert und ggf. Förderangebote konzipiert werden sollen. Erörtert wurde, welche Schlüsselfaktoren für Forschungsdatenkooperationen erforderlich sind und wie solche Kooperationen bestmöglich realisiert werden können. Die 48 Teilnehmer*innen aus Universitäten, außeruniversitären Forschungseinrichtungen, NFDI-Konsortien, Vereinen, Unternehmen und Wirtschaftsverbänden hielten fest, dass jede Forschungsdatenkooperation aufgrund individueller Voraussetzungen spezifische Aushandlungsprozesse benötigt. Nur bis zu einem gewissen Grad erscheint es möglich, übergreifende Handlungsempfehlungen zu formulieren.

Ulrike Hintze, Deutsche Forschungsgemeinschaft
Gruppe ‚Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme’ (LIS)

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/6108

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1 DFG: Förderprogramm „Open-Access-Publikationskosten“, Informationen zum Kürzungsmechanismus: https://www.dfg.de/de/foerderung/foerdermoeglichkeiten/programme/infrastruktur/divs/divs-foerderangebote/open-access-
publikationskosten
, Stand: 24.11.2024.

2 DFG: Ideenwettbewerb zur Unterstützung von KI in der Forschung durch Informationsinfrastrukturen, Informationen für die Wissenschaft, 17.06.2024, https://www.dfg.de/de/aktuelles/neuigkeiten-themen/info-wissenschaft/2024/ifw-24-51, Stand: 24.11.2024.

3 Knowledge Exchange: FAIR Data and Software supporting Reproducible Research (FDSR), https://www.knowledge-
exchange.info/event/fair-data-and-software
, Stand: 24.11.2024.

4 DFG: Reproduzierbare Arbeitspraktiken stärken, Wissenschaftliche Integrität, https://wissenschaftliche-integritaet.de/kommentare/reproduzierbare-arbeitspraktiken-staerken/, Stand: 24.11.2024.

5 Knowledge Exchange: Small Publishers and the Transition to Open Access, https://www.knowledge-exchange.info/event/small-publishers-and-the-transition-to-open-access, Stand: 24.11.2024.

6 Knowledge Exchange: Alternative Publishing Platforms, https://www.knowledge-exchange.info/event/alternative-
publishing-platforms
, Stand: 24.11.2024.