VDB-Workshop der Kommissionen zu „New Work in Bibliotheken“

Der VDB hat seine Vernetzungsreihe der Kommissionen fortgesetzt. Der eintägige Kommissionsworkshop zum Thema „New Work in Bibliotheken“, organisiert von den Gemeinsamen Kommissionen Management und Bau von VDB und dbv, fand am 29. November 2023 an der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg statt. An dem intensiven Austausch beteiligten sich u.a. Mitglieder der VDB-Kommissionen für forschungsnahe Dienste, Rechtsfragen, berufliche Qualifikation und der dbv-Kommission Kundenorientierte und inklusive Services. 

Bereits am Vorabend konnten beim Abendessen Gedanken, Erfahrungen und Praxisbeispiele zum Thema New Work ausgetauscht werden. Es wurde deutlich, dass das Thema durchaus auch mit Vorbehalten und Ängsten bei den Kolleginnen und Kollegen in den Bibliotheken verbunden ist. Zum Auftakt wurden mit einem World-Café gemeinsam u.a. folgende Fragen diskutiert: Was bedeutet New Work wirklich – worüber reden wir, und was ist nicht gemeint? Wozu befähigt uns New Work, was wir bislang nicht umsetzen konnten?

Als ein wesentlicher Grund für die Beschäftigung mit dem Thema wurde der Innovationsdruck in den Bibliotheken identifiziert, um besser auf sich verändernde Kundenbedarfe reagieren und neue Services entwickeln zu können. Beim ersten Brainstorming kristallisierten sich schon Themen heraus, die die Teilnehmenden umtrieben: Welche Chancen liegen in einer Veränderung der Arbeitsatmosphäre, der Bündelung von Energien, der Schaffung von mehr Flexibilität, Experimentierfreude und mehr Verantwortung für Teammitglieder? Wie geht man aber andererseits mit Bedenken vor Arbeitsverdichtung und Entgrenzung um?

Als maßgebliche Faktoren für das Gelingen von neuen Arbeitsformen wurden die Rolle von Führungskräften und deren Mindset, die Fehlertoleranz in Einrichtungen und das umfassende Thema von Kommunikation und Beteiligung identifiziert. Zudem wurde deutlich, dass inhaltliche Vertiefungen wünschenswert sind. Dieser Punkt wurde am Nachmittag noch einmal aufgegriffen.

Für den tieferen Einstieg in die Thematik lieferten zwei Impulsvorträge Anregungen. Sven Strobel (TIB Hannover und Mit-Initiator der Community of Practice Agilität in Bibliotheken1) konzentrierte sich auf einen Kernbegriff der „New Work“- Diskussion und diskutierte die Rolle von Agilität in der modernen Arbeitswelt. Er ging dabei auf die Rahmenbedingungen ein, unter denen Agilität funktionieren und der Einsatz agiler Methoden sinnvoll sein kann. Dies ist in komplexen Zusammenhängen (nach dem Cynefin Framework-Modell2) der Fall. Für einfache, komplizierte und chaotische Kontexte eignen sich wiederum andere Methoden besser bzw. ist der agile Ansatz zu über- oder unterkomplex.

Sich diese Tatsache klar zu machen, kann insbesondere in Arbeitszusammenhängen hilfreich sein, wo ein Schlagwort wie New Work manchmal als ‒ angebliches ‒ Allheilmittel verwendet wird („Wir müssen halt einfach ein bisschen agiler werden!“).

Vorgestellt wurden Strategien, wie beispielsweise mithilfe von Scrum und anderen iterativen Prozessen eine Produktentwicklung und -einführung gestaltet werden kann. Die Teilnehmenden des Workshops bekamen damit schon eine Reihe von Anregungen für adaptive Vorgehensweisen, um zunehmende Komplexität zu meistern.

Der zweite Impulsvortrag von Lara Milerski (Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) Bonn) gab Einblicke in die Umsetzung von New Work bei der GIZ am Campus Bonn und stellte dabei insbesondere die Verbindung von Raumkonzepten mit Fragen der Arbeitsorganisation und (digitalen) Partizipations- und Innovationsformaten in den Mittelpunkt. Die GIZ beeindruckte mit einem ganzheitlichen Konzept für das 2020 neu eröffnete Gebäude „Campus Forum“3, das sich in der Formel „Bricks, Bytes and Behaviour“ ausdrückt. Hinter der Formel verbergen sich innovative Raum- und Flächenkonzepte, eine moderne technische bzw. IT-Infrastruktur sowie eine partizipative Führungskultur und zeitgemäße Arbeitszeitmodelle.

Die Vision für den Neubau war ein Bürogebäude, in dem sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wohlfühlen und ihre Kreativität entfalten können. Es gibt so gut wie keine fest belegten Einzelbüros, sondern in erster Linie co-working spaces in variantenreicher Gestaltung, buchbare Konferenzräume und großzügige hierarchiefreie Flächen wie z.B. offene Teeküchen als Treffpunkte in den breiten Fluren oder ein Entspannungsraum mit Fatboys und Hängematten. „Activity based working“ heißt hier, dass digitale Kollaborationstools im Vordergrund stehen und man sich für die jeweilige Aktivität den passenden Platz sucht oder bucht. Zielvereinbarungen, Eigenverantwortung und Vertrauen statt Kontrolle sind die entsprechenden Führungsinstrumente, um diese Flexibilität zu unterstützen.

Somit war der inhaltliche Bogen breit gespannt, um nach der Mittagspause in den Austausch zum Thema einzusteigen. Hierfür wurde mit einem Golden Circle eine Methode gewählt, die den kommissionsübergreifenden Austausch in den Mittelpunkt setzte und allen beteiligten Kommissionen gezielt Anregungen für die weitere Beschäftigung mit dem Thema „New Work“ an die Hand gab. Es ergaben sich eine ganze Reihe von Arbeitsfeldern, die im Weiteren von den unterschiedlichen Kommissionen adressiert werden könnten, um die Thematik in die bibliothekarische Community zu bringen und auf allen Seiten Kompetenzen aufzubauen.

Wünschenswert wäre, wenn die Kommissionen kompetent zu konkreten Themen im Zusammenhang mit New Work beraten oder an Expert*innen vermitteln könnten und es weitere Veranstaltungen wie Workshops, Fortbildungen, Vorträge und interaktive Formate gäbe. Ziel könnte z.B. auch sein, einen Online-Werkzeugkasten oder ein Living Handbook „New Work in Bibliotheken“ zu verfassen, in dem sich u.a. Best-practice-Beispiele und Checklisten für Desksharing-Konzepte finden.

Tatjana Mrowka, Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, https://orcid.org/0000-0002-9976-9383

Alice Rabeler, Universitäts- und Landesbibliothek Bonn, https://orcid.org/0000-0001-7896-6225

Isabelle Tannous, Stiftung Wissenschaft und Politik Berlin, https://orcid.org/0000-0002-0300-4846

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/6043

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

2 Snowden, Dave: Cynefin. Weaving sense-making into the fabric of our world. Conway, 2022.