Weiterentwicklung der Forschungsdatenpraxis

Werkzeuge zur Qualitätsentwicklung für Serviceeinrichtungen in Kooperation mit Fachbereichen und Forschungsverbünden

1. Hintergrund: Von generischen zu spezifischen FDM-Services

Forschungsdaten zählen zu den zentralen Bausteinen der digitalen Transformation der Wissenschaft. Ihr professionelles Management ist eine wesentliche Voraussetzung für effiziente und exzellente Forschung und nicht zuletzt für gute wissenschaftliche Praxis (GWP). Erfolgreiches Forschungsdatenmanagement (FDM) bildet einen integralen Bestandteil digitalisierter Forschungsprozesse, der –
als Praktik – den gesamten Lebenszyklus von Forschungsdaten umfasst.1

Hochschulen sind aufgefordert, Forschende in diesem Prozess bestmöglich und umfassend zu unterstützen, von spezifischen FDM-Serviceeinheiten über die Rechtsstellen bis zu den zentralen Einrichtungen. Zu letzteren zählen insbesondere die IT-Zentren und Bibliotheken, in denen FDM als Handlungsfeld heute oft verankert ist. Universitäts-, Staats- und Landesbibliotheken spielen dabei eine zentrale Rolle: Von derzeit rund 70 FDM-Servicestellen an Hochschulen bundesweit weisen rund 60 eine Beteiligung der Bibliothek auf.2 Dabei muss eine regelmäßige Evaluation der Services erfolgen, um Forschende adäquat beraten und unterstützen zu können. Aus diesem Grund entstanden in den vergangenen Jahren an universitären Einrichtungen sehr erfolgreich diverse FDM-Servicestrukturen, die eine Vielzahl generischer Informationsmaterialien und Beratungsangebote bereitstellen. Häufig fehlt es dabei noch an fachspezifischen oder auf besondere Organisationsformen ausgerichteten FDM-Services. Diese sind jedoch notwendig, „um die Kompetenzen aller Akteurinnen und Akteure an der Hochschule weiterzuentwickeln“3, da sich die institutionellen Fächerprofile hinsichtlich der verwendeten, generierten oder analysierten Forschungsdaten (FD) – z.B. personenbezogene Daten – zum Teil sehr stark unterscheiden. In diesem Sinne zielte das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderte Verbundprojekt FDNext4 auf einen ganzheitlichen Ansatz, bei dem die universitären Serviceeinrichtungen bei der FDM-Strategiebildung und bei der fachspezifischen Ausweitung forschungsdatenbezogener Qualifizierung in den Fakultäten und Fachbereichen unterstützt werden sollten. Dabei sollten strategische Perspektiven mit konkreten Anwendungsmethoden verbunden werden, um den spezifischen Kompetenzausbau in die Praxis und Breite zu übertragen, eigene Bedarfe zu ermitteln, passende Maßnahmen zu erarbeiten und die überinstitutionelle Eignung zu erproben. Die Ergebnisse der einzelnen Arbeitspakete der sechs Verbundpartner sind nachfolgend dargestellt.

2. Die Arbeitspakete

Das DFG-Projekt „FDNext“ (Nr. 429828830) lief von 2021 bis 2023 und umschloss sechs inhaltliche Arbeitspakete (AP) von verschiedenen Hochschulen aus Berlin und Brandenburg: Das AP1 der Universität Potsdam entwarf Hilfestellungen für disziplinspezifische FDM-Anforderungen in Fachbereichen, das AP2 der Technischen Universität Berlin nahm die Erstellung von Forschungsdaten-Policies in den Blick, im AP3 der Humboldt-Universität zu Berlin wurde ein FDM-Serviceportfolio für Dienstleister entwickelt, das AP4 der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/O.) widmete sich den Grundlagen einer FDM-Rechtsberatung, AP5 der Freien Universität Berlin erstellte ein disziplinspezifisches Train-the-Trainer-Konzept für die Psychologie und an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg wurde in AP6 ein Blended Learning-Kurs zum Einstieg ins FDM erarbeitet.

2.1 Forschungsdaten-Strategien für Fachbereiche

Die Universität Potsdam (UP) hat den Bedarf nach fachspezifischer FDM-Unterstützung an Hochschulen aufgegriffen. Am Beispiel der Humanwissenschaftlichen Fakultät (HWF) und der Disziplinen Psychologie und Bildungswissenschaft wurde erprobt, wie sich disziplinspezifische FDM-Services im Fachbereich integrieren lassen. Ein Kernziel bildete dafür die Erstellung von Unterstützungsmaterial, das sich an praxisnahen Anwendungsszenarien orientiert: Auf Grundlage einer qualitativen Bedarfserhebung wurde ein fachspezifisches FDM-Portfolio konzipiert, das Produkte wie Leitfäden und Dienste zum FDM enthält.5

Schnell zeigte sich, wie stark FDM-Kenntnisse und Open Data-Praktiken in den Disziplinen voneinander abweichen. Zwei Hauptgruppen – „Nicht-Identifizierte“ und „FDM-Interessierte“ – ließen sich identifizieren: einerseits Wissenschaftler*innen, die bislang kaum oder gar nicht von spezifischen FDM-Richtlinien, Konsortien der Nationalen Forschungsdaten Infrastruktur (NFDI) oder institutionseigenen Unterstützungsangeboten gehört haben, andererseits Forscher*innen, bei denen z.B. das Publizieren von Daten oder das Erstellen von Codebüchern bereits fester Bestandteil der wissenschaftlichen Praxis sind. Gerade bei der Verbreitung des Portfolios im Fachbereich wurde deutlich, dass viel Überzeugungsarbeit geleistet werden muss, um vor allem die „Nicht-Identifizierten“ zu erreichen und FDM-Services zur Anwendung zu bringen.

Eine Kommunikationsstrategie6 sollte bei diesem Vorhaben der FDM-Integration im Fachbereich u.a. durch ein zusätzliches Beratungsangebot für die Forschenden, die Ergänzung der Website um Service-Informationen für die HWF sowie Absprachen mit dem Dekanat behilflich sein. Auch die interne Vernetzung mit Kolleg*innen der Universitätsbibliothek stand im Fokus der Kommunikationsstrategie. Schnittstellen zum FDM wurden insbesondere mit den Fachreferent*innen entwickelt, da diese in direktem Kontakt zu Wissenschaftler*innen der Disziplinen stehen.

Das Vorgehen zur Entwicklung der disziplinspezifischen Service-Materialien wurde schließlich in einem „Methodenkoffer“ dokumentiert (Abb. 1).7 Im Stil einer Roadmap beinhaltet dieser die Bewertung der Methoden zur FDM-Verankerung an Fachbereichen am Beispiel der HWF. Während das FDM-Portfolio für praktische Studienphasen nachgenutzt werden kann (vgl. auch das Train-the-Trainer-Konzept der Psychologie nach Passmann & Söring8), adressieren Kommunikationskonzept und Methodenkoffer u.a. universitäre Zentraleinrichtungen, die mit dem strategischen Ausbau von FDM als Handlungsfeld befasst sind.

2.2 Forschungsdaten-Policies für Forschungsprojekte

FD-Policies für Forschungsprojekte finden – insbesondere in Verbundprojekten – immer größere Verbreitung. Bereits 2015 empfahl die DFG am Beispiel der Biodiversitätsforschung: „Alle Verbundprojekte sollen sich eine spezifische Datenleitlinie geben, die die projektinterne Bereitstellung, Weitergabe und Nachnutzung von Daten sowie das Vorgehen/die Konsequenzen bei Nichteinhaltung regelt.“9 Es gab zum Zeitpunkt der Projektbeantragung jedoch bislang kaum Hilfestellungen oder Handreichungen, die die Forschenden bei der Erstellung einer solchen Policy unterstützen. Daher wurden zusammen mit Pilotanwender*innen aus der Forschung entsprechende Werkzeuge entwickelt: ein strukturierter Leitfaden und ein Online-Generator zur Erstellung projektinterner FD-Policies.10

Der Leitfaden enthält Empfehlungen zu notwendigen Vorüberlegungen (z.B. zu Zielsetzungen und Stakeholdern) und veranschaulicht die vier Phasen der Policy-Erstellung (Themensammlung, Erarbeitung, Verabschiedung, Kommunikation und Umsetzung). Daran schließen sich Hinweise zum Aufbau und zu möglichen Inhalten an, die jeweils durch Leitfragen konkretisiert werden. Eine ergänzende Checkliste dient als Hilfestellung zum systematischen Vorgehen.

Basierend auf diesem Leitfaden wurde der FD-Policy-Generator entwickelt (Abb. 2), der Textbausteine ausgibt, mit denen eine eigene Policy erstellt werden kann. Das Online-Tool basiert auf einem RDMO-Fragenkatalog und kann wahlweise in bestehende RDMO-Instanzen integriert oder separat betrieben werden.11 Durch den Aufbau als Fragenkatalog mit größtenteils vorgegebenen Antworten ist die Nutzung niedrigschwellig und stellt sicher, dass alle wichtigen inhaltlichen Aspekte vorhanden sind.

Entscheidend für den Erfolg eines neu entwickelten Tools ist die Bedarfsorientierung, die in FDNext durch die Zusammenarbeit mit Pilotanwender*innen sichergestellt wurde. Bei der Entwicklung des FD-Policy-Generators erwies es sich als besondere Herausforderung, die große Bandbreite an Erwartungen und Nutzungsszenarien hinsichtlich des Umfangs des Fragenkatalogs, der Offenheit vs. Geschlossenheit der Fragen sowie der Form des Outputs gleichermaßen abzudecken. Von großer Bedeutung ist daher sowohl eine kontinuierliche Erhebung der Bedarfe als auch ein transparentes Erwartungsmanagement bei der Bekanntmachung des Tools. Bei der Entwicklung eines neuen Tools ist zudem zu beachten, dass ausreichend Ressourcen für die technische Entwicklung eingeplant werden, auch wenn eine bereits bestehende Software genutzt wird.

2.3 Forschungsdaten-Serviceportfolios für Dienstleister

Um Forschende in den Prozessen des FDMs bestmöglich zu unterstützen, empfiehlt sich aus Sicht der dienstleistungserbringenden Einrichtungen (z.B. IT-Zentren und Bibliotheken) eine strategische Überprüfung des Serviceangebots hinsichtlich der Anforderungen des FDM.12 Ziel war es daher an der Humboldt-Universität zu Berlin, ein Reifegradmodell zu entwickeln, das seine Wurzeln im (IT-)Service Management hat und gleichzeitig den Ansprüchen des FDMs (z.B. fachspezifische und rechtliche Aspekte, GWP) gerecht wird.

Eine Umfrage zeigte, wie sich Service-Einrichtungen kooperativ auf die FDM-Anforderungen ihrer Forschenden einstellen und ihr Dienstleistungsangebot analysieren, weiterentwickeln sowie nachhaltig managen, nicht zuletzt in Bezug auf Skalierbarkeit und Betriebseffizienz angesichts begrenzter Mittel.13 Die überinstitutionelle Zusammenarbeit und der Austausch mit den Nutzenden sind dabei von zentraler Bedeutung.

Ein Reifegradmodell, das adäquat auf akademische FDM-Dienste übertragbar ist, lag bis dato nicht vor, wie eine Analyse zeigte.14 Auf dieser Basis wurde das Referenzmodell „UpdateFDM“ entwickelt (Abb. 3), das die Handlungsfelder für ein FD-Serviceportfolio umfassend darstellt (Personalentwicklung, nachhaltige Kompetenz- und Schulungskonzepte, Kuratierung, Langzeitarchivierung, Repositorien etc.) und sich zugleich an Methoden des IT Service Management (z.B. Information Technology Infrastructure Library) orientiert.15

Mit „UpdateFDM“ können Einrichtungen ihr FDM-Serviceportfolio analysieren und optimieren sowie externen – etwa rechtlichen – Anforderungen gezielt begegnen. Das Modell stellt somit eine Ergänzung zum Research Infrastructure Self-Evaluation Framework (RISE-DE) dar, da es eine Analyse und Bewertung der FDM-Services liefert, aber auch Fehlentwicklungen und Desiderate in der Service­erbringung aufzeigt.16 Eine erste Vorstellung des Modells stieß auf große Resonanz.17

Angesichts der divergenten Aspekte im institutionellen FDM (fachspezifische Bedarfe, wissenschaftliches Profil, strategische Ziele, verfügbare Ressourcen) wurde zudem eine systematische Struktur entwickelt, in der Rollen, Services und Produkte in einer Landkarte der Handlungsfelder verortet sind. Diese Struktur soll als Informationsbibliothek und Template-Sammlung für FD-Services dienen, aus der die Serviceeinrichtungen die für sie relevanten Aspekte herausziehen und als Prozessvorlagen praxisnah anwenden können. Das Referenzmodell, die Landkarte und die Template-Sammlung werden FDM-Services strukturierter darstellen und leichter analysierbar, evaluierbar sowie anpassbar machen.

2.4 Konzepte und Kompetenzen für Forschungsdaten-Rechtsberatung

Die fachspezifischen Rechtsfragen von Forschenden erfordern qualifizierte Unterstützungsangebote, Klärungsmechanismen und eigene Expertise als integralen Bestandteil des FDM. Bereits im Rahmen des Projekts FDMentor18 beschäftigte sich die Europa-Universität Viadrina (Frankfurt/O.) mit rechtlichen Anforderungen des FDM aus überinstitutioneller Perspektive und hat die Rechtsentwicklung im Bereich des Hochschul- und Verfassungsrechts beispielhaft erörtert.19 Ausgehend von Fragestellungen, die daten- und methodentypisch regelmäßig zu rechtlichen Unsicherheiten führen, sollte in FDNext in einem Konzept erarbeitet werden, inwieweit ein rechtlicher First-Level-Support durch FDM-Personal etwa aus Bibliotheken und Rechenzentren strukturiert und verlässlich erbracht werden kann.

Dafür erfolgte eine Erhebung und Evaluation vorhandener rechtlicher Beratungsangebote und -strukturen im universitären FDM unter Mitarbeitenden der Partnereinrichtungen, die den hohen und fortlaufend steigenden Bedarf an Beratung zu rechtlichen Fragen im FDM aufzeigte.20 Auf Basis von Online-Interviews zu Aufbau und Funktionsweise eines rechtlichen First-Level-Supports sowie der Auswertung von Stellenausschreibungen für FDM-Personal wurden rechtliche Qualifikationsprofile des in der Beratung tätigen FDM-Personals erhoben.21 Verbunden mit der juristischen Evaluierung bereits bestehender rechtlicher Angebote und des juristischen Qualifikationsprofils stand dann die Entwicklung von Aufgaben(-feldern) des rechtlichen First-Level-Supports im FDM im Fokus, einschließlich dessen Schnittstellen und Anbindung an universitäre Zentralstellen (z.B. Rechtsabteilung und behördliche Datenschutzbeauftragte). Im Rahmen eines öffentlichen Output-Workshops wurden anschließend verschiedene Modelle für rechtlichen First-Level-Support vorgestellt und Feedback sowie Vorschläge aus der Community dazu eingeholt.22 Ausgehend von den Diskussionen über strukturelle, organisatorische und professionelle Voraussetzungen des rechtlichen First-Level-Supports und dessen Potentiale werden derzeit in enger Zusammenarbeit mit anderen Projektpartnern Handreichungen für den Aufbau eines strukturell verankerten rechtlichen First-Level-Supports entwickelt. Am Ende wird eine umfassende Darstellung der Möglichkeiten und Grenzen eines rechtlichen First-Level-Supports im universitären FDM entstehen, die als Grundlage für zukünftiges FDM-Personal dienen kann.

2.5 Fachspezifisches Train-the-Trainer-Modul zum Thema FDM für
die Psychologie

Mit einer zunehmend fachspezifischen Anforderungsentwicklung u.a. seitens der Fachgesellschaften stieg in den vergangenen Jahren der Bedarf nicht nur an generischen, sondern auch an fach- und/oder datentyp-spezifischen Kompetenzentwicklungsangeboten.23 An der Freien Universität Berlin wurde daher, aufbauend auf den Ergebnissen von FDMentor, ein Konzept für fachspezifische Multiplikator*innen beispielhaft für das Fach Psychologie weiterentwickelt, pilotiert und umgesetzt.

Eine Bedarfsanalyse bestätigte eine größtenteils noch geringe FDM-Expertise bzw. -kompetenz unter Psycholog*innen in Deutschland sowie geringe Bekanntheit von FDM-Infrastrukturen bzw. Service-Einrichtungen an Forschungsinstituten oder anderweitigen Unterstützungseinrichtungen.24 Nach Erstellung eines auf der Bedarfserhebung basierenden Workshop-Konzepts erfolgte die Pilotierung v.a. mit Postdoktorand*innen aus dem Fachbereich aus ganz Deutschland. Dem schlossen sich sechs reguläre Workshops inkl. Evaluation an.

Insgesamt wurde das Konzept von den 61 Teilnehmenden als gut bis sehr gut bewertet, sowohl im Hinblick auf die Gewichtung von Vortragsformaten als auch auf Interaktivität und Erkenntnisgewinn (siehe Abb. 4). Auch die praktische Relevanz wurde als sehr gut bewertet; mehr als die Hälfte der Teilnehmenden sah sich nach Abschluss befähigt, selbst einen FDM-Workshop zu planen und durchzuführen. In der fachspezifischen Ausrichtung konnte das Konzept aufgrund der Integration und Vermittlung zahlreicher fachspezifischer Infrastrukturen (z.B. Repositorien), Tools (z.B. zur Anony­misierung von Daten) und Services (z.B. zur Publikation psychologischer Forschungsdaten) die Teilnehmenden ebenfalls überzeugen.

Der Erfolg des FDNext-Konzepts zeigt, dass der Bedarf an FDM-geschulten Multiplikator*innen auch auf fachspezifischer Ebene sinnvoll adressiert werden kann. Das Feedback seitens der Teilnehmenden zeigte aber auch, dass das FDM zukünftig noch stärker als Kernaufgabe der Universitäts-, Instituts- und Forschungsgruppenleitungen begriffen werden muss, um bereits bestehende Infrastrukturen in den Forschungsalltag zu integrieren. Ein Bericht wird abschließend die Anwendbarkeit des fachspezifischen Train-the-Trainer-Konzeptes auf andere Fachdisziplinen erörtern und Empfehlungen geben, wie die FDM-Kompetenzbildung fachspezifisch und unter Nutzung bzw. Anpassung bestehender Konzepte modular umgesetzt werden kann.

2.6 Selbstgesteuertes Lernen: Inverted Classroom in FD-Trainings

An der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg wurde die Frage in den Fokus gerückt, wie der Kompetenzerwerb zum FDM mit digitalen Trainings unterstützt werden kann. Ziel war die Konzeption und Erprobung eines Train-the-Trainer-Lernangebotes zum FDM in Form des Blended Learning.25

Auf Grundlage eines didaktischen Konzepts26 und der formativen Evaluationsergebnisse27 wurde ein Blended-Learning-Angebot erarbeitet und durch einen Handlungsleitfaden zur Umsetzung des Train-the-Trainer-Konzepts ergänzt. Das Lernangebot orientiert sich an sechs Lehrzielen und setzt sich aus insgesamt vierwöchigen synchronen und asynchronen Lern- und Arbeitsphasen zusammen (Abb. 5). Als primäre Zielgruppe gelten Personen, die in ihrem Arbeitsbereich Grundlagen zum FDM vermitteln wollen, wie bspw. Forschende und Mitarbeitende im Wissenstransfer. Hauptziel des Kurses ist es, neben dem Erwerb generischen FDM-Wissens ein eigenes Konzept zum FDM-Training zu erstellen. Die FDM-Fachinhalte stehen modular online über das Lernmanagementsystem Moodle zur Verfügung und setzen sich aus den Bereichen A) Grundlagen des FDM inkl. rechtlicher und ethischer Implikationen und fachspezifischer Vertiefungen und B) Didaktik zusammen.

Der Moodle-Kurs kann sowohl als Selbstlernkurs (nach Anpassung) als auch in Kombination mit dem Handlungsleitfaden als Blended-Learning-Train-the-Trainer-Konzept nachgenutzt werden. Die Präsenzphasen können intensiv für didaktische Inhalte und Diskussionen genutzt werden, während die FDM-Inhalte individuell in der Selbstlernphase erarbeitet werden. Die Möglichkeit, die vorhandenen Online-Inhalte für eigene Lehrangebote zu nutzen und diese durch synchrone Treffen zu ergänzen, wurde von den Pilot-Teilnehmenden als sehr hilfreich angesehen. Für eine Nachnutzung kann der Kurs individuell auf die eigene Hochschul-Moodle-Instanz importiert, aber auch eine Einschreibung in den bestehenden Kurs über das Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum (IKMZ) der BTU beantragt werden.

Parallel dazu wurde eine FDMap28 als Community-Instrument konzipiert und zunächst auf der Webseite des IKMZ der BTU29 implementiert. Die Map soll durch Visualisierung und Verortung bestehender Funktionen und Kompetenzen zur Vernetzung von FDM-Multiplikator*innen und FDM-Mitarbeiter*innen beitragen. Um die FDMap über die Projektphase hinaus als dauerhaften Service zu etablieren und deren Zugänglichkeit und Sichtbarkeit zu erhöhen, wird eine Integration in das Portal forschungsdaten.info evaluiert.

3. Fazit

Die Projektergebnisse aus FDNext – Tools, Best-Practice-Modelle, Handreichungen, Lehrkonzepte und Bildungsangebote – können die aktuelle FDM-Kompetenzentwicklung an Hochschulen in allen Statusgruppen, Einrichtungen (IT-Zentren und Bibliotheken) und Organisationsformen (Projekte, Verbünde) sinnvoll ergänzen und zahlreiche Lücken schließen. Diese wurden insbesondere für niedrigschwellige fachspezifische Angebote identifiziert. Die projektübergreifende und inter-institutionelle Zusammenarbeit war hierbei besonders förderlich.30

Ebenso wurde deutlich, dass wissenschaftliche Institutionen dem Thema FDM denselben Stellenwert in der Ausbildung von Forschenden beimessen müssen wie dem Kodex „Gute Wissenschaftliche Praxis“ (GWP). Die Integration von FDM in die Curricula bildet aktuell noch ein Desiderat. Auch das Bewusstsein für die Relevanz des Handlungsfelds FDM ist noch auszubauen.31 Dies macht den Bedarf an einer abgestimmten Verzahnung praxisnaher Bottom-up- und übergeordneter Top-down-Maßnahmen an Hochschulen deutlich: Forschende sollten einerseits durch gezielte institutionelle Rahmenbedingungen bei der strukturierten und FAIRen Handhabung von Forschungsdaten unterstützt, andererseits fachspezifisches FDM, die Angebote der NFDI sowie weiterer FD-Initiativen in die hochschulinterne FDM-Praxis integriert werden.

Dafür muss auch bei dienstleistenden Einrichtungen ein Kulturwandel in Bezug auf FDM und Open Data erfolgen, sodass FD-Support-Silos vermieden, Ressourcen geschont und erfolgreiche Methoden für die gesamte Community nachnutzbar gemacht werden. Auf unser Projekt bezogen erfordert dies etwa die gezielte Bereitstellung der FDNext-Service-Angebote an der eigenen Institution bei gleichzeitiger Einbindung weiterer lokaler, regionaler und nationaler FD-Infrastrukturen. Dem Potential dieser gezielten Verzahnung bestehender und entstehender FDM-Angebote wird sich ab Juli 2024 das DFG-Folgeprojekt „FDLink“ mit dem Titel „Rahmenbedingungen für Kulturwandel und gemeinsame Servicelandschaft stärken“ widmen.

4. Nachnutzbare Ergebnisse auf einen Blick

Marie Theres Augsten, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg,
https://orcid.org/0000-0003-4345-6916

Maik Bierwirth, Humboldt-Universität zu Berlin, https://orcid.org/0000-0003-1042-6702

Claudia Börner, Brandenburgische Technische Universität Cottbus-Senftenberg,
https://orcid.org/0000-0002-9914-5060

Malte Dreyer, Humboldt-Universität zu Berlin, https://orcid.org/0000-0002-1775-8622

Kerstin Helbig, Humboldt-Universität zu Berlin, https://orcid.org/0000-0002-2775-6751

Boris Jacob, Universität Potsdam, https://orcid.org/0000-0002-8565-3312

Denise Jäckel, Humboldt-Universität zu Berlin, https://orcid.org/0000-0002-8720-6559

Janna Kienbaum, Universität Potsdam, https://orcid.org/0000-0002-8653-5051

Petra Kuhnau, Europa-Universität Viadrina, Frankfurt a. d. Oder,
https://orcid.org/0000-0003-4123-0446

Anna Lehmann, Humboldt-Universität zu Berlin, https://orcid.org/0000-0002-5739-4472

Sven Paßmann, Freie Universität Berlin, https://orcid.org/0000-0001-9251-8269

Sibylle Söring, Freie Universität Berlin, https://orcid.org/0000-0002-1698-3289

Britta Steinke, Technische Universität Berlin, https://orcid.org/0000-0001-6816-5168

Janine Straka, Universität Potsdam, https://orcid.org/0000-0002-0695-1689

Birte Vehmeier, Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover, https://orcid.org/0000-0003-3616-8975

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/6037

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1 Neuroth, Heike; Putnings, Markus; Neumann, Janna: Praxishandbuch Forschungsdatenmanagement, Berlin 2021.

2 Söring, Sibylle; Steinke, Britta: Forschungsdatenmanagement als Service an Universitätsbibliotheken, in: Bibliothek Forschung und Praxis, 47 (3), 2023, S. 525–533. Online: https://doi.org/10.1515/bfp-2023-0079.

3 Hochschulrektorenkonferenz: Wie Hochschulleitungen die Entwicklung des Forschungsdatenmanagements steuern können. Orientierungspfade, Handlungsoptionen, Szenarien. Empfehlung der 19. Mitgliederversammlung der HRK am 10.November 2015 in Kiel. Online: https://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/Empfehlung_Forschungs­datenmanagement__final_Stand_11.11.2015.pdf, Stand: 11.12.2023.

4 Projektvorstellung unter forschungsdaten.org. Online: https://www.forschungsdaten.org/index.php/FDNext, Stand: 15.02.2024

5 Kienbaum, Janna; Jacob, Boris: FDM-Portfolio Psychologie und Bildungsforschung. Disziplinspezifische Dienste, Praktiken & Leitlinien für das Forschungsdatenmanagement, Zenodo 2023. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.
7433874
. Die inhaltliche Ausgestaltung des Portfolios schloss Kooperationen mit der FD-Infrastruktur (Leibniz-Institut für Psychologie, Leibniz-Institut für Bildungsforschung und Bildungsinformation, Verbund Forschungsdaten Bildung) sowie Kooperationen mit FDNext-Arbeitsgruppen ein (vgl. Kienbaum, Janna; Fischer, Patryk; Paßmann, Sven: Forschungsdatenmanagement bei personenbezogenen Daten – Eine Handreichung, Zenodo 2023. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.7428524; Kienbaum, Janna; Würfl, Katja; Favella, Gianpiero: Leitfaden für einen qualitativen Methoden- und Feldbericht, Zenodo 2022. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.7247993.

6 Kienbaum, Janna; Jacob, Boris; Straka, Janine: Fachspezifisches Forschungsdatenmanagement im Fachbereich kommunizieren. Ein Konzept, Zenodo 2023. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.7886417.

7 Kienbaum, Janna; Straka, Janine: Methodenkoffer zu Forschungsdaten-Strategien für Fachbereiche, Zenodo 2023. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.10210133.

8 Paßmann, Sven; Söring, Sibylle: Forschungsdatenmanagement in der Psychologie. Fachspezifisches Train-the-Trainer-Konzept (Version 2), Zenodo 2023. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.8113417.

9 DFG, Mitglieder der AG Daten der DFG Senatskommission für Biodiversitätsforschung: Richtlinien zum Umgang mit Forschungsdaten in der Biodiversitätsforschung, 2015. Online: https://www.dfg.de/resource/blob/171716/cad14d
794c39d50da731d681a56eb651/richtlinien-forschungsdaten-biodiversitaetsforschung-data.pdf
, Stand: 28.11.2023.

10 Schmiederer, Simon; Kuberek, Monika: Forschungsdaten-Policies für Forschungsprojekte: ein strukturierter Leitfaden, Zenodo 2022. Online: http://dx.doi.org/10.14279/depositonce-16196.

11 RDMO steht für Research Data Management Organiser. Online: https://rdmorganiser.github.io/, Stand: 09.01.2024.

12 Hochschulrektorenkonferenz: Wie Hochschulleitungen die Entwicklung des Forschungsdatenmanagements steuern können. Orientierungspfade, Handlungsoptionen, Szenarien. Empfehlung der 19. Mitgliederversammlung der HRK am 10.November 2015 in Kiel. Online: https://www.hrk.de/uploads/tx_szconvention/Empfehlung_Forschungsdaten
management__final_Stand_11.11.2015.pdf
, Stand: 11.12.2023.

13 Lehmann, Anna; Dreyer, Malte; Odebrecht, Carolin: Befragungsergebnisse der dienstleistenden Einrichtungen zum institutionellen FDM (Version 1) [Data set], Zenodo 2022. Online: https://zenodo.org/records/7009632.

14 Lehmann, Anna; Odebrecht, Carolin: Reifegradmodelle im Forschungsdatenmanagement – IT-Prozessoptimierung im Wissenschaftsbetrieb, in: Information - Wissenschaft & Praxis, 74 (1), 2002, S. 9–21. Online: https://doi.org/10.1515/iwp-2022-2249.

15 Lehmann, Anna; Dreyer, Malte; Odebreccht, Carolin; Helbig, Kerstin: UpdateFDM – Evaluierung von Forschungsdatenservices und -infrastrukturen, in: b.i.t. online. Bibliothek. Information. Technologie 26 (4), 2023, S. 332–341. Online: https://www.b-i-t-online.de/heft/2023-04-fachbeitrag-lehmann.pdf, Stand: 09.01.2024.

16 Hartmann et al. (2019) sehen für RISE-DE eine diskrete Skala, also keine Zwischenwerte vor. In der Praxis erwies sich die Operation mit Zwischenwerten (z.B. 1,5) jedoch als zielführender, sodass das Modell für die Durchführung im BUA-Kontext entsprechend angepasst wurde. Hartmann, Niklas; Jacob, Boris; Weiß, Nadin: RISE-DE – Referenzmodell für Strategieprozesse im institutionellen Forschungsdatenmanagement, Zenodo 2019. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.3585556.

17 Augsten, Marie Theres; Fischer, Patryk; Helbig, Kerstin et al.: Nachhaltiges Forschungsdatenmanagement gemeinsam umsetzen. Ein Workshopbericht des DFG-Projekts FDNext, in: Bibliotheksdienst 57(7–8), 2023, S. 393–409. Online: https://doi.org/10.1515/bd-2023-0052.

18 Das vom BMBF geförderte Projekt „FDMentor“ (2017–2019) hatte die Entwicklung von nachnutzbaren Roadmaps oder Handlungsempfehlungen für die strategische Entwicklung von FDM in der deutschen Hochschullandschaft zum Ziel. Online: https://www.forschungsdaten.org/index.php/FDMentor, Stand: 15.02.2024.

19 Hartmann, Thomas: Rechtsfragen. Institutioneller Rahmen und Handlungsoptionen für universitäres FDM. Zenodo 2019. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.2654306.

20 Fischer, Patryk: Rechtliche Beratungsangebote und -strukturen im universitären Forschungsdatenmanagement. Zenodo 2022. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.5878779.

21 Fischer, Patryk: Report zum rechtlichen Qualifikationsprofil von FDM-Personal an Universitäten in Deutschland. Zenodo 2022. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.7458418.

22 Augsten, Marie Theres; Fischer, Patryk; Helbig, Kerstin et al.: Nachhaltiges Forschungsdatenmanagement gemeinsam umsetzen. Ein Workshopbericht des DFG-Projekts FDNext, 2023.

23 DFG: Fachspezifische Empfehlungen zum Umgang mit Forschungsdaten, https://www.dfg.de/de/grundlagen-rahmen
bedingungen/grundlagen-und-prinzipien-der-foerderung/forschungsdaten/empfehlungen
, Stand: 09.01.2024.

24 Hoffmann, Martina; Söring, Sibylle: Forschungsdatenmanagement in der Psychologie: Expertise, Praxis, Trainings­bedarf (Erhebung), Zenodo 2022. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.6322957.

25 Beim Blended Learning werden die Vorteile synchroner Präsenzveranstaltungen wie soziale Interaktionen, begleitete Übungen und Diskussionen, mit den Vorzügen asynchroner (Online-)Lehre (z.B. zeitliche Flexibilität, Individualisierung des Lerntempos, Berücksichtigung des Vorwissens) verknüpft. Lernorganisatorisch wechseln sich synchrone und asynchrone Phasen ab. Die zeitliche Taktung und Reihenfolge werden in der didaktischen Konzeption festgelegt.

26 Entwurf eines didaktischen Konzepts mit detaillierten Angaben zu Zielen, Zielgruppe, Struktur, Inhalten und Methoden. Augsten Marie Theres; Woywod, Kathrin: Didaktisches Konzept eines Blended Learning Angebots für Forschungs-
daten-Trainings, Entwurf V1.0, Zenodo 2022. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.6778698.

27 Grundlage des Evaluationsverfahrens bildet der Kritierienkatalog CLASSIC der virtuellen Hochschule Bayern (vhb), welcher sowohl der inhaltlich-didaktischen als auch der technisch-mediendidaktischen Begutachtung dient. Online: https://www.vhb.org/lehrende/qualitaetsmanagement/, Stand: 26.09.2023.

28 Nachgenutzt wurde hierzu der Code der Erweiterung „maps2“ von jweiland.net. Online: https://github.com/jweiland-­net/maps2, Stand: 26.09.2023.

29 Webseite des Informations-, Kommunikations- und Medienzentrum der BTU-Cottbus. Online: https://www.b-tu.de/ikmz/projekte/fdnext, Stand: 26.09.2023.

30 So wurde für die Skalierbarkeit des Train-the-Trainer-Konzepts der Freien Universität Berlin in Zusammenarbeit mit der Universität Potsdam und der Humboldt-Universität zu Berlin eine auf die Psychologie und Bildungswissen­schaften zu-
geschnittene Handreichung zum Umgang mit personenbezogenen Daten herausgegeben; mit der UP wurde zudem ein Pilotkonzept einer Beratungssituation für Psycholog*innen sowie Bildungs- und Sozialwissen­schaftler*innen erprobt.

31 Augsten, Marie Theres; Fischer, Patryk; Helbig, Kerstin et al.: Austausch und Kommunikation in der FDM-Community – Ein Bericht zum FDNext-Workshop. Zenodo 2022. Online: https://doi.org/10.5281/zenodo.6821761.