Kommission für forschungsnahe Dienste

Jahresbericht 2023

Im Berichtsjahr beschäftigte die Kommission sich schwerpunktmäßig damit, wie forschungsnahe Dienste in der Praxis gestaltet werden und welche Auswirkungen sie auf die Arbeitssituation von Mitarbeitenden haben.

Zu Jahresbeginn veröffentlichte die Kommission einen Bericht über den kommissionsübergreifenden Workshop des VDB, der auf Initiative der Kommission für forschungsnahe Dienste im November 2022 am Ibero-Amerikanischen Institut - Preußischer Kulturbesitz in Berlin zum Thema „Die forschungsnahe Bibliothek“ stattgefunden hatte. Ausgangspunkt der Veranstaltung war die Annahme, dass ein so grundlegender Prozess der Umorientierung, wie er – angestoßen durch die digitale Transformation – gegenwärtig in den wissenschaftlichen Bibliotheken zu beobachten ist, direkt oder mittelbar alle Bereiche der Bibliothek betrifft. Der Workshop sollte einen Rahmen schaffen, um forschungsnahe Dienste als ein grundlegendes, ressortübergreifendes Thema von verschiedenen Seiten zu beleuchten, Schnittstellen zu identifizieren, einen Austausch über Erfahrungen im Transformationsprozess zu ermöglichen und entsprechende Veranstaltungen, Fortbildungen oder Workshops zu planen. Eingeladen waren Vertreterinnen und Vertreter aller Kommissionen sowie der VDB-Vorstand. Alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich bereit erklärt, aus ihrer jeweiligen Sicht zu beschreiben, welche Auswirkungen das Konzept einer forschungsnahen Bibliothek hat oder haben könnte. Im Anschluss an die von intensiven Diskussionen umrahmten Einzelvorträge übernahm der Vorstand des VDB die Aufgabe, das sich im Workshop abzeichnende Gesamtbild zusammenzufassen, die wichtigsten Punkte herauszuarbeiten und Handlungslinien für die künftige Verbandsarbeit zu entwickeln und zu veröffentlichen. Ein Bericht über den Workshop sowie die Positionierung des Vorstands wurden in o-bib veröffentlicht1.

Im Februar wurde Elke C. Bongartz als neues Mitglied in die Kommission für forschungsnahe Dienste aufgenommen.

Auf die im März vom BMBF gestartete öffentliche Konsultation zu einem Forschungsdatengesetz hin erarbeitete die Kommission eine ausführliche Stellungnahme, welche durch sowie im Namen des VDB im April ans BMBF übermittelt wurde.2

Auf der BiblioCon 2023 im Mai in Hannover war die Kommission mit zwei Veranstaltungen vertreten.

Die Veränderungen im Arbeitsalltag, die durch die Etablierung forschungsnaher Dienste angestoßen wurden, betreffen Organisations- und Personalentwicklung und beeinflussen ganz konkret das Erleben des Arbeitsalltags von Mitarbeitenden vieler Abteilungen. Die Kommissionen für forschungsnahe Dienste des VDB und die Gemeinsame Management-Kommission von VDB und dbv hatten daher eine gemeinsame Veranstaltung geplant, um die Perspektiven von möglichst vielen Beteiligten sichtbar zu machen und einen breiten Austausch zu ermöglichen. Angelockt von dem Titel „Die forschungsnahe Bibliothek – Offener Workshop der VDB-Kommissionen“ versammelten sich überraschend viele Interessierte im Veranstaltungsraum und fanden dort einen Stuhlkreis vor, der (Methode „Fishbowl“) für eineinhalb Stunden den Rahmen für einen spannenden und vielseitigen Austausch bot. Wer etwas zur Diskussion beitragen wollte, setzte sich auf einen freien Stuhl oder bat einen der Diskutanten oder eine der Diskutantinnen, einen Stuhl freizugeben. So gelang es, viele Stimmen zu hören und ein breites Bild davon zu gewinnen, welche Auswirkungen die Transformationsprozesse im Kontext forschungsnaher Dienste insbesondere für die Mitarbeitenden haben. Wichtige Themen waren dabei die Frage der Weiterqualifizierungen angesichts neuer Aufgabenbereiche, die Integration von Quereinsteigenden in den Bibliotheksbereich, Austausch zwischen wissenschaftlichen und wissenschaftsstützenden Bereichen und immer wieder auch das Thema, was künftig der Kern der Bibliotheksarbeiten sein wird und wie Bibliotheken ihre Unverzichtbarkeit sichern und deutlich machen können.

Die zweite von der Kommission forschungsnaher Dienste auf der BiblioCon 2023 organisierte Veranstaltung war dem Thema „Gelingende Kooperationen: Umsetzung von forschungsnahen Diensten in der Praxis“ gewidmet. Vier Tandems mit jeweils einer Person aus der Wissenschaft und einer Person aus einer wissenschaftsstützenden Infrastruktureinrichtung stellten vor, wie Kooperation gelingen kann. Es ging um Projekte, bei denen Forschende und Infrastrukturanbietende eng zusammenarbeiten und wechselseitig von der Zusammenarbeit profitieren. Als wesentliche Merkmale gelingender Kooperation zeigten sich immer wieder frühzeitige und intensive Kommunikation zwischen beiden Seiten sowie eine wenigstens mittelfristige Perspektive für das Projekt. Sehr hilfreich war in allen Fällen, wenn die auf beiden Seiten beteiligten Personen für einen längeren Zeitraum zusammenarbeiteten und sich zwischen den Beteiligten vertrauensvolle und fachlich wie menschlich gute Beziehungen entwickeln konnten.

Ein weiterer Schwerpunkt der Kommission war die Fortführung der strukturierten Interviews mit Leitungspersonen aus wissenschaftlichen Bibliotheken, die bereits im Vorjahr begonnen worden waren, sowie deren Auswertung. Die Leitungen wurden befragt, wie sie die Rolle forschungsnaher Dienste in ihren Häusern einschätzen, wie der Bedarf an entsprechenden Services ermittelt wird und welche Auswirkungen die Einführung und Etablierung von forschungsnahen Diensten auf die Organisationsstruktur und die Arbeitsabläufe hat. Ein Schwerpunkt der Interviews betraf die Frage, welche Herausforderungen mit der Einführung der neuen Dienste verbunden sind, insbesondere im Hinblick auf Ressourcen, Fortbildungsbedarfe, Akzeptanz von neuen Services bei Mitarbeitenden und Nutzenden, Vernetzungen mit Wissenschaft und Rechenzentren.

Die Interviews bieten gemeinsam mit den Ergebnissen der Veranstaltungen aus den Jahren 2022 und 2023 mittlerweile einen guten Einblick in Stand und Perspektiven im Bereich forschungsnaher Dienste und stellen eine Datenbasis für die Aktivitäten der Kommission im kommenden Jahr dar.

Mitglieder der Kommission:

Alexander Berg-Weiß, Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München, https://orcid.org/0000-0002-7435-8676
Elke C. Bongartz, Deutsches Institut für Erwachsenenbildung Leibniz-Zentrum für Lebenslanges Lernen, Bonn, https://orcid.org/0000-0002-2136-7675
Sibylle Herrmann, Universität Stuttgart, Informations- und Kommunikationszentrum, Universitätsbibliothek, https://orcid.org/0000-0001-9239-8789
Miriam Kötter, Universitätsbibliothek der Universität Duisburg-Essen, https://orcid.org/0000-0002-7253-2933
Caroline Leiß, Universitätsbibliothek der Technischen Universität München, https://orcid.org/0000-0002-2792-2625
Christoph Müller, Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts, Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin, https://orcid.org/0000-0001-9399-6676

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/6016

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1 Leiß, C. (2023). Die forschungsnahe Bibliothek: Bericht über einen Workshop der Kommissionen und des Vorstands des VDB. o-bib. Das Offene Bibliotheksjournal / Herausgeber VDB, 10(1), 1–4. https://doi.org/10.5282/o-bib/5923; Vorstand des VDB (2023). Forschungsnahes Arbeiten und Verbandsarbeit im VDB: Positionsbestimmung des Vorstands. o-bib. Das Offene Bibliotheksjournal / Herausgeber VDB, 10(1), 1–2. https://doi.org/10.5282/o-bib/5929.

2 VDB (2023) Forschungsdatengesetz. Stellungnahme aus der öffentlichen Konsultation. Online: https://www.bmbf.de/bmbf/shareddocs/downloads/files/Forschungsdatengesetz/Verein_deutscher_Biblio.html, Stand: 22.12.2023.