Peer-to-Peer-Mentoring als Instrument der Personal- und Organisationsentwicklung

Erfahrungen im Schnittfeld von Bibliometrie und Open Access in wissenschaftlichen Bibliotheken

Beschäftigte an wissenschaftlichen Bibliotheken sind im Zuge der Open-Access-Transformation im hochdynamischen Schnittfeld von Open Access (OA) und Bibliometrie mit neuen Aufgaben und Herausforderungen konfrontiert.1 Es entstehen neue Stellenprofile. So gewinnt die Verwendung quantitativer Publikations- und Zitationsdaten spätestens mit der Einführung der Publikationsfonds, aber auch als Grundlage für die Forschungsberichterstattung oder in Verhandlungen mit Verlagen an Bedeutung. Beschäftigte sind gefordert, sich bibliometrische Expertise und spezifische Kompetenzen2 anzueignen, um den Ansprüchen des institutionellen Publikationsmonitorings3 gerecht zu werden. Zugleich werden, insbesondere unter dem Druck zitationsbasierter Evaluationspraxen auch in der Publikationsberatung neue Formate nachgefragt: Autor*innen benötigen Beratung zur Bedeutung bibliometrischer Kennzahlen, hinsichtlich der Gestaltung ihrer Publikationskarriere und der Strategien akademischen Identitätsmanagements.4 Einen besonderen Stellenwert hat dabei der Aspekt verantwortungsvollen Umgangs mit bibliometrischen Verfahren, wie er in der Francisco Declaration on Research Assessment (DORA)5 gefordert und im Leiden Manifesto6 konkretisiert wird.

Im Rahmen des Projekts indi:oa7 konnte empirisch gezeigt werden, dass der Ausbau von Dienstleistungen an der Schnittstelle von Bibliometrie und OA nicht überall fortgeschritten ist: Explizit bibliometrische Dienstleistungen und Beratungen wurden im Jahr 2021 nur in der Teilgruppe der Technischen Universitäten mit Funktionsstellen auf den Webauftritten der Bibliotheken oft angeführt. Gleichzeitig zeigte sich, dass im OA-Kontext Kurse und Beratungen regelmäßig auch bibliometrische Inhalte abdecken. Ergebnisse bibliometriegestützten Publikationsmonitorings wurden öffentlich im Rahmen universitärer OA-Portale kommuniziert.8

Interviews mit 17 Expert*innen zeigten Herausforderungen im Berufsalltag auf. So werden bibliometrische Kennzahlen an Forschungseinrichtungen immer wieder verkürzt eingesetzt. Nicht überall haben sich bereits Workflows entwickelt, noch fehlt es mancherorts an systematischer Qualifizierung, technischer Ausstattung, an Zugang zu hochwertigen Daten. Schließlich fehlt es mitunter an Ressourcen, um die Aufgaben kollegial zu diskutieren: Regelmäßig sitzen Personen an dieser Schnittstelle, die vor Ort keine Kolleg*innen haben, die direkt und im gleichen Umfang mit denselben Aufgaben betraut sind.

Im Schnittfeld von Bibliometrie und Open Access gibt es Entwicklungsbedarf. Neben der fachlich-formalen Qualifikation benötigen Mitarbeiter*innen zur Bewältigung der hier nur angerissenen Herausforderungen nachhaltigen Zugang zu den Erfahrungen und Workflows, die andernorts bereits gemacht und entwickelt wurden. Im Folgenden wird dargestellt, inwiefern Mentoring helfen kann, diesen Zugang zu sichern, zur personalen Kompetenzentwicklung beizutragen und erfolgreiche Strukturen und Strategien zu verbreiten.

Mentoring im Wissenschaftssystem

Mentoring beschreibt die Beziehung zwischen einer erfahreneren Person (Mentor*in) und einer weniger erfahrenen Person (Mentee), „wobei der oder die begleitende Mentor_in die Aufgabe hat, als Berater_in, Begleiter_in und Förder_in”9 des*der Mentee zu agieren.

Solche Beziehungen haben eine lange Geschichte. Im Alltag ergeben sie sich auch informell, wenn etwa eine Person im Berufseinstieg auf eine erfahrene Person stößt, die orientierend hilft, leitende Fragen stellt und Kontakte zu wichtigen Personen in ihrem eigenen Netzwerk herstellt. Mentoring wurde zunächst in den USA, seit den 1990er-Jahren auch in der deutschen Wissenschaftslandschaft etabliert, z.B. für Nachwuchswissenschaftler*innen,10 als Maßnahme der Gleichstellungspolitik oder zur Karrierefindung im Wissenschaftsmanagement.11

Im Rahmen der Mentoring-Beziehung haben die Teilnehmer*innen eines Tandems einen geschützten Raum, um Erfahrungs- und Anwendungswissen, um informelles Wissen, Taktiken und Strategien auszutauschen. Ein wesentlicher Aspekt ist es, (unsichtbare) Regeln und Strukturen des Systems aufzudecken und die Mentees einzuführen. Es ist aber auch ein Raum, in dem Ideen im Gespräch mit einem erfahrenen Gegenüber entwickelt und erprobt werden können, und in dem die vertrauens­volle Reflexion des eigenen beruflichen Handelns möglich ist. Damit ist Mentoring deutlich von Fortbildungsformaten abzugrenzen.

Mentoring kann eine „Scharnierfunktion“12 zwischen Personal- und Organisationsentwicklung im Wissenschaftssystem übernehmen. Arbeitnehmer*innen werden dabei unterstützt, ihre Stärken auszubauen und gezielt im beruflichen Handeln einzusetzen. Damit kann Mentoring Veränderungsprozesse initiieren und strukturverändernd wirken. Sogenannte „Cross-Mentoring“-Ansätze, in denen Mentor*in und Mentee aus unterschiedlichen Häusern kommen, bieten als Teil einer organisationsübergreifenden Personalentwicklung eine besondere Form der Offenheit.13 Ein solches Mentoring bietet etwa der VDB mit seinem erfolgreichen Format für Nachwuchsführungskräfte an, das aktuell schon in der vierten Runde läuft.14

Themenzentriertes Peer-to-Peer-Mentoring im Schnittfeld von Open Access und Bibliometrie

Das erprobte Mentoring-Programm zeichnet sich durch zwei Merkmale aus: So drückt sich 1. das Gefälle zwischen Mentor*in und Mentee nicht unbedingt in einem Positionsgefälle aus. Zwar haben die teilnehmenden Mentor*innen einen Erfahrungsvorteil gegenüber den Mentees, diese sind aber mitunter ebenso lange im Geschäft und besetzen ähnliche Positionen. Vielmehr stehen die Mentees vor neuen Herausforderungen oder sind an der Entwicklung neuer Dienstleistungen beteiligt. Daher sprechen wir von einem Peer-to-Peer-Mentoring. Der Ausgangspunkt der Mentoring-Beziehung ist 2. nicht die berufliche Laufbahn der Teilnehmer*innen, sondern das gemeinsame Arbeitsthema. Das Mentoring ist daher themenzentriert.

Ein Pilotdurchlauf fand zwischen November 2022 und April 2023 statt. Teilgenommen haben je fünf Mentor*innen und Mentees, die an wissenschaftlichen Bibliotheken von Universitäten, Fachhochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen arbeiten. Sie vertreten die Arbeitsfelder Open Access, Publikationsmonitoring, Publikations- und Bibliometrieberatung sowie Bibliometrische Dienstleistungen.15

Erwartungen

Das Programm war darauf angelegt, den Teilnehmer*innen im 1:1-Austausch die Gelegenheit zu geben, ihre Praktiken und Routinen vor Ort zu reflektieren und zu entwickeln und dabei von einem erfahrenen Gegenüber hilfreiche Impulse zu bekommen.

Mentees sollten sich so neue Aufgabenfelder innerhalb ihrer Tätigkeit erschließen und sich selbst profilieren können. Erwartet wurde, dass sie im Gespräch ebenso wie die Mentor*innen eine Außenperspektive auf ihr eigenes Tagesgeschäft gewinnen und das als Chance zur eigenen beruflichen Reflexion nutzen können. Mentor*innen sollten im geleiteten Kontakt mit einem lernenden Gegenüber die Möglichkeit erhalten, ihr Wissen und ihre Erfahrungen gezielt weiterzugeben. Durch eine Schulung und die gezielte Begleitung der Mentees sollte ihnen Gelegenheit gegeben werden, Kompetenzen in der Beratung zu erwerben und zu vertiefen, die sie für die Übernahme oder Vertiefung von Führungsaufgaben weiter qualifizieren dürften. Mentees und Mentor*innen sollten ihr berufliches Netzwerk erweitern und den Kontakt über verschiedene Standorte hinweg intensivieren können.

Das Mentoring sollte dazu beitragen, gute Routinen und Strukturen zu verbreiten und Erfahrungen, die an manchen Standorten schon gemacht wurden, weiterzugeben. Es versteht sich als Beitrag sowohl zur Personal- als auch zur Organisationsentwicklung.

Durchführung

Ab ca. einem halben Jahr vor Beginn des Mentorings wurden Mentor*innen rekrutiert, indem potenzielle Kandidat*innen aktiv angesprochen wurden. Die Recherche erfordert einen Einblick in die Community des interessierenden Arbeitsfelds; außerdem müssen Kandidat*innen über Ziele, Aufwand, erwarteten Ertrag und mögliche Probleme aufgeklärt und von einer Teilnahme überzeugt werden.

Das Mentoring-Programm wurde in einer virtuellen Informationsveranstaltung präsentiert; in diesem Rahmen stellten sich die Mentor*innen mit ihren fachlichen Schwerpunkten selbst vor. Im Anschluss konnten sich Interessent*innen als Mentees bewerben; hierfür waren sie aufgefordert, ihre Erwartungen, Schwerpunktinteressen und anstehenden Projekte darzustellen. Es lagen mehr Bewerbungen vor als Plätze zu vergeben waren, so dass eine Auswahl getroffen werden musste. Zentrales Kriterium war die Passung zwischen Erwartungen der Bewerber*innen und den Profilen der Tandempartner*innen. Das Matching erfolgte im gleichen Zuge; beide Teilnehmer*innen eines potentiellen Matches wurden zur Passung und Eignung der anderen Person befragt und um Zustimmung gebeten.

Die Mentor*innen wurden im Vorlauf von einer erfahrenen Trainerin geschult. Hier wurden sowohl Erwartungen der Teilnehmer*innen an das Programm thematisiert als auch aktiv Gesprächsführungstechniken im Mentoring erprobt. Prozessbegleitend gab es für alle Teilnehmer*innen die Möglichkeit, die Trainerin für eine Beratungssitzung zu konsultieren. Dies wurde ohne die weitere Angabe von Gründen nicht ausgeschöpft.

Alle Teilnehmer*innen wurden in Einzelgesprächen zu ihren Erfahrungen befragt und um eine kritische Bewertung des Mentoring-Programms gebeten; als Abschluss wurde eine gemeinsame Feedbacksitzung durch die Trainerin moderiert.

Die Tandems haben sich über einen Zeitraum von ca. einem halben Jahr ungefähr einmal im Monat virtuell getroffen. Dafür haben sie bis zu zwei Stunden eingesetzt. Während die Mentees angaben, vor- und nachbereitend zu den Sitzungen noch einmal ungefähr im selben Umfang Zeit benötigt zu haben, konnten Mentor*innen relativ spontan aus ihrem Fundus von Erfahrungen berichten.

In mehreren Tandems lagen Schwerpunkte des Austauschs in der Konzeption des Publikationsmonitorings und in der gemeinsamen Diskussion von Service-Konzepten im Bereich Bibliometrie und Open Access. Regelmäßig wurden die Erwartungen, Ansprüche und Realitäten forschender Autor*innen im Spannungsfeld zwischen der Förderung von OA und bibliometriegestützten Evaluationspraktiken reflektiert. Im Einzelfall nahmen die Tandems konkrete Verfahren und Tools in den Blick. So wurde gemeinsam am Beispiel konkreter Wissenschaftler*innen durchgespielt, welche Möglichkeiten es zur Erstellung personenbezogener Auswertungen gibt, welche Unterschiede je nach Datengrundlage auftauchen und wie ein entsprechendes Dienstleistungsprogramm aussehen könnte. In einem anderen Tandem wurden Möglichkeiten zur Entwicklung des Open-Science-Angebots am Standort anhand der Kriterien zum Open-Library-Badge16 diskutiert.

Einen sehr großen Anteil machten Inhalte aus, in denen es darum ging, sich zu verorten, Strategien zur Entwicklung und zur Kommunikation innerhalb der eigenen Einrichtungen zu entwerfen und gute Argumente zu sammeln. Insbesondere hier wurde die Außensicht als sehr fruchtbar und wertvoll beschrieben: Sie schafft die nötige Distanz, um frei analysieren zu können und überhaupt erst zu sehen, wie Verbesserungen möglich sind.

Evaluation und Lessons Learned

In der Rekrutierung potentieller Mentor*innen begegneten wir Vorbehalten gegenüber einem Engagement im Mentoring-Programm. So berichteten Personen, die wir schließlich nicht gewinnen konnten, von Schwierigkeiten, ihre Teilnahme gegenüber Vorgesetzten zu begründen, weil es Bedenken in Bezug auf die Geheimhaltung von Inhalten, Anwendungen oder Methoden oder schlicht den zeitlichen Aufwand gab. Auch die Erwartungen der Institutionen als Arbeitgeber*innen sollten reflektiert und mit den Interessen der Teilnehmer*innen in Einklang gebracht werden, um Zielkonflikte zu vermeiden.17 Für wissenschaftliche Bibliotheken heißt das, dass eine Kultur der Offenheit nötig ist, die das Engagement für die Verbesserung der Sache auch standortübergreifend wertschätzt. Eine Möglichkeit etwa, das Risiko von Personal- oder Wissensverlust zu minimieren, wäre es, Mentoring mit Karriereplänen innerhalb der eigenen Institution zu verbinden.

Auch für die Teilnahme als Mentee können sich Probleme ergeben: So ist z.B. die Teilnahme am Mentoring zwar eine Maßnahme der Personalentwicklung, d.h. Personen werden individuell qualifiziert und in ihrem Kompetenzerwerb begleitet, aber es handelt sich nicht um eine Fortbildung mit skalierbarem Kompetenzzugewinn. Jedoch waren die Vorbehalte von Vorgesetzten hier geringer; im Einzelfall wurden Beschäftigte auch von ihnen auf das Programm aufmerksam gemacht.

Im Matchingverfahren stellten sich die Passung der Einrichtungen zueinander und die Vielfalt der Zuschnitte von Arbeitseinrichtungen und Aufgabenfeldern im Schnittfeld von Open Access und Bibliometrie als Herausforderung heraus. Insbesondere der Bedarf kleinerer Bibliotheken mit einem breiten Aufgabenfeld konnte mit den vorhandenen Mentor*innen nicht gedeckt werden. In Zukunft bräuchte es wohl auch Mentor*innen, die eher als Allrounder*innen an kleineren Bibliotheken arbeiten.

Die Teilnehmer*innen berichteten durchweg von fruchtbaren und zielführenden Gesprächen. Dabei haben auch diejenigen Einrichtungen profitiert, an denen die Mentor*innen tätig sind. Zielgenaue Gespräche mit einem*einer Peer, auch einem, der oder die weniger erfahren ist, regen den Außenblick auf die eigenen Praktiken an und fördern Innovation. Als eine Schwierigkeit stellte sich dar, gemeinsame Termine zu finden und den Austausch in den Arbeitsalltag zu integrieren. Als hilfreich haben die Teilnehmer*innen dabei empfunden, sich vorab über die Themen und Zielsetzungen zu verständigen und einen offenen Umgang miteinander zu pflegen.

Einige der Teilnehmer*innen planen, auch in Zukunft miteinander im engen beruflichen Austausch zu stehen. Die Netzwerkbildung von Beschäftigten auf operativer Ebene wurde erfolgreich angestoßen.

Beschäftigte im Schnittfeld von Open Access und Bibliometrie müssen regelmäßig Aufklärung darüber betreiben, welche Aussagekraft quantitative Publikations- und Zitationsdaten haben und wo die Grenzen ihrer Verwendbarkeit liegen. Im Arbeitsfeld kommt es stark darauf an, Wissen, das man sich aneignen kann, auch kompetent unter den gegebenen Umständen anzuwenden, sich in ethisch relevanten oder auch fragwürdigen Diskursen zu positionieren, Praxen der Verwendung bibliometrischer Daten zu bewerten und für einen sensiblen und verantwortungsvollen Umgang zu werben. Mitarbeiter*innen brauchen hier einen langen Atem, sie sind mit widerständigen bürokratischen Strukturen und sich widersprechenden Interessen konfrontiert. Dies ist ein möglicher Grund für den hohen Stellenwert, den Strategieentwicklung und Kommunikation im Mentoring-Prozess eingenommen haben.

Dass hierbei auch Kritik an Strukturen, Routinen und Praktiken der je eigenen Forschungseinrichtung deutlich wird, muss offen thematisiert werden und erwünscht sein. Teilnehmer*innen im Mentoring brauchen hier Vorgesetzte, die sie unterstützen und auch den Mehrwert eines Austauschs zu Fragen der strategischen Veränderung anerkennen.

Call for Action

Die Erfahrungen der Teilnehmer*innen des themenzentrierten Peer-to-Peer-Mentorings zeigen, dass es sich um ein lohnenswertes Instrument der Personal- und Organisationsentwicklung an wissenschaftlichen Bibliotheken handelt. Im Gegenüber werden sowohl die fremden als auch die eigenen Herausforderungen neu und unverstellt sichtbar, es werden gemeinsam Lösungen für standortübergreifende Problemkonstellationen gesucht und gefunden. Bibilothekar*innen der operativen Ebene kommen miteinander ins Gespräch und festigen ihre Netzwerke – und davon könnten wiederum die Bibliotheken profitieren. Es ist anzunehmen, dass das Konzept auch auf andere, ebenfalls einer starken Dynamik unterliegende Arbeitsfelder im Umfeld wissenschaftlicher Bibliotheken übertragen werden kann.

Der themenzentrierte Zuschnitt führte in unserem Durchlauf dazu, dass neben dem wechselseitigen Kompetenzerwerb konkrete Anregungen für die Arbeitsorganisation vor Ort gegeben wurden. Die Teilnehmer*innen konnten auch strategische Fragen und Konzepte für die nachhaltige Veränderung im Sinne eines verantwortungsvollen Umgangs mit bibliometrischen Verfahren und Kennzahlen im Kontext der Open-Access-Transformation besprechen.

Zu prüfen ist, inwieweit es möglich ist, das erprobte Konzept im Rahmen vorhandener Vernetzungs-, Fort- und Ausbildungsstrukturen einzusetzen, um den strukturverbessernden und -vereinheitlichenden Charakter sowie die standortübergreifende Zusammenarbeit – auch in Bezug auf die Finanzierung von Koordination und Training – zu nutzen. Sicher wären die Ausweitung auf mehrere Durchläufe, in denen sich dann etwa auch ehemalige Mentees als Mentor*innen engagieren, und die Einbindung von Vernetzungsinitiativen und inhaltlichen Schulungen fruchtbar.

Besondere Potenziale haben hier

(1) Aus- und Fortbildungsinstitutionen, weil Mentoring die Anwendungsperspektive auf erlernbare Gegenstände und erwerbbare Kompetenzen stärkt und optimal ergänzt

(2) Bibliothekarische Berufsverbände, weil sich Beschäftigte in Bibliotheken mithilfe von Mentoring-Programmen entwickeln und an ihrem eigenen Profil arbeiten können

(3) Bibliotheksverbände, weil Bibliotheken in der Verantwortung stehen, in die Professionalisierung ihrer Prozesse zu investieren

(4) Vorhandene Strukturen und Einrichtungen wie Open-Access-Büros auf Länderebene oder open-access.network, weil hier fachkompetente Menschen miteinander vernetzt sind

Unbedingte Voraussetzung für einen erfolgreichen, standortübergreifenden Mentoring-Prozess, der auch nachhaltige Veränderungen nach sich ziehen soll, sind eine Kultur der Offenheit und des Teilens auf allen Seiten: auf der Ebene der Bibliotheken, die ihren Mitarbeiter*innen Freiraum für Austausch ohne unmittelbaren Impact ermöglichen müssen, und auf der Ebene der Personen, die sich in einer 1:1-Beziehung mit ihren Problemen, Fragen und Reflexionen einem Gegenüber öffnen können müssen.

Um Peer-to-Peer-Mentoring als Regelangebot für Beschäftigte und Bibliotheken zu etablieren und das Potenzial dieses fruchtbaren Instruments der Personal- und Organisationsentwicklung auszuschöpfen, ist Action gefragt!

Anna Stisser, Niedersächsische Staats- und Universitätsbibliothek, Universität Göttingen
ORCID: https://orcid.org/0000-0002-9292-2189

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5968

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1 Dieser Beitrag beruht auf dem Vortrag „Mentoring als Instrument der Personal- und Organisationsentwicklung – Erfahrungen im Schnittfeld von OA und Bibliometrie“ vom 23.05.2023 auf der 111. BiblioCon in Hannover, <https://dbt2023.abstractserver.com/program/#/details/presentations/91>, Stand: 26.09.2023.

2 Cox, Andrew; Gadd, Elizabeth; Petersohn, Sabrina u.a.: Competencies for Bibliometrics, in: Journal of Librarianship and Information Science 51 (3), 2017, S. 746–762. <https://doi.org/10.1177/0961000617728111>.

3 Schmeja, Stefan; Tullney, Marco: Publikationsmonitoring, in: Lackner, Karin; Schilhan, Lisa; Kaier, Christian (Hg.):
Publikationsberatung an Universitäten, 2020, S. 203–216. <https://doi.org/10.14361/9783839450727-011>.

4 Höller, Astrid; Kaier, Christian: Bibliometrie als Thema in der Publikationsberatung, in: Lackner, Schilhan, Kaier (Hg.): Publikationsberatung an Universitäten, 2020, S. 217–236. <https://doi.org/10.14361/9783839450727-012>.

5 <https://sfdora.org/read/>, Stand: 21.07.2023.

6 Hicks, Diana; Wouters, Paul; Waltman, Ludo u.a.: Bibliometrics: The Leiden Manifesto for Research Metrics, in: Nature 520 (7548), 2015, S. 429–431. <https://doi.org/10.1038/520429a>.

7 Das Projekt indi:oa – Verantwortungsbewusste Bewertung und Qualitätssicherung von Open-Access Publikationen mittels bibliometrischer Indikatoren wurde mit einer Laufzeit von 08/2021 bis 07/2023 vom BMBF gefördert und von der SUB Göttingen gemeinsam mit dem DZHW Berlin durchgeführt. Indi:oa kombinierte bibliometrische und publizistische Studien insbesondere zu den Merkmalen kleiner und kleinster Verlage mit Awareness-Aktivitäten im Schnittfeld von Bibliometrie und Open Access. Übergreifendes Ziel war die Förderung und der Erhalt einer vielfältigen und innovativen OA-Publikationslandschaft.

8 Stisser, Anna; Jahn, Najko; Schmidt, Birgit: Stand und Perspektiven bibliometriegestützter Open-Access-Services an
Universitäten in Deutschland, in: Bibliothek Forschung und Praxis 46 (2), 2022, S. 275–283. <https://doiorg/10.1515/
bfp-2021-0098
>.

9 Romahn, Anne: Mentoring – traditionsreicher Begriff und bewährtes Konzept, in: Doebert, Gitta; Budde, Mechthild; Rudack, Helga u.a. (Hg.): Praxishandbuch Mentoring in der Wissenschaft, Wiesbaden 2017, S. 7–16, hier S. 9. <https://doi.org/10.1007/978-3-658-14268-1_2>.

10 Kurmeyer, Christine; Höppel, Dagmar: Mentoring in der Wissenschaft, in: Doebert, Budde, Rudack, u.a. (Hg.): Praxishandbuch Mentoring in der Wissenschaft, 2017, S. 17–26. <https://doi.org/10.1007/978-3-658-14268-1_3>.

11 Bissinger, Vera: Mentoring im Wissenschaftsmanagement, in: Doebert, Budde, Rudack, u.a. (Hg.): Praxishandbuch
Mentoring in der Wissenschaft, 2017, S. 409–415. <https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-14268-
1_32
>.

12 Kurbjuhn, Carmen: Mentoring als ein Schlüssel zur Veränderung? Akademische Personalentwicklung als strategische Organisationsentwicklung, in: Doebert, Budde, Rudack, u.a. (Hg.): Praxishandbuch Mentoring in der Wissenschaft, 2017, S. 433–443. <https://doi.org/10.1007/978-3-658-14268-1_35>.

13 Domsch, Michel E.; Ladwig, Désirée; Weber, Florian C.: Cross Mentoring im Spannungsfeld von Personalentwicklung und Organisationsentwicklung, in: Domsch, Michel E.; Ladwig, Désirée; Weber, Florian C. (Hg.): Cross Mentoring. Ein erfolgreiches Instrument organisationsübergreifender Personalentwicklung, Berlin, Heidelberg 2017, S. 1–23. <https://doi.org/10.1007/978-3-662-53184-6_1>.

15 Die Autorin dankt allen teilnehmenden Mentor*innen und Mentees für ihren Einsatz und die umfangreichen und konstruktiven Rückmeldungen.

17 Domsch, Ladwig, Weber: Cross Mentoring im Spannungsfeld von Personalentwicklung und Organisationsentwicklung, 2017, S. 12.