Das Projekt openCost auf dem 8. Bibliothekskongress 2022

Berichte zum Hands-on Lab „Strategien zur Erfassung der ‚Total Cost of Publishing‘“ sowie zur internen Arbeitssitzung der Expert*innengruppe „Total Cost of Publishing“

Zur nachhaltigen Verbesserung des Zugriffs auf publizierte Informationen befindet sich das wissen­schaftliche Publikationssystem in einem Transformationsprozess von Subskriptionsmodellen zu publikationsgebühren- oder einrichtungsfinanzierten Modellen mit dem Ziel „Open Access für alle“. Um aktuelle und zukünftige extreme Preissteigerungen zu erkennen und frühzeitig Maßnahmen zur Gegensteuerung zu ermöglichen, ist eine Kostentransparenz in Bezug auf Publikationsgebühren zwischen den wissenschaftlichen Einrichtungen notwendig. Dazu bedarf es jedoch einer umfassenden Erfassung der Publikationskosten, welche sich das Projekt openCost1 zum Ziel gesetzt hat. Damit konnte sich openCost nahtlos in das Programm des 8. Bibliothekskongresses einreihen. Denn die Bedingungen des wissenschaftlichen Publizierens waren eines der Schwerpunktthemen des Kongresses, auf dem auch openCost mit zwei Veranstaltungen vertreten war.

Das Projektteam tauschte sich in einem Hands-on Lab mit den Teilnehmenden über die notwendigen Daten für eine solche komplette Transparenz der Zahlungen an Publikationsorgane aus. Die Ergebnisse dieser Session wurden am darauffolgenden Tag in einer internen Arbeitssitzung der neu gegründeten Expert*innengruppe „Total Cost of Publishing“ vorgestellt und diskutiert.

Strategien zur Erfassung der „Total Cost of Publishing“

Das öffentliche Hands-on Lab „Strategien zur Erfassung der ‚Total Cost of Publishing‘“ fand am 1.6.2022 statt, wobei mit 64 Teilnehmenden alle Plätze besetzt waren. Nach einer Begrüßungsrunde und einigen einleitenden Worten von Moderatorin Bianca Schweighofer (UB Regensburg) widmete sich Bernhard Mittermaier, Leiter der Zentralbibliothek im Forschungszentrum Jülich, in einem kurzen Referat dem Thema „Informationsbudget“ und lieferte damit die einführenden Impulse für den Workshop.2 So wurden die Begrifflichkeiten „Total Cost of Publishing“ bzw. „Informationsbudget“ nach Pampel als „alle Einnahmen und Ausgaben für die wissenschaftlichen Informationen“3 definiert. Es beinhaltet damit je nach Einrichtung die „Ausgaben für die Informationsversorgung […] sowie alle weiteren Ausgaben für das Publizieren […] und weitere Kosten rund um die wissenschaftliche Information“4. Daneben erläuterte Bernhard Mittermaier die umfangreichen Bausteine eines solchen Budgets, die neben APCs5 für Gold OA und Hybrid OA, unter anderem auch Colour-6 und Page Charges7 sowie Subskriptions- und Transformationszeitschriften beinhalten. Daneben fallen BPCs8, Druckkosten sowie Kosten für Buchbinder, Datenbanken, Normen und Bücher, aber auch für die Literaturverwaltung, Übersetzungen und Personalkosten in diesen großen Topf.

openCost: Automatisierte, standardisierte Lieferung und offene Bereitstellung von Publikations­kosten und Verlagsvereinbarungen

Im Anschluss an den Impulsvortrag stellte Bernhard Mittermaier zusammen mit dem openCost-Team das DFG-Projekt9 openCost, das von den Projektpartner*innen UB Bielefeld, UB Regensburg und dem Deutschen Elektronen-Synchrotron DESY (Hamburg) auf den Weg gebracht wurde, erstmalig einem größeren Publikum vor.

Ziel des Projekts ist die Schaffung einer technischen Infrastruktur, mit der Publikationskosten über standardisierte Schnittstellen und Formate frei zugänglich abgerufen werden können. Dies soll eine Kostentransparenz auf institutioneller, nationaler und internationaler Ebene ermöglichen.

Dabei haben sich drei Projektschwerpunkte herauskristallisiert:

Zunächst wird also ein Metadatenschema erarbeitet, mit dem alle Publikationskosten einer wissenschaftlichen Einrichtung in strukturierter Form erfasst, abgefragt und abgebildet werden können. Dazu zählen neben OA-Publikationsgebühren (APCs) auch Kosten aus Transformationsverträgen, Mitgliedschaften etc.

Zum automatischen Austausch schlägt openCost die etablierte OAI-PMH-Schnittstelle vor. Als erste Anwendungen soll dies exemplarisch auf den Publikationsservern der Universitäten Bielefeld und Regensburg sowie den Partnerinstitutionen von JOIN210 geschehen. Via OAI-PMH können Service Provider (z.B. Aggregatoren und Forschungsfördernde) direkt bei den Institutionen deren Publikationsausgaben harvesten. Im Rahmen von openCost wird dies beispielhaft anhand des an der UB Bielefeld angesiedelten Services OpenAPC realisiert werden. OpenAPC wird zu openCost erweitert und damit einer der ersten Abnehmer der Daten werden. Auch in den vom Forschungszentrum Jülich betriebenen Open Access Monitor11 werden die Daten einfließen.

Ein weiterer Projektschwerpunkt ist die Erweiterung der Elektronischen Zeitschriftenbibliothek (EZB) um spezielle Funktionen zur Anzeige von Publikationskosten. Dazu wird eine Schnittstelle zwischen OpenAPC und der EZB realisiert. Zudem wird in der EZB die Möglichkeit geschaffen, dass Einrichtungen Informationen zur Übernahme von Publikationskosten für bestimmte Zeitschriften sowie institutionsspezifische Vereinbarungen wie Mitgliedschaften eintragen können. Diese Informationen sollen in der EZB einrichtungsspezifisch bei den einzelnen Zeitschriften angezeigt und nachnutzbar angeboten werden. Die EZB kann damit als zentrale Informationsplattform für die Vermittlung dieser Open-Access-Informationen an die Forschenden verwendet werden.

Ergebnisse der Kleingruppenarbeit zur Kostenerfassung

Das Hands-on Lab diente neben der Vorstellung des Projekts auch dem Informations- und Ideenaustausch mit der Community, um derzeitige Probleme zu ermitteln und daraus Bedarfe abzuleiten. Dazu wurden die Teilnehmenden gebeten, in Kleingruppen von ihren Erfahrungen mit der Erfassung von Publikationskosten zu berichten und dabei folgende Fragestellungen und Themen zu bearbeiten:

Die fünf Kleingruppen wurden danach aufgeteilt, an welcher Stelle an den jeweiligen Institutionen die Kostenerfassung derzeit stattfindet. Dabei unterstützten Mitglieder des Projektteams openCost die Gruppen und stellten im Anschluss die Ergebnisse im Plenum vor.

Die erste Kleingruppe widmete sich der Kostenerfassung in Repositorien. Hier zeigte sich, dass die Kostendaten bereits recht umfassend erfasst werden, was bisher hauptsächlich manuell geschieht. Schwierigkeiten bereiten laut Teilnehmenden die Kostenerfassung bei einer externen Kofinanzierung sowie der Umgang mit Sammelrechnungen. Zudem wurden die Reportingformate der Verlage thematisiert, deren Standardisierung die Teilnehmenden als wünschenswert erachteten.

In zwei weiteren Kleingruppen setzten sich die Teilnehmenden mit der Kostenerfassung in der zentralen Verwaltung auseinander, wobei in beiden Kleingruppen die Bedeutung von offenen Schnittstellen für den Datenaustausch hervorgehoben wurde.

Die Kleingruppe „Zentrale Verwaltung 1“ berichtete von einer Erfassung der Kostendaten in E-Mails, den altbewährten Excel-Listen, dem Buchungssystem SAP sowie dem umständlichen Abgriff der Daten von Dashboards. Dabei würden die Daten teilweise doppelt oder unsauber erfasst. Weiter berichteten die Teilnehmenden von Problemen bei der Erfassung von Drittmitteln sowie aufgrund der fehlenden Personalverfügbarkeit und Zuständigkeitsfragen. Um die Kostenerfassung zu vereinfachen, äußerte die Gruppe den Wunsch nach einer strukturierten Erfassung, z.B. durch ein standardisiertes Webformular.

Auch in der Kleingruppe „Zentrale Verwaltung 2“ wurden Schwierigkeiten aufgrund von Mehrfacherfassung in verschiedenen Systemen und beim Umgang mit Rabatten angesprochen. Zudem könnten dezentrale Kosten nicht erfasst werden. Hier kritisierten die Teilnehmenden die fehlende Transparenz an den Instituten. Auch der Umgang mit Unikliniken mit eigener Verwaltung und Finanzbuchungssystem sei eine Herausforderung. Zudem seien Kosten nicht immer zuordenbar, beispielsweise wenn die Rechnung zeitversetzt zum Zeitpunkt der Veröffentlichung eintrifft. Für den zukünftigen Datenaustausch wünschten sich die Teilnehmenden eine einheitliche Terminologie sowie die Möglichkeit einer Darstellung von Digitalisierungskosten und eine Funding-Zuordnung bei Drittmittelprojekten.

Die Teilnehmenden der dritten Kleingruppe bearbeiteten die Fragestellungen im Hinblick auf eine Kostenerfassung im Erwerbungssystem. Dabei zeigte sich, dass dieses in einigen Einrichtungen nur der Budgetkontrolle dient, nicht aber dem Monitoring. Somit stellte sich die Frage, wie sich der Zugriff auf Daten gestaltet, die nichts mit dem (eigenen) Budget der Bibliotheken zu tun haben. Auch der Umgang mit Kosten ohne konkreten Publikationsbezug und Rabatten wurde hier als Problem genannt. Genau wie in den anderen Kleingruppen wurde außerdem die Problematik einer Kostenerfassung bei Kofinanzierung thematisiert. In Zukunft solle aufseiten der Datenempfänger*innen verhindert werden, dass bei Kofinanzierung eine Doppelmeldung als Dublette zurückgewiesen wird. Auch diese Gruppe gab an, dezentrale Ausgaben derzeit nicht zu erfassen. Hier wünschte man sich zukünftig eine Zusammenführung der Daten. Auch die Frage danach, welche Daten in Zukunft intern und welche extern ausgetauscht werden sollten, wurde in der Gruppe diskutiert. Dabei war man sich einig, dass hier eine Unterscheidung nötig sei und diese im künftigen Datenmodell identifizierbar sein müsse. Der Fokus solle dabei auf dem externen Austausch liegen.

Die meisten Teilnehmenden des Hands-on Labs gaben an, die Publikationskosten ihrer Institution derzeit an verschiedenen Stellen zu erfassen, weshalb die fünfte Kleingruppe die größte Gruppe darstellte. Hier war man sich einig, dass die manuelle Erfassung der Kostendaten an verschiedenen Stellen nicht nur unübersichtlich, sondern zudem auch sehr personalintensiv sei. Daneben herrschte auch Konsens darüber, dass eine Erfassung der Publikationskosten durch die Autor*innen selbst nicht funktioniere. Ebenso wie in den anderen Kleingruppen wurde der Umgang mit Drittmittelprojekten als Problem genannt, da die Bibliotheken auf diese Daten oftmals nicht zugreifen könnten. Weiter thematisierte die Gruppe die Reportingformate der Verlage und forderte ebenso wie die Gruppe „Repositorien“ eine Standardisierung sowie automatisierte Lieferung der Daten.

Nachdem die Ergebnisse der Kleingruppenarbeit im Plenum präsentiert wurden, äußerten die Anwesenden in einer offenen Runde Wünsche an das Projekt openCost und diskutierten die Projektschwerpunkte mit den Moderator*innen Bianca Schweighofer (UB Regensburg), Martin Köhler (DESY) sowie dem restlichen openCost-Team. So wurde z.B. eine standardisierte Liste der von openCost benötigten Datensätze erbeten, um den Institutionen die Arbeit zu erleichtern. Das vom Projekt vorgesehene automatisierte Harvesten der Kostendaten über die etablierte OAI-PMH-Schnittstelle bewerteten die Teilnehmenden als sehr positiv. Auch das Projektvorhaben mit internationalen Partner*innen in einen Austausch zu treten, fand allgemeine Zustimmung, hier nannten die Teilnehmenden beispielsweise entsprechende Projekte in Österreich. Weiterhin regten sie eine enge Kooperation mit Forschungsfördernden wie der DFG an, um eine „Doppellieferung“ von Daten zu vermeiden. Da sich Evaluierungsanforderungen ständig ändern würden, wurde zudem ein regelmäßiger Austausch über benötigte neue Felder empfohlen. Daneben trugen die Anwesenden den Wunsch an das openCost-Team heran, als Ansprechpartner*innen für die Verlage zu fungieren und dort ein standardisiertes Reportingformat einzufordern.

Interne Arbeitssitzung der Expert*innengruppe „Total Cost of Publishing“

Die Ergebnisse des Hands-on Labs wurden am nächsten Tag um 16 Uhr in der internen Arbeitssitzung der Expert*innengruppe „Total Cost of Publishing“ vorgestellt und mit den insgesamt 23 Teilnehmenden diskutiert. Die Expert*innengruppe gründete sich neu aus verschiedenen Initiativen, um eine Kostentransparenz zwischen wissenschaftlichen Einrichtungen zu erreichen.

Neben den Projektpartner*innen nahmen zwölf weitere Expert*innen der Gebiete Publikationskosten und Kostenerfassung an der Sitzung teil. Diese vertraten folgende Institutionen bzw. Initiativen: SLUB Dresden, UB Potsdam, FH Bielefeld, UB Mainz, UB Leipzig, Ruhr-Universität Bochum, UB Mannheim, Forschungszentrum Jülich, Transform2Open, open-access.network und FOLIO.

Die Ergebnisse der Arbeitssitzung, die sich Dank des regen Austauschs aller an der Sitzung teilnehmenden Expert*innen ergeben haben, werden im Folgenden knapp zusammengefasst:

Zuletzt wurde auch über die Projektkommunikation gesprochen, insbesondere die Möglichkeiten, die Diskussion in Zukunft weiterzuführen und die Community in das Projekt aktiv einzubinden. So sind künftig regelmäßige Onlinetreffen der Expert*innengruppe zum weiteren Austausch geplant, daneben soll bereits im Herbst 2022 ein großer Workshop mit (inter-)nationalen Expert*innen am DESY in Hamburg stattfinden. Zu diesem Workshop sollen Expert*innen aus verschiedenen Ländern (Forschungseinrichtungen, Förderorganisationen, …) eingeladen werden, welche ihre jeweiligen Perspektiven als auch Bedürfnisse vorstellen. Der Workshop soll dann als Ergebnis die Desiderate der einzelnen Teilnehmenden zusammenfassen. Informationen zur Teilnahme und zum Veranstaltungsort werden auf der Projektwebseite www.opencost.de bekannt gegeben.

Bianca Schweighofer, Universitätsbibliothek Regensburg

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5862

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1 S.a. openCost, <https://www.opencost.de/>, Stand: 12.09.2022.

2 Vgl. den Beitrag Mittermaier, Bernhard: Das Informationsbudget – Konzept und Werkstattbericht (Impulsvortrag zu „Strategie zur Erfassung der „Total Cost of Publishing“ sowie zur Expertensitzung „Total Cost of Publishing“) in diesem Heft, <https://doi.org/10.5282/o-bib/5864>.

3 Vgl. Pampel, Heinz: Auf dem Weg zum Informationsbudget: zur Notwendigkeit von Monitoringverfahren für wissenschaftliche Publikationen und deren Kosten, Arbeitspapier, Helmholtz Open Science Koordinationsbüro, Potsdam 2019, S. 11. Online: <https://gfzpublic.gfz-potsdam.de/pubman/item/item_4637920>, Stand: 12.09.2022.

4 Vgl. ebd.

5 APCs, also Article Processing Charges, sind Gebühren, welche Autor*innen in Rechnung gestellt werden, um einen Artikel entweder in einer reinen Open-Access-Zeitschrift oder einer hybriden Zeitschrift zu veröffentlichen. Die Kosten können auch innerhalb einer Zeitschrift nach der verwendeten Lizenz variieren.

6 Gebühr, welche Autor*innen für Farbabbildungen in einem Artikel in Rechnung gestellt wird. Diese Gebühr kann sowohl bei Open-Access-Artikeln als auch Closed-Access-Artikeln anfallen.

7 Gebühren, die für Autor*innen pro Seite eines Artikels in Rechnung gestellt werden. Oftmals fallen diese erst ab einer bestimmten Seitenzahl an. Diese Gebühr kann sowohl bei Open-Access-Artikeln als auch Closed-Access- Artikeln anfallen.

8 BPCs, also Book Processing Charges, sind Gebühren, welche Autor*innen in Rechnung gestellt werden, um ein Buch Open Access zu veröffentlichen.

9 Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) – Projektnummer 457354095.

10 JOIN², siehe <https://join2.de/>, Stand: 12.09.2022.

11 Open Access Monitor, siehe <https://open-access-monitor.de/>, Stand: 12.09.2022.