Wer ist zukünftig noch im Büro?

Erfahrungen mit Remote Work in Pandemiezeiten und ein Blick in die Zukunft

Karin Wortmann, ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, Kiel/Hamburg
Anke Böhrnsen, ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, Kiel/Hamburg

Zusammenfassung

Der Programmbereich A – Bestandsentwicklung und Metadaten mit seinen zwei Abteilungen A1 – Wissenschaftliche Dienste und A2 – Integrierte Erwerbung und Katalogisierung ist mit über 80 Beschäftigten der größte Programmbereich der ZBW – Leibniz Informationszentrum Wirtschaft. Auch wenn die ZBW seit Jahren im Rahmen einer modernen familienorientierten Personalpolitik Telearbeit als flexible Arbeitsform zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben fördert, waren die Voraussetzungen der einzelnen Beschäftigten Mitte März 2020 mit dem pandemiebedingten Eintritt in 100 % Homeoffice sehr unterschiedlich. Es gab Beschäftigte, bei deren Aufgaben Remote Work problemlos möglich war, von denen einige bereits Telearbeit praktiziert hatten. Doch gab es auch Mitarbeiter*innen, deren Tätigkeiten nur vor Ort zu erledigen waren, die bis März 2020 noch nie Telearbeit ausgeübt hatten. Der Bericht schildert die Erfahrungen mit Remote Work aus über zwei Jahren Pandemie, wie es z.B. gelungen ist, den Kontakt zum Team zu halten, welche organisatorischen Maßnahmen zur Unterstützung getroffen wurden und wie der Zusammenhalt und das Wir-Gefühl gestärkt werden konnten. Zum Schluss wird diskutiert, wie die Arbeit in Zukunft organisiert werden kann, nachdem die Teams zumindest teilweise wieder in die Büros zurückgekehrt sind – und welche Arbeitsweisen aus den zwei Jahren in der ZBW bleiben werden.

Summary

The division A – Collection Management and Metadata with its two departments A1 – Scientific Services and A2 – Integrated Acquisition and Cataloguing is the largest division of the ZBW – Leib­niz Information Centre for Economics with more than 80 employees. Even though the ZBW has promoted teleworking as a flexible way to balance work and private life for years as part of a modern, family-oriented staff policy, the conditions of the individual employees varied greatly in mid-March 2020, when everybody had to work from home full time due to the pandemic. There were employees who had already practiced telework when their tasks had permitted it. However, there were also employees whose tasks could only be done on site and who had had no experience with telework until March 2020. The report describes the experiences with telework from more than two pandemic years, e.g., how it was possible to keep in touch with the team, which organizational measures were taken to support the teleworking staff and how the team spirit and the sense of togetherness were strengthened. What remains after many teams return to the offices at least partially and how work in the ZBW will be organized in the future will be discussed at the end of this paper.

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5857

Autorenidentifikation:
Karin Wortmann: GND: 170526623; ORCID: https://orcid.org/0000-0002-8505-9807;
Anke Böhrnsen: GND: 1261989260; ORCID: https://orcid.org/0000-0002-5226-4556

Schlagwörter: Remote Work; Homeoffice; Pandemie; Corona; Wissenschaftliche Bibliothek

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1. Einführung

Remote Work, Homeoffice, Mobile Arbeit, Telearbeit – die Begrifflichkeiten für die berufliche Tätigkeit, die von anderen Orten als dem eigenen Arbeitsplatz im Büro ausgeübt werden kann, sind zahlreich.

Die Ausweitung des Homeoffice während der Coronakrise stellte viele Institutionen und Betriebe vor große Herausforderungen für den betrieblichen Alltag und hat zu massiven Veränderungen in der Arbeitswelt geführt.1 Die Arbeit von Zuhause wurde für viele Beschäftigte zur Normalität. Dies gilt auch für die ZBW – Leibniz Informationszentrum Wirtschaft, der weltweit größten Forschungsinfrastruktur für wirtschaftswissenschaftliche Literatur mit einem überregionalen Auftrag.2 Die Dienste der ZBW basieren auf neuesten Erkenntnissen aus der anwendungsorientieren Forschung in Informatik und angrenzenden Disziplinen. Sie hat 264 Beschäftigte an zwei Standorten in Kiel und Hamburg und ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft.3

Welche Erfahrungen im Programmbereich A – Bestandsentwicklung und Metadaten in den letzten zwei Jahren gemacht wurden, welche Herausforderungen bewältigt werden mussten und wie die Zukunft aussehen könnte, wird im Folgenden berichtet.4 Der Programmbereich A mit über 80 Beschäftigten, untergliedert in die Abteilungen A1 – Wissenschaftliche Dienste und A2 – Integrierte Erwerbung und Katalogisierung, verantwortet mit seiner wirtschafts- und informationswissenschaftlichen Expertise die Auswahl, Beschaffung, Erschließung und Bereitstellung von Informationsressourcen sowie die Bereitstellung von Online-Ressourcen auf ZBW-Repositorien. Im Rahmen ihrer E-Preferred-Strategie liegt der Schwerpunkt dabei auf digitalen Medien.

Der Lockdown infolge der Pandemie stellte die ZBW, ihre verschiedenen Bereiche und ihre Beschäftigten vor große Herausforderungen. Einerseits gab es schon viele Regelungen, die ein flexibles Arbeiten von Zuhause aus unterstützten, andererseits gab es aber auch viele Beschäftigte, die bisher noch keine Erfahrung mit Telearbeit gemacht hatten.

2. Situation vor der Pandemie

2.1 Familienorientierte und lebensphasenbewusste Personalpolitik

Die ZBW betreibt seit langem eine familienorientierte und lebensphasenbewusste Personalpolitik mit dem Ziel der optimalen Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. Die Work-Life-Balance wird an der ZBW durch verschiedene Angebote unterstützt. In diesem Rahmen ist die ZBW zur Zeit nach dem audit berufundfamilie zertifiziert und hat bereits mehrere Phasen der Zertifizierung durchlaufen.5

Grundlagen an der ZBW sind u.a. die „Dienstvereinbarung Telearbeit“, die das Arbeiten im Home­office regelt, und die „Dienstvereinbarung variable Arbeitszeit“ für die Regelungen bezüglich flexibler Arbeitszeiten wie Gleitzeit und Funktionszeiten. Die Gleitzeit ermöglicht es den Beschäftigten, den Beginn und das Ende ihrer individuellen Arbeitszeit selbst festzulegen. Innerhalb der Funktionszeit stellen die Organisationseinheiten sicher, dass ihre jeweiligen Haupttätigkeiten ausgeführt werden können, insbesondere im Hinblick auf die Schnittstellen zu anderen Organisationseinheiten. Weitere Maßnahmen sind unterschiedliche Teilzeitmodelle, die in Verbindung mit Telearbeit flexibel und an individuelle Bedürfnisse angepasst wahrgenommen werden können. Darüber hinaus gibt es Unterstützungsangebote zur Kinderbetreuung und zur Pflege von Angehörigen sowie ein betriebliches Gesundheitsmanagement.6

2.2 Telearbeits- und Teilzeitmodelle im Programmbereich

Im Programmbereich A – Bestandsentwicklung und Metadaten gab es Erfahrungen mit vielfältigen Modellen von Telearbeit und Teilzeitregelungen. Zum Zeitpunkt des Ausbruchs der Pandemie sah die Situation in Bezug auf Telearbeit in den beiden Abteilungen folgendermaßen aus:

Anfang März 2020 arbeiteten in der Abteilung A1 – Wissenschaftliche Dienste 62 % der Mitarbeitenden zumindest zu einem gewissen Prozentsatz in Telearbeit, wobei die Anteile von Telearbeit an der individuellen Arbeitszeit eine sehr große Streuung von 11–80 % aufwiesen.

Die Abteilung verantwortet die Auswahl und Lizenzierung der Ressourcen, die inhaltliche Erschließung sowie die Pflege und Weiterentwicklung der ZBW-eigenen Wissensorganisationssysteme. Ein zentraler Aspekt ist dabei die Ausrichtung auf zukunftsorientierte automatisierte Verfahren der Inhaltserschließung. Die in der Abteilung angesiedelten Tätigkeiten sind in unterschiedlichem Maße telearbeitsfähig. So können beispielsweise die im Bereich der Automatisierung der Sacherschließung anfallenden Tätigkeiten ohne Probleme ebenso gut von zuhause aus am Rechner erledigt werden – im Gegensatz zu bestimmten Tätigkeiten im Bestandsmanagement wie Literatureingangssichtung oder die intellektuelle Verschlagwortung von Printmedien. Grundsätzlich war aber schon vor Ausbruch der Pandemie ein gewisser Anteil der Tätigkeiten bei allen Beschäftigten Homeoffice-fähig.

Abb. 2: Zeitmodelle Telearbeit in Abteilung A1 – Wissenschaftliche Dienste

Anfang März 2020 arbeiteten in der Abteilung A2 – Integrierte Erwerbung und Katalogisierung 63 % der Beschäftigten zumindest teilweise in Telearbeit, wobei der jeweilige Anteil von Telearbeit an der individuellen Arbeitszeit der*des einzelnen Beschäftigten eine große Streuung von 20-64 % aufwies. Der Schwerpunkt lag insbesondere bei den kleineren Anteilen bis 50 %.

Die Abteilung verantwortet die Beschaffung der Ressourcen, die formale Erschließung, z.T. bis auf Aufsatzebene, die Bereitstellung von Online-Ressourcen über ZBW-Repositorien sowie das Metadaten- und Datenqualitätsmanagement. Die Tätigkeiten sind auch hier in unterschiedlichem Maße telearbeitsfähig. Während die Aufgaben des Metadatenmanagements zu 100 % Homeoffice-fähig sind, wird die Bearbeitung von Printmaterialien überwiegend vor Ort in der ZBW erledigt. Dabei ist die Bearbeitung von Print-Ressourcen nicht ausschließlich auf einige konzentriert, sondern auf viele Personen verteilt, die überwiegend mit einem Mix an Print- und Online-Ressourcen betraut sind, dazu zählt z.B. frei im Internet verfügbare Graue Literatur, so dass ein Teil der Aufgaben in Homeoffice erledigt werden kann.

Auch wenn der prozentuale Anteil an Telearbeitenden in beiden Abteilungen ähnlich hoch ist, gibt es einen deutlichen Unterschied in der Ausgestaltung. Während in der Abteilung A١ – Wissenschaftliche Dienste die Hälfte der Telearbeitenden über 50 % ihrer Arbeit in Telearbeit erbringen, sind es in der Abteilung A2 – Integrierte Erwerbung und Katalogisierung nur vier Mitarbeitende, was gerade einmal 7 % der in der Abteilung Beschäftigten ausmacht. Eine Erklärung liegt u.a. in den unterschiedlichen Tätigkeiten sowie der Arbeitsverteilung bei der Bearbeitung von Printmaterialien.

3. Erfahrungen in den verschiedenen Phasen der Pandemie

Die Anordnung zur Arbeit im Homeoffice zu Beginn der Pandemie im März 2020 mit der Konsequenz, dass bis auf einige wenige Ausnahmen das Büro nicht mehr betreten werden durfte, führte zunächst zu großer Unsicherheit unter den Beschäftigten. In der Praxis bedeutete dies: Wenn kein eigenes Büro zuhause vorhanden war, musste am Küchen- oder Wohnzimmertisch gearbeitet werden. Niemand konnte allerdings zu diesem Zeitpunkt voraussehen, wie lange uns die Pandemie beschäftigen würde.

An der ZBW gab es immer wieder Phasen, in denen versucht wurde, zu einer „neuen“ Normalität mit vermehrter Präsenz zu kommen. In Abbildung 5 sind die durch die verschiedenen „Corona-Wellen“ bestimmten Phasen von Homeoffice bzw. Präsenz an der ZBW gut zu erkennen.

Die Einstellung der Beschäftigten zum Arbeiten im Homeoffice oder Präsenz veränderten sich über den Zeitablauf ebenfalls. Am Anfang stand das Bedürfnis, doch ins Büro zu kommen und die Anweisung nicht ganz so streng zu nehmen im Vordergrund, so dass gezielte Appelle zum Einhalten der Regelungen erforderlich waren. Die Gefährdung durch die Pandemie wurde unterschätzt, da es sich um eine gänzlich neue Situation handelte.

Insbesondere 2021 und 2022 wurde es zunehmend schwieriger, die Beschäftigten zu vermehrter Präsenz zu motivieren. Teils gab es weiterhin Ängste und Bedenken an Covid-19 zu erkranken, zum anderen hatten sich viele Prozesse eingespielt, die Remote Work begünstigten. Deshalb war auch eine nur sehr zurückhaltende Rückkehr ins Büro zu beobachten, viele Beschäftigte hatten sich inzwischen gut im Homeoffice eingerichtet.

Der Zeitraum der Pandemie war eine Umbruchsituation, in der viel ausprobiert wurde, vielfältige Erfahrungen gemacht und Lernprozesse sowohl auf Seiten der Leitungsebene als auch auf Seiten der Beschäftigten der ZBW angestoßen wurden. Zudem mussten die Vorgaben der Politik stets berücksichtigt und umgesetzt werden. Dabei waren für die ZBW die Erlasse des Landes Schleswig-Holstein maßgebend. Nach einer ersten Phase des abrupten „Stopp: alle ins Homeoffice!“ musste auf oberer Leitungsebene zunächst eine Form gefunden werden, mit der Entscheidungen vorbereitet, getroffen und transparent kommuniziert werden konnten. Dies führte zur Bildung eines Krisenstabs im Haus. Regelungen wurden vom Krisenstab regelmäßig in Rundmails und im Wiki der ZBW kommuniziert.

Zusätzlich wurden im Programmbereich, den Abteilungen und den zugehörigen Gruppen Maßnahmen getroffen. Über unsere Erfahrungen, insbesondere in den Bereichen Kommunikation, Organisation und Technik und sozialer Zusammenhalt berichten wir im Folgenden eingehender und schildern Inhalte der getroffenen Maßnahmen.

3.1 Kommunikation

Insbesondere in der Anfangszeit gab es bei den Beschäftigten große Unsicherheit und vielfältige Fragen: Muss ich ständig erreichbar sein? Wann darf ich Pause machen? Wie erfasse ich meine Arbeitszeit und werde ich kontrolliert? Erschwerend kam hinzu, dass die Büroausstattung zuhause teilweise mangelhaft war oder die Technik nicht funktionierte. Zudem standen Beschäftigte durch Schul- und Kitaschließungen vor der Herausforderung, gleichzeitig die Betreuung der Kinder vor Ort sicher zu stellen. Hier mussten im engen Austausch mit den Beschäftigten Lösungen gesucht und gefunden werden. Deshalb war es besonders wichtig, schnell verlässliche Kommunikationsformen und -wege zu etablieren.

Die regelmäßig stattfindenden Team-, Gruppen-, Abteilungs- und Programmbereichssitzungen wurden auf virtuelle Meetings umgestellt. Zusätzlich bot die Leitung in Abteilung A1 – Wissenschaftliche Dienste im ersten Jahr der Pandemie eine 14-tägige „Informelle halbe Stunde“ an, zu der sich die Beschäftigten immer freitags mittags zu einem lockeren virtuellen Austausch trafen. Um zu erfahren, was gut läuft und wo Handlungsbedarf besteht, wurde im November 2020 eine virtuelle Abteilungssitzung durchgeführt, in der verschiedene Fragen zum Thema Arbeit unter Pandemie-Bedingungen in Kleingruppen diskutiert, Probleme identifiziert und Lösungsmöglichkeiten entwickelt wurden. Im Juni 2021 gab es zudem ein Meeting des gesamten Programmbereichs mit mehr als 70 Teilnehmenden, in der mit Hilfe eines digitalen Tools eine Umfrage zur Stimmungslage durchgeführt und nach konkreten Änderungswünschen im Arbeitsalltag gefragt wurde. Anschließend wurden im Leitungsteam Lösungsmöglichkeiten erarbeitet und entsprechend umgesetzt.

3.2 Organisation und Technik

Wie in vermutlich den meisten anderen Einrichtungen stellte die Organisation der Arbeit unter den geänderten Bedingungen mit überwiegendem Arbeiten im Homeoffice die Abteilungen/Teams vor große Herausforderungen. Aufgrund der Praxisnähe wurden die Tätigkeiten des Programmbereichs hinsichtlich ihrer Homeoffice-Fähigkeit auf Gruppenebene analysiert und Pläne für eine angepasste Arbeitsorganisation entworfen. Anschließend fand ein Abstimmungsprozess in den Leitungsteams des Programmbereichs und mit anderen an den Prozessen beteiligten Abteilungen statt, um die Workflows unter diesen Bedingungen effizienter zu gestalten. Das betraf z.B. die formale und inhaltliche Erschließung von Printmaterialien, die anhand der parallelen Online-Ausgabe vorgenommen werden konnte.

Zur Organisation der Arbeit vor Ort und Steuerung der Anzahl der Anwesenden an den beiden Standorten wurden Pläne bzw. ein Kalender ins ZBW-interne Wiki eingestellt, in denen sich die Beschäftigten eigenverantwortlich eintrugen. Für Mitarbeitende, die einer besonderen Fürsorge aufgrund eines erhöhten Gesundheitsrisikos bedurften, wurden individuelle Lösungen erarbeitet. Auf Wunsch vieler Kolleg*innen wird der Kalender weitergeführt, da er einen kollegialen Austausch vor Ort planbarer macht.

Auch eine Unterstützung bei der Einrichtung des heimischen Arbeitsplatzes wurde geboten: Von einigen Beschäftigten wurde im Wiki der ZBW eine kleine Sammlung an „Home(office)-Stories“ bereitgestellt, in denen die individuelle Gestaltung des Arbeitsplatzes vorgestellt und kreative Anregungen und Tipps gegeben wurden.

Eine Grundvoraussetzung für die Arbeit war und ist eine funktionierende IT-Ausstattung. Die Standardausstattung des IT-Arbeitsplatzes befand sich bereits vor der Pandemie in der Umstellung von Desktop-PC auf Notebook, so dass ein Teil der Beschäftigten bereits mit einem flexiblen Gerät ausgestattet war. Zusätzliche Notebooks sowie Kameras und Headsets standen zu Beginn nicht durchgängig zur Verfügung. Eine finanzielle Unterstützung bzgl. der Telekommunikation gab es nicht, die Beschäftigten nutzen die private Internetverbindung.

Da die telefonische Erreichbarkeit nicht immer gegeben war, wurden in der ersten Pandemiephase kurzfristig Chat- und Videokonferenz-Dienste eingesetzt (z.B. Rocket.Chat, Zoom, Skype), um virtuell kommunizieren zu können. Bis zum Herbst 2020 hat die ZBW dann den vollumfänglichen Dienst Webex für alle Beschäftigten implementiert. Die IT-Abteilung war in hohem Maße beansprucht und der Support-Bedarf deutlich erhöht, so dass vielfach auch die Führungskräfte und die Beschäftigten sich untereinander zusätzlich unterstützten.

3.3 Sozialer Zusammenhalt

In Gesprächen und Umfragen wurde deutlich, dass im veränderten Arbeitsalltag die sozialen Kontakte vermisst wurden. Man sah sich hauptsächlich zu virtuellen Sitzungen im direkten Arbeitszusammenhang. Die informellen Kontakte, ein Austausch am Rande von Sitzungen, eine kurze Rückfrage bei Büronachbar*innen, ein gemeinsames Mittagessen etc. entfielen.

Um dem entgegen zu wirken, wurde bei virtuellen Sitzungen jenseits der Agenda Zeit eingeräumt, um die besondere Situation im Homeoffice zu thematisieren und den Austausch untereinander zu befördern. Auf Initiative der Beschäftigten wurden zudem virtuelle Weihnachtsfeiern zelebriert.

Die Erfahrung beim Umstieg von Präsenz- auf virtuelle Meetings zeigte schnell, dass der zeitliche Umfang von ein bis eineinhalb Stunden am besten geeignet war, um die Aufmerksamkeit zu gewährleisten. Längere Meetings wurden daher gekürzt und ggf. häufiger durchgeführt. Die Anzahl der Meetings stieg im Laufe der Pandemie – nicht nur bei Führungskräften – stark an. Die Wahrnehmung der Eigenverantwortung sowie ein effektives Zeitmanagement waren gefragt. Entsprechende interne Fortbildungen wurden angeboten, teilweise auch individuelle Gespräche geführt, um Lösungsmöglichkeiten zu erarbeiten.

Das Verhalten und das Gefühl für Privatsphäre änderten sich: Während früher spontan zum Telefon gegriffen und angerufen wurde, bürgerte es sich ein, dass vor einem Video-Telefonat kurz über Chat angefragt wurde, ob ein Anruf passte.

Ein besonderes Augenmerk bei den Führungskräften lag darauf, sensibel zuzuhören und auch immer wieder Einzelgespräche zu suchen, um eine aufkommende Distanz zu den Beschäftigten zu überbrücken und persönliche oder andere Konfliktsituationen zu identifizieren und angehen zu können.

4. Fazit und Ausblick

4.1 Lessons Learned

Die Analyse der Tätigkeiten im Programmbereich A – Bestandsentwicklung und Metadaten hat gezeigt, dass viele Tätigkeiten Homeoffice-fähig sind, wenn die Arbeitsorganisation angepasst wird. Es wurden Kriterien aufgestellt, die transparent darstellen, wo zukünftig Mobile Arbeit in Abstimmung mit allen Beteiligten möglich ist. Dies betraf insbesondere die Printbearbeitung und Tätigkeiten, die in Zusammenarbeit mit anderen Bereichen der ZBW erfolgen, z.B. für das Digitalisierungszentrum oder die Massenentsäuerung.

Virtuelle Meetings sparen nicht nur Reisezeit und Kosten: mit der richtigen technischen Ausstattung und Software können sie viele Fahrten bzw. Dienstreisen ersetzen. An der ZBW betrifft dies insbesondere die Fahrten zwischen den Standorten Kiel und Hamburg, die hierdurch deutlich reduziert werden können. Es werden häufigere Meetings, aber mit kürzerem Umfang durchgeführt, da die Aufmerksamkeitsspanne in virtuellen Meetings kürzer ist als bei Treffen vor Ort. Voraussetzungen für gelungene virtuelle Meetings sind eine gute technische Ausstattung und nutzungsfreundliche digitale Arbeitsumgebungen. Inzwischen werden Laptop, Kamera und Headset als Standard an der ZBW an alle Beschäftigten ausgeliefert. Gleichzeitig wird mit Webex eine Kommunikationssoftware bereitgestellt, die es virtuellen Teams erlaubt, jederzeit in Verbindung zu bleiben. Dabei lassen sich tagtägliche Arbeitsabläufe des Informationsaustausches, wie der Nachrichten-Übermittlung via Chat und die Echtzeitkommunikation (Audio und Video) nahtlos miteinander verknüpfen. Ein verlässlicher Support der IT-Abteilung und kollegiale Hilfe bei kleineren Problemen sind inzwischen etabliert.

Zu vielen Veranstaltungen und Fortbildungen ist ein kostengünstiger virtueller Zugang möglich, so dass nun mehr Kolleg*innen an solchen Maßnahmen teilnehmen können. Dies fördert die Motivation und Arbeitszufriedenheit und kann zur individuellen Personalentwicklung eingesetzt werden.

Die Zunahme an digitalen Tools zur Kommunikation führte bei den Beschäftigten zum Wunsch nach Kommunikations-Guidelines, die für Teams oder auch für die ganze Abteilung festlegen, welcher Kanal für bestimmte Arten von Austausch/Information genutzt werden sollte. Diese Frage wird im Rahmen der Gruppen und Teams und auch bei den Vereinbarungen zur Mobilen Arbeit und Telearbeit besprochen und in vielen Bereichen sind bereits Vereinbarungen darüber getroffen worden.

Aber auch Vor-Ort-Arbeit mit dem direkten Kontakt zu Kolleg*innen und die Möglichkeit, Team-Meetings vor Ort durchzuführen und sich persönlich auszutauschen, sind für alle Beteiligten weiterhin wichtig. In unterschiedlichen Zusammenhängen wurde der Bedarf nach mehr sozialen Kontakten, persönlichen Treffen und direktem Austausch geäußert. Auch spontane Begegnungen und eine regelmäßige gemeinsame Mittagspause wurden vermisst.

Das Arbeiten von Zuhause aus bietet viele Vorteile, allerdings führt es auch zu einer Verdichtung von Online-Meetings und einem Phänomen, dass oft mit „Zoom-Fatigue“ beschrieben wird, einem durch Videokonferenzen hervorgerufenen Stress. Deshalb ist die Unterstützung bei einem individuellen Zeit- und Selbstmanagement sehr wichtig. Pausen müssen aktiv eingeplant und nicht jede Einladung zu einem Online-Termin muss angenommen werden. Auch ist es wichtig, die Grenze zwischen Arbeit und Privatem selbst zu ziehen. Die Leitung ermutigt dazu, ein aktives Selbstmanagement zu betreiben. In der ZBW unterstützt u.a. die Personalentwicklung durch entsprechende Fortbildungsformate. Zusätzlich gibt es vom betrieblichen Gesundheitsmanagement Tipps und Angebote.

4.2 Neue Dienstvereinbarung Mobile Arbeit und Telearbeit

Nach Aufhebung der Homeoffice-Pflicht Ende März 2022 erfolgte an der ZBW die Rückkehr in eine vorsichtige hybride Normalität. Es gibt eine Empfehlung der Direktion, weiter mobil zu arbeiten, wenn die Aufgabenerfüllung uneingeschränkt möglich ist. Seit April 2022 gilt die neue „Dienstvereinbarung Mobile Arbeit und Telearbeit“. Sie greift Erfahrungen aus dem pandemiebedingt angeordneten Homeoffice auf und bietet Möglichkeiten, die ein eigenverantwortliches und flexibles Arbeiten unter Beachtung der noch andauernden Pandemie unterstützen.

Wesentliche Merkmale der Dienstvereinbarung sind der Ausbau der flexiblen Arbeitsmodelle mit der grundsätzlichen Unterscheidung von zwei Formen, Mobile Arbeit und Telearbeit.

Die Mobile Arbeit ist definiert als sehr flexibel, ortsungebunden und zeitlich begrenzt, gearbeitet wird mit Dienst-Laptop über VPN. Der vollausgestattete Arbeitsplatz ist in der ZBW vor Ort.

Telearbeit bedeutet eine Verlegung des vollausgestatteten Arbeitsplatzes an einen vereinbarten privaten Arbeitsort bei einem hohen Stundenumfang von bis zu 100 %. Bei Bedarf können flexible Arbeitsplätze in der ZBW genutzt werden.

Für die Genehmigung gelten von der Organisationseinheit festgelegte transparente Kriterien, die beschreiben, welche Tätigkeiten vor Ort erledigt werden müssen. Hierzu zählen z.B. Bearbeitung des Printeingangs, Indexierung von Printwerken und Altbestandsarbeit oder Dublettenabgleich. Für den Programmbereich A – Bestandsentwicklung und Metadaten wurde sich darüber hinaus darauf verständigt, zwei bis drei Präsenztage pro Woche zu empfehlen, um eine reibungslose Arbeitsorganisation zu gewährleisten und einen kommunikativen Austausch zu fördern. Weniger Präsenztage sollten die Ausnahme sein. Zusätzlich zum Antrag wird zwischen der unmittelbaren Führungskraft und dem*der Beschäftigten eine persönliche Vereinbarung mit Regeln zu Kommunikation (E-Mail, Chat, Telefon- oder Videokonferenz, Rufumleitung) und Arbeitsabläufen abgeschlossen. Die Vereinbarung enthält außerdem Absprachen zu Anwesenheit an einem Standort und ggf. zusätzliche Regelungen, z.B. zur Ausstattung des Heimarbeitsplatzes.

Das Inkrafttreten der neuen Dienstvereinbarung in Kombination mit den Erfahrungen aus der Pandemie hat die Anteile an Mobiler Arbeit/Telearbeit in den Abteilungen A1 und A2 deutlich erhöht. So liegt der Anteil der Beschäftigten, die die Möglichkeit von Mobiler Arbeit/Telearbeit nutzen, jetzt in der Abteilung A1 bei 100 % und in der Abteilung A2 bei 93 %. Dabei liegt der Mittelwert des Anteils an der individuellen Arbeitszeit, der nicht vor Ort erledigt wird bei 65 % (A1) bzw. 56 % (A2). Dies bedeutet, dass in den meisten Fällen zwei von fünf Tagen vor Ort gearbeitet wird.

4.3 Ausblick und offene Fragen

Auch wenn die weitere Entwicklung mit Blick auf Herbst und Winter 2022 unsicher bleibt, können wir doch mit den Erfahrungen aus den letzten beiden Jahren gut gerüstet in die Zukunft schauen.

In der ZBW sieht die Vision für die nächsten Jahre folgendermaßen aus:

Fast alle Beschäftigten im Programmbereich nutzen die Formen flexiblen Arbeitens, die die ZBW anbietet. Mittelfristig wird es weniger persönliche Arbeitsplätze geben und stattdessen flexible Büros zur Verfügung stehen, die dann gemeinschaftlich bei Anwesenheit vor Ort genutzt werden können. Die dadurch freiwerdenden Räume werden vermehrt für Treffen vor Ort genutzt, etwa für Workshops und Team-Meetings. Dieses „neue Arbeiten“ setzt voraus, dass es eine Flexibilität fördernde Unternehmenskultur und einen fairen Zugang zu flexiblen Arbeitsformen gibt. Grundlage für das Gelingen sind teambasierte Spielregeln, hohe Transparenz und Vertrauen zwischen den Beschäftigten und den Führungskräften. Die Ausstattung der Arbeitsplätze nach entsprechenden IT-Standards und das Angebot geeigneter kollaborativer Tools sind eine Selbstverständlichkeit.

Trotz dieses positiven Fazits bleiben Fragen. Wie wird sich die soziale Interaktion entwickeln, wenn Homeoffice zur Regel wird, und was bedeutet das für Spontanität und Kreativität als wichtige Treiber von Innovationen innerhalb des Bereichs aber auch darüber hinaus? Auch muss sich erst noch zeigen, wie sich die Attraktivität der Arbeitsstätte entwickelt und ob die Identifikation mit der Institution leidet, wenn nur noch wenige und alle seltener anwesend sind.

Literaturverzeichnis

1 Vgl. Übersicht zur Literatur in: Hölterhoff, Kirsten: Arbeit von zuhause – Homeoffice in der Pandemie – und danach?, Aktuelles Wirtschaftsthema, 20.06.2022, <https://www.zbw.eu/de/recherchieren/wirtschaftsthema/homeoffice-pandemie>, Stand: 15.09.2022.

2 Vgl. ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft, <https://www.zbw.eu/de/>, Stand: 15.09.2022.

3 Informationen zur Leibniz-Gemeinschaft sind zu finden unter <https://www.leibniz-gemeinschaft.de/>, Stand: 15.09.2022.

4 Die Corona-Pandemie war und ist eine Herausforderung für den betrieblichen Alltag und hat an der ZBW zu großen
Veränderungen der Arbeitsorganisation, der Ausgestaltung der Arbeitsplätze insbesondere in technischer Hinsicht
sowie der Kommunikation und der Zusammenarbeit geführt. Unser Bericht richtet den Fokus auf die Schilderung
und Analyse der eigenen Erfahrungen im Umgang mit den Herausforderungen, insbesondere im Bereich Bestands-entwicklung und Metadaten an der ZBW. Wir haben sehr wohl wahrgenommen, dass es inzwischen eine breite
Diskussion darüber gibt, wie Corona die Arbeitswelt in Bibliotheken verändert. Es würde das von uns hier gewählte Format des Erfahrungsberichts jedoch sprengen, auf weitere Publikationen zu dem Thema zusätzlich einzugehen und in unserem Bericht zu reflektieren. Eine Auswahl von Publikationen zum Thema Homeoffice in Bibliotheken befindet sich im Literaturverzeichnis.

5 Informationen zum audit berufundfamilie sind hier zu finden: <https://www.berufundfamilie.de/>, Stand: 15.09.2022.

6 Vgl. ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft. Gleichstellung, <https://www.zbw.eu/de/ueber-uns/chancen gleichheit>, Stand 15.09.2022.