Kommission für forschungsnahe Dienste

Jahresbericht 2021

Drei Jahre Kommission für forschungsnahe Dienste: Gegründet im Herbst 2018, um die dynamischen Entwicklungen in diesem für viele Bibliotheken neuen Dienstleistungsbereich genauer in den Blick zu nehmen, hat die Kommission für forschungsnahe Dienste im Sommer 2021 ihre erste Amtszeit abgeschlossen und darf sich, mit Beginn der zweiten Amtszeit, nun zu den etablierten Kommissionen des VDB zählen.

Im Zentrum der ersten drei Jahre stand die Aufgabe, einen Überblick über die Entwicklung im Bereich der forschungsnahen Dienste zu gewinnen, zu sondieren, wo Fortbildungsbedarf besteht, und geeignete Formate für Austausch und Weiterentwicklung zu schaffen1.

In dieses Aufgabenprofil lassen sich auch die Aktivitäten des vergangenen Jahres einordnen: Einerseits ging es der Kommission darum, durch kooperative Veranstaltungen auf dem 109. Bibliothekartag die Schnittstellen zwischen forschungsnahen Diensten und anderen zentralen bibliothekarischen Themenbereichen greifbarer zu machen, andererseits sollte in einem Positionspapier der aktuelle Stand im Bereich forschungsnaher Dienste systematisch erfasst, wichtige Handlungsfelder identifiziert und mögliche künftige Aktionsbereiche im Kontext forschungsnaher Dienste beleuchtet werden.

Im Programm des 109. Bibliothekartags in Bremen, der pandemiebedingt großenteils online durchgeführt wurde, war die Kommission für forschungsnahe Dienste mit zwei Veranstaltungen vertreten.

Bei der Podiumsdiskussion: „Academic Support – Wie forschungsnah ist Ihr Fachreferat?“ 2 richteten die Kommissionen für Fachreferatsarbeit und für forschungsnahe Dienste gemeinsam den Blick auf die Rolle von Fachreferent*innen und das Aufgabenspektrum im Fachreferat. Gefragt wurde danach, welche Rolle Fachreferent*innen bei der Weiterentwicklung von Bibliotheken einnehmen und wie klassische Fachreferatsaufgaben wie Bestandsaufbau und –erschließung sich zu den eher projektgetriebenen neuen Services wie Forschungsdatenmanagement verhalten. Vor welchen Herausforderungen stehen Fachreferent*innen? Welche Kompetenzen sehen sie als erforderlich an, welche Weiterqualifizierung wird gewünscht? Die Diskussion zeigte ein breites und heterogenes Bild von Fachreferats-Tätigkeiten und machte deutlich, dass es ein eindeutiges Rollenverständnis des Fachreferenten oder der Fachreferentin im Moment wohl eher nicht gibt. Die Moderation übernahm Vivien Petras (Institut für Bibliotheks- und Informationswissenschaft), als Diskutant*innen wirkten Björn Gebert (ULB Münster), Albrecht Hausmann (Carl von Ossietzky Universität Oldenburg), Maria Elisabeth Müller (SuUB Bremen) und Sibylle Hermann (Universitätsbibliothek Stuttgart und Exzellenzcluster SimTech) mit.

Als Heft 2/2022 wird ein o-bib-Themenschwerpunkt „Fachreferat 2021“3 erscheinen, in dem die Ergebnisse der Podiumsdiskussion dargestellt werden. Zudem werden mehrere Aufsätze die Bandbreite der Tätigkeiten im Fachreferat diskutieren und nach Selbstverständnis und Weiterentwicklung des Fachreferats fragen. Das Heft wird von den Kommissionen für Fachreferatsarbeit und für forschungsnahe Dienste gemeinsam herausgegeben.

Die zweite Veranstaltung war eine Podiumsdiskussion unter dem Titel „Dumm gelaufen - Beispiele des produktiven Scheiterns zum Aufbau von Fehlerkompetenz und Feedbackkultur“4 und galt der Schnittstelle zwischen Bibliotheksmanagement und forschungsnahen Diensten. Die Entwicklung neuer Services bedeutet auch zu experimentieren und Projekte mit ungewissem Ausgang zu starten. Je stärker es einer Einrichtung gelingt, durch Fehlertoleranz und gute Feedbackkultur ein innovationsfreundliches Arbeitsklima zu schaffen, desto besser gelingt es auch, ehrlich über Misserfolge zu sprechen und mit Fehlern konstruktiv umzugehen. Auf Einladung der Gemeinsamen Managementkommission von dbv und VDB und der Kommission für forschungsnahe Dienste stellten die Podiumsdiskutant*innen Martin Lee (FU Berlin), Danilo Vetter (Stadtbibliothek Pankow), Caroline Leiß (UB der Technische Universität München), Wolfgang Stille (damals UB Darmstadt) und Frauke Untiedt (Bücherhallen Hamburg) mit Moderation von Frank Scholze (Deutsche Nationalbibliothek) ihre Erfahrungen im Umgang mit Fehlern dar. Sie diskutierten über Methoden und Fallstricke der Fehlerkultur und waren sich einig, wie wichtig, aber auch wie herausfordernd ein gelassener, konstruktiver Blick auf Fehler ist. Konsens bestand auch darüber, dass die Schaffung einer förderlichen Fehlerkultur eine Leitungsaufgabe ist und im besten Fall das Miteinander aller Kolleginnen und Kollegen, die tägliche Arbeit und alle Projekte und Weiterentwicklungen prägt.

Die Kommission für forschungsnahe Dienste hatte sich vorgenommen, zum Abschluss der ersten Amtsperiode ein Positionspapier zum Thema forschungsnahe Dienste zu veröffentlichen. In sehr intensiver Arbeit und dank der engagierten Unterstützung durch das Herausgeber*innenteam von o-bib gelang eine Punktlandung: Der Beitrag wurde am Vorabend des 109. Bibliothekartag veröffentlicht und konnte direkt in die vielfältigen Diskussionen auf dem Bibliothekartag hineinwirken5.

Das Positionspapier gibt einen Überblick über den Servicebereich forschungsnaher Dienste mit folgenden Fragen:

Das Positionspapier zählt zunächst wichtige forschungsnahe Dienste auf und skizziert mögliche Services in diesen Bereichen. Dazu gehören Forschungsdatenmanagement, Publikationsdienste (Open Access, Repositorien, Academic Networking), Publikationsdatenmanagement (Affiliation und Autor*innen-Identität), Szientometrie (Evaluierung und Leistungsmessung), Unterstützung bei komplexen Rechercheprojekten (Systematic Reviews) sowie die digitale Integration von (Forschungs-) Infrastrukturen.

Im zweiten Teil benennt das Positionspapier Voraussetzungen, die für die Entwicklung und erfolgreiche Implementierung forschungsnaher Dienste wesentlich sind. Dazu gehört eine strategische Portfolio-Entwicklung, die Förderung von Projektkultur, ein umfassendes Change Management, eine umsichtige Personal- und Organisationsentwicklung sowie auf Kooperation und Nachhaltigkeit angelegte Projektplanungen.

Das Positionspapier ist ein Abschluss für die Gründungsphase der Kommission. Es stellt zugleich einen Leitfaden für die kommende Kommissionsarbeit dar und bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte für Erfahrungsaustausch und Veranstaltungen.

Im Sommer 2021 verließen mit Wolfgang Stille, Gerald Jagusch und Stefan Farrenkopf drei engagierte Gründungsmitglieder die Kommission, die mit ihrem konstruktiven und kritischen Blick auf aktuelle Bibliotheksentwicklungen und ihrem leidenschaftlichen Commitment für einen offenen Diskurs die erste Amtsperiode maßgeblich geprägt hatten. Besonderer Dank gilt Wolfgang Stille für die Übernahme der Leitung in den ersten Jahren der Kommissionsarbeit.

Als neue Mitglieder wurden Alexander Berg-Weiß (Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München), Miriam Kötter (Universitätsbibliothek der Universität Duisburg-Essen) und Christoph Müller (Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts) gewonnen. Schon während der ersten Amtszeit war Sibylle Hermann (Universitätsbibliothek Stuttgart und Exzellenzcluster SimTech) auf einen freigewordenen Platz in der Kommission nachgerückt. Die Leitung der Kommission während der zweiten Amtsperiode übernahm Caroline Leiß.

Die zweite Jahreshälfte wurde darauf verwendet, Schwerpunktsetzungen der Kommissionsarbeit in der neuen Amtszeit zu diskutieren und erste konkrete Vorhaben an den Start zu bringen. Dazu gehört die Planung einer Podiumsdiskussion zum Thema „Strategische Portfolioentwicklung im Bereich forschungsnaher Dienste“6, die beim Bibliothekskongress 2022 stattfinden wird, sowie eines Hands-on Labs zum Thema „Operative Umsetzung einer strategischen Portfolioentwicklung im Bereich forschungsnaher Dienste“7.

Vorbereitend wurden Leitfaden-Interviews mit Kolleg*innen aus dem Bibliothekswesen geführt, um einen Blick in die Praxis zu erhalten: Wie werden forschungsnahe Dienste entwickelt und im Gesamtzusammenhang des Service-Portfolios priorisiert? Wie werden Ressourcen eingesetzt, wo sehen Leitungspersonen die größten Herausforderungen? Die Interviews werden in die Podiumsdiskussion einfließen und sollen auch in Form einer Publikation aufbereitet werden.

Im Jahr 2021 fanden ausschließlich Online-Kommissionssitzungen statt. Die Treffen über Konferenz-Software bewährten sich als organisatorisch einfaches Format für Austausch und Planung und sollen auch künftig ergänzend zu Präsenz-Sitzungen beibehalten werden.

Alexander Berg-Weiß, Universitätsbibliothek der Ludwig-Maximilians-Universität München

Sibylle Hermann, Informations- und Kommunikationszentrum der Universität Stuttgart

Miriam Kötter, Universitätsbibliothek der Universität Duisburg-Essen

Caroline Leiß, Universitätsbibliothek der Technischen Universität München

Christoph Müller, Bibliothek des Ibero-Amerikanischen Instituts Stiftung Preußischer Kulturbesitz

Annette Strauch-Davey, Universitätsbibliothek Hildesheim

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5814

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1 Zum ersten und zweiten Jahr der ersten Amtszeit siehe <https://doi.org/10.5282/o-bib/5628> und <https://doi.org/10.5282/o-bib/5684>.

5 Stille, Wolfgang; Farrenkopf, Stefan; Hermann, Sibylle; Jagusch, Gerald; Leiß, Caroline; Strauch-Davey, Annette: Forschungsunterstützung an Bibliotheken. Positionspapier der Kommission für forschungsnahe Dienste des VDB, in: o-bib 8 (2), 2021, S. 1–19. <https://doi.org/10.5282/o-bib/5718>.