Hochschulbibliotheken auf dem Weg zu Lernzentren : Beispiele aus Deutschland, Österreich und der Schweiz / herausgegeben von Stephan Holländer, Willy Sühl-Strohmenger und Ludger Syré ; unter Mitarbeit von Martina Straub. – Wiesbaden: b.i.t., 2021. – 289 Seiten : Illustrationen. – (b.i.t. online Innovativ ; Band 80). –
ISBN 978-3-9821824-3-8 : EUR 69.00

Hochschulbibliotheken sind als Teil der Hochschulen schon immer Lernwelten. Allerdings ist diese Perspektive erst in den letzten zehn Jahren stärker in den Fokus gerückt. Die Hochschulbibliothek wird als Lernort und Lernzentrum profiliert. Zunehmend mehr Hochschulbibliotheken tragen dieser Entwicklung auch durch veränderte Raumorganisation Rechnung.

Die Publikation „Hochschulbibliotheken auf dem Weg zu Lernzentren“ zeigt die Entwicklung anhand von nationalen und internationalen Beispielen auf. In 23 Beiträgen werden die verschiedenen Facetten der Hochschulbibliothek als Lernort aufgefächert. Mit ihrer Einführung versuchen die Herausgebenden die Begrifflichkeiten in diesem Kontext zu konturieren und zeigen die Entwicklung von Hochschulbibliotheken auf, wobei sie besonders auf internationale Entwicklungen eingehen. Hier werden grundlegende Informationen geliefert, die für die Einordnung der folgenden Beispiele aus Deutschland, Österreich und der Schweiz äußerst hilfreich sind.

Isabelle Kirgus und Christian Lüthi zeigen am Beispiel der Universitätsbibliothek Bern auf, wie Planung und Einrichtung neuer Lernräume gestaltet werden können. Hier werden interessante Hinweise für Planungsprozesse gegeben und es wird die Bedeutung interdisziplinärer Kommunikationsstrukturen hervorgehoben.

Ein schon älteres Beispiel beschreiben Jens Mittelbach, Claudia Börner und Stefanie Schreiber mit dem Lernzentrum der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg, das 2005 eröffnet wurde. Aspekte wie Begegnung und Kommunikation sind zentral für das Konzept. Die Öffnung nach außen ist ein weiterer wichtiger Aspekt, der durch die Gestaltung des Gebäudes und der Angebote umgesetzt werden soll.

Die Situation an der Universitäts- und Landesbibliothek Darmstadt wird von Holger Bergmann und Simon Streib beschrieben. Hier lässt sich gut nachvollziehen, wie sich Veränderungen auch in den räumlichen Arrangements niederschlagen. Nachdem Theken, die kaum noch gefragt waren, abgebaut worden waren, hat man Lernlandschaften entwickelt, um den Bedürfnissen der Nutzer*innen gerecht zu werden.

Die Lernlandschaften in der Staats- und Universitätsbibliothek Dresden stehen im Fokus des Beitrags von Julia Meyer. Dort wurden die räumlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um „Partizipation als gemeinschaftliche Wissensarbeit in einem erweiterten Handlungsfeld“ (S. 64) zu ermöglichen. Auch die Etablierung eines Makerspace ist von zentraler Bedeutung.

Ralf Ohlhoff stellt das „Parlatorium“ der Universitätsbibliothek Freiburg vor. Dabei wird besonders auf die spezifische Konzeption dieses Medienzentrums eingegangen. Positiv hervorzuheben ist, dass bei der Darstellung der Erfahrungen auch Problempunkte explizit benannt werden.

Die Gegebenheiten an der neu gestalteten Universitätsbibliothek Graz werden von Werner Schlacher und Gunter Seibert geschildert, die einen Rundgang durch die Lernräume präsentieren. Hier werden auch Probleme bei der Baurealisierung angesprochen.

Ein Umbauprojekt an der Staats- und Universitätsbibliothek Hamburg präsentieren Rolf Duden und Olaf Eigenbrodt. Hier wird aufgezeigt, wie man auf vorhandenen Flächen aus einem Lesesaal eine Lernwelt gestalten kann.

Friederike Hoebel, Michael Mönnich und Volker Wittenauer stellen das Projekt „Learning Libraries“ vor, in dem wissenschaftliche Bibliotheken aus Karlsruhe die Vernetzung ihrer Lernräume vorangetrieben haben. Das überinstitutionelle Vorgehen eröffnet neue Perspektiven für eine kommunale, wissenschaftliche Lernlandschaft.

Umbau und Modernisierung der Universitätsbibliothek Kiel stehen im Fokus des Beitrags von Stefan Farrenkopf, Kerstin Helmkamp und Kerstin Hoffmann. Anhand des Pilotprojekts des Umbaus der Zentralbibliothek werden die verschiedenen Faktoren aufgezeigt, die es bei solchen Projekten zu berücksichtigen gilt.

Charlotte Bauer und Caroline Bergter werfen einen Blick auf die Neu- und Umbauten der Universitätsbibliothek Leipzig unter der Lernraumperspektive. Dies erfolgt in Gesprächsform. Dabei wird deutlich, dass Flexibilität, Offenheit und permanente Anpassung zentrale Dimensionen der Gestaltung sind.

Das Learning Center der Bibliothek der Johannes Kepler Universität in Linz wird von Susanne Casagranda und Wolfgang Reder vorgestellt. Im Zentrum steht dabei „eine vollkommen offene Lernwelt mit flexiblen und dynamischen Lernumgebungen für kommunikatives Lernen. Platz für Bücher gibt es hier qua Plan nicht“ (S. 153).

Rudolf Mumenthaler und Daniel Tschirren präsentieren die Zentral- und Hochschulbibliothek Luzern. Hier werden die verschiedenen Standorte vorgestellt und die langwierigen Prozesse bei der Umgestaltung beschrieben. Aus den hierbei gewonnenen Erkenntnissen entwickeln die Autoren weitergehende Perspektiven.

Die Universitätsbibliothek Magdeburg stellt Jens Ilg vor. Dabei wird das Lernraumkonzept erläutert und dessen Relevanz deutlich gemacht. Im Zentrum stehen hier „vielgestaltige Arbeitsplatzsettings statt uniforme Massenlernplätze“ (S. 173). Hervorzuheben ist die Auswertung bisheriger Erfahrungen.

Jessica Kaiser wirft einen Blick auf die Lernraumentwicklung an der Universitätsbibliothek Mannheim. Aus den Erfahrungen mit dem dortigen Learning Center wurden immer wieder Weiterentwicklungen vorgenommen. So wurde jeglicher Auskunftsservice im Learning Center wegen der fehlenden Akzeptanz der Nutzer*innen bereits nach zwei Jahren eingestellt. Mit dem „Experience Lab“ (ExpLAB) soll das Konzept um einen Raum erweitert werden, der agiles Arbeiten ermöglichen wird.

Lernwirksame Räume und Infrastrukturen der Universitätsbibliothek Marburg werden von Andrea Wolff-Wölk, Ilona Rohde und Sylvia Langwald aufgefächert. Neben der Raumgestaltung wird in diesem Beitrag auch auf Lernangebote eingegangen.

Wie aus Bücherspeichern Lernorte werden, zeigt Klaus-Rainer Brintzinger am Beispiel der Fachbibliotheken der Universitätsbibliothek der LMU München auf. Dabei wird das Thema Zonierung als wichtiges Element reflektiert und dargestellt, wie Planungsprozesse gestaltet werden können.

Peter Schubert wirft einen Blick auf die Situation in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster. Die Anforderungen an Lern- und Arbeitsplätze machen deutlich, wie notwendig es ist, dass perspektivisch „Buchaufstellflächen in Nutzerarbeitsbereiche umgewandelt werden“ (S. 222). Raum-in-Raum-Lösungen helfen, den Raum optimal zu nutzen.

Das Lernzentrum der Hochschule Reutlingen steht bei Katharina Ebrecht im Fokus. Sie beleuchtet sowohl die Bauplanung als auch das Betriebskonzept. Der Bedarf an kleinen Gruppenräumen wird im Ausblick deutlich adressiert.

Maria Winkler stellt das Library & Learning Center der Wirtschaftsuniversität Wien vor. Im Gebäude werden die unterschiedlichsten Services für Studierende angeboten. Die verschiedenen Lernzonen ermöglichen eine gute Anpassung an die Bedürfnisse der Studierenden. Es wird aber auch deutlich gemacht, dass die Kommunikation zwischen Architekturbüro und Bibliotheksmitarbeitenden noch optimiert werden kann.

Den Wandel von einem Industrieareal zu einer Wissenslandschaft beschreibt Stephan Holländer am Beispiel der Bibliothek der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur. Für die Lernlandschaft wird von einer „aktivierungsorientierten Smart-Learning-Konzeption“ (S. 262) gesprochen. Auf der Grundlage der Erfahrungen entwickelt man das Konzept für eine andere Bibliothek der Hochschule in Wädenswil weiter.

Biljana Vukmanovic-Mojsilovic zeigt anhand des Lernforums und der Bibliothek der Pädagogischen Hochschule Zürich auf, wie Lernraumangebote ineinandergreifen können. Dabei wird aber auch darauf hingewiesen, wie wichtig die Entwicklung neuer Unterstützungsangebote ist.

In ihrem Epilog bündeln Willy Sühl-Strohmenger, Ludger Syré und Stephan Holländer zentrale Erkenntnisse aus der Vorstellung von unterschiedlichen Lernraumkonzepten in den 21 vorgestellten Bibliotheken. Dabei sehen sie vier zentrale Elemente für eine gelungene Konzeption: komfortable Arbeitsbedingungen, das Angebot an Gruppenräumen, eine gute technische Ausstattung und erweiterte Serviceleistungen.

Insgesamt liefert der Band einen breitgefächerten Einblick in die Planung und Gestaltung von Hochschulbibliotheken auf dem Weg zu Lernzentren. Die Bibliothekspraxis kann daraus viele hilfreiche Tipps mitnehmen; für die Wissenschaft ist der differenzierte Überblick über die Bibliothekslandschaft ein Gewinn. Sicher fehlen einige interessante Projekte, aber bei einem solchen Publikationsprojekt darf man nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Eines kann man allerdings auch auf der Basis der vorliegenden Beiträge feststellen: Die Zeit, in der Bibliothek neu gedacht wird, hat längst begonnen und dieser Prozess eröffnet spannende Perspektiven für die Lernwelt wissenschaftliche Bibliothek.

Richard Stang, Hochschule der Medien Stuttgart

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5803

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