Praxishandbuch Forschungsdatenmanagement / herausgegeben von Markus Putnings, Heike Neuroth und Janna Neumann. – Berlin, Boston: De Gruyter, 2021. – VII, 587 Seiten : Illustrationen. – (De Gruyter Praxishandbuch). – ISBN 978-3-11-065365-6 : EUR 99.95 (auch als E-Book im Open Access verfügbar)

Forschungsdatenmanagement ist ein stark wachsendes Aufgabenfeld für Infrastruktureinrichtungen geworden. Durch die Forderungen der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) in den „Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlichen Praxis“ (2019)1 wächst der Bedarf, kompetente Beratungen und Lösungen für Forschende bereit zu stellen, einmal mehr. Mit dem Aufbau der Nationalen Forschungsdateninfrastruktur (NFDI)2 werden einige Lösungen erarbeitet. Auch zahlreiche Studiengänge behandeln Datenkompetenz; vermutlich werden die Forschenden von morgen daher selbstverständlich(er) und souverän(er) mit Daten umgehen. Dennoch muss das Fachwissen für alle Akteur*innen insbesondere an Infrastruktureinrichtungen wie Bibliotheken und Rechenzentren vermittelt und das Personal weitergebildet werden. Diese aktuell gegebene Ausgangslage unterstreicht, wie bedeutend ein umfassendes Handbuch, das zum Standardwerk werden könnte, ist.

Das „Praxishandbuch Forschungsdatenmanagement“, herausgegeben von Markus Putnings, Heike Neuroth und Janna Neumann, versucht diesem Bedarf gerecht zu werden. Auf fast 600 Seiten und in 29 Beiträgen wird eine umfassende, praxisorientierte Einführung ins Forschungsdatenmanagement (FDM) gegeben. Dabei wurden die Aspekte Datenökosystem, Datenmarkt, Datenkultur, Datenmanagement sowie Datentransfer- und -nachnutzung als übergeordnete Themengebiete für die nähere Aufbereitung gewählt. Das ist eine gut nachvollziehbare Gliederung. So können deutlich mehr Facetten beleuchtet werden, als wenn beispielsweise der Forschungsdatenlebenszyklus zugrunde gelegt worden wäre. Abgerundet wird das „Praxishandbuch“ durch eine Übersicht zentraler FDM-Initiativen. Allerdings wäre in diesem Kapitel der Blick über Deutschland nach Österreich und in die Schweiz eine wünschenswerte Ergänzung gewesen.

Ein zentrales Thema im FDM-Kontext sind ohne Zweifel die rechtlichen Aspekte. Der Beitrag von Anne Lauber-Rönsberg behandelt die wesentlichen Punkte, die bei einer Beratung in Bezug auf rechtliche Fragestellungen auch von Nichtjurist*innen stets in den Blick genommen werden sollten. Abschließend wird ein Praxistransfer angekündigt. Doch stellen die genannten Punkte am Schluss vorrangig (ohne Zweifel nützliche) Hinweise dar, wo FDM-Personal relevante juristische Anlaufstellen an einer Universität bzw. Hochschule zur Klärung findet. Wünschenswert wäre es über die gesamte Publikation hinweg gewesen, die juristischen Fallstricke, die in zahlreichen anderen Kapiteln kurz angerissen werden, praxistauglicher – etwa durch gestalterische Hervorhebungen – aufzuarbeiten.

Damit ist ein genereller Kritikpunkt an dieser Publikation angesprochen: „Insbesondere die praktischen Implikationen der Datenpolitik und des -rechts, des jeweiligen Datenmarkts, der Datenkultur, der persönlichen Qualifizierung, des Datenmanagements sowie des „FAIR“en Datentransfers und der Datennachnutzung werden untersucht“, heißt es im Werbe- und Klappentext. Vielfach wäre allerdings ein deutlicherer Mehrwert für den konkreten Arbeitseinsatz wünschenswert gewesen. Somit wird das Werk den Ansprüchen an ein „Praxishandbuch“ leider nicht in allen Beiträgen gerecht.

Diese Kritik trifft erfreulicherweise nicht durchgehend zu. Beispielhaft sei dafür der Beitrag „Förderpolitische Maßnahmen“ von Markus Putnings herausgegriffen, der die Anforderungen von Geldgebern aus dem DACH-Raum in Bezug auf FDM sehr präzise auflistet, sodass er als gute Checkliste dienen kann. Allerdings ist zu beachten, ob die Förderer zwischenzeitlich neue Vorgaben gemacht haben. Auch im Beitrag zur „Datenspeicherung, -kuration und Langzeitverfügbarkeit“ von Andreas Weber und Claudia Piesche schließt das Kapitel mit konkreten Empfehlungen und Entscheidungskriterien, die einen Checklistencharakter für die konkrete Arbeit haben. Sofern man ein Beratungs- und Schulungskonzept umfassend etablieren möchte, liefert Kerstin Helbigs Beitrag „Schulungs- und Beratungskonzepte“ einen ersten guten Ausgangspunkt. Es ist aber äußerst schade, dass das Kapitel vorrangig auf der Metaebene bleibt und nicht zusätzlich noch auf die Umsetzung in konkreten Schulungen eingeht.

Das Praxishandbuch stellt eine wertvolle Ergänzung zu Online-Angeboten wie der Informationsplattform forschungsdaten.info3 und dem Arbeitswiki forschungsdaten.org4 dar. Diese wiederum haben den Vorteil, dass sie deutlich flexibler auf Neuerungen reagieren können. Denn schon knapp ein Jahr nach Erscheinen sind einige Beiträge dieses Bands in Teilen überholt.

Insgesamt leistet das „Praxishandbuch Forschungsdatenmanagement“ trotz der angesprochenen Kritik einen hohen Mehrwert für die FDM-Landschaft. Es ist den Herausgeber*innen gelungen, viele zentrale Akteur*innen aus dem FDM-Gebiet als Autor*innen zu gewinnen. Dabei ist abschließend hervorzuheben, dass der Titel ganz im Sinne von Open Science ohne jegliche Einschränkung Open Access zur Verfügung steht.5 Das gesamte Werk steht vorbildlich unter der Lizenz CC BY, sodass eine unkomplizierte Nachnutzung gegeben ist. Dies darf sich als Standard für Open-Science-Publikationen etablieren!

Elisabeth Böker, Universität Konstanz

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5791

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1 Deutsche Forschungsgemeinschaft: Leitlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis. Kodex, Bonn 2019. Online: <https://doi.org/10.5281/zenodo.3923602>.

2 Nationale Forschungsdateninfrastruktur, <https://www.nfdi.de/>, Stand: 02.12.2021.

3 Forschungsdaten.info, <https://www.forschungsdaten.info/>, Stand: 02.12.2021.

4 Forschungsdaten.org, <https://www.forschungsdaten.org/index.php/Hauptseite>, Stand: 02.12.2021.