„Arena für alle“ – zur schwedischen Bibliotheksdebatte

Antje Wischmann, Universität Wien, Institut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft (EVSL)

Zusammenfassung

Das schwedische Bibliotheksgesetz von 2014 ist bis heute ein wichtiger Bezugspunkt für die kontinuierliche Aushandlung des öffentlichen Auftrags und der demokratiefördernden Funktionen der Bibliotheken. Ausgehend von diesem Gesetz wird die konkrete bibliothekarische Arbeit in den Bibliotheksplänen der Kommunen oder einzelner Bibliotheken formuliert und reflektiert. In den Jahren 2016 bis 2021 zeugen die Pläne und Berichte von den Herausforderungen, die durch die wachsende soziale Kluft, aber auch infolge der medialen Transformation der Öffentlichkeit entstanden sind. Die Agenda der Bibliotheken erfährt derzeit eine Politisierung, was sich auf das Selbstverständnis des Bibliothekspersonals und die Lehrinhalte der Bibliotheks- und Informationswissenschaften auswirken wird.

Summary

The Swedish Library Act which was adopted in 2014 has been an important reference point until today for the continuous debate on the public mandate of libraries and on how libraries contribute to promoting democracy. Based on this act, the practical work of libraries is expressed and reflected in the library plans of municipalities or individual libraries. The plans and reports from the years 2016 to 2021 bear witness to the challenges posed by the widening social divide and the transformation of the public sphere through the media. The agendas of libraries are currently undergoing a process of politicisation which could affect how library staff see themselves and what is taught in library and information science.

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5771

Autorenidentifikation:
Wischmann, Antje: ORCID: https://orcid.org/0000-0001-8973-9458; GND: 112571824

Schlagwörter: Schweden; Öffentliche Bibliothek; Bibliotheksplan; Stockholm; Uppsala; Demokratie; Demokratieförderung; Arena; Bibliotheksgesetz; Sozialarbeit; Bürgeramt

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International

1. Einleitung

Das 2014 in Kraft getretene schwedische Bibliotheksgesetz weist Bibliotheken als öffentlich finanzierten Einrichtungen eine große Verantwortung für Demokratieentwicklung, Bildung und soziale Fragen zu. Es verpflichtet die Büchereien in den Städten oder Kommunen, eigene Bibliothekspläne zu formulieren und öffentlich zu machen, wie das Personal in Zusammenarbeit mit kooperierenden Einrichtungen die Ziele zu verwirklichen sucht. Die kurzfristigen, durch die Pandemie bedingten Schließungen 2020 führten zu Protesten von Seiten des Personals und der Büchereibesuchenden, aus denen die Bibliotheken moralisch gestärkt hervorgehen konnten – trotz 2019 vielerorts angeordneter Budgetkürzungen: In der heutigen Zivilgesellschaft haben die Bibliotheken neben den drei Säulen des Wohlfahrtsstaates „vård, skola, omsorg“ (medizinische Versorgung, Schulwesen, Betreuung und Fürsorge) eine Schlüsselstellung inne.1

Die Frage nach dem grundsätzlichen zivilgesellschaftlichen Auftrag von Bibliotheken wird in vielen Ländern mit regem Interesse verfolgt: “[…] there is an increased focus upon their role as meeting places and arenas underpinning the public sphere with the mission of sustaining democratic values in societies“.2 Obwohl ‚Demokratie‘ in den ausgewerteten schwedischen Dokumenten oft ein prin­zipielles Leitbild ohne nähere Definitionen verbleibt, ist der hohe Stellenwert dieses offiziellen Auftrags der Institution unverkennbar:3 Die Stimulierung von Bildung und sozialer Mobilität, die Befähigung zur Teilnahme an öffentlichen Debatten und die Verbesserung des sozialen Zusammenhalts sind wesentliche Leitsätze.4

Die Mehrzahl der ausgewählten Beispiele im Folgenden beziehen sich auf die zentrale Stadtbücherei in Uppsala (https://bibliotekuppsala.se/web/arena) und die größte Stadtbibliothek Stockholms (https://biblioteket.stockholm.se/bibliotek/stadsbiblioteket). Vor dem Hintergrund des Bibliotheksgesetzes werden die für diese beiden Büchereien geltenden Bibliothekspläne untersucht, wobei zwei Aspekte besondere Beachtung finden: die sogenannten priorisierten Gruppen unter den Nutzer*innen und das Projekt, eine demokratiefördernde Arena der Begegung für alle5 zu schaffen (siehe Abschnitt 2). In der fortlaufenden Reformulierung des demokratiefördernden Auftrags zeichnet sich ab, dass sich der Schwerpunkt von der Institution zunehmend auf die Handlungen und Praktiken der bibliothekarischen Arbeit verlagert. Im Zuge dessen geraten die divergierenden Bedürfnisse und Interessen der Nutzer*innen und das professionelle Selbstverständnis des Personals, das sich ebenfalls durch Vielfalt auszeichnet, wesentlich stärker in den Blick (siehe Abschnitt 3). Die rezente Debatte trägt zwar dazu bei, wichtige Aspekte des Auftrags der Büchereien herauszuarbeiten, zeugt aber sowohl von Polarisierungen als auch von irritierenden argumentativen Übereinstimmungen, was den bibliotheksnostalgischen, den medienskeptischen und den fremdenfeindlichen Diskussionsstrang betrifft (siehe Abschnitt 4).

2. Das Bibliotheksgesetz und die Bibliothekspläne: Anwenden und Erproben

Das nur drei Seiten umfassende Gesetz bietet einen Orientierungsrahmen für die tägliche Arbeit in den allgemeinen öffentlichen Büchereien, aber auch an Universitäts-, Schul- oder Krankenhausbibliotheken (vgl. § 1). Der sogenannte Portalparagraph 2 wird in der Bibliotheksdebatte am häufigsten zitiert:

„Die Bibliotheken des allgemeinen Bibliothekswesens sollen sich für die Entwicklung der demokratischen Gesellschaft einsetzen, indem sie zur Wissensvermittlung und zur freien Meinungsbildung beitragen. Bibliotheken des allgemeinen Bibliothekswesens sollen die Stellung der Literatur und das Interesse an Bildung, Aufklärung, Ausbildung und Forschung sowie an kulturellen Aktivitäten fördern. Die Bibliotheksangebote sollen allen zugänglich sein.“6

Bereits die Reihenfolge dieser beiden Zielvorgaben hat offenbar eine gewisse provozierende Wirkung,7 scheint doch die Weiterentwicklung der demokratischen Gesellschaft gegenüber der Literaturförderung Priorität zu erhalten. Im Wortlaut sind indessen Wissensvermittlung und freie Meinungsbildung als Mittel zur Stärkung einer demokratischen Bildung genannt.8

Eine Besonderheit des Gesetzes ist die ausdrückliche Berücksichtigung benachteiligter Menschen, die als „priorisierte Gruppen“ zusammengefasst sind. § 4 und § 5 fixieren, dass Personen mit Funktionsbeeinträchtigung9 besondere Aufmerksamkeit erhalten sollen und dass die allgemeinen Büchereien Literatur und Hilfsmittel zur Informationsbeschaffung bereitstellen müssen, die auf die jeweiligen Bedürfnisse dieser Zielgruppe abgestimmt sind. Der Deutungsspielraum, den § 5 belässt, hat zu unterschiedlichen Reaktionen geführt: Bibliotheken sollen den nationalen Minoritäten und Menschen, die Schwedisch nicht als Erstsprache verwenden oder Schwedisch lernen, besondere Aufmerksamkeit widmen, so die wörtliche Übersetzung.10 Die Förderung besteht darin, Literatur sowohl in den offiziellen nationalen Minderheitensprachen anzubieten (Finnisch, Samisch, Romani Chib, Jiddisch, Meänkeli) als auch in weiteren, in Schweden verwendeten Sprachen sowie in Form vereinfachter Textausgaben. Auch wenn Kinder und Jugendliche im Gesetz nicht dezidiert als Gruppe mit Priorität ausgewiesen sind, wird der prägnante Vorsatz, sie mit einer besonderen Aufmerksamkeit zu adressieren, auch für sie gefasst (§ 8). Gerade für junge Rezipierende ist vorteilhaft, dass die Bibliotheken „Literatur […] ungeachtet der jeweiligen Publikationsform“ anzubieten versprechen.11

§ 6 erhebt die Zugänglichkeit zum Programm, wobei eine Vielseitigkeit sämtlicher Medien sowie die Qualitätssicherung bei den bereitgestellten Medien und Dienstleistungen angestrebt ist, während § 7 das ausdrückliche Interesse an Literatur und Lesen verankert. Dabei wird gleichsam eine emergente Einheit aus Wissen, Medienkompetenz und Kultur entworfen. Die kulturelle Partizipation fungiert als übergeordnetes Ziel und gilt als Indiz für ein gelungenes Leben.12

2.1. Priorisierte Gruppen

Wie lassen sich die ehrgeizigen Zielvorgaben des Gesetzes in den Bibliotheksplänen konkretisieren? Die in kommunaler Verantwortung erstellten Bibliothekspläne werden alle vier Jahre revidiert.13 Sie sind weniger formell gehalten und geben Einblick in die praktische Arbeit, die Leitvorstellungen des Personals sowie die Agenda der kommunalen Kulturpolitik. Der Textsorte entsprechend sind in den Plänen die Kompetenzen und Zuständigkeiten der Mitarbeitenden nicht spezifisch ausgewiesen.

Für die Erörterung im Folgenden wurden zwei Aspekte ausgewählt, die in der Debatte einerseits heftigen Angriffen standhalten mussten, andererseits auf fundierte und anregende Weise verteidigt worden sind (siehe Abschnitt 4): Die Bibliothek für alle (§ 2) und die gezielte Ansprache benachteiligter Gruppen (§ 5).

Bei der Rangordnung der priorisierten Gruppen entscheidet sich Uppsala kommun in ihrem Plan für eine Aufwertung der Kinder und Jugendlichen, indem sie diese in der Aufstellung der zu fördernden Gruppen zuerst platzieren.14 Eine lokale Schwerpunktsetzung erfolgt, indem der Minoritätssprache Finnisch eine Vorrangstellung gewährt wird.15 Für diese Art der Sprachenförderung finden die Stockholmer Bibliotheken dagegen eine weniger differenzorientierte Lösung: Statt Sprachen zu kategorisieren, befürwortet man ein grundsätzlich mehrsprachiges Medienangebot.16

Bezeichnenderweise wird im Regionplan von Uppsala kommun die Begriffsschöpfung ‚besondere Aufmerksamkeit‘ („särskild uppmärksamhet“) für die priorisierten Gruppen (siehe § 4 und 5) problematisiert.17 Wie die Minderheitenförderung mit Leben erfüllt werden kann, sei nur unter Zuhilfenahme weiterer Kontrolldokumente zu ermessen.18 Selbstkritisch wird hierzu angemerkt, dass der Kenntnisstand in der Bevölkerung zur Literatur und Kultur der nationalen Minderheiten so gering sei, dass bibliothekarische Eigeninitiative gefragt sowie Expertise von außen einzuholen sei.19 Mit der Absichtserklärung, die Minderheitensprachen gerade auf Seiten der Kinder und Jugendlichen zu revitalisieren, nimmt dieser Plan eine konkrete Fördermaßnahme in den Blick.

Rückschauend wird im Regionplan Uppsala moniert, dass funktionsbeeinträchtige Menschen, Minoritätsangehörige und Jugendliche insgesamt nicht ausreichend unterstützt worden seien.20 Die Anforderung einer allgemeinen und breiten ‚Zugänglichkeit‘ führe zu einer Vernachlässigung der heterogenen individuellen Bedürfnisse von Funktionsbeeinträchtigten. Der Aufwand für die Feinabstimmung werde häufig unterschätzt.21

Eine weitere Zielgruppe wird in den Bibliotheksplänen nachdrücklicher hervorgehoben als im Gesetz selbst, nämlich Personen, die die Bibliothek bisher nicht nutzen.22 Zum Maßnahmenkatalog zählt in diesem Fall die Arbeit der ‚aufsuchenden‘ Bibliothek, d.h. der Einsatz mobiler Einheiten oder die Bereitstellung temporärer Bibliotheksangebote in unterversorgten Stadtteilen.23 Aus dem Bibliotheksgesetz leiten viele Bibliotheken für ihre Pläne ab, dass neue Nutzer*innen, seien es Geflüchtete, Neuankömmlinge oder sozial benachteiligte Gruppen, so zu betreuen und anzuleiten sind, dass sie sich ökonomisch selbst versorgen können, womit die Aufgaben des Bürgeramtes und brisante Fragen der Sozialarbeit verbunden sind.24

2.2. Arena und Arenen

Eine demokratische Bibliotheksarena regt an, dass möglichst viele Nutzer*innen und in der Bibliothek Tätige über zahlreiche Fragen befinden und zu ihnen Stellung beziehen können. So können individuelle Entscheidungen im Sinne der freien Meinungsbildung angebahnt werden. Im Prüfdokument „Trend 2017“ ist vermerkt, dass 75% der evaluierten Bibliothekspläne die demokratische Arena erwähnen.25 Mit der neuzeitlichen Sport-Arena hat dieser auf die antike Agora26 verweisende programmatische Begriff nichts zu tun. In den für diesen Beitrag von mir ausgewerteten Quellen aus den Jahren 2016 bis 2021 werden Arena und Treffpunkt („mötesplats“) häufig synonym verwendet, sie konstituieren sich gegenseitig und werden ermöglicht in bestimmten Akteurskonstellationen und an Schauplätzen, die zum Gespräch und zu gemeinschaftlichen Tätigkeiten einladen. Auf diese Weise hat die Arena eine konzeptuelle Bedeutung und übernimmt die Funktion eines Diskursraums, zugleich werden in bestimmten Kontexten mit der ‚Bibliotheksarena‘ aber durchaus auch konkrete Räumlichkeiten bezeichnet. Damit übernimmt die Arena eine emblematische Funktion sowohl für ein angestrebtes Öffentlichkeitskonzept als auch für eine Demokratieform, die mit großem Nachdruck auf eine öffentliche Debatte und auf Verständigung setzt.27 Eine Arena, die Vertrauen schafft, weist charakteristische positive Konnotationen auf, wie ein unbeschränktes Aufenthaltsrecht, Herrschaftsfreiheit und zwanglose Begegnung.28 Die Uppsalienser Stadtbücherei verwendet Arena als Rubrik der Homepage, und der entsprechende Bibliotheksplan vermerkt, dass eine Bücherei stets sowohl ‚demokratische Arena als auch Akteur‘ sei.29

Der architektonische und der soziale Ort der Arena ermöglichen einen unbehinderten Meinungsaustausch. Nicht nur als tragendes Gebäude, sondern auch als Sinnbild soll die Arena als ein ‚Grundgerüst‘ der Demokratie dienen.30 Da inkludierende, öffentliche Räume in der gebauten Welt rar geworden sind, hat sich das Ansehen der Arena im letzten Jahrzehnt weiter gesteigert.31 Wie die Bibliotheksbauten dieses Leitbild jeweils architektonisch verwirklichen können, sei es in Amphitheater-ähnlichen Veranstaltungssälen, in kargen Seminarräumen oder im wohnlichen Ambiente einer Lounge, hängt ganz von den baulichen Voraussetzungen ab.32

Im Uppsalienser Bibliotheksplan ist die Arena für Gespräche, Reflexionen und Debatten vorgesehen, wobei der Ausdruck „samhällsbildande arena“ (eine Arena, die die Gesellschaft bildet und gestaltet) geprägt wird.33 Der Plan der Region Uppsala schreibt der demokratisierenden Arena das Vermögen zu, die priorisierten Gruppen anzusprechen und zu fördern, womit eine Schutzfunktion nach innen und nach außen beschrieben ist. Die Arena kann einer Demokratiegefährdung entgegenwirken und Kräfte gegen Diskriminierung, Zensur oder Informationsbeschränkung mobilisieren.34

Der Regionplan Uppsala gibt zu bedenken, dass für das Bibliothekspersonal ein Dilemma entsteht, wenn demokratiefeindliche Standpunkte in der Arena vertreten werden. Daran schließt sich die Frage an: Welche Ereignisse könnten die Arena aufheben, und welche Machtverhältnisse erschweren es, dass sie sich konstituieren kann? Als Beispiel für Auseinandersetzungen dieser Art werden Konflikte zwischen Nutzer*innen und dem Personal um provozierende Bucheinkäufe genannt. Auch die Unmöglichkeit, objektiv begründbare Entscheidungen bei der Bereitstellung von Räumen für Vereine oder Gruppen zu treffen, die (möglicherweise in kaschierter Form) fremdenfeindlich agieren oder in anderer Weise eine Bedrohung darstellen, wird angesprochen.35 Der Regionplan Uppsala konstatiert, dass sich die aktuellen gesamtgesellschaftlichen Konflikte notwendigerweise im Bibliotheksalltag niederschlagen und dort sogar verdichten können.36

2.3. Bürgeramt – wirklich für alle

Um inklusive Orte zu schaffen, die dem Gemeinwohl förderlich sind, wurden vielerorts Bürgerämter an die Büchereien angeschlossen oder in diese integriert. Diese institutionelle Allianz ermöglicht neuen Besuchenden ein niedrigschwelliges Kennenlernen der Bibliothek – ein vielversprechender Zugang, der in ganz Europa zu interessanten Kombinationsformen von Bücherei und Bürgeramt geführt hat. Grob vereinfachend ist festzustellen, dass Kombinationslösungen eher dort realisierbar sind, wo Bibliotheken neu errichtet werden oder baulich erweiterbar sind. Doch auch die Segregation spiegelt sich wider: In Stockholm befinden sich die wohlhabenden Stadtteile im Zentrum, und Büchereien und Bürgeramter in kombinierter Form sind überwiegend in einigen peripheren Vororten mit einkommensschwacher Bevölkerung anzutreffen, wie z.B. in Tensta oder Älvsjö.37

In der Bibliothek am Stockholmer Odenplan (1928) und der zentralen Stadtbücherei von Uppsala (1987) gibt es keine ausgewiesenen Bürgeramteinheiten, doch werden Fragen zu diesem Ressort im laufenden Betrieb beantwortet oder die Ratsuchenden auf einschlägige Beratungen oder externe Anlaufstellen verwiesen. In beiden Bibliotheken stehen u.a. Computerterminals und Geräte zum Scannen und Kopieren bereit. Oft werden die Mitarbeitenden um Hilfe gebeten, und dies nicht nur an den Informationsständen, sondern unabhängig davon, an welcher Stelle des Bibliothekssaales sie sich gerade befinden. In Uppsala werden die dem Bürgerservice zugeordneten Hilfen unter der Rubrik „Drop in“ gebündelt: IT-Beratung, juristische Auskunft, Hausaufgabenhilfe, Sprachlerngruppen, wobei das ‚Lotsenbüro‘ Hilfestellung beim Ausfüllen von Formularen, bei der Schulanmeldung, beim Umgang mit Behörden und für die Weiterbildung gibt (https://bibliotekuppsala.se/web/arena/lotskontor). Wer im Lotsenbüro tätig ist, muss zweifellos über ein Allrounder-Profil verfügen. Viele der Aufgaben werden allerdings auch arbeitsteilig bzw. von ehrenamtlich Tätigen übernommen.

Trotz der bewiesenen Flexibilität des Personals geht aus dem Stockholmer Bibliotheksplan 2016-2020 hervor, dass der ‚Gesellschaftsservice‘ („samhällsservice“) nicht der primäre Auftrag der Büchereien in der Hauptstadt sei. Stattdessen wird der Wert der Literatur, sei es im freien Gespräch oder als Gegenstand der Vermittlung demokratischer Bildung herausgestrichen.38 Die Bibliothek wird als „Bastion“ von Sprache, Literatur, Bildung und Demokratie gewürdigt.39 Dabei kommt die Bereitschaft zum Ausdruck, sich in Diskussionsveranstaltungen auch unbequemer Fragen anzunehmen.40 Übereinstimmend bringt Marika Alnengs Schrift „Bibliothek als Bürgeramt?“ (Bibliotek som medborgarkontor? 2021) eine distanzierte Haltung des Personals gegenüber dem Bürgerservice zum Ausdruck. Insbesondere die Betreuung digital ungeübter Personen dürfte Alneng zufolge den Bibliotheken nicht ‚zugeschoben‘ werden, weil andere Einrichtungen diesen Service eingespart haben.

3. Herausforderungen und Ausbildungsbedarf auf Seiten des Personals

Das Bibliothekspersonal übt auch nach Ragnar Audunson et al. eine der wichtigsten demokratischen Professionen aus.41 Sie schreiben der Berufsgruppe eine besondere Verantwortung zu: „[…] a professional reponsibility for developing and mediating library services to the public“.42 Wie gezeigt worden ist, decken diese Arbeitsbereiche der Entwicklung und Vermittlung im Rahmen der bibliothekarischen Dienstleistungen inzwischen ein immenses Spektrum ab.

Wenn es heißt, dass die Angestellten den Nutzer*innen mit Wohlwollen, persönlicher Integrität und Mut begegnen sollten,43 setzt dies voraus, dass das Personal von der Sinnhaftigkeit der eigenen Arbeit überzeugt ist, diese für durchführbar hält und sich nicht etwa am Arbeitsplatz bedroht fühlt.44 Überwiegend verursachen nicht Disziplinmängel der Besuchenden das größte Problem, sondern es ist das Missverhältnis zwischen der Aufgabenfülle und den unzureichenden personellen, räumlichen, technischen oder ökonomischen Ressourcen, das Anlass zur Frustration gibt und die Bibliothekar*innen zu Protesten veranlasst hat. Wie Alnengs Bericht eindringlich darlegt,45 landet das Bibliothekspersonal oft in einer kompensatorischen Rolle, die von den einzelnen Mitarbeitenden als auferlegt erfahren wird. Alneng stellt unter Berufung auf den Pandemie-Rapport von Lisa Gemmel 2021 fest, dass viele Büchereien inoffiziell zum Bürgerservice beigetragen haben und die Kommunen diese Dienstleistungen institutionell und finanziell absichern müssen, sofern sich die Bibliotheken dafür entscheiden, auf diesem Gebiet weiterzuarbeiten.46 Die Hilfeleistung erfolgte im Rahmen von Strukturen, die nicht auf die Bedarfslage abgestimmt waren, so dass eine Grauzone aus beinahe ehrenamtlich zu leistenden Tätigkeiten entstanden ist. Als ethisch herausfordernd gelten beim Personal Aufgaben, die die Privatsphäre der Ratsuchenden betreffen bzw. den Datenschutz verletzen: Bankbuchungen, Einrichten von Passwörtern, Installieren von Programmen auf Smartphones oder Laptops, Bewerbungen oder Behördenangelegenheiten.47 Alnengs Bericht resümiert, dass die Personalbefragungen von einer Ablehnung dieser Aufgaben zeugen. Entsprechend mahnt die Berichterstattende an, dass der weitreichende, diffuse Auftrag, den digital divide zu verringern, nicht zu einer Verunklärung der Zuständigkeiten und einem Raubbau an den Kräften der Mitarbeitenden führen dürfte. Johanna Rivano Eckerdal warnte 2018 vor einer Überforderung der Angestellten.48 Die Bibliotheksbeschäftigten, die im Rahmen der Studie „Archives, Libraries, Museums and the Public in a Digital Age“ (ALMPUB) von Ragnar Audunson et al. zu Wort kamen, gaben um 2017 an, dass sie die größten Defizite ihrer Ausbildung im Bereich der Sozialarbeit sähen, an zweiter Stelle wurden fehlende IT-Kenntnisse genannt.49

Das Maß an Verantwortung, das die Mitarbeitenden bei den Beratungen von Menschen in Krisenlagen zu übernehmen bereit sind, kann niemand durch Regularien festsetzen. Ein Dilemma entsteht also dadurch, dass die demokratische Arena Gestaltungsfreiheit braucht, eine orientierende gesetzliche Grundlage für das Tun dennoch nicht fehlen darf. Kontroversen und Konflikte sind unvermeidbar,50 selbst dann, wenn sich das Personal nicht für eine offensive Stellungnahme oder eine Intervention entscheidet, sobald mit demokratiefeindlichen Aktivitäten von Seiten der Nutzer*innen zu rechnen ist. Rivano Eckerdal plädiert grundsätzlich für eine politische Positionierung des Personals.51 Audunson lässt ebenfalls anklingen, dass ein politischeres Selbstverständnis des Bibliothekspersonals gefordert ist:

The librarians we educate now, however, should have a profound knowledge of public sphere and democratic theory and they should be capable of reflecting upon the challenges we are facing in the digital and multicultural society with respect to upholding a public sphere and an integrating and enlightened public discourse and the potential of libraries in relation to these challenges.52

Das Zitat nimmt Bezug auf Habermas‘ Öffentlichkeitskonzept, weist in der Benennung der Herausforderungen aber zugleich über dieses hinaus. Wie Jürgen Habermas in einem aktuellen Interview anmahnt, gehen Risiken vor allem von einer Fragmentierung der Öffentlichkeiten der Anwendenden aus, da bei der Anwendung sozialer Medien „Kommunikationsinseln“ entstünden.53 Ihm zufolge besteht eine der größten Gefahren für die Demokratie darin, dass die Teilnehmenden „nicht einmal mehr in derselben politischen Welt leben“.54 Da für Habermas jedoch „nationale Öffentlichkeiten“ und eine gewisse Homogenität der Teilnehmenden maßgeblich sind, besteht Aktualisierungsbedarf sowohl im Hinblick auf das Öffentlichkeitskonzept als auch auf das Demokratieverständnis.

Johanna Rivano Eckerdal hat vorgeschlagen, Chantal Mouffes Demokratieverständnis als Basis für die Bibliotheksarbeit zu erproben.55 Sie streicht unter Berufung auf Mouffe heraus, dass die Verteidigung demokratischer Institutionen – und damit auch das demokratische Aushandeln in der Bibliotheksarbeit – prozessual angelegt ist. Die fortlaufende demokratiefördernde Arbeit könne niemals resultathaft an ein Ende gelangen.56

Widerstreitende Dynamiken werden von Mouffe als grundlegende antagonistische Kondition angenommen, die in einen „agonistischen Pluralismus“ zu überführen ist.57 Aus ihrer Sicht besteht nur mehr ein „konfliktorischer Konsens“.58 In der Tat ist in vielen bibliothekarischen Konfliktsituationen weder Konsens herstellbar, noch kann eine gerechte, rationale Entscheidung getroffen werden, sobald beispielsweise die priorisierten Gruppen miteinander in Konkurrenz treten.

Das Arena-Konzept hat demnach keineswegs ausgedient, denn die Bibliotheksarena bietet temporär einen gemeinsam erfahrbaren, auch politischen, vielfältigen und spannungsreichen Weltausschnitt. Die Dissens- und Konfliktfähigkeit der Arena gilt es nun genauer zu fundieren und weiterzuentwickeln. Mouffe vergegenwärtigt, dass Demokratieförderung ethische Aspekte mit einschließt,59 und gerade diese treten in der politisierten schwedischen Bibliotheksdebatte ebenfalls hervor.

4. Positionen in der Debatte

Die Bibliotheksdebatte60 wurde bislang vor allem in den Tageszeitungen geführt. Auch der schwedische Rundfunk bot 2020/21 Reportagen oder Sendungen mit Diskussionsrunden zum Thema an. Dabei fällt auf, dass § 2 und § 5 des Gesetzes besonderes Diskussionspotential bieten. Anhand einer Podcast-Sendung zum Thema Ruhestörung in Büchereien (8/2021), die sich mit der Stockholmer Stadtbibliothek am Odenplan befasst, lassen sich drei exemplarische Standpunkte veranschaulichen.61

Die kulturkonservative Journalistin Paulina Neuding warnt vor einer mutwilligen Transformation der schwedischen Bibliotheken in Obdachlosenherbergen oder Sozialbehörden. Neuding beschwört eine Bibliothek aus ihren Kindheitserinnerungen herauf, mit konzentrierter Atmosphäre und eindrucksvollen Beständen. Schematisch stellt sie einem seriösen Bibliotheksauftrag von Information und Bildung eine angeblich entgleiste gesellschaftlich kompensatorische Funktion gegenüber.62 Sie merkt an, dass zum schwedischen Parlament als einem weiteren „Palast der Demokratie“ nur bestimmte Nutzer*innen Zugang hätten und dass eine solche Art der Zutrittsregulierung für Bibliotheksbesuche ebenfalls sinnvoll sei. Neuding sieht das Recht auf einen störungsfreien Büchereibesuch durch bildungsferne Personen bedroht, ein Argument, dessen sich auch die rechtspopulistische und fremdenfeindliche Partei Sverigedemokraterna bedient.63

Der Bibliothekar Daniel Forsman, Stadtbibliothek Stockholm, zitiert in seiner Reaktion den Portalparagraphen 2 des Bibliotheksgesetzes, um die Zugänglichkeit für alle zu begründen. Dabei stellt er klar, dass die wachsende soziale Kluft standortbedingt bedauerlicherweise die Schaffung einer Stelle für Sozialarbeit („bibliotekssocionom“) erforderte, um die Arbeitsbedingungen des Personals zu verbessern und den Besuchenden Sicherheit zu bieten. In seiner Kritik an Neudings Bibliotheksnostalgie nennt er die Stilisierung der sozialen Mobilität durch Bildung problematisch, nicht nur weil dabei eine schwedische Standardbildungsbiographie als Maßstab diene, sondern auch weil die mediengeschichtliche Entwicklung und die gesellschaftliche Bedarfslage verkannt würden.

Der Lokalpolitiker Jonas Naddebo von der bürgerlich-liberalen Partei Center versucht zunächst, die beiden genannten Positionen zusammenzubringen: Zum einen sei die Bibliothek ‚Literaturtempel‘ und ‚letzte Bastion der Gesellschaft‘, zum anderen betont er den Modernisierungsbedarf im Zeichen lebenslangen Lernens und befürwortet den Bürgeramtsservice. Zur Illustration wird das geplante Bürgeramt in Tensta genannt, einem Vorort mit einer hohen Zahl neuer schwedischer Einwohner*innen. Als lokaler Akteur unterstützt Naddebo die Einbeziehung der Sozialarbeit ausdrücklich. Inzwischen hat sich der Diskussionsstand in Richtung schärferer Kontrollen verändert, denn am 27.12.2021 wurde vom sozialdemokratischen Justizminister Morgan Johansson ein Gesetzesvorschlag vorgelegt, um störenden Personen in Bibliotheken Hausverbot erteilen zu können.

In einer ähnlichen Tonlage wie Neuding stellt Erik Fichtelius in einer Publikation die potentiell rettende Rolle der Bibliotheken in Zeiten der Bedrohung heraus.64 Allerdings ist Fichtelius als Anwalt der öffentlich-rechtlichen Medien bekannt und grenzt sich klar von der Kritik der rechtspopulistischen Partei Sverigedemokraterna (SD) ab.65 Die von Fichtelius 2018 herausgegebene Anthologie „Die fünfte Staatsmacht“ versammelt wichtige Aspekte der Debatte aus verschiedenen Akteurs-Perspektiven.66 Vertreter*innen der Bibliothekswissenschaft und der praktischen Bibliotheksarbeit kommen zu Wort. Der Band wurde nicht nur in Reaktion auf Integrationsfragen verfasst,67 die sich seit dem Herbst 2015 aufdrängten, sondern auch als vehemente Erwiderung auf den rechtspopulistischen Wahlsieg in den USA und das Phänomen der Fake news.68 Die im Team publizierte Schrift „Schatzkammern der Demokratien“ von 2019 stellt eine nationale Bibliotheksstrategie vor, die sich vornehmlich am traditionellen Profil orientiert.69

Doch gibt es weitere strittige Standpunkte in der Bibliotheksdebatte, die sich in argumentativer Nähe zu den Positionen von SD befinden. Im Magazin Axess (9/21) veröffentlichte der Bibliothekswissenschaftler Johan Sundeen einen Beitrag, in dem er die institutionelle Neutralität der Bibliothek und die Meinungsfreiheit verteidigt.70 Passend zum Artikel wurde als Umschlagbild für die Ausgabe eine karikierende Graphik gewählt, die die Bücherrotunde der Stockholmer Bücherei am Odenplan als einen grauen Gefängnishof darstellt, der von zwei Bibliothekar*innen in einem Kontrollturm überwacht wird. Wie Neuding nimmt Sundeen in Anspruch, sich für eine an Sachfragen orientierte Bibliothek der Bildung zu engagieren. Er prangert an, dass die staatliche Gängelung der Kulturpolitik den eigentlichen institutionellen Auftrag der Bibliotheken in Frage stelle.71 Aus seiner Sicht ist der Begriff Arena mit der politischen Linken konnotiert: Solche Arenen könnten ‚die gesellschaftliche Entwicklung in eine sozialistische Richtung‘ treiben.72 Sundeen fürchtet um die Kanonpflege und verurteilt den aktuellen ‚Bibliotheksaktivismus‘ als unverantwortliche Vereinnahmung.73 In seiner Kritik arbeitet sich Sundeen vor allem an strittigen Bucheinkäufen und einer bibliothekarischen Selbstzensur ab, die er mit dem Schlagwort Cancel culture assoziiert.74

Einerseits mahnt Sundeen zurecht an, dass die Wechselbeziehungen zwischen bibliothekarischer Arbeit und Demokratieförderung oft zu vereinfacht dargestellt werden.75 Andererseits behandelt er symbolpolitische Fragen, die auch der Partei SD ein wichtiges Anliegen sind. Deren Anhängerschaft propagiert die Pflege der schwedischen Nationalliteratur und -kultur, und ihre Forderung nach Recht und Ordnung in den Bibliotheken kommt unverhohlen einer Abweisung neuer Besuchender gleich. Die Anschaffung mehrsprachiger Bücher und Medien wird als Zweckentfremdung von Steuermitteln abgelehnt,76 und die Ausleihe von Büchern sollte laut SD an die schwedische Staatsbürgerschaft gebunden sein.77 Von SD scheint das Demokratieprojekt pauschal ideologisch unter Verdacht gestellt, von Spekulationen darüber begleitet, ob eine Bevorzugung derjenigen Gruppen stattfindet, die im Gesetz nach § 5 als priorisiert bezeichnet sind.

Die aktuelle mediale Debatte hat die Diskussion um die Rolle der Bibliotheken in der Gesellschaft angefacht und inspiriert. Doch die Forschenden können das aufgeregte Interesse nicht uneingeschränkt begrüßen, sofern die Medien auf eine Skandalisierung von Themen setzen, die gerade einer gründlichen und nuancierten Betrachtung bedürfen.78 Seit kurzem ist eine Überschneidung der medialen und der fachspezifischen Diskurse festzustellen, besonders in den öffentlichkeitswirksamen Publikationen des Teams um den bekannten ‚Bibliotheksbotschafter‘ Fichtelius, die auch von den Bibliotheken selbst lanciert wurden. Die generierte Aufmerksamkeit hat einerseits Bewusstsein geschaffen, andererseits die grellen Akzente der Debatte verstärkt.

In der Debatte zeichnet sich ab, dass die in den 1990er Jahren – durch den ersten Digitalisierungsschub – angestoßene Selbstreflexion der Bibliotheken über ihre gesellschaftliche Rolle und ihren Beitrag zur Demokratieförderung seit 2015 in eine neue Phase getreten ist. Der ertragreichste Diskussionsstrang ist wohl die Auseinandersetzung mit der Frage, wie sich Ressentiments gegen das Neue abbauen lassen. Dabei lohnt es sich, trotz der benachbarten symbolpolitischen Fragen, die Argumente der Bibliotheksnostalgiker*innen genau zu prüfen, denn diese liefern einige Hinweise darauf, wie eine medien- und bibliotheksgeschichtliche Kontinuität gewahrt und vermittelt werden sollte.

5. Fazit und Ausblick

Mit diesem Beitrag bestätigt sich Hans-Christophs Hobohms Feststellung, dass die demokratietheoretische Fundierung der skandinavischen Bibliotheksarbeit weitere Forschung verdient.79 Hier könnten neue Studien ansetzen, denn mit der Einbeziehung von Mouffes Demokratietheorie80 scheint eine interessante Richtung eingeschlagen, die dennoch einen Rückbezug auf das bewährte Schlüsselkonzept der Arena zulässt. Rivano Eckerdal regt dazu an, über die Konsensorientierung hinauszugehen und antagonistische Dynamiken bereits als Ausgangspunkt für die bibliothekarische Arbeit anzuerkennen.

Das Bürgeramt als integrierter Teil der Bibliotheken hat sich noch nicht durchgesetzt. Damit ist eine gewisse Distanzierung von der Bibliothek als einer zivilgesellschaftlichen Allround-Institution feststellbar. Auch der aktuelle Gesetzesvorschlag zur Einschränkung des Zugangsrechts für alle bestätigt diese Tendenz.

Eine Untersuchung der schwedischen Bibliotheksdebatte ist doppelt zu perspektivieren: im Hinblick auf die allgemeine Institution und auf die spezifische Kultureinrichtung in einem lokalen und politischen Zusammenhang. Die anhaltenden politischen, sozialen und medialen Entwicklungen legen eine Novellierung des Bibliotheksgesetzes nahe.81 Indem sich das Gesetz auf institutionelle Rahmenbedingungen konzentriert, liegt eine gewisse Stärke darin, dass es wenig normierende Kraft hat. Da jedoch die Zielerklärung der Demokratieförderung besonders nachdrücklich verankert ist, wird dem Personal immerhin eine bürgerrechtliche Positionierung nahegelegt. Für die konkrete Ausgestaltung der dissensfähigen Arena bleiben die Bibliothekspläne entscheidend.82 Sie tragen ebenfalls dazu bei, dass sich die individuellen Mitarbeitenden im Verhältnis zum demokratischen Auftrag verorten müssen.

Als Begleitreflexion der Arbeitserfahrungen beanspruchen die Bibliothekspläne darüber hinaus einen wichtigen Platz in den bibliothekarischen Ausbildungen. Sie machen einen selbstreflexiven Blick auf das eigene Tun erst möglich, wovon die in den Bibliotheksplänen angeregten Begriffsdiskussionen zeugen: So wird etwa eingeräumt, dass oft zitierte Schlüsselwörter - wie ‚freie Meinungsbildung‘ oder ‚Neutralität‘ - Gefahr liefen, routiniert aufgezählte Buzzwords zu werden, sofern sie nicht anhand konkreter Anwendungen erprobend umgesetzt und am Beispiel erörtert werden.83

Die Bibliothekspläne werden sich voraussichtlich in Folge der Debatte breiter auffächern und zugleich bestimmte Fragen vertiefend behandeln. Im Zuge dessen werden wahrscheinlich die Orientierung an den Nutzer*innen und deren vielfältigen Interessen pointiert und die jeweiligen Herausforderungen der Standorte genauer berücksichtigt werden. Dadurch ergibt sich zwangsläufig, dass sich das Ausbildungsspektrum des Personals erweitern muss.84 Die skizzierten Entwicklungen lassen eine wissenschaftliche Begleitung lohnend erscheinen.

Im schwedischen Kontext, mit einem allgemein hohen Vertrauen in die staatlichen Institutionen, kommt den Medienangeboten, Vermittlungsaktivitäten und Kulturveranstaltungen in Büchereien exemplarischer Status zu: In den Bibliotheksarenen kann sich stellvertretend zeigen, wie einige drängende Fragen in Bildung und Politik wegweisend anzugehen sind.

Hiermit danke ich den anonymen Gutachtenden für ihre konstruktiven Hinweise.

Literaturverzeichnis

1 Gemmel, Lisa: Biblioteken och pandemin, Stockholm 2021. Online: <https://www.biblioteksforeningen.se/rapporter/biblioteken-och-pandemin/>, Stand: 13.09.2021.

2 Audunson, Ragnar; Hobohm, Hans-Christoph; Tóth, Máté: LAM Professionals and the Public Sphere. How do Librarians, Archivists and Museum Professionals Conceive the Respective Roles of their Institutions in the Public Sphere?, in: Audunson, Ragnar et al. (Hg.): Libraries, Archives, Museums as a Democratic Space in Digital Age, Leipzig 2020, S. 165–184, hier S. 165.

3 Die markante schwedische Betonung der Demokratieförderung, die sich im Vergleich zu den norwegischen und dänischen Bibliotheken bestätigt, stellt u.a. der folgende Beitrag heraus: Andresen, Herbjørn; Huvila, Isto; Stokstad, Sigrid: Perceptions and Implications of User Participation and Engagement in Libraries, Archives and Museums, in: Audunson, Ragnar et al. (Hg.): Libraries, Archives, Museums as a Democratic Space in Digital Age, Leipzig 2020, S. 185–206, hier S. 202.

4 Mitunter sind praktizierte Demokratie, herrschaftsfreier Diskurs und Teilhabe an der Öffentlichkeit wohlmeinend zu einem diffusen Gesamtkonzept verschmolzen. Dabei wird vorausgesetzt, dass man sich auf eine liberale demokratische Regierungsform bezieht – und nicht etwa auf eine direkte Demokratie (vgl. Hirschfeldt, Johan: Biblioteken – en femte funktion i demokratiska rättsstaten, in: Fichtelius, Erik et al. (Hg.): Den femte statsmakten. Bibliotekens roll för demokrati, utbildning, tillgänglighet och digitalisering, Stockholm 2018, S. 67–85, bes. S. 70–71. Online: <https://libris.kb.se/bib/21529397>, Stand: 10.12.2021.

5 Diese Art der Arena ist von der Sport-Arena zu unterscheiden.

6 „Biblioteken i det allmänna biblioteksväsendet ska verka för det demokratiska samhällets utveckling genom att bidra till kunskapsförmedling och fri åsiktsbildning. Biblioteken i det allmänna biblioteksväsendet ska främja litteraturens ställning och intresset för bildning, upplysning, utbildning och forskning samt kulturell verksamhet i övrigt. Biblioteksverksamhet ska finnas tillgänglig för alla.“ (Bibliotekslag (2013:801), Kulturdepartementet, Regeringskansliet, § 2. Online: <https://www.riksdagen.se/sv/dokument-lagar/dokument/svensk-forfattningssamling/bibliotekslag-2013801_sfs-2013-801>, Stand: 13.09.2021).

7 Vgl. diesen Einwand der Journalistin Maria Ludvigsson (Ludvigsson, Maria: Måste det vara stök på ett bibliotek?, Podcast von Svenska Dagbladet, 26.08.2021, Gespräch mit Paulina Neuding (Journalistin bei Svenska Dagbladet); Jonas Naddebo (Politiker der Centerparti Stockholm), Daniel Forsman (Bibliothekar bei Stockholms Stadsbibliotek Odenplan). Online: <https://www.svd.se/maste-det-vara-stok-pa-ett-bibliotek>, Stand: 08.09.2021).

8 Im aktuellen Bibliotheksplan für Stockholm für über 100 Bibliotheken in 26 Kommunen werden einerseits Leseförderung, Bildung und Wissensvermittlung deutlich als Kern benannt, um die demokratische Gesellschaft zu fördern. Andererseits ist für die regionalpolitische Agenda durchaus die Wachstumssicherung, die ohne lebenslanges Lernen nicht möglich sei, mit in den Plan aufgenommen. Kulturförvaltning/ Region Stockholm: Regional biblioteksplan 2020–2023, Stockholm 2019, S. 2. Online: <http://regionbiblioteket.se/wp-content/uploads/2019/12/Regional-biblioteksplan-2020-2023-Region-Stockholm.pdf>, Stand: 13.09.2021.

9 Im Schwedischen „funktionsnedsättning“; inzwischen ist der Begriff Funktionsvariation („funktionsvariation“) gängig.

10 „Biblioteken i det allmänna biblioteksväsendet ska ägna särskild uppmärksamhet åt de nationella minoriteterna och personer som har annat modersmål än svenska, bland annat genom att erbjuda litteratur på 1. de nationella minoritetsspråken, 2. andra språk än de nationella minoritetsspråken och svenska, och 3. lättläst svenska.“

11 „litteratur [..] oavsett publiceringsform“.

12 „delaktighet i kulturlivet“; zur Verwirklichung der eigenen Lebensziele: „att förverkliga sina livsmål“. Vgl.Stockholm stad: Strukturplan för Stockholms stadsbibliotek 2017–2020 (07.03.2017), S. 6. Online: <https://insynsverige.se/documentHandler.ashx?did=1878711>, Stand: 04.12.2021.

13 Zum Procedere der Bibliotheksplanerstellung siehe Kungliga biblioteket: Biblioteksplan 2.1. Dnr 2017-525, Stockholm 2017, bes. S. 10–11. Online: <https://www.kb.se/download/18.2d42b28e16b415de147f3c/1611326768393/Biblioteksplan-2.1-2017-dnr-2017_525.pdf>, Stand: 03.12.2021. Ein Bibliotheksplan umfasst durchschnittlich ca. 15 Seiten. Die Verpflichtung, Bibliothekspläne zu erstellen, wurde 2019 nachgeschärft (§ 17). Diese Pflicht erhält damit Vorrang vor der kommunalen Selbstverwaltung. Schweden ist in 21 Provinzen („län“) und 290 Gemeinden („kommuner“) eingeteilt. Die ‚regionale Ebene‘ umfasst die Provinzen und deren Verwaltungen, deren Arbeit von Kommunalgesetzen geregelt ist, hinsichtlich der regionalen Selbstverwaltung aber auch Spielräume aufweist. Das Gesundheitswesen wird regional organisiert. Die Kommunen sind für wesentliche Dienstleistungen vor Ort, d.h. für u.a. Fürsorge, Kinderbetreuung, Schulen und Bibliotheken zuständig. Der Gemeinderat trifft die Beschlüsse. Wie auf regionaler Ebene bildet das Kommunalgesetz den Rahmen; zugleich sind Elemente der Selbstverwaltung vorgesehen (vgl. Regeringskansliet: So wird Schweden regiert, Stockholm 2014, S. 10).

14 Uppsala kommun: Biblioteksplan 2018–2020 för Uppsala kommun (26.02.2018), S. 3. Online: <https://www.uppsala.se/contentassets/8bd2d5cecaa94d9f852576e885795c81/biblioteksplan-2018-2020.pdf>, Stand: 04.12.2021.

15 Uppsala kommun: Biblioteksplan 2018–2020, S. 3. Das Finnische ist in diesem Bezirk eine historische Verwaltungssprache.

16 Stockholm stad: Här är världen större. Biblioteksplan för Stockholms bibliotek 2016–2020 (Nov. 2016), S. 9. Online: <http://regionbiblioteket.se/wp-content/uploads/2016/11/Biblioteksplan-2016-2020SSB.pdf>, Stand: 04.12.2021.

17 Der Bibliotheksplan für die Region Uppsala wurde vom Kulturgremium der Region Uppsala (kulturnämnd; <https://www.uppsala.se/kommun-och-politik/organisation/namnder/kulturnamnden/?selectedyear=2022>) in Auftrag gegeben und von der Einheit für Kultur und Bildung des Bezirks Uppsala erstellt (<https://regionuppsala.se/det-har-gor-vi/om-region-uppsala/organisation/kultur-och-bildning/>). Dieser Plan zielt auf eine stärkere regionale Kooperation der Akteur*innen, auf Inklusion, Digitalisierung und Weiterbildung ab.

18 Vgl. Region Uppsala: Biblioteksplan Region Uppsala 2020–2023 (19.03.2020), S. 10. Online: <https://regionuppsala.se/globalassets/kulturutveckling/biblioteksutveckling/biblioteksplan-region-uppsala-2020-2023-antagen-version.pdf>, Stand: 04.12.2021.

19 Vgl. Region Uppsala: Biblioteksplan Region Uppsala 2020–2023, S. 11. Diese Kritik wird vertieft im Bericht Kungliga bibliotek: Biblioteken och de nationella minoritetsspråken. En lägesbeskrivning. Stockholm 2018, Online: <https://urn.kb.se/resolve?urn=urn:nbn:se:kb:publ-331>.

20 Vgl. Region Uppsala: Biblioteksplan Region Uppsala 2020–2023, S. 10.

21 Vgl. Region Uppsala: Biblioteksplan Region Uppsala 2020–2023, S. 11.

22 Stockholm stad: Här är världen större, S. 6.

23 Stellvertretend hierfür Stockholm stad: Här är världen större, Titelseite.

24 Als weitere relevante Gruppen sind Menschen zu nennen, die in einem medientechnologischen Außenseitertum („utanförskap“) gelandet sind. Die Bekämpfung des digital divide steht ganz im Zeichen der Erhöhung der Bildungsgerechtigkeit, zu der die Bibliotheken seit den Anfängen der Bildung für alle („folkbildning“) erfolgreich beigetragen haben (Jennische, Rikard, Chef der Bibliothekseinheit ‚Erwachsene und Jugendliche‘. Interview geführt von der Verfasserin, Uppsala, 28.05.2018).

25 Kungliga biblioteket: Trend 2017 – kommunala biblioteksplaner, Koordinatorin Elisabeth Rundqvist, Stockholm 2018, S. 7. Online: <https://www.kb.se/samverkan-och-utveckling/nytt-fran-kb/nyheter-samverkan-och-utveckling/2018-08-14-trend-2017---kommunala-biblioteksplaner.html>, Stand: 10.09.2021.

26 Vgl. Sennett, Richard: Die offene Stadt. Eine Ethik des Bauens und des Bewohnens. Berlin 2018, S. 256–259. Mit dieser Frage steht das wichtige Forschungsgebiet der Bibliotheksarchitektur in Verbindung.

27 Dabei ist hervorzuheben, dass auch von Vertreter*innen der Bibliothekswissenschaft der Identifikationswert der Arena anerkannt wird (vgl. Audunson, Ragner; Evjen, Sunniva: The public library: an arena for an enlightened and rational public sphere?, in: IRinformationresearch, University of Borås, 22 (1), 2017. Online: <http://informationr.net/ir/22-1/colis/colis1641.html>; vgl. Carlsson, Hanna; Rivano Eckerdal, Johanna: Det osynliggjorda arbetet: Konflikter och möjligheter för (folk)bibliotekariernas kompetenser i en politiskt turbulent tid, in: Hansson, Joacim; Wisselgren, Per (Hg.): Bibliotekarier i teori och praktik, 2018, S. 191–208, hier S. 195).

28 „tillitsskapande arenor för stockholmare“, Stockholm stad: Strukturplan 2017–2020, S. 4.

29 „[..] kan folkbiblioteken beskrivas både som en demokratisk arena och aktör“, Region Uppsala: Biblioteksplan Region Uppsala 2020–2023, S. 8.

30 „stomme för en stark och livskraftig demokrati“, Uppsala kommun: Biblioteksplan 2018–2020 för Uppsala kommun (26.02.2018), S. 6. Online: <https://www.uppsala.se/contentassets/8bd2d5cecaa94d9f852576e885795c81/biblioteksplan-2018-2020.pdf>, Stand: 04.12.2021.

31 Vgl. Carlsson, Hanna; Rivano Eckerdal, Johanna: Det osynliggjorda arbetet, S. 196.

32 Vgl. Audunson, Ragner; Evjen, Sunniva: The public library: an arena for an enlightened and rational public sphere?, in: IRinformationresearch, University of Borås, 22(1), 2017. Online: <http://informationr.net/ir/22-1/colis/colis1641.html>; vgl. Carlsson, Hanna; Johanna Rivano Eckerdal: Det osynliggjorda arbetet: Konflikter och möjligheter för (folk)bibliotekariernas kompetenser i en politiskt turbulent tid, in: Hansson, Joacim; Wisselgren, Per (Hg.): Bibliotekarier i teori och praktik, 2018, S. 191–208, hier S. 195.

33 Uppsala kommun: Biblioteksplan 2018–2020, S. 6–7.

34 Vgl. Uppsala kommun: Biblioteksplan 2018–2020, S. 6.

35 Region Uppsala: Biblioteksplan Region Uppsala 2020–2023, S. 9.

36 ebd.

37 Medborgarkontoret i Älvsjö. Online: <https://start.stockholm/hitta-medborgarkontor/medborgarkontor/medborgarkontoret-i-alvsjo/>, Stand: 13.09.2021.

38 Vgl. Stockholm stad: Här är världen större, S. 2.

39 Vgl. ebd. S. 4.

40 Vgl. ebd.

41 Vgl. ebd. S. 7.

42 Audunson, Hobohm, Tóth: LAM Professionals and the Public Sphere, S. 166.

43 „med värme, personlighet och mod“, vgl. Stockholm stad: Här är världen större, S. 7.

44 Alm Dahlin, Johanna: Society Retreats – A Report about the Work Environment in Swedish Libraries, in: Public Library Quarterly, 40 (1), 2021, S. 77–94.

45 Alneng, Marika: Bibliotek som medborgarkontor? Stockholm 2021. Online: <https://wwwbiblioteksfor.cdn.triggerfish.cloud/uploads/2021/10/biblioteken-som-medborgarkontor-2021-ok.pdf>, Stand: 05.12.2021. Alnengs Bericht bezieht sich nicht auf Stockholm City und Uppsala, sondern auf 29 schwedische Kommunen und deren Bibliothekspläne, darunter Malmö, Huddinge südlich von Stockholm sowie mehrere Bezirke in Schwedens Norden.

46 Vgl. Alneng: Bibliotek som medborgarkontor?, S. 7.

47 Vgl. Alneng: Bibliotek som medborgarkontor?, S. 13.

48 Rivano Eckerdal: Att vara till för alla men inte för allt.

49 Vgl. Hobohm, Hans-Christoph: Bibliotheken und Demokratie in Deutschland, in: o-bib, 2019(4), S. 7–24, hier S. 21. Online: <https://www.o-bib.de/article/view/5534/7940>, Stand: 28.05.2021.

50 Vgl. Jennische, Interview, 28.05.2018.

51 Rivano Eckerdal, Johanna: Att vara till för alla men inte för allt. PM, Lund 2019 Online: <https://lup.lub.lu.se/search/ws/files/57745761/pm_folkbibliotekariers_demokratifr_mjande_arbete.pdf>, Stand: 15.09.2021.

52 Audunson, Ragnar: Do We Need a New Approach to Library and Information Science?, in: BIBLIOTHEK – Forschung und Praxis, 42 (2), 2018, S. 357–362, hier S. 361.

53 Habermas, Jürgen; Friedrich, Lisa: „Es gibt keine unbeweglichen Identitäten“. Gespräch mit Jürgen Habermas, in: Philosophie Magazin Sonderausgabe 19, Herbst 2021/Winter 2022, S. 10–17, hier S. 15.

54 ebd.

55 Vgl. Rivano Eckerdal, Johanna: Att vara till för alla men inte för allt, S. 8–9; Rivano Eckerdal, Johanna: Libraries, democracy, information literacy, and citizenship. An agonistic reading of central library and information studies’ concepts, in: Journal of Documentation, 73 (5), 2017, S. 1010–1033. Online: <https://doi.org/10.1108/JD-12-2016-0152>. Zum „agonistischen Pluralismus“ bes. S. 1013–1016. Vgl. Mouffe, Chantal: Das demokratische Paradox [2000]. Wien, Berlin 2015, S. 104; zum „agonistischen Demokratiemodell“ besonders S. 85–106.

56 Vgl. Rivano Eckerdal: Att vara till för alla men inte för allt, S. 9; vgl. Mouffe: Das demokratische Paradox, S. 96.

57 Mouffe: Das demokratische Paradox, S. 104–105.

58 ebd.

59 Vgl. Mouffe: Das demokratische Paradox, S. 95.

60 Vgl. Hedemark, Åse: Bevara eller förändra? En analys av debatten om folkbiblioteket i dagspress 2007–2017, in: Hansson, Joacim; Wisselgren, Per (Hg.): Bibliotekarier i teori och praktik. Utbildningsperspektiv på en unik profession, Lund 2018, S. 211–231, hier S. 218–219.

61 Ludvigsson, Maria: Måste det vara stök på ett bibliotek?, 26.08.2021.

62 Dass es keine bibliothekarischen Material- oder Sachfragen außerhalb eines sozialen Kontextes gibt, stellt Hobohm heraus (vgl. Hobohm: Warum brauchen wir eine neue Bibliothekswissenschaft?, in: BIBLIOTHEK – Forschung und Praxis, 42 (2), 2018, S. 233–337, hier S. 334).

63 Diese Partei verwendet die nostalgische Inszenierung des ‚folkhem‘ (sozialdemokratischen Volksheims), mit der Absicht, eine nationalgeschichtlich verlässliche Epoche mit einer angeblich homogenen Bevölkerungszusammensetzung heraufzubeschwören.

64 Fichtelius, Erik: Inledning, in: Fichtelius: Den femte statsmakten, Stockholm 2018, S. 11–17.

65 SD sind im Parlament vertreten, aber nicht an der Regierung beteiligt. Diese neben den Sozialdemokraten und Konservativen drittstärkste Partei Schwedens übt seit 2014 verstärkt politischen Einfluss aus. Momentan erlebt die sozialdemokratische Partei einen gewissen Aufschwung (Stand Dezember 2021).

66 Fichtelius, Erik (Hg.): Den femte statsmakten, Stockholm 2018.

67 Rojas, Carlos: Bibliotekens roll för integration och språklig mångfald, in: Fichtelius: Den femte statsmakten, Stockholm 2018, S. 141-169. Hobohm erwähnt, dass bei den ALMPUB-Befragungen von deutschsprachigen Nutzer*innen dem integrativen Vermögen der Bibliothek vergleichsweise wenig Bedeutung beigemessen wurde (Hobohm: Bibliotheken und Demokratie in Deutschland, 2019, S. 17).

68 Vgl. Fichtelius, Erik: Inledning, S. 12.

69 Fichtelius, Erik; Persson, Christina; Enarson, Eva (Hg.): Demokratins skattkammare. Förslag till en nationell biblioteksstrategi, Stockholm 2019. Online: <https://libris.kb.se/bib/8j4tcb5g69kl2544>, Stand: 14.9.2021.

70 Sundeen, Johan: Ovälkommen granskning, in: Axess 2021 (6), S. 24–27. Siehe auch Sundeen, Johan; Blomgren, Roger: Offentliga bibliotek som arena för aktivism, in: Nordisk Kulturpolitisk Tidsskrift, 23 (2), 2020, S. 159–179. Online: <https://www.idunn.no/doi/pdf/10.18261/issn.2000-8325/2020-02-06>, Stand: 08.12.2021.

71 Damit hebt Sundeen in der Tat eine markante Entwicklungstendenz hervor: Während im Bibliotheksgesetz die offizielle Institution maßgeblich ist, stehen in den Bibliotheksplänen die Nutzer*innen im Vordergrund.

72 „biblioteken som arenor för samhällsutveckling i socialistisk riktning“, Sundeen: Ovälkommen granskning, S. 25.

73 Vgl. Sundeen: Ovälkommen granskning, S. 25.

74 Sundeen spielt u.a. auf redigierende Eingriffe in literarische Texte sowie den restriktiven Umgang mit kolonialistischen Texten an.

75 Vgl. Sundeen, Johan: Ovälkommen granskning, S. 27.

76 Olsson, Henrik: SD-topp ifrågasätter pjäs av Selma Lagerlöf på arabiska, 18.12.2019. Online: <https://sverigesradio.se/artikel/7360850>, Stand: 04.12.2021; Olsson, Henrik: Ministern om dockteater: Politiker skal inte strypa kulturen, 18.12.2019. Online: <https://sverigesradio.se/artikel/7368810>, Stand: 04.12.2021.

77 Siehe auch Lundin, Caroline; Hill, Siri: SD: Vissa bibliotekstjänster skall vara knutna till medborgarskap. Online. <https://www.svt.se/kultur/sd-personer-utan-svenskt-medborgarskap-ska-inte-fa-lana-bocker>, Stand: 15.09.2021.

78 Rivano Eckerdal, Johanna: Att vara till för alla men inte för allt, Lund 2019.

79 Vgl. Hobohm, Hans-Christoph: Vertrauen und Verantwortung. Kardinalprinzipien der („Informations-“) Infrastruktur. Vortrag 25.06.2021, in: Information, Wissenschaft und Praxis, 2022, S. 1–11, hier S. 2.

80 Mouffe, Chantal: Das demokratische Paradox, Wien u.a. 2015, S. 85–106.

81 Bezeichnenderweise wurde das Bibliotheksgesetz noch vor dem großen Durchbruch von Sverigedemokraterna bei der Parlaments- und Europawahl 2014 verfasst; die Art und Intensität der Angriffe auf die Demokratie waren zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar. Der Trendbericht von 2017 weist die Jahre 2014 und 2015 als Umbruchszeit aus, vgl. Kungliga biblioteket: Trend 2017 – kommunala biblioteksplaner, S. 5.

82 Siehe die Hinweise von Rivano Eckerdal zur Arbeit mit den Bibliotheksplänen (Rivano Eckerdal, Johanna: Att vara till för alla men inte för allt, S. 6–7).

83 Vgl. Region Uppsala: Biblioteksplan Region Uppsala 2020–2023, S. 9.

84 Vgl. Hansson, Joacim; Wisselgren, Per (Hg.): Bibliotekarier i teori och praktik, 2018; Fichtelius, Erik (Hg.): Den femte statsmakten, Stockholm 2018.