FID, FDM und DH: Update für Fachreferentinnen und Fachreferenten der Anglistik / Amerikanistik und angrenzender Fächer

Etwa fünf Jahre nach dem letzten Zusammentreffen fand Anfang Februar dieses Jahres an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen eine zweitägige Fortbildung für Fachreferentinnen und Fachreferenten der Anglistik / Amerikanistik und angrenzender Fächer statt, an der mehr als zwanzig bundesweit angereiste Kolleginnen und Kollegen teilnahmen. Zur Veranstaltung eingeladen hatten die VDB-Kommission für Fachreferatsarbeit und der FID Anglo-American Culture (FID AAC), vertreten durch die Organisatorinnen Dr. Karolin Bubke (VDB / BIS Oldenburg) und Dorothea Schuller (SUB Göttingen).

In einer Mischung aus Fachvorträgen und Diskussionsrunden wurden aktuelle Anforderungen an das Fachreferat thematisiert, wobei die Services des an der SUB Göttingen und der Bibliothek des John-F.-Kennedy-Instituts für Nordamerikastudien (JFKI) angesiedelten FID AAC einen inhaltlichen Schwerpunkt bildeten. Ein Vortrag zu den Angeboten von DARIAH-DE erweiterte den bibliothekswissenschaftlichen Fokus, während ein Fachvortrag zum Forschungsprojekt „Fiction meets Science“ der Universitäten Oldenburg und Bremen den Blick in die Wissenschaft ermöglichte.

Literaturerwerbung im FID AAC an der SUB Göttingen

Dorothea Schuller (SUB Göttingen) widmete sich in ihrer Präsentation der Erwerbungspraxis des FID AAC, der sich nach Förderbeginn 2016 mittlerweile in der zweiten DFG-Förderphase befindet. An der SUB Göttingen umfasst die Literaturerwerbung im Zuge des FID die Fächer Amerikastudien, Anglistik / Großbritannien- und Irlandstudien, Australien- und Neuseelandstudien sowie die Kanadastudien. Dabei versteht sich der FID AAC nicht als ausschließlich philologischer FID: Indem man sich an der Entwicklung der immer stärker interdisziplinär arbeitenden anglophonen Forschung orientiert, werden im FID Quellen erworben, die sich auch im Bereich der Politik- oder Geschichtswissenschaften als relevant herausstellen können. Aus diesem Grund definiert der FID AAC seinen Nutzerkreis möglichst weit: Analoge Medien wie Bücher, DVDs oder Zeitschriftenaufsätze in Kopie können von allen Nutzerinnen und Nutzern per Fernleihe bestellt werden; für den Zugriff auf lizenzierte elektronische Ressourcen wird einzig die Affiliation mit einer Forschungsinstitution vorausgesetzt, die anhand der E-Mail-Adresse des oder der Forschenden verifiziert wird. Inhaltlicher Fokus von Dorothea Schullers Vortrag war das Spannungsfeld zwischen digitalen und analogen Medien, das die Erwerbung für den FID an der SUB Göttingen auszeichnet. So zeigen knapp 700 Abonnements für Printzeitschriften innerhalb des FID, dass entgegen der anfänglichen E-only-Policy der DFG weiterhin häufig Print erworben wird. Die Gründe dafür sind vielfältig: Erstens erscheinen manche Veröffentlichungen gerade kleinerer Societies ausschließlich gedruckt, zweitens ist die Umstellung auf Nationallizenzen aufgrund der extremen Preissteigerungen der Verlage oft nicht möglich, und drittens führen Restrik­tionen in der Fernleihe von E-Journals und E-Books dazu, dass Printerwerbung bevorzugt wird.

The Stacks – das Open-Access-Fachrepositorium des FID AAC

Einen weiteren Service des FID AAC stellten Wiebke Kartheus und Dr. Tomasz Stompor (SUB Göttingen) vor: Bei dem seit 2018 betriebenen Repositorium „The Stacks“1 handelt es sich um ein interdisziplinäres Open-Access-Fachrepositorium, das sich als die zentrale Vernetzungsplattform für die deutsche anglophone Wissenschaft etablieren will, auf der Forschung sichtbar und suchbar gemacht werden kann. Dabei dient The Stacks zur Publikation und Archivierung von Erst- und Zweitveröffentlichungen, zu denen neben Zeitschriftenaufsätzen und Monographien unter anderem Kapitel aus Sammelbänden sowie graue Literatur und Ephemera wie Vorträge und Vorlesungen gehören. Halbautomatisiert mittels DOI oder PPN in das Repositorium eingelesen, sollen die Publikationen künftig als personalisierte Bibliographien erscheinen. Als besonderen Service bietet The Stacks Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an, sie bei der oft zeitintensiven und umfangreichen Prüfung von Zweitveröffentlichungsrechten mittels Sherpa/Romeo zu unterstützen, um so ihre Partizipation an The Stacks zu erhöhen.

Literaturerwerbung am FID AAC an der Bibliothek des John-F.-Kennedy-Instituts für Nordamerikastudien (JFKI)

Seinen Abschluss fand der Einblick in die Arbeit des FID AAC mit einem Beitrag von Medea Seyder von der Bibliothek des JFKI (Bibliothekssystem der FU Berlin), die die Sammlungen ihrer Bibliothek vorstellte: Als Projektpartnerin der SUB Göttingen übernimmt diese die Erwerbung US-amerikanischer und kanadischer Zeitungen, Comics und Graphic Novels sowie TV-Serien auf DVDs. Auch hier gestaltet sich der Übergang von gedruckten zu elektronischen Medien oft schwierig, wie Medea Seyder verdeutlichte. Beispielsweise werden Tageszeitungen weiterhin auf Mikrofilm vorgehalten, da E-Lizenzen nur selten von einzelnen Bibliotheken zu finanzieren sind. Neben den Angeboten im Rahmen des FID berichtete Medea Seyder von lokalen Entwicklungen im Bestandsaufbau des FU-Bibliotheksystems, das seit 2018 im Bereich der Film- und Seriensammlungen erste Erfahrungen mit Streamingdiensten wie Kanopy sammelt. Die Gründe dafür sind vielfältig: Während einzelne Serien der Anbieter HBO, Amazon Prime, Hulu, Apple TV, Netflix und Disney+ oft gar nicht erst auf DVD erhältlich sind, kommt es bei DVDs vermehrt zu Problemen. So verfügen Nutzerinnen und Nutzer häufig gar nicht mehr über die notwendige Hardware zum Abspielen einer DVD, und die überregionale Forschungsversorgung mit Hilfe von DVDs ist nicht optimal.

Services von DARIAH-DE im Bereich Digital Humanities

Die Präsentation von Dr. Andrea Bertino (SUB Göttingen) zu den Angeboten von DARIAH-DE spannte den Bogen vom FID zu den Digital Humanities. DARIAH-DE, die digitale Forschungsinfrastruktur für die Geistes- und Kulturwissenschaften,2 befindet sich seit 2019 im Dauerbetrieb und wird bis 2021 mit CLARIN-D zu CLARIAH-DE verwoben, um zuvor getrennt voneinander bestehende Services gebündelt betreiben zu können.

Die Ziele von DARIAH-DE bestehen im Wesentlichen in der Schaffung von Rahmenbedingungen für DH-Forschungsaktivitäten, der Durchführung und Begleitung von Forschungsprojekten und der Förderung des akademischen Nachwuchses. Zu diesem Zweck wurden Workshops und Schulungsmaterialien angeboten und Empfehlungen zu fachwissenschaftlichen Methoden und Services ausgesprochen; ebenfalls bietet DARIAH-DE Unterstützung beim Forschungsdatenmanagement sowie verschiedene Services und Werkzeuge im Bereich der technischen Infrastruktur an. Mit TextGrid hat DARIAH-DE dabei eine virtuelle Forschungsumgebung für die Geisteswissenschaften entwickelt, die die Erarbeitung digitaler Editionen befördert und sich mittlerweile gut in der Wissenschaftscommunity etabliert hat, wie knapp 2.000 registrierte Nutzerinnen und Nutzer sowie etwa 80 mit TextGrid umgesetzte und publizierte Projekte zeigen.

„Fiction meets Science“ – Forschung meets Fachreferat!

Wie das Zusammenspiel von Fachreferatsarbeit und Forschung gelingen kann, zeigte Dr. Anna Auguscik (Carl von Ossietzky-Universität Oldenburg), die in ihrem Vortrag das Projekt „Fiction Meets Science“ der Universitäten Oldenburg und Bremen vorstellte.3 Seit 2014 beschäftigen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedener Fachdisziplinen in „Fiction meets Science“ mit Fragen, wie naturwissenschaftliche Forschung in Wissenschaftsromanen verarbeitet wird oder wie die dargestellte Wissenschaftscommunity die Fiktion der Romane rezipiert. Im Verlauf ihrer Forschung ergaben sich für Dr. Anna Auguscik immer wieder Anknüpfungspunkte zur Arbeit der zuständigen Fachreferentin der Universitätsbibliothek: Neben Anfragen zur Lizenzierung und Beschaffung benötigter Literatur wurden Informationen eingeholt zum Umgang mit großen Datenmengen und Literaturverwaltungsprogrammen wie Citavi und Endnote. Die Synergien, die sich aus einem engen Zusammenarbeiten in Wissenschaft und Fachreferat ergeben können, zeigten sich auch in der anschließenden Diskussion: Hier wurden unter anderem Ideen ausgetauscht, mit welchen Tools sich die im Projekt erhobenen Daten visualisieren lassen können oder welche urheberrechtlich relevanten Aspekte im Umgang mit den Daten bedacht werden sollten.

Diskussionen zum Berufsbild Fachreferat, Informationskompetenzvermittlung und Digital Humanities

Neben den genannten Fachvorträgen bot die Fortbildungsveranstaltung den Teilnehmenden genügend Zeit zum Erfahrungsaustausch und zur Vernetzung untereinander. So wurden an Diskussionstischen aktuelle Anforderungen an das Fachreferat, Fragen der Informationskompetenzvermittlung und Services und Tools im Bereich der Digital Humanities erörtert.

In der Diskussion zum Berufsbild zeigte sich, dass Fachreferatsarbeit und fachliche Expertise oft wenig Wertschätzung erfahren, obwohl der persönliche Austausch zwischen Fachreferent/in und Forschenden große Mehrwerte schafft. Mehrfach betonten die Kolleginnen und Kollegen, dass ihnen wenig Zeit für die intensive Betreuung ihrer Fachreferate zur Verfügung stehe, da sie vielfach in weitere Aufgabengebiete eingebunden seien. Auch die Kolleginnen und Kollegen, die sich mit der Informationskompetenzvermittlung auseinandersetzten, hoben hervor, wie wichtig Sichtbarkeit und Präsenz der Fachreferent/inn/en in der Zentral- und, in zweischichtigen Systemen, vor allem auch in Institutsbibliotheken ist. Die Kolleginnen und Kollegen des Digital Humanities-Tisches sprachen sich dafür aus, dass Anforderungen im Forschungsdatenmanagement sowie personelle Zuständigkeiten schon bei der Antragstellung von DH-Projekten festgelegt sein sollten. Aufgabe von Fachreferent/inn/en, die als DH-Ansprechpartner/innen fungieren, sei es, sowohl engen Kontakt zu den Forschenden zu suchen als auch Kooperationen mit Rechenzentren und der Informatik voranzutreiben. Probleme im Bereich von DH-Tools sahen die Kolleginnen und Kollegen in der Gewährleistung der Nachhaltigkeit von Eigenentwicklungen sowie im oft erforderlichen Expertenwissen im Umgang mit entsprechenden Werkzeugen, was die Beratung von Forschenden bisweilen erschwert.

Im Verlauf der Fortbildung zeigte sich immer wieder, wie wichtig der kollegiale Austausch unter den Fachreferentinnen und Fachreferenten ist. Um Vernetzung auch außerhalb von Veranstaltungen wie dieser zu ermöglichen, hat der FID AAC eine Mailingliste für Fachreferent/inn/en der Anglistik, Amerikanistik und angrenzender Fächer ins Leben gerufen, in der Best Practices und Informationen zu neuen Entwicklungen mitgeteilt werden können. Die Mailingliste kann ab sofort unter https://listserv.gwdg.de/mailman/listinfo/fachref-anglistik-amerikanistik abonniert werden.

Ein ausführlicher Blogbeitrag zur Fortbildung findet sich auf der Webseite des FID AAC.4

Sonja Rosenberger, Universitätsbibliothek Bochum

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5591

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1 The Stacks, <https://thestacks.libaac.de>, Stand:19.02.2020.

2 DARIAH-DE. Digitale Forschungsinfrastruktur für die Geistes- und Kulturwissenschaften, <https://de.dariah.eu/en/startseite>, Stand: 19.02.2020.

3 Fiction Meets Science, <https://www.fictionmeetsscience.org/ccm/navigation/>, Stand: 19.02.2020.

4 Kartheus, Wiebke: VDB-Fortbildung beim FID AAC, 25.02.2020, <https://libaac.de/home/full-view-post/detail/News/vdb-fortbildung-beim-fid-aac/>, Stand: 06.03.2020.