BibCamp 2019 – (k)eine Alternative zum Bibliothekartag

Bericht vom 12. BibCamp, Köln 15./16.11.2019

Die Suche nach alternativen Formen des fachlichen Austausches in Form eines Barcamps, aber auch die Möglichkeit andere Themen und Perspektiven aufzugreifen, als sie bei den Bibliothekartagen angeboten werden, war 2008 der Auslöser für das erste BibCamp - damals an der FH Potsdam. Seitdem haben 11 weitere BibCamps stattgefunden.1 Das nunmehr 12. BibCamp fand am 15. und 16. November 2019 in den Räumen des Instituts für Informationswissenschaft der TH Köln statt. Es wurde – wie bereits 2012 - von der TH Köln und erneut von einem studentischen Team unter der Leitung von Tom Becker und Ursula Georgy organisiert.

Das weitgehend über Social-Media-Kommunikationswege2 beworbene BibCamp versammelte ca. 80 Teilnehmende aller Altersgruppen aus dem deutschsprachigen In- und Ausland. Es bot mit dieser Größenordnung einen gelungenen Rahmen für die Diskussion all jener Themen, die für die Teilnehmenden aktuell relevant waren bzw. ihnen vielleicht sogar „auf den Nägeln“ brannten. Ganz bewusst wurden diese Themen entsprechend dem Barcamp-Konzept nicht schon lange im Vorfeld festgelegt. Sie konnten lediglich im Vorhinein über einen Wiki-Eintrag vorgeschlagen werden. Erst in der Vorschlagsession, die an beiden Tagen des BibCamps jeweils morgens stattfand und bei der alle Teilnehmenden sich einbringen konnten, wurde entschieden, welche Themen in den Sessions des jeweiligen Tages diskutiert werden sollten. Diese inhaltliche Spontanität und Dynamik referenziert ganz bewusst auf das Zustandekommen von Gesprächen am Rande von Fachtagungen. Im Unterschied dazu aber ist der ad hoc-adressierte Kreis beim BibCamp das Plenum der Teilnehmenden. So können sowohl Kernthemen der Fachdiskussion zum Thema des BibCamps werden wie fachlich eher randständige Fragestellungen. Das bietet auch die nicht zu unterschätzende Möglichkeit, gerade jüngere oder noch nicht bzw. wenig in der Fachöffentlichkeit aufgetretene Teilnehmende mit einzubeziehen. Insofern ist die Themenfindung für Sessions auch diesbezüglich eine interessante Alternative zu den gängigen Fachkonferenzen der Branche.

Dennoch waren die in den Vorschlagssessions an den beiden Veranstaltungstagen zur Debatte gestellten Themen nicht in Gänze andere als jene von Bibliothekartagen und anderen Fachkonferenzen, wie die beiden nachfolgenden Übersichten zeigen (vgl. Grafik 1 und Grafik 2).

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Zudem boten die jeweiligen Sessions in stärkerem Maße als üblich die Chance zu einer anderen Diskussionskultur: Gleichberechtigte Diskussionsteilhabe für alle, die an einer Session teilnahmen, die (aufgegriffene) Möglichkeit, subjektive Wahrnehmungen als solche auch zu thematisieren und einzubringen sowie das grundsätzliche Ziel, möglichst viele Perspektiven und Erfahrungen einzubeziehen. Die Konsequenz dieses sehr offenen Sessionkonzeptes ist nicht notwendigerweise mangelnde Professionalität oder Systematik bei der Behandlung eines Themas. Im Gegenteil: Auch solche fachliche Reflexion kann auf hohem fachlichen Niveau stattfinden. Eine Fortbildung im eigentlichen Sinne ist eine solche Session aber allemal – und sei es zumindest auf der Ebene der Diskurskompetenz und -erprobung.

Ganz im Sinne der Idee dieser Tagungsform, wonach jedes Thema gleichberechtigt neben den anderen diskutierten Themen steht, soll hier nicht über einzelne Fragen vertieft berichtet werden. Wer ausführlicher nachlesen mag, kann dies durch Aufrufen der aus der o.g. Webseite verlinkten jeweiligen Sessionprotokolle jederzeit tun. Diese Protokolle sind zumeist durch subjektive Perspektiven beeinflusst. Aber auch dies ist eben Teil des Konzeptes der Live-Veranstaltung. Begleitende Twitter-Kommentare (Hashtag: #bibcamp2019) ergänzen das Zusammengefasste.

Leicht ist erkennbar, dass 5/6 der 36 Themen und Sessions spartenübergreifend ausgerichtet sind und den gesamten Berufsstand der Bibliothekarinnen und Bibliothekare betreffen. Auffallend ist dabei das deutliche Interesse, für die Institution Bibliothek und als Mitarbeitende in diesen Einrichtungen zur offenen, demokratischen Positionierung und Willensbildung in der Gesellschaft beizutragen – im Alltag wie auch bei Konferenzen wie der re:publica5, bei denen Bibliotheken und ihre Rolle aus der Sicht von bisherigen re:publica-Teilnehmenden bislang noch zu wenig wahrgenommen wurden. Dieses grundsätzliche Thema der demokratischen Positionierung und Teilhabe von Bibliotheken in der Gesellschaft war ein dominierender Aspekt der Gespräche in den Pausen sowie bei der Abendveranstaltung.

Bei all diesen Gesprächen waren die Teilnehmenden perfekt versorgt mit bewusst regional und nachhaltig zusammengestellten Getränken und entsprechendem Essen, das ihre Fitness unterstützen sollte. Eine solche Rundumversorgung – erstmals durch einen kleinen Kostenbeitrag von 20 € mitfinanziert – war u.a. durch die Beiträge einer Vielzahl von Sponsoren möglich geworden.

Solche Sponsoren werden hoffentlich auch für das 13. BibCamp gefunden, das vom 13. bis zum 14. November 2020 an der FH Potsdam stattfinden wird. Schließlich bietet das BibCamp als Veranstaltungsform eine Gelegenheit zu intensivem persönlichen Austausch, Offenheit für aktuelle und ggf. auch randständige Themen sowie nicht zuletzt die Chance für Newcomer des Bibliotheks- und Informationsbereichs, Erfahrungen in der Organisation von Fachveranstaltungen zu sammeln. Ein großer Dank für all diese Erfahrungen beim BibCamp 2019 in Köln gebührt dem studentischen Organisationsteam unter Leitung von Tom Becker und Ursula Georgy.

Achim Oßwald, Technische Hochschule Köln

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/5577

Dieses Werk steht unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 4.0 International.

1 Eine Übersicht bietet ein Wikipedia-Artikel unter <https://de.wikipedia.org/wiki/BibCamp>, Stand: 31.1.2020.

2 Zur Dokumentation in den verschiedenen Kommunikationskanälen vergleiche Instagram: <https://www.instagram.com/bibcamp/>, Stand: 31.1.2020, Twitter: <https://twitter.com/bibcamp?lang=de/>, Stand: 31.1.2020, Facebook: <https://www.facebook.com/DasBibCamp/>, Stand: 31.1.2020.

4 Quelle: Ebd.

5 Vgl. <https://20.re-publica.com/de>, Stand: 31.1.2020.