Kurzbericht zum Workshop Netzwerk Digitale Reproduktion in Bibliotheken an der ULB Darmstadt

Intention

Am 21. und 22. März 2019 fand in der ULB Darmstadt der Workshop Netzwerk Digitale Reproduktion in Bibliotheken mit 14 Teilnehmenden aus 12 Einrichtungen statt. Dieser soll den Auftakt bilden zu einer verstärkten Vernetzung des Fachpersonals aus den Reproduktionsabteilungen von Bibliotheken mit Altbestand und umfangreichen digitalen Sammlungen, sowie langfristig auch mit Archiven.

Anlass zu diesem Workshop ist der Umstand, dass für Fachkräfte im Bereich der digitalen Reproduktion noch kaum organisierte Vernetzungsstrukturen existieren. Dauerhaft tätige überregionale Gremien für Fachpersonal zur Retrodigitalisierung von Altbestand existieren nicht. Dabei wäre insbesondere auf diesem hoch spezialisierten Tätigkeitsfeld ein fachlicher Austausch sehr hilfreich, da sich die Akquise von „Insiderwissen“ als sehr komplex erwiesen hat. Koordinierungsstellen und (Portal-)Initiativen sind derzeit eher regional (digiS /Brandenburg-digital, dilibris) tätig.

Die Zielgruppe war vorwiegend Fachpersonal mit dem Schwerpunkt auf der anspruchsvollen digitalen Reproduktion von Altbestand, welches Digitalisierungsprojekte mit mittleren Mengengerüsten und hohen konservatorischen Anforderungen durchführt. Im Vordergrund standen bei dem Workshop neben dem Wissensaustausch auch die Ermittlung des zukünftigen Wissensbedarfs und weitere mögliche Formate der Vernetzung. Aus diesem Grund wurde die Veranstaltung ergebnisoffen konzipiert, um allen Teilnehmenden Raum für Partizipation und Gestaltung zu geben.

Format und Teilnehmende

Der Workshop bestand aus moderierten Diskussionsrunden zu drei Themenblöcken:

Den Abschluss bildete eine offene Diskussionsrunde zur Sammlung weiterer Ideen.

Die 14 Teilnehmenden kamen neben der ULB Darmstadt als Veranstalter aus folgenden Institutionen: BLB Karlsruhe, HAB Wolfenbüttel, HLB Fulda, SUB Göttingen, UB Gießen, UB Heidelberg, UB Kassel, UB Mannheim, UB Marburg, WLB Stuttgart, HLB Wiesbaden, Hessisches Staatsarchiv Darmstadt (HStAD).

Grundlegende Ergebnisse

Allgemein lässt sich feststellen, dass alle Abteilungen hinsichtlich ihrer institutionellen Verankerung, Personalstruktur und teilweise auch Aufgabenstellung unterschiedlich sind. Als Faktoren wirken hauspolitische Rahmenbedingungen, finanzielle Spielräume und personelle Konstellationen. Neben dauerhaft bestehenden Scan-Dienstleistungen wie Digitization on Demand / Repro-Service als forschungsnahe Dienstleistung ist das Tätigkeitsfeld generell sehr von Projekten dominiert (interne sowie Drittmittelprojekte).

Die Arbeitsbereiche sind überwiegend in den Digitalen Diensten der Bibliotheken angesiedelt, vereinzelt aber auch an Sondersammlungen oder an die Bestandserhaltung angegliedert. Neben dem Stammpersonal sind häufig befristete Projektkräfte und studentische Hilfskräfte in den Digitalisierungswerkstätten zur Bedienung der Scanner beschäftigt.

Fotografisches Vorwissen ist bei Stammkräften nicht immer die Regel; Stammkräfte in Digitalisierungsabteilungen rekrutieren sich aus „klassischen“ bibliothekarischen Bereichen sowie aus der Bestandserhaltung oder der Informationstechnologie.

Die Tätigkeiten selbst sind dabei nicht immer dem reinen Scanning zuzuordnen; neben administrativen Aufgaben (Projektmanagement, Personal-Einsatzplanung) fallen in den Digitalisierungsabteilungen ebenso bibliothekarische (Strukturerfassung, Katalogisierung digitaler Sekundärausgaben etc. ) und technische Aufgaben (Wartung und Aufbau der Scan-, Kamera- und Serverinfrastruktur) an, so dass teilweise der komplette Workflow in einer Abteilung abläuft.

Im Bereich der Scantechnologien kommen Lösungen sämtlicher spezialisierter Hersteller zum Einsatz (Book2Net, Zeutschel, PhaseOne, Walter Nagel, SMA, Image Access, vereinzelt auch Proserv, etc.). Neben kamerabasierten Scannern sind häufig kompaktere, halbautomatische Systeme vertreten, um die Arbeit für angelernte Projekt- oder Hilfskräfte zu erleichtern. Dabei orientiert sich die Scan-Infrastruktur grundsätzlich an den Anforderungen des zu digitalisierenden Altbestands, den Vorkenntnissen des Personals und letzten Endes am Budget.

Für Qualitätssicherung, Bildbearbeitung und teilweise auch Kamera-Tethering kommen freie sowie proprietäre Programme zum Einsatz; dazu sind eigene Entwicklungen nötig, um den Workflow an die Anforderungen der Digitalisierungswerkstätten anzupassen und eine (Teil-)Automatisierung zu ermöglichen, beispielsweise in Form von Perl/Shell-Skripten.

Als Workflow- und Präsentationssoftware sind Goobi/Kitodo, Visual Library sowie DWork vertreten, zum Teil auch eigene Entwicklungen.

Weitere Desiderata

Im Laufe des Workshops wurden weitere Themen identifiziert. Es ist angedacht, in zukünftigen Workshops bestimmte Themen unter Beteiligung von Experten stärker in den Fokus zu rücken. Dazu gehören technische Verfahren wie OCR oder technisch-strategische Desiderata wie z.B. eine bundesweit einheitliche Lösung zur digitalen Langzeitarchivierung von Bilddateien.

Ein komplexes Thema bilden auch die rechtlichen Fragestellungen und der Umgang mit verwaisten und vergriffenen Werken, sowie das Verhältnis von Digitalisaten und physischen Exemplaren im reformierten Urheberrecht bei lokaler Präsentation.

Da viele Digitalisierungszentren mit der Ausarbeitung von DFG-Anträgen befasst sind, besteht der Wunsch nach Leitfäden und Best-Practices zur Kalkulation von Zeitaufwänden in Relation zu Blattzahlen und daran gekoppelten Budgets. Zusätzlich gibt es Bedarf an technischen Hilfsmitteln zum zentralen Projektmanagement in den Digitalisierungsprojekten und an Möglichkeiten, um Erfahrungswerte zusammentragen zu können. Ziele sind hierbei das Schaffen von Transparenz, verstärkter Austausch und ein leichterer Abgleich mit den Vorgaben. Generell ist ein objektiver fachlicher Austausch über Hardware (z.B. Erfahrungen mit Systemkameras) und über Anbieter am Markt gewünscht.

Themen zur Öffentlichkeitsarbeit und zum „Digitalisierungsmarketing“ standen weniger im Fokus, da diese eher im Bereich der allgemeinen Öffentlichkeitsarbeit verortet werden. Vereinzelt werden bereits redaktionelle Meldungen (Scan des Monats) oder automatische Meldungen per Feed von Digitalisierungszentren initiiert oder betreut.

Der Wunsch nach mehr Vernetzung wurde ausdrücklich von allen unterstützt. Zudem gab es Anregungen für Plattformen und zukünftige Workshop-Formate.

Till Ottinger, ULB Darmstadt

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/2019H3S78-80