Aus der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Am 15. und 16. Februar 2018 kam der Ausschuss für Wissenschaftliche Bibliotheken und Informationssysteme (AWBI) zum ersten Mal in seiner neuen Zusammensetzung für die Amtsperiode 2018/2019 zusammen.1 Frau Prof. Gudrun Oevel, Paderborn, wurde zur Vorsitzenden gewählt.

Folgende Themen wurden erörtert:

DFG-Impulspapier: Stärkung des Systems wissenschaftlicher Bibliotheken in Deutschland

Der AWBI hat ein Impulspapier „Stärkung des Systems wissenschaftlicher Bibliotheken in Deutschland“ verabschiedet. Bibliotheken unterscheiden sich heutzutage in ihren Angeboten für standortübergreifende bibliothekarische Dienstleistungen. Es erfolgt eine Ausdifferenzierung in Bibliotheken, die bestimmte Dienstleistungen entwickeln und anbieten, und in solche, die auf die angebotenen Dienste zurückgreifen. Jede Bibliothek ist aber in bestimmten Bereichen auf Dienstleistungen anderer Einrichtungen angewiesen. Daher entscheidet die funktionale Vernetzung von Bibliotheken über die Zukunftsfähigkeit des Gesamtsystems.

Das Impulspapier zeigt mit Blick auf die bibliothekarische Infrastruktur, die Bereitstellung von Inhalten für die Forschung sowie mit Blick auf die Erstellung von Katalogen und Nachweissystemen wesentliche Bereiche auf, in denen sich die Effizienz des Bibliothekssystems heute aufs Neue erweisen muss. Angesichts der zunehmenden Ausdifferenzierung sind klare, verbindliche Absprachen zwischen den Bibliotheken erforderlich, wenn das Gesamtsystem seine Leistung für Wissenschaft und Forschung weiterhin erbringen soll. Zudem müssen wissenschaftliche Bibliotheken ihr Zusammenwirken nicht nur untereinander neu organisieren, sondern sich in fachspezifischen, standortübergreifenden Kooperationen stärker auch mit dem Wissenschaftssystem vernetzen.

Das Impulspapiers wurde im Mai 2018 veröffentlicht.2

Zudem hat der AWBI das Positionspapier „Wissenschaftliche Bibliotheken 2025“ (Januar 2018) der Sektion IV des dbv mit großem Interesse zur Kenntnis genommen. Zusammen mit dem DFG-Positionspapier „Förderung von Informationsinfrastrukturen für die Wissenschaft“3 (März 2018) und dem in der jetzigen AWBI-Sitzung verabschiedeten DFG-Impulspapier liegen gute analytische Grundlagen und Problembeschreibungen vor. Darauf basierend sollen nun in einem nächsten Schritt – möglichst zusammen mit Vertreter/inne/n der Sektion IV des dbv – konkrete Handlungsoptionen erarbeitet werden.

Stand der Evaluierung des Programms „Fachinformationsdienste für die Wissenschaft“

Der AWBI hat sich über den aktuellen Stand der Evaluierung informiert. Im Rahmen der Evaluierung wurden die einzelnen Fachinformationsdienste (FID) befragt, wobei der Schwerpunkt auf der bedarfsgerechten, an der jeweiligen wissenschaftlichen Community ausgerichteten Angebotsplanung und deren Umsetzung lag. Durch die Befragung wurde erstmalig das Leistungsspektrum der FID erfasst. Die vom AWBI eingesetzte Kommission zur Evaluierung des Förderprogramms hat auf der Basis der Kurzauswertung aller 35 FID acht FID ausgewählt, in denen vertiefende Fallstudien zur weiteren Analyse durchgeführt werden sollen. Die vorgesehenen Vor-Ort-Fallstudien werden ergänzt, indem die wissenschaftlichen Nutzerinnen und Nutzer befragt werden und die Perspektive der wissenschaftlichen Bibliotheken ohne FID einbezogen wird. Zu den Themen der Bereitstellung digitaler Medien und der Lizenzierung wird das Kompetenzzentrum für Lizenzierung eingebunden werden.

Weiterentwicklung des Förderprogramms „Erschließung und Digitalisierung“

Wie in dem DFG-Positionspapier „Förderung von Informationsinfrastrukturen für die Wissenschaft“ (März 2018) dargestellt, soll das Programm „Erschließung und Digitalisierung“ für alle wissenschaftlich relevanten Objekte geöffnet werden. Dies bedeutet, dass die Entwicklung von Standards sowohl bei der Erschließung als auch bei der Digitalisierung weiter an Bedeutung gewinnen wird, auch, um die Interoperabilität der Ergebnisse gewährleisten zu können. Die Kommission Förderstrategie Erschließung und Digitalisierung, die bereits in die Vorbereitung des Positionspapiers involviert war, hat sich nun damit befasst, welche Themen noch zu klären sind, bevor dem AWBI Empfehlungen für ein neues Förderprogramm vorgelegt werden können. In der Diskussion haben sich die Erarbeitung eines Minimaldatensets sowie die Positionierung bei 3-D-Digitalisierungen herauskristallisiert. Dazu sollen in Unterarbeitsgruppen – zusammen mit weiteren Expertinnen und Experten – konkrete Ergebnisse erarbeitet werden.

Digitalisierung historischer Zeitungen

Der Abschlussbericht zur Pilotphase „Digitalisierung historischer Zeitungen“, in der die methodischen, technischen und organisatorischen Rahmenbedingungen für eine Förderung zur Digitalisierung von Zeitungen erarbeitet worden sind, war in der vergangenen Sitzung des AWBI gebilligt worden. Auf dieser Grundlage hat sich der AWBI für die Veröffentlichung der Ausschreibung „Digitalisierung historischer Zeitungen des deutschen Sprachgebiets“ ausgesprochen.4 Da neben der Digitalisierung der Zeitungen auch die Volltextgenerierung einen wichtigen Aspekt der Ausschreibung darstellt, ist die Qualität der Vorlage in diesem Kontext essenziell. Berücksichtigt wurde, dass – um in den Anträgen die OCR-Erkennungsrate nachweisen zu können – seitens der Antragstellerinnen und Antragsteller höhere Aufwände zu erbringen sind. Daher wurde für diese Fälle der zu erbringende Eigenleistungsanteil von einem Drittel auf 15% gesenkt. Um durch Zusammenführungen möglichst vollständige Bestände digital bereitstellen zu können, werden explizit kooperative bzw. Gemeinschaftsprojekte adressiert.

Bewertung des Programms „Informationsinfrastrukturen für Forschungsdaten“

Eine erste Analysephase zur Bewertung des Programms „Informationsinfrastrukturen für Forschungsdaten“ konnte inzwischen abgeschlossen werden. Mit einem Workshop im Januar, an dem neben der vom AWBI zur Bewertung des Programms eingesetzten Kommission auch ein externer Dienstleister teilgenommen hat, wurden die Synthese und Interpretationsphase eingeleitet. Seitens des AWBI wurde hervorgehoben, dass die DFG mit der Einführung des Programms eine Pionierleistung erbracht hat. Vorgesehen ist, dass die Kommission dem AWBI bis zu seiner Herbstsitzung 2018 Empfehlungen für die weitere Ausgestaltung des Programms vorlegt.

Bewertung der Programme „Überregionale Lizenzierung/Allianz-Lizenzen“ und „Open Access Publizieren“

Auch für die Bewertung der Programme „Überregionale Lizenzierung/Allianz-Lizenzen“ und „Open Access Publizieren“ hat der AWBI eine eigene Kommission eingesetzt, die im Januar 2018 ihre Arbeit aufgenommen hat.5 Die Auswertung konzentriert sich auf die Schwerpunkte Fördererfolg, Förderhindernisse, Verschränkungen der Programmmechanismen und Wirkung der Förderung auf die Literaturversorgung.

Fortsetzung der Zusammenarbeit im europäischen Netzwerk Knowledge Exchange (KE)

Die Grundlage für die Zusammenarbeit im europäischen Netzwerk Knowledge Exchange (KE) ist ein jeweils auf drei Jahre getroffenes Collaboration Agreement. Zur Vorbereitung der Verhandlungen für ein neues, den Zeitraum von 2019-2021 umfassendes Collaboration Agreement wurden die KE-Aktivitäten ab 2015 einer kritischen Betrachtung sowohl aus externer als auch aus interner Sicht unterzogen. Für die externe Perspektive wurden durch einen Dienstleister Interviews mit Personen aus den sechs Mitgliedsländern (Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande) geführt, die auf unterschiedliche Art und Weise mit der Arbeit von KE in Verbindung stehen. Die interne Sicht wurde von den Partnern jeweils selbst erarbeitet. Mit der internen Einschätzung der DFG zur Zusammenarbeit in KE hat sich der AWBI befasst. Er sieht die Zusammenarbeit als zielführend und gewinnbringend für die Weiterentwicklung der Förderthemen der Gruppe „Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme“ an. Hervorgehoben wurde, dass insbesondere die von KE erarbeiteten Papiere sehr hilfreich sind, um Einblicke in internationale Entwicklungen zu bekommen und so die DFG in ihrer Arbeit zu unterstützen. Der AWBI hat daher die Zusammenarbeit im Netzwerk KE als sehr erfolgreich bewertet und sich dafür ausgesprochen, diese über das laufende Jahr hinaus um weitere drei Jahre zu verlängern.

European Open Science Cloud (EOSC)

Der AWBI hat sich mit der Positionierung der DFG zu der im Oktober 2017 von der EU-Kommission veröffentlichten EOSC-Declaration befasst. Grundsätzlich wird der Aufbau einer EOSC als koordinierte Lösung für den Umgang mit Forschungsdaten begrüßt. Allerdings sind bisher noch eine Reihe von Fragen offen, wie bspw. zu konkreten Nutzungsszenarien, zu Auswirkungen auf nationale Kontexte sowie zu den Prozessen, in denen Festlegungen zu EOSC getroffen werden, etc. Wichtiges Anliegen des AWBI war vor allem, dass die Rahmenbedingungen wissenschaftsgeleitet definiert werden. Begrüßt wurde daher, dass die DFG gemeinsam mit der Allianz der Wissenschaftsorganisationen eine Stellungnahme zur EOSC erarbeitet hat.6

Internationale Initiative „Global Sustainability Coalition for Open Science Services“

Im Jahr 2017 wurde eine Initiative zur Finanzierung von Open-Access-Infrastrukturen (Global Sustainability Coalition for Open Science Services, kurz: SCOSS) gegründet, an deren Vorbereitung Knowledge Exchange beteiligt war. Die SCOSS-Initiative7 wird von bibliothekarischen Interessensverbänden getragen und ist nicht-kommerziell organisiert. Ziel der Plattform ist es, durch die Organisation von Crowdfunding für global genutzte, aber bisher lokal finanzierte Infrastrukturen deren Erhaltung und Weiterentwicklung zu gewährleisten. Der AWBI hat sich dafür ausgesprochen, dass das Directory of Open Access (DOAJ) durch die DFG über SCOSS für den Zeitraum von drei Jahren eine Unterstützung erhält. Das DOAJ ist ein Registry, das qualitätsgesicherte Open-Access-Zeitschriften verzeichnet und u.a. auch im Merkblatt zum DFG-Förderprogramm „Open Access Publizieren“ als Referenznachweis genannt wird.

Konferenzen der Coalition of Networked Information (CNI)

Die DFG unterstützt seit vielen Jahren die Teilnahme einzelner, DFG-geförderter Projekte an den CNI-Konferenzen, um so den internationalen Austausch zu Entwicklungen im Bereich der Informationsinfrastruktur zu fördern. Im Sommer 2017 wurde das Verfahren zur Auswahl der Projekte umgestellt. Nun können sich Projekte aus allen LIS-Förderprogrammen um die Teilnahme an einer CNI-Tagung bewerben.8 Vorher war dies Projekten aus den Förderprogrammen „Werkzeuge und Verfahren“ und „Elektronische Publikationen“ vorbehalten. Der AWBI hat erfreut zur Kenntnis genommen, dass für die CNI-Tagung im April 2018 ein von der SUB Göttingen eingereichter Vortrag über das Projekt „Discuss Data: Plattform zur Diskussion der Qualität von Forschungsdaten am Beispiel der Regionalstudien zur post-sowjetischen Region“ akzeptiert wurde.

Ulrike Hintze, Deutsche Forschungsgemeinschaft Gruppe „Wissenschaftliche Literaturversorgungs- und Informationssysteme“ (LIS)

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/2018H3S166-169

1 Zusammensetzung des AWBI unter <http://www.dfg.de/dfg_profil/gremien/gremium/index.jsp?id=430>, Stand: 21.08.2018.

2 DFG: Stärkung des Systems wissenschaftlicher Bibliotheken in Deutschland, 22.05.2018, <http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/180522_awbi_impulspapier.pdf>, Stand: 21.08.2018.

3 DFG: Förderung von Informationsinfrastrukturen für die Wissenschaft, 15.03.2018, <http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/positionspapier_informationsinfrastrukturen.pdf>, Stand: 21.08.2018.

4 DFG: Ausschreibung „Digitalisierung historischer Zeitungen des deutschen Sprachgebiets“, <http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/ausschreibung_zeitungsdigitalisierung.pdf>, Stand: 21.08.2018.

6 Stellungnahme der Allianz der Wissenschaftsorganisationen zu einer European Open Science Cloud (EOSC) vom 20.März 2018, <https://www.fraunhofer.de/content/dam/zv/de/ueber-fraunhofer/wissenschaftspolitik/10/20180320_Stellungnahme%20Allianz%20zur%20EOSC.pdf>, Stand: 21.08.2018.

7 The Global Sustainability Coalition for Open Science Services (SCOSS), <http://scoss.org/>, Stand: 21.08.2018.

8 DFG: CNI Membership Meetings. Unterstützung der aktiven Teilnahme an Konferenzen der Coalition of Networked Information (CNI), <http://www.dfg.de/download/pdf/foerderung/programme/lis/cni_konferenzen.pdf>, Stand: 21.08.2018.