Öffentliche Bibliotheken und Katalogisierung – eine Analyse der aktuellen Praxis in Deutschland

Belinda Woppowa, Stadtbibliothek Tuttlingen
Heidrun Wiesenmüller, Hochschule der Medien Stuttgart

Zusammenfassung:

Der Beitrag gibt einen Überblick über den aktuellen Stand der Katalogisierungspraxis öffentlicher Bibliotheken in Deutschland. Mithilfe einer Online-Befragung wurden repräsentativ ausgewählte öffentliche Bibliotheken zu ihrem Vorgehen bei der Katalogisierung befragt, z.B. zur Fremddatenübernahme und zum eingesetzten Personal. Auch die Ansichten und Einschätzungen in Bezug auf die Bedeutung der Katalogisierung und die für die Katalogisierungstätigkeit benötigten Kenntnisse und Kompetenzen wurden abgefragt. Die Ergebnisse der 187 teilnehmenden Bibliotheken zeigen auf, wie vielfältig die Katalogisierungspraxis an deutschen öffentlichen Bibliotheken ist, machen dabei aber auch deutlich, dass die Bedeutung der Katalogisierung an öffentlichen Bibliotheken viel größer ist als oftmals angenommen.

Summary:

The paper provides an overview of current cataloging practices in German public libraries. By means of an online survey, a representative sample of public libraries was asked to explain their cataloging procedures, e.g., with respect to copy cataloging or staffing. Views and opinions about the importance of cataloging and the competencies and skills needed in cataloging were also taken into account. The answers of 187 participating libraries show that there is a lot of diversity in cataloging practices. Another result was that the role of cataloging in German public libraries is much more important than is often assumed.

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/2018H3S135-151
Autorenidentifikation:
Woppowa, Belinda: ORCID: https://orcid.org/0000-0001-6986-9095; Wiesenmüller, Heidrun: GND 122087801, ORCID: http://orcid.org/0000-0002-9817-5292
Schlagwörter:
Deutschland; Öffentliche Bibliothek; Formalerschließung; Alphabetische Katalogisierung; Inhaltserschließung

1. Fragestellung

Über die Katalogisierungspraxis an wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland kann man sich relativ leicht einen Überblick verschaffen. Denn die Bibliotheksverbünde, in denen ein großer Teil der wissenschaftlichen Bibliotheken Mitglied ist, stellen dazu umfangreiche Dokumentationen und Statistiken zur Verfügung. Im Bereich der öffentlichen Bibliotheken gibt es keine vergleichbare Organisation. Auch in Fachaufsätzen und anderen Publikationen wird das Thema Katalogisierung zumeist nur im Kontext des wissenschaftlichen Bibliothekswesens behandelt. Vielleicht ist dies der Grund für die unter Bibliothekarinnen und Bibliothekaren weit verbreitete Meinung, dass Katalogisierung an öffentlichen Bibliotheken nur eine sehr untergeordnete Rolle spiele. Vielfach trifft man auch auf die Annahme, öffentliche Bibliotheken würden sich nahezu ausschließlich auf die Übernahme von Fremddaten beschränken. Eine empirische Grundlage für die Bestätigung oder Widerlegung solcher Aussagen fehlte jedoch bis vor kurzem.

Dies hat sich durch eine im Wintersemester 2017/18 an der Hochschule der Medien in Stuttgart entstandene Bachelorarbeit geändert. Mithilfe einer Online-Umfrage untersuchte Belinda Woppowa die Katalogisierungspraxis an öffentlichen Bibliotheken in Deutschland. Besonderes Augenmerk galt dabei den Unterschieden zwischen kleineren und größeren Bibliotheken sowie der Rolle der Fremddatenübernahme. Ebenfalls betrachtet wurde, wie Praktiker/innen die Bedeutung der Katalogisierung für öffentliche Bibliotheken einschätzen und welche Kompetenzen sie von Berufsanfänger/inne/n auf diesem Gebiet erwarten. Der Umstieg auf das neue Regelwerk „Resource Description and Access“ (RDA) blieb hingegen bewusst ausgeklammert; dies wäre in einer eigenen Untersuchung zu bearbeiten. Im Folgenden werden die wichtigsten Ergebnisse der Studie in zusammengefasster Form vorgestellt; für weitere Details sei auf die Vollfassung der Bachelorarbeit verwiesen.1

2. Methodik

Der Fragebogen, der der Untersuchung zugrunde lag, bestand in der Endfassung aus vier Bereichen:

Die Fragen waren insgesamt sehr offen gehalten und es wurde relativ viel mit Freitextfeldern gearbeitet. Dies machte zwar die Auswertung aufwendiger, führte aber zu deutlich mehr Informationen, als sie alleine mit geschlossenen Fragen hätten erreicht werden können. Nicht alle Fragen waren verpflichtend zu beantworten, woraus sich die unterschiedliche Zahl der Antworten bei den verschiedenen Fragen erklärt. Für die Online-Umfrage wurden die Fragen mit dem maQ-Fragebogengenerator2 umgesetzt. In einem Pretest wurde der Fragebogen von neun Praktikerinnen auf Funktionalität und Verständlichkeit geprüft. Der vollständige Fragebogen ist im Anhang der Bachelorarbeit abgedruckt.3

Die Umfrage wurde nicht über Mailinglisten verteilt, sondern es wurde eine ausgewählte Gruppe von öffentlichen Bibliotheken direkt per Mail angeschrieben. Damit sollte einerseits gewährleistet werden, dass die Umfrage nur einmal pro Institution beantwortet wurde, und zum anderen, dass die Stichprobe möglichst repräsentativ ausfiel. Die Grundgesamtheit waren alle öffentlichen Bibliotheken, die 2016 an die Deutsche Bibliotheksstatistik (DBS)4 gemeldet hatten, sofern sie über mindestens 0,1 Planstellen und 10.000 Medieneinheiten (nur Printbestand) verfügten. Die Zielzahl von 500 zu befragenden Bibliotheken wurde zunächst auf die 16 Bundesländer verteilt (jeweils auf der Basis der Einwohnerzahl und der Anzahl der relevanten Bibliotheken). Im zweiten Schritt wurde die für jedes Bundesland ermittelte Zahl auf fünf zuvor festgelegte Größenkategorien der Bibliotheken verteilt. Als Kennwert diente dabei der Printmedienbestand in Medieneinheiten (ME):

Die Zuordnung erfolgte wiederum nicht gleichmäßig, sondern genau in dem Verhältnis, in dem sich die Gesamtzahl der relevanten Bibliotheken im jeweiligen Bundesland auf die Größenkategorien verteilt. Die Umfrage war also von vornherein so angelegt, dass deutlich mehr kleinere als größere Bibliotheken befragt werden sollten, weil es von ersteren auch deutlich mehr gibt. Erst im letzten Schritt wurde nun der für jede Größenkategorie in einem bestimmten Bundesland festgelegte Wert konkretisiert, indem eine entsprechende Anzahl passender Bibliotheken nach einem Zufallsverfahren ausgewählt wurde.

Die ursprünglich vorgesehene Zahl von 500 Bibliotheken wurde im weiteren Verlauf auf 507 erhöht. Denn zum einen sollten die Bibliotheken, die sich am Pretest beteiligt hatten, auch an der eigentlichen Umfrage teilnehmen können. Zum anderen war der Rücklauf in der Größengruppe bis 1 Mio. Medieneinheiten anfangs so schlecht, dass noch weitere zu dieser Gruppe gehörende Bibliotheken angeschrieben wurden. Tabelle 1 zeigt die Verteilung der bei der Umfrage berücksichtigten Bibliotheken nach Bundesland und Größenkategorie.

Bundesland

Anzahl
Bibliotheken laut DBS 2016

Anzahl der befragten Bibliotheken

Gruppe A

Gruppe B

Gruppe C

Gruppe D

Gruppe E

Gesamt

Baden-
Württemberg

348

30

32

11

3

1

77

Bayern

316

34

35

11

1

1

82

Berlin

13

1

0

3

6

0

10

Brandenburg

101

13

13

3

0

0

29

Bremen

2

0

0

1

1

0

2

Hamburg

1

0

0

0

0

1

1

Hessen

130

12

12

5

2

0

31

Mecklenburg-Vorpommern

54

6

6

3

0

0

15

Niedersachsen

180

17

17

9

1

1

45

Nordrhein-Westfalen

258

15

18

15

10

0

58

Rheinland-Pfalz

80

11

12

3

1

0

27

Saarland

13

4

5

1

0

0

10

Sachsen

165

14

14

4

3

0

35

Sachsen-Anhalt

73

12

12

2

1

0

27

Schleswig-Holstein

108

12

12

5

0

1

30

Thüringen

82

12

12

3

1

0

28

Gesamt

1924

193

200

79

30

5

507

Aus 269 Aufrufen des Fragebogens ergaben sich 187 Datensätze, die für die Auswertung verwendet werden konnten.5 Die Rücklaufquote lag also bei 36,9 %. Trotz der ausgeklügelten Vorarbeiten gelang es nicht, eine „perfekte“ Stichprobe zu erreichen, da das Antwortverhalten in den einzelnen Größengruppen nicht ganz identisch war. Wie Tabelle 2 zeigt, lag die Zahl der auswertbaren Fragebogen bei vier der fünf Gruppen zwischen 30 % und knapp 42 %. Bei der Gruppe der größten Bibliotheken erklärt sich der sehr hohe Wert von 80 % vermutlich daraus, dass wegen einer dort anfangs recht schwachen Beteiligung im Laufe der Befragung eine zweite Erinnerungsmail versendet wurde, während bei den übrigen Gruppen nur einmal nachgefasst wurde.

Größenklasse

Befragte Bibliotheken

Antwortende Bibliotheken

Anteil in Prozent

Gruppe A

193

75

38,9 %

Gruppe B

200

66

33,0 %

Gruppe C

79

33

41,8 %

Gruppe D

30

9

30,0 %

Gruppe E

5

4

80,0 %

Diese leichte Unausgewogenheit ist jedoch unproblematisch, da die Daten in der Studie stets auch in Bezug auf die Größengruppen analysiert wurden, und insgesamt eine ausreichende Zahl von Antworten vorhanden war, um repräsentative Ergebnisse zu gewährleisten. In den Größengruppen D und E basieren die Ergebnisse zwar auf einer vergleichsweise geringen absoluten Zahl von antwortenden Bibliotheken, doch decken diese in Gruppe D immerhin 30,0 % und in Gruppe E sogar 80,0 % aller Bibliotheken dieser Größengruppe ab. Hintergrund ist also einfach die Tatsache, dass es insgesamt nur verhältnismäßig wenige Bibliotheken mit so großen Medienbeständen gibt.

3. Katalogisierungspraxis

3.1. Fremddatenübernahme

Nach den einleitenden Fragen zum Medienbestand (um die antwortenden Bibliotheken in die Größenklassen einteilen zu können) und zum Personal allgemein6 diente die dritte Frage des Fragebogens „Übernehmen Sie Titeldaten aus anderen Quellen?“ als Filterfrage. Die 157 Bibliotheken, die darauf mit „ja“ antworteten (84,0 %), wurden also zu anderen Fragen weitergeleitet als die 30 Bibliotheken (16,0 %), die mit „nein“ antworteten.

Wie Abb. 1 zeigt, ist die Fremddatenübernahme gängige Praxis in allen Größengruppen. Lediglich unter den kleinsten Bibliotheken (Gruppe A) gibt es einen nicht zu vernachlässigenden Anteil von 28,0 % der Bibliotheken, die ihre Katalogisate vollständig selbst anfertigen. In Gruppe B sinkt der Anteil dieser Bibliotheken auf 12,1 %, und in Gruppe C gibt es nur noch eine einzige Bibliothek (3,0 %), die ohne Fremddatenübernahme arbeitet. Bei den teilnehmenden Bibliotheken über 300.000 Medien­einheiten kommt dieser Fall nicht vor.

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Die Bibliotheken, die keine Fremddaten übernehmen, wurden nach ihren Gründen dafür befragt. Angeboten waren vier Auswahlmöglichkeiten und ein Freitextfeld („Weitere Gründe“), wobei Mehrfachnennungen möglich waren. Am häufigsten wurde „zu teuer“ ausgewählt (73,3 %), es folgten „werden nicht benötigt“ (43,3 %) sowie „zuviel Aufwand“ und „Datenqualität überzeugt nicht“ mit jeweils 30,0 %. Einzelnennungen bezogen sich auf hohe Nacharbeiten, die wegen Besonderheiten der jeweiligen Bibliothek nötig wären, sowie auf die Befürchtung, dass Fremddatenübernahme zu Personaleinsparungen führen könnte.

Bei den Bibliotheken, die Fremddaten übernehmen, wurden weitere Details abgefragt. Zunächst ging es um die Art und Weise der Übernahme – kostenpflichtig, kostenlos oder durch Kopieren (beispielsweise per Copy & Paste)? Mehrfachnennungen waren möglich; zusätzlich gab es ein Freitextfeld, in dem der Vorgang genauer beschrieben werden konnte. Insgesamt 99 Bibliotheken (63,1 %) gaben an, kostenpflichtige Fremddaten zu beziehen. 86 Bibliotheken (54,8 %) beziehen kostenlose Fremddaten und 78 Bibliotheken (49,7 %) praktizieren eine Übernahme durch Kopieren. Der kostenpflichtige Bezug ist bei den mittleren Größengruppen etwas stärker verbreitet (Gruppe B: 67,2 %, Gruppe C: 75,0 %, Gruppe D: 66,7 %) als bei den ganz kleinen und ganz großen Bibliotheken (Gruppe A: 51,9 %, Gruppe E: 50,0 %). Sehr häufig wurde mehr als eine Methode angekreuzt. Verbreitete Praxis ist es also, Fremddaten auf mehrere Arten zu beziehen.

Als nächstes wurde gefragt, aus welchen Quellen die Fremddaten bezogen werden. Als mögliche Bezugsquellen vorgegeben waren die ekz, Verbunddatenbanken und die Deutsche Nationalbibliothek (DNB); weitere Quellen konnten in einem Freitextfeld angegeben werden. Mehrfachnennungen waren möglich. Mit 110 von 157 Bibliotheken (70,1 %) bezieht der größte Teil der Bibliotheken ekz-Fremddaten. Besonders häufig werden diese in den Größengruppen B (79,3 %) und C (81,3 %) genutzt und am wenigsten in der Gruppe E mit nur 25,0 %. Ungefähr gleichauf liegen der direkte Bezug von der DNB (51 Bibliotheken, d.h. 32,5 %) und die Übernahme von Katalogisaten aus Verbundkatalogen (50 Bibliotheken, d.h. 31,8 %). Dabei steigt die Nutzung von DNB-Daten mit der Größe der Bibliotheken an (Gruppe A: 18,5 %, Gruppe B: 32,8 %, Gruppe C: 37,5 %, Gruppe D: 66,7 %, Gruppe E: 100 %). Die Nutzung von Verbundkatalogen ist dagegen gleichmäßiger verteilt und liegt in vier der fünf Gruppen zwischen 33,3 % und 50 %. Aus dem Rahmen fällt die Gruppe C mit einer Nutzung von nur 18,8 %.

Nicht weniger als 60 Bibliotheken (38,2 %) wählten die Option „Andere Quellen“ aus; 59 davon machten nähere Angaben dazu. Wie die Antworten zeigen, sind Ressourcen des Buchhandels von besonderer Bedeutung. Dabei bezogen sich die meisten Nennungen auf Titeldaten, die über die Online-Plattformen der Buchhändler zugänglich sind. Spitzenreiter ist Amazon, wobei die Nutzung teilweise über eine direkte Schnittstelle und teilweise mit Copy & Paste erfolgt. Sehr häufig tauchte auch „Buchkatalog.de“7 in den Antworten auf. Als Anbieter von Katalogdaten wurden besonders oft die Firma „die SpielTruhe“8 (für den Bezug von Titeldaten für Spiele), die Buch und Kunst Stender GmbH9 sowie Fremddatendienste verschiedener Büchereizentralen angegeben. Einige Bibliotheken gaben außerdem weitere Bibliothekskataloge an, die teilweise auch über das Zack-Gateway10 genutzt werden. U.a. wurden Nationalbibliotheken anderer Länder als Datenquellen für fremdsprachige Titel genannt. Schließlich wurden weitere Quellen wie die IMDb (Internet Movie Database)11 oder Medienhändler wie JPC12 angegeben, bei denen Daten zu Musik und Filmen bezogen werden können.

3.2. Selbständig erstellte Katalogisate

Von den Bibliotheken, die grundsätzlich Fremddaten übernehmen, wurden außerdem Angaben zu den Fällen erbeten, in denen Katalogisate dennoch komplett selbständig erstellt werden müssen. Zunächst sollte geschätzt werden, wie hoch der Anteil der selbst katalogisierten Medien ist. Vorgegeben waren die Bereiche bis 10 %, bis 30 %, bis 50 % und über 50 %. Der größte Teil der 156 antwortenden Bibliotheken (63, d.h. 40,4 %) gab an, unter 10 % der Medien ohne die Nutzung von Fremddaten zu katalogisieren. Bis zu 30 % wurde von 48 Bibliotheken (30,8 %) ausgewählt, bis zu 50 % von der geringsten Zahl (18 Bibliotheken, d.h. 11,5 %). Immerhin 27 Bibliotheken (17,3 %) bewältigen jedoch sogar mehr als 50 % der Katalogisierung ohne Fremddatennutzung.

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Abb. 2 zeigt eine Aufschlüsselung dieser Werte nach den Größengruppen. Wie man sieht, sinkt der Anteil der selbständig katalogisierten Medien mit zunehmender Größe der Bibliotheken. Nur Gruppe D fällt etwas aus diesem Muster: Hier ist der Anteil von mehr als 50 % selbständig erstellter Katalogisate unerwartet hoch. Überraschend ist auch, dass keine der acht Bibliotheken in dieser Gruppe weniger als 10 % selbständig katalogisiert. Dabei ist allerdings zu bedenken, dass die angegebenen Werte auf bloßen Schätzungen basieren.

In der nächsten Frage ging es darum, in welchen Segmenten teilweise oder vollständig selbst katalogisiert wird. 142 Bibliotheken antworteten darauf in einem Freitextfeld. Mit Abstand am häufigsten wurde der Non-Book-Bereich angeführt (76 Bibliotheken, d.h. 53,5 %). Neben Gesellschaftsspielen wurden insbesondere AV-Medien wie Musik-CDs, Filme auf DVD oder Blu-ray Disk und Konsolenspiele genannt. Bei den Printmedien wurden am häufigsten der Musikbereich (insbesondere Noten) sowie heimatkundliche und regionale Literatur angeführt. Auch Romane wurden öfter angegeben. Hier sind vermutlich vor allem Neuerscheinungen gemeint, für die oft noch keine Fremddaten vorliegen.13 Unter den häufigeren Nennungen finden sich außerdem noch Geschenke, ältere Titel und Zeitschriften. Seltener genannt wurden u.a. fremdsprachige Literatur, Karten, graue Literatur sowie Medienboxen und Medienkombinationen (z.B. Sprachkurse). Vielfach wurde aber in den Kommentaren auch darauf hingewiesen, dass in allen Bestandssegmenten ein gewisser Anteil selbständig katalogisiert werden müsse.

Die nächste Frage lautete: „Weshalb wird in diesen Bereichen selbständig katalogisiert?“ Hier gab es zwei vorgegebene Antwortmöglichkeiten und eine Freitextoption; Mehrfachantworten waren möglich. Von den 142 Bibliotheken, die diese Frage beantwortet haben, wurde am häufigsten die Option „keine Fremddaten verfügbar“ gewählt (105 Bibliotheken, d.h. 73,9 %). 54 Bibliotheken (38,0 %) gaben an, dass die Datenqualität nicht überzeugend sei; einen extrem hohen Wert hatte dabei die Gruppe E mit drei der vier Bibliotheken (75,0 %).

Die Freitextoption wurde von 41 Bibliotheken (28,9 %) ausgewählt. Häufig wurden hier Aspekte der Arbeitsorganisation angeführt – beispielsweise hauseigene Vorgehensweisen, die nicht bzw. nur schlecht mit den Fremddaten kompatibel seien. Mehrfach findet sich auch die Aussage, dass eine Übernahme insbesondere im Non-Book-Bereich keine Zeitersparnis brächte, da die selbständige Katalogisierung sehr einfach und die Nachbearbeitung der Fremddaten im Vergleich dazu zu aufwendig sei. Andere Bibliotheken wiesen auf Probleme bei den Fremddaten selbst hin – diese seien teilweise nicht ausreichend aktuell, zu umfangreich oder nach unterschiedlichen Standards erstellt, sodass man aus Gründen der Einheitlichkeit lieber selbst katalogisiere. Der dritte Komplex, der sich in den Freitextantworten zeigt, betrifft die Kosten; diese sind vor allem für die kleineren Bibliotheken der Gruppen A, B und C ein wichtiger Faktor. Viele dieser Bibliotheken übernehmen keine Fremddaten in gewissen Bereichen, um den Medienetat nicht noch mehr zu schmälern – zumal wenn die selbständige Katalogisierung mit dem aktuellen Personalstand gut zu bewältigen sei. Schließlich wurden noch technische Gründe, z.B. Konvertierungsprobleme, angegeben.

3.3. Nachbearbeitung von Fremddaten

Die letzte Frage in diesem Komplex lautete: „Verändern Sie übernommene Titeldaten (z.B. indem Sie diese korrigieren oder ergänzen, beispielsweise durch Annotationen)?“. Bei der Antwort „ja“ wurden mithilfe eines Freitextfeldes nähere Details abgefragt. Von 147 antwortenden Bibliotheken gaben nur 16 (10,9 %) an, die übernommenen Daten nicht nachzubearbeiten. In 131 Bibliotheken (89,1 %) werden dagegen die Fremddaten nach der Übernahme noch bearbeitet. Teilweise wurde allerdings darauf hingewiesen, dass die Vorgabe sei, möglichst wenig zu verändern.14 Aus den Angaben von 111 Bibliotheken, die ihre Vorgehensweise im Textfeld näher beschrieben haben, konnten drei Arten des Vorgehens abgeleitet werden, die freilich nicht immer klar voneinander abgegrenzt werden können: Daten werden entweder ergänzt, korrigiert oder entfernt.

Ergänzt werden die übernommenen Daten von 85 Bibliotheken (76,6 %). Allerdings haben manche Bibliotheken offenbar auch das ganz normale Anhängen von Exemplardaten (z.B. Signatur) sowie die Ergänzung der in der jeweiligen Bibliothek verwendeten Systematik als Veränderung der Fremddaten verstanden, wodurch der Wert etwas verzerrt wird. Besonders oft wurde – möglicherweise auch durch die Fragestellung beeinflusst – das Anfügen von Annotationen oder Inhaltsangaben genannt. Ebenfalls häufig angeführt wurde die Ergänzung der einzelnen Musiktitel, die auf Musik-CDs oder in Notendrucken enthalten sind. Schriftenreihen stellen einen weiteren wichtigen Bereich für Änderungen dar; genannt wurde etwa das Vereinheitlichen von Reihentiteln oder das Fingieren von Reihen bei Krimis mit demselben Ermittler. Auch das Ergänzen von beteiligten Personen wurde mehrfach angegeben. Korrekturen der Daten werden von insgesamt 66 Bibliotheken (59,5 %) durchgeführt. Hier geht es teilweise um Anpassungen an bibliothekarische Standards (z.B. bei Amazon-Daten), oft aber auch um eine Angleichung an hauseigene Regeln bzw. Praktiken. Diese werden teilweise mit einer besseren Nutzerfreundlichkeit begründet, manchmal gibt es auch technische Gründe dafür (z.B. die Anzeige im OPAC). Öfter genannt wurden außerdem zu korrigierende Schreibfehler, inhaltlich Falsches in den Titelaufnahmen oder Fehler beim Datenimport (z.B. falsche Felder). Insgesamt 12 Bibliotheken (10,8 %), die alle aus den Gruppen A bis C stammen, gaben an, Teile der Daten zu entfernen, weil sie als zu ausführlich oder nicht relevant für ihre Zwecke betrachtet werden (z.B. Kürzen von langen Annotationen, Löschen von Übersetzern).

Ein wichtiger Bereich für Änderungen ist außerdem die verbale Sacherschließung. 24 Bibliotheken (21,6 %) ergänzen Schlagwörter, 3 weitere (2,7 %) korrigieren sie, beispielsweise um sie besser an die Kundengewohnheiten anzupassen. Vier Bibliotheken (3,6 %) aus den unteren drei Größengruppen kürzen die Verschlagwortung, wenn sie ihnen zu umfangreich oder „unpassend“ erscheint.

4. In der Katalogisierung eingesetztes Personal

In einem weiteren Teil des Fragebogens wurde das in der Katalogisierung eingesetzte Personal in den Blick genommen. Zunächst wurde nach den dafür zuständigen Berufsgruppen gefragt. Neben den vorgegebenen Antworten „Bibliothekare/-innen“ und „FaMIs oder Bibliotheksassistenten/-innen“ gab es eine Freitextoption („Andere“); Mehrfachnennungen waren möglich.

134 von 177 Bibliotheken (75,7 %) gaben an, dass Bibliothekarinnen und Bibliothekare für die Katalogisierung zuständig seien. In fast genauso vielen Bibliotheken (133, d.h. 75,1 %) werden FaMIs oder Bibliotheksassistent/inn/en in der Katalogisierung eingesetzt (im Folgenden bezeichnet als „FaMIs u.ä.“). Die Diplom- bzw. Bachelor-Bibliothekarinnen und -Bibliothekare sind dabei in den Gruppen A und E besonders stark vertreten (76,1 % bzw. 100,0 %), während in den Gruppen B, C und D die FaMIs u.ä. häufiger genannt wurden (87,3 %, 96,8 %, 87,5 %).

In 39 Bibliotheken (22,0 %) sind auch andere Berufsgruppen in der Katalogisierung aktiv. Am stärksten verbreitet ist dies bei Bibliotheken aus Gruppe A (24 Bibliotheken, d.h. 33,3 %). In Gruppe B katalogisieren andere Berufsgruppen in 12 Bibliotheken (19,0 %) und in Gruppe C in vier Bibliotheken (13,3 %). Bei den größten Bibliotheken (Gruppen D und E) wurden keine anderen Berufsgruppen genannt. Unter den „anderen“ machen Quereinsteiger/innen aus unterschiedlichen Bereichen15 sowie angelernte Kräfte den größten Anteil aus. Mehrfach genannt wurden außerdem Buchhändler/innen, Auszubildende sowie Praktikant/inn/en. In einer Bibliothek sind auch Ehrenamtliche in der Katalogisierung tätig.

Die Berufsgruppen werden in den teilnehmenden Bibliotheken sehr unterschiedlich kombiniert; es konnten nicht weniger als sieben Szenarien ermittelt werden.

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Wie Abb. 3 zeigt, kommen in den größten Bibliotheken (Gruppe E) nur zwei Kombinationen vor: In drei der vier Bibliotheken (75,0 %) katalogisieren sowohl Bibliothekarinnen und Bibliothekare als auch FaMIs u.ä.; in einer Bibliothek (25,0 %) sind ausschließlich Bibliothekarinnen und Bibliothekare für die Katalogisierung verantwortlich. In Gruppe D gibt es außerdem noch die Variante, dass die Katalogisierung ausschließlich von den FaMIs u.ä. getragen wird. Mit abnehmender Größe der Bibliotheken erscheinen weitere Kombinationen; das bunteste Bild ergibt sich bei Gruppe A. Nichtsdestoweniger haben die drei Optionen „nur Bibliothekarinnen und Bibliothekare“, „nur FaMIs u.ä.“ sowie die gemeinsame Tätigkeit dieser beiden Personengruppen in allen Bibliotheken zusammen jeweils mindestens einen Anteil von zwei Dritteln.

Als nächstes wurde gefragt, ob die Katalogisierungsarbeit unter den Berufsgruppen aufgeteilt wird; falls ja, sollte dies im Freitextfeld genauer beschrieben werden. Da der Fragebogen an dieser Stelle nicht optimal konzipiert war, sind in den 128 „Nein“-Antworten (72,7 %) allerdings auch diejenigen Bibliotheken enthalten, in denen ohnehin nur eine einzige Berufsgruppe katalogisiert. In 48 Bibliotheken (27,3 %) gibt es eine Aufteilung nach den Berufsgruppen; 43mal wurde diese näher beschrieben.

Am häufigsten kommt eine Aufteilung nach Medienart vor. Insbesondere geht es hier um den Non-Book-Bereich, der allerdings nicht einheitlich zugeordnet wird – teilweise ist er Aufgabe der Bibliothekarinnen und Bibliothekare, teilweise der FaMIs u.ä. Weit verbreitet ist auch eine Aufteilung der zu katalogisierenden Medien nach Lektoraten, wobei allerdings aus den Antworten nicht immer klar hervorgeht, von welchen Berufsgruppen diese versorgt werden. Der mehrfach genannte Bereich Musik wird jedenfalls ausnahmslos den Bibliothekarinnen und Bibliothekaren zugeordnet. Eine weitere typische Aufteilung erfolgt nach Schwierigkeitsgrad. Als „einfache“ Medien wurden u.a. Kinder- und Bilderbücher, Romane sowie bestimmte Non-Books (insbesondere, wenn bereits Daten vorliegen) genannt. Beispiele für „schwierigere“ Medien, die Bibliothekarinnen und Bibliothekaren überlassen bleiben, sind mehrbändige Monografien und fortlaufende Ressourcen sowie Non-Book-Medien und Altbestände, zu denen keine Fremddaten vorliegen. Allerdings schwankt die Bewertung; z.B. werden Zeitschriften teilweise auch FaMIs u.ä. bzw. den anderen Berufsgruppen zugeordnet. In einigen Bibliotheken gilt auch die Regelung, dass erst beim Auftreten von Schwierigkeiten im Laufe des Katalogisierungsprozesses die entsprechenden Medien an die Bibliothekarinnen und Bibliothekare weitergegeben werden. Teilweise gibt es außerdem eine Aufteilung nach formaler und inhaltlicher Erschließung, wobei letztere ausschließlich von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren übernommen wird.

Die letzte Frage in diesem Bereich lautete: „Wie viele Mitarbeiter (nur feste Mitarbeiter, ohne Hilfskräfte und Ehrenamtliche) Ihrer Bibliothek übernehmen Aufgaben in der Katalogisierung?“ Die Angabe sollte in Vollzeitäquivalenten (VZÄ) gemacht werden. Hier ergab sich über alle Größengruppen hinweg eine überraschend große Streuung der angegebenen Zahlen: Beispielsweise liegen die Werte für Gruppe B zwischen 0,67 und 12,40 VZÄ und für Gruppe C sogar zwischen 1,20 und 20,00 VZÄ.16 Es ist zu befürchten, dass die große Spannweite zumindest zum Teil auf einem Missverständnis beruht. Denn offenbar wurde die Frage manchmal so aufgefasst, dass die für die Katalogisierung verwendete Zeit der Mitarbeiter/innen zusammengerechnet in VZÄ angegeben werden sollte.17 Aufgrund dieser Problematik lassen sich aus den ermittelten Zahlen nur schwer valide Schlussfolgerungen ziehen.

Mit aller Vorsicht kann man aber dennoch einen Trend bei den Mitarbeiterzahlen ablesen. Diese steigen von Gruppe A bis Gruppe C deutlich an: Der Median (Zentralwert)18 wächst von 1,45 über 3,50 bis zu 5,00, das arithmetische Mittel von 1,55 über 3,80 bis 7,28. In Gruppe D verändern sich diese Werte kaum (Median: 6,00, arithmetisches Mittel: 7,25), und in Gruppe E gibt es sogar einen deutlichen Rückgang (Median: 4,00, arithmetisches Mittel: 4,23). Die Erklärung dafür ist wahrscheinlich, dass in großen Bibliotheken die Katalogisierung oft in eigenen Katalogisierungsabteilungen durchgeführt wird. Dort katalogisiert spezialisiertes Personal die Medien gebündelt, sodass insgesamt eine geringere Anzahl an Katalogisierenden benötigt wird. Im Vergleich dazu ist die Katalogisierung an kleineren Bibliotheken meist auf mehr Mitarbeiter/innen aufgeteilt, die aber jeweils nur einen geringeren Teil ihrer Arbeitszeit in die Katalogisierung investieren.

5. Haltungen zur Katalogisierung

Im letzten Teil des Fragebogens ging es um die Bedeutung der Katalogisierung in den einzelnen Bibliotheken und die Erwartungen an Berufseinsteiger/innen.

5.1. Bedeutung der Katalogisierung in den Bibliotheken

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Zunächst wurde nach der persönlichen Einschätzung der Rolle der Katalogisierung in der jeweiligen Bibliothek gefragt. Vorgegeben war eine fünfgliedrige Skala (Abb. 4). Nur 11 Bibliotheken (6,4 %) entschieden sich für eine „sehr kleine Rolle“, 22 Bibliotheken (12,8 %) für eine „kleine Rolle“. Am häufigsten wurde eine „mittlere Rolle“ ausgewählt (57 Bibliotheken, d.h. 33,1%), knapp gefolgt von einer „großen Rolle“ (55 Bibliotheken, d.h. 32,0 %). Immerhin noch 27 Bibliotheken (15,7 %) wählten eine „sehr große Rolle“. Die ganz überwiegende Mehrheit der Antwortenden (80,8 %) weist der Katalogisierung also mindestens eine mittlere Bedeutung zu, und die knappe Hälfte (47,7 %) sieht sogar eine große oder sehr große Bedeutung. Auch wenn man in Betracht zieht, dass der Fragebogen in der Regel von Personen ausgefüllt worden sein dürfte, die selbst katalogisieren und deshalb vermutlich eine positive Grundeinstellung dazu haben, so ist das Ergebnis dennoch bemerkenswert.

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Bei der Aufteilung nach den Größengruppen (Abb. 5) fällt auf, dass die Antwort „sehr kleine Rolle“ nur bei Bibliotheken der Gruppen A bis C vorkommt. Die Antwort „sehr große Rolle“ kommt nur in der Gruppe E nicht vor. In Gruppe B haben die Antworten „sehr klein“ und „klein“ zusammengenommen den höchsten Anteil (25,4 %). Den höchsten Anteil für die Antworten „sehr groß“ und „groß“ zusammengenommen findet man in Gruppe A, nämlich 57,4 %. Dies könnte damit zu tun haben, dass ein relativ hoher Anteil von Bibliotheken dieser Gruppe keine Fremddaten übernimmt (vgl. Kap. 3.1).

In einem Freitextfeld konnten die Antworten kommentiert werden. Dabei überwiegen die Begründungen für eine hohe Bedeutung der Katalogisierung, wobei vor allem auf die Recherche im Katalog (den die Nutzer/innen ja auch von daheim aus verwenden) und den Auskunftsdienst hingewiesen wird. Hier einige Beispiele:19 „Korrekte Katalogisierung und Recherchierbarkeit von Titeln ist immens wichtig im Zeitalter von Internet und internationalem Datenaustausch.“ „Das ist eine Grundlage für die Auskunftstätigkeit und kann nicht sorgfältig genug gemacht werden (insbesondere Verschlagwortung)“. „Der Katalog [gewinnt] als zentrales Rechercheinstrument, vor allem bei steigender Anzahl von elektronischen Medien, zunehmend an Bedeutung. Auch dass neue Rechercheinstrumente, wie bspw. ein Discovery System, nur so gut funktionieren können wie die enthaltenen Daten, setzt sich als Wissen zunehmend durch.“ Zugleich wird deutlich, dass eine sehr pragmatische Haltung gegenüber den Katalogisierungsregeln herrscht, z.B.: „Wir katalogisieren schon konsequent korrekt, aber praxisbezogen“ oder „Nutzerfreundlichkeit geht vor der offiziellen Regel“. Nur ein einziges Mal findet sich in den Antworten eine sehr negative Einschätzung (aus einer Bibliothek der Gruppe E): Es gäbe „keine Wertschätzung der Arbeit“ und Nicht-Katalogisierende würden fälschlich davon ausgehen, „dass 100 % Fremddaten vorliegen oder nur kleine Ergänzungen nötig sind“.

5.2. Anforderungen an Berufsanfänger/innen

Bei der Frage „Wie stark sollen die Katalogisierungskenntnisse ausgeprägt sein, um einen guten Berufsstart zu ermöglichen?“ wurde ebenfalls eine Skala mit fünf Auswahlmöglichkeiten vorgegeben. Kein einziges Mal wurde „keine Kenntnisse“ angekreuzt. Neun der 173 antwortenden Bibliotheken (5,2 %) wählten „wenige Kenntnisse“ aus, 61 Bibliotheken (35,3 %) entschieden sich für „mittlere Kenntnisse“. Die größte Gruppe von 79 Bibliotheken (45,7 %) hält „detaillierte Kenntnisse“ für die richtige Grundlage. „Sehr detaillierte Kenntnisse“ wünschen sich 24 Bibliotheken (13,9 %).

Die überwiegende Mehrheit der teilnehmenden Bibliotheken (81,0 %) erwartet also mittlere bis detaillierte Kenntnisse in der Katalogisierung. In der Aufteilung nach den Größengruppen (Abb. 6) sieht man u.a., dass die Antwort „wenige Kenntnisse“ nur in den Gruppen A und B vorkommt. Gruppe E fällt dadurch auf, dass die Antwort „sehr detaillierte Kenntnisse“ dort gar nicht auftaucht, aber der Wert für „detaillierte Kenntnisse“ sehr hoch ist (75,0 %).

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Die letzte Frage aus diesem Komplex lautete: „Welche Kenntnisse halten Sie für Berufseinsteiger in Bezug auf die Katalogisierung für besonders wichtig?“ Insgesamt 119 Bibliotheken antworteten darauf in einem Freitextfeld. Da es keine vorgegebenen Auswahlen gab, fielen die Antworten sehr vielfältig aus; sie können jedoch in fünf Kategorien eingeordnet werden. Der Bereich der Regelwerkskenntnisse und der formalen Erschließung hat dabei erwartungsgemäß die meisten Nennungen (86, d.h. 72,3 %). Neben RDA-Kenntnissen werden teilweise explizit RAK-Kenntnisse gewünscht. Manchmal wurden Einzelthemen benannt wie z.B. mehrteilige Monografien oder die Ansetzung von Namen. Öfter wird aus den Antworten deutlich, dass weniger die Kenntnis aller Details nötig ist als vielmehr ein fundiertes Grundverständnis, z.B. „Kenntnis der Begrifflichkeiten, Verständnis für die Strukturen und die innere Logik des Regelwerks“, „Erkennen eines Sachverhaltes wichtiger als Detailkenntnisse“ oder „Grundregeln kennen und wissen, wo man im Zweifelsfall was nachschauen kann“. In einer Antwort wird „ein gutes und breites theoretisches Vorwissen“ gewünscht, „da diese Kenntnisse im Berufsalltag i.d.R. nicht mehr erworben werden“.

Bemerkenswert häufig tritt in den Antworten das Thema Sacherschließung in Erscheinung (23 Nennungen, d.h. 19,3 %), und zwar sowohl mit Blick auf die korrekte Anwendung der Systematik als auch die Schlagwortvergabe. Teilweise wird sogar angemerkt, dass diese von größerer Bedeutung sei als die formale Erschließung, z.B.: „Sacherschließung und gute Verschlagwortung sind wichtiger als die Formalerschließung, da die RDA-Daten zugekauft werden können“. In diesem Zusammenhang wurde auch auf die nicht ausreichende oder nur maschinell erfolgende verbale Erschließung der DNB hingewiesen.

Die dritte Kategorie stellen die eher technischen Kenntnisse dar (23 Nennungen, d.h. 19.3 %): Erfahrungen in der Katalogisierung mit einem oder mehreren Bibliothekssystemen sowie solides Grundwissen über Fremddatenübernahme und deren Anbieter. Auch ein gutes Verständnis der zugrundeliegenden Datenstrukturen, der Indexierung sowie Kenntnisse der Datenformate wurden hier genannt, einmal sogar Programmierkenntnisse.

Den vierten Aspekt stellen persönliche Kompetenzen dar (27 Nennungen, d.h. 22,7 %). Angeführt wurden hier sorgfältiges Arbeiten, gute Deutschkenntnisse und Stilsicherheit (mit Blick auf das Verfassen von Annotationen), eine gute Allgemeinbildung (sicher auch als Grundlage für das Systematisieren) sowie sichere Kompetenzen bei der Recherche. Gesunder „Menschenverstand“ und „Realitätssinn“ (auch mit Blick auf Kosten-/Nutzenabwägungen) wurden ebenfalls genannt, ebenso die Motivation zur eigenständigen Weiterbildung, um sich in bestimmte Bereiche tiefer einzuarbeiten und generell auf dem aktuellen Stand zu bleiben.

Schließlich wurde 17mal (14,3 %) darauf hingewiesen, dass Berufsanfänger/innen die Bedeutung der Katalogisierung im Gesamtsystem der Bibliothek richtig einordnen können sollen. Mit Blick auf das kundenorientierte Arbeiten sei das Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen Katalogisierung und Recherche besonders wichtig, z.B. „den Zusammenhang zwischen Kenntnissen in Katalogisierung und Auskunfts- und Recherchetätigkeit verstanden zu haben“, „die Katalogisierung von den Suchansätzen her zu denken“ oder „Bewusstsein, wie sich Katalogisierung auf die Recherche auswirkt“.

6. Fazit

Die Umfrage von Belinda Woppowa hat wichtige Einblicke in die aktuelle Katalogisierungspraxis öffentlicher Bibliotheken in Deutschland ermöglicht. Ein zentrales Ergebnis ist die große Vielfalt, die man bei vielen der untersuchten Aspekte beobachten kann. Dennoch lassen sich in Abhängigkeit von der Größe der Bibliotheken bestimmte Trends feststellen.20

Deutlich wurde außerdem, dass die Katalogisierung an öffentlichen Bibliotheken einen merklich größeren Raum einnimmt als zumeist vermutet. Zwar werden vielfach Fremddaten übernommen (vgl. Kap. 3.1), doch werden diese aus unterschiedlichen Gründen häufig noch nachbearbeitet (vgl. Kap. 3.3). Auch wird weiterhin ein gewisser Teil der Medien selbständig katalogisiert (vgl. Kap. 3.2). Dies korreliert mit der Wahrnehmung der Praktiker/innen, die der Katalogisierung an ihren Bibliotheken überwiegend eine mittlere bis große Bedeutung zuweisen (vgl. Kap. 5.1) und entsprechende Erwartungen an Berufsanfänger/innen formulieren (vgl. Kap. 5.2). Die bibliothekarischen Ausbildungsstätten sollten sich dies zu Herzen nehmen: Auch für eine spätere Tätigkeit an öffentlichen Bibliotheken bleibt eine solide Grundausbildung in Formalerschließung unverzichtbar.

Vor allem die Freitextantworten zeigen, dass an öffentlichen Bibliotheken eine besonders pragmatische Einstellung zur Katalogisierung herrscht. Es scheint große Einigkeit darüber zu herrschen, dass die Formalia von Regelwerken vor dem Prinzip der Kundenorientierung zurückzustehen haben. Der folgende Kommentar fasst diese Haltung in Worte: „Katalogisierungsregeln sind uns wichtig. Aber noch wichtiger ist uns Einheitlichkeit und Nutzerfreundlichkeit. Notfalls wird es für uns passend gemacht. Und wir haben auch nicht die Zeit, über jedes Komma nachzugrübeln.“

Auch wenn der Fokus auf der formalen Erschließung lag, so war die Studie doch auch für die inhaltliche Erschließung aufschlussreich. Hier sind vor allem die Schlagwörter zu nennen, die nach Ausweis der Umfrage bei Fremddaten öfter ergänzt oder verändert werden müssen (vgl. Kap. 3.1) und die sicher auch bei Eigenkatalogisaten vielfach vergeben werden. Kenntnisse in der Verschlagwortung sind deshalb auch bei Berufsanfänger/inne/n erwünscht (vgl. Kap. 5.2). Die vor kurzem von Carola Schelle-Wolf geäußerte Annahme, dass „es so gut wie keine ÖB [gibt], die selbst eine verbale Sacherschließung betreibt“ und „selbst die ganz großen [ÖBs] nur im Ausnahmefall“ Schlagwörter vergeben,21 muss vor diesem Hintergrund wohl relativiert werden.

Literaturverzeichnis

- Schelle-Wolf, Carola: Warum brauchen Öffentliche Bibliotheken Sacherschließung? Kundenfreundliche Bestandspräsentation und zielsicheres Auffinden im Katalog – ein Überblick über gängige Systematiken und Methoden, in: BuB 70 (1), 2018, S. 44-46, <https://b-u-b.de/wp-content/uploads/2018-01.pdf>, Stand: 07.08.2018.

- Woppowa, Belinda: Katalogisierungspraxis an Öffentlichen Bibliotheken in Deutschland – eine Analyse der aktuellen Situation, Bachelorarbeit, Hochschule der Medien Stuttgart, Stuttgart 2018. Online: <http://hdl.handle.net/10760/32596>, Stand: 20.08.2018.

1 Woppowa, Belinda: Katalogisierungspraxis an Öffentlichen Bibliotheken in Deutschland – eine Analyse der aktuellen Situation, Bachelorarbeit, Hochschule der Medien Stuttgart, Stuttgart 2018. Online: <http://hdl.handle.net/10760/32596>, Stand: 20.08.2018. Für die vorliegende Aufsatzfassung wurden die Rohdaten nochmals durchgesehen und es wurden an einigen Stellen Details ergänzt (z.B. wörtliche Zitate aus den Antworten) oder zusätzliche Aspekte herausgearbeitet.

2 maQ-online.de – make a Questionnaire, <http://maq-online.de/index.php>, Stand: 07.08.2018.

3 Woppowa: Katalogisierungspraxis, 2018, S. 70-76. Dort auch das Anschreiben (S. 77).

4 DBS-Daten können über die Website des hbz abgerufen werden: Auswertungen, Hochschulbibliothekszentrum <https://www.hbz-nrw.de/produkte/bibliotheksstatistik/auswertungen>, Stand: 07.08.2018.

5 In den anderen Fällen wurde der Fragebogen entweder gar nicht ausgefüllt, sehr früh abgebrochen oder konnte aufgrund fehlender Logik der Antworten bzw. offenkundig falscher Angaben nicht ausgewertet werden.

6 Zu den Ergebnissen bei der Frage nach dem Personal vgl. Woppowa: Katalogisierungspraxis, 2018, S. 19f.

7 buchkatalog.de, Koch, Neff & Volckmar GmbH <http://shop.buchkatalog.de>, Stand: 07.08.2018.

8 die-SpielTruhe.de, Die SpielTruhe Silbermann GbR <https://www.spieltruhe.de/>, Stand: 07.08.2018.

9 Buch und Kunst Bibliotheksservice, Buch und Kunst Stender GmbH <http://www.buk-stender.de/index.php>, Stand: 07.08.2018.

10 Zack ist eine Metasuchmaschine für Bibliotheksdatenbanken, die über das Z39.50-Protokoll abgefragt werden können: <https://z3950.de/zack/>, Stand: 07.08.2018.

11 IMDb, <https://www.imdb.com/>, Stand: 07.08.2018.

12 jpc, <https://www.jpc.de/>, Stand: 07.08.2018.

13 Die Problematik fehlender Fremddaten bei sehr neuen Titeln wurde von fünf Bibliotheken explizit erwähnt.

14 Dass Vorgabe und Realität dabei nicht immer in Einklang zu bringen sind, macht die folgende Antwort deutlich: „Ersparen Sie mir hierzu aus Leitungssicht einen Kommentar!“

15 Genannt wurden hier u.a. Quereinsteiger/innen aus der Verwaltung und dem pädagogischen Bereich, aber auch Personen mit einem Hintergrund in der Medizin, der Ökonomie oder den Ingenieurwissenschaften.

16 Für eine vollständige Auflistung der Werte vgl. Woppowa: Katalogisierungspraxis, 2018, S. 43-45.

17 In der Folge des Pretests war an der Frage bereits gefeilt worden. Trotzdem scheint es – wie einige Kommentare in der Umfrage zeigen – nicht gelungen zu sein, hier eine unmissverständliche Formulierung zu finden.

18 Listet man alle Zahlenwerte aufsteigend auf, so ist der Median oder Zentralwert derjenige Wert, der genau in der Mitte dieser Liste steht (z.B. bei sieben Zahlenwerten der Wert an vierter Position).

19 Bei wörtlichen Zitaten aus der Umfrage wurden Tippfehler u.ä. stillschweigend bereinigt.

20 Für eine ausführliche Darstellung der größenabhängigen Trends vgl. Woppowa: Katalogisierungspraxis, 2018, S. 55-65.

21 Beide wörtlichen Zitate bei Schelle-Wolf, Carola: Warum brauchen Öffentliche Bibliotheken Sacherschließung? Kundenfreundliche Bestandspräsentation und zielsicheres Auffinden im Katalog – ein Überblick über gängige Systematiken und Methoden, in: BuB 70 (1), 2018, S. 46, <https://b-u-b.de/wp-content/uploads/2018-01.pdf>, Stand: 07.08.2018.