Unterstützung des wissenschaftlichen Publizierens als Aufgabe einer wissenschaftlichen Bibliothek:

Die Publikationsservices an der UB Graz

Karin Lackner, Karl-Franzens-Universität Graz
Clara Ginther, Karl-Franzens-Universität Graz

Zusammenfassung:

Die Publikationsservices, eine Servicestelle der Universität Graz, die von der Universitätsbibliothek als Stabsstelle errichtet wurde, zeigen, dass die Universitätsbibliothek im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens eine wesentliche Rolle einnimmt. An der Universitätsbibliothek Graz wurde nicht nur innerhalb der Bibliothek Wissen zu verschiedenen Aspekten des wissenschaftlichen Publizierens zusammengeführt, vor allem wurde von der Bibliothek eine Kooperation unterschiedlicher Einrichtungen an der Universität initiiert, die in den Bereichen Forschungsunterstützung und -bewertung tätig sind, darunter Forschungsmanagement und -service sowie Leistungs- und Qualitätsmanagement. Die Bibliothek übernimmt dabei die Koordination und somit die Führungsrolle. Ziele und Aufgabenbereiche der neuen Einrichtung wurden zum einen maßgeblich durch die bereits vorhandene Expertise an der Universitätsbibliothek aus den Bereichen Universitätsverlag, Open-Access-Repositorium, Bibliometrie, Open-Access-Abkommen und Forschungsdatenmanagement und zum anderen werden sie durch die Bedürfnisse der Angehörigen der Universität, im Besonderen Lehrende und Forschende, sowie die anhaltenden Veränderungen im Bereich der wissenschaftlichen Kommunikation geprägt. Der Beitrag stellt zunächst den Themenbereich Publikationsunterstützung beziehungsweise wissenschaftliche Kommunikation als ein Aufgabengebiet für Bibliotheken vor. Dies wird dann anhand des Beispiels der Universitätsbibliothek Graz konkretisiert. Zum Abschluss wird auf weitere Entwicklungsmöglichkeiten der Publikationsservices eingegangen.

Summary:

A university library can assume a pivotal role in the context of scholarly publishing as can be exemplified by the publishing services at the University of Graz. This service point was established by the University Library as a functional unit within its matrix organization. The new unit has not only brought together knowledge and experience regarding various aspects of scholarly publishing available at the university library. More importantly, it has initiated a cooperation between various administrative departments at the University offering services in research support and research assessment, such as the Department for Research Management and the Department of Performance and Quality Management. The University Library, as the coordinator, takes the lead in this cooperation. The scope and tasks of the new service center was determined both by expertise at the University Library in areas such as bibliometrics, open access agreements and research data management, and the needs of the academic staff as well as ongoing developments and changes in the field of scholarly communications. The paper first outlines publishing support and scholarly communications as fields of relevance to library work. The University Library at the University of Graz then serves as an example as to how this can be implemented and integrated in the service portfolio of a library. A final section discusses possible future developments.

Zitierfähiger Link (DOI): https://doi.org/10.5282/o-bib/2017H4S145-154
Autorenidentifikation: Lackner, Karin: ORCID http://orcid.org/0000-0001-6096-1717; Ginther, Clara: ORCID http://orcid.org/0000-0003-3162-5946
Schlagwörter: Publikationsunterstützung; wissenschaftliche Kommunikation

1. Einleitung

An der Universitätsbibliothek Graz, wie an späterer Stelle noch ausführlich dargestellt wird, bestand 2015 das Ziel, die bereits existierenden Services im Bereich wissenschaftlichen Publizierens zu bündeln und auszubauen. Zur Umsetzung dieses Zieles wurde die Stabsstelle Publikationsservices eingerichtet, die auch als Kooperationsplattform unterschiedlicher Verwaltungseinheiten der Universität sowie der Forschungsdekanin und der Forschungsdekane der sechs Fakultäten dient.1 Dieser neue Servicebereich ist auch im Leitbild der Bibliothek verankert ist, in dem sich die Bibliothek „die maßgebliche Mitwirkung bei der Veröffentlichung und Sichtbarmachung der wissenschaftlichen Forschungsleistung der Universität Graz“ als Ziel setzt.2

Die Services der Stabsstelle beschränkten sich ursprünglich auf die zu jenem Zeitpunkt bestehenden Service- und Beratungsangebote der Bibliothek, allen voran das universitätseigene Repositorium, den Universitätsverlag, Bibliometrie, Publikationsförderung und Open-Access-Abkommen mit Verlagen. Das Portfolio der Stabsstelle wurde seither jedoch ausgebaut sowie um zahlreiche Themen erweitert und schließt nunmehr den weiteren Bereich der wissenschaftlichen Kommunikation (scholarly communications) ein. Wesentlich für das Selbstverständnis der Publikationsservices ist, dass sie sich nicht ausschließlich auf ein Serviceangebot beschränken. Der Begriff der Mitwirkung, wie im Leitbild festgehalten, hat eine aktive, gestalterische Seite. Dies findet seinen Ausdruck in der Teilnahme an Verhandlungen von Open-Access-Abkommen im Rahmen der Kooperation E-Medien Österreich oder inneruniversitär bei der Mitarbeit an wegweisenden, strategischen Arbeitsgruppen. Teammitglieder der Stabsstelle wirken in diesem Sinn auch in österreichweiten Initiativen, wie zum Beispiel den Vienna Principles of Scholarly Communications oder dem von staatlicher Seite teilgeförderten Hochschulraum-Strukturmittelprojekt Austrian Transition to Open Access (AT2OA) mit.3

Im Folgenden soll zunächst der Servicebereich Publikationsunterstützung, welcher nicht nur mit dem Publizieren sondern auch im weiteren Sinne der Sichtbarmachung wissenschaftlicher Forschungsleistung befasst ist, vorgestellt werden, um dann auf das Fallbeispiel der Universitätsbibliothek Graz einzugehen.

2. Services zur Unterstützung des wissenschaftlichen Publizierens und der Sichtbarmachung wissenschaftlicher Forschungsleistung als Aufgabe von Bibliotheken

Viele wissenschaftliche Bibliotheken bieten seit einigen Jahren vermehrt Services zu Themen an, die dem Bereich des wissenschaftlichen Publizierens und der Sichtbarmachung wissenschaftlicher Forschungsleistung zuzuordnen sind, wie zum Beispiel in den Bereichen Open Access und Bibliometrie. Dazu wurden Services aufgebaut bzw. bestehende Angebote in die Arbeit der Bibliothek integriert, wie zum Beispiel Universitätsverlage, Universitätsbibliografie, Betreuung von Repositorien oder Forschungsdatenmanagement. Dies bedeutet nicht nur, dass Bibliotheken neue Aufgabenbereiche erschlossen haben, sondern auch, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Bibliotheken sich neue Expertisen angeeignet haben, die über das Bereitstellen von Literatur und die damit verbundenen Tätigkeiten weit hinausgehen. Daraus ergeben sich grundlegende Fragen für die weitere Entwicklung jener Bibliotheken, die solche Services anbieten. Soll die Arbeit primär bedarfsbezogen und der Aufbau neuer Services in Reaktion auf Entwicklungen im Bereich wissenschaftlicher Kommunikation erfolgen? Gibt es einen darüber hinausgehenden Bedarf an Services, der von der Bibliothek erfüllt werden kann? In welcher Relation stehen die Angebote der Bibliothek zu denen anderer Verwaltungseinheiten? Besteht der Wunsch, die Services, die bereits an der Bibliothek sowie in anderen administrativen Einheiten existieren, zu einem größeren Ganzen zu bündeln und gezielt weiterzuentwickeln?

Der Auf- und Ausbau neuer Services sowie die Koordination von Serviceangeboten unterschiedlicher Verwaltungseinheiten hat einen entsprechenden Personal- und Ressourcenaufwand zur Folge, der mit oft sinkenden Budgets schwer zu decken ist. Letztendlich steht hinter all diesen Überlegungen eine grundlegende Frage: In welcher Rolle sieht sich die Bibliothek in Bezug auf die Unterstützung wissenschaftlichen Publizierens und die Sichtbarmachung wissenschaftlicher Forschungsleistung?

Während größere zusammenhängende Service-Portfolios in diesem Bereich an deutschsprachigen Bibliotheken in Entwicklung sind, ist der Aufgabenbereich scholarly communications im englischsprachigen Raum bereits verbreitet. Dies zeigt sich zum Beispiel auch darin, dass im Programm der Tagung Internet Librarian International 2017 einer der drei Schwerpunkte am zweiten Tag „Neue wissenschaftliche Kommunikationskanäle“ war.4 Aufgrund dessen haben sich vor allem zwei Arbeitsgruppen mit der Thematik befasst und versucht, Kernbereiche und Kernkompetenzen zu umreißen. Im Jahr 2016 gab die Joint Task Force on Librarians’ Competencies in Support of EResearch and Scholarly Communication5 ein Papier mit dem Titel Librarians’ Competencies Profile for Scholarly Communication and Open Access (im Folgenden kurz Librarians’ Competencies Profile)6 heraus. In den USA präsentierte die Core Competencies for Scholarly Communication Librarians Task Force der North American Serials Interest Group (NASIG) 2017 eine eigene Darstellung wesentlicher Expertise für Bibliothekare, die im Bereich wissenschaftlicher Kommunikation arbeiten, unter dem Titel NASIG Core Competencies for Scholarly Communication Librarians (im Folgenden kurz NASIG Core Competencies)7. Beide Arbeitsgruppen übernehmen die Definition von scholarly communications aus dem Arbeitspapier Principles and Strategies for the Reform of Scholarly Communication 18 der Association of College and Research Libraries (ACRL) aus dem Jahr 2003, in dem scholarly communications beschrieben wird als:

[…] the system through which research and other scholarly writings are created, evaluated for quality, disseminated to the scholarly community, and preserved for future use. The system includes both formal means of communication, such as publication in peer reviewed journals, and informal channels, such as electronic listservs.9

In Librarians‘ Competencies Profile werden die informellen Kanäle noch um „posts in social media: blogs, tweets, etc.“10 ergänzt.

In beiden Papieren werden Kernbereiche im Rahmen bibliothekarischer Tätigkeiten dargestellt, übereinstimmend werden Betreuung und Verwaltung eines institutionellen Repositoriums („Open Access Repository Services“11 bzw. „Institutional Repository Management“12), Publikationsservices („Scholarly Publishing Services“13 bzw. „Publishing Services“14), Serviceangebote im Bereich Urheberrecht („Copyright and Open Access Advice“15 bzw. „Copyright Services“16) und Bibliometrie („Assessment of Scholarly Resources“17 bzw. „Assessment and Impact Metrics“18) genannt. Librarians’ Competencies Profile geht vertiefter auf Open Access ein, während NASIG Core Competencies noch den Bereich Datenmanagement Services („Data Management Services“19) als ein weiteres Tätigkeitsfeld anführt, welches die Joint Task Force on Librarians’ Competencies in Support of EResearch and Scholarly Communication in einem anderen Dokument behandelt, Librarians’ Competencies Profile for Research Data Management20. NASIG Core Competencies identifiziert Expertise in den Bereichen Open Access, Langzeitarchivierung, Metadaten Schemata und Standards, Urheberrecht und das Entwickeln und die Implementierung von Open-Access-Policies als gemeinsamen Nenner von bestehenden Bibliotheks­angeboten in den USA und Kanada. Dazu kommt Verantwortung in Projektmanagement. Technische Expertise wird nicht als eine zwingende Notwendigkeit genannt, aber zumindest Bewusstsein für Trends und Entwicklungen relevanter Technologien gefordert.21 Bibliotheken stehen angesichts der Vielfalt der Themen vor der Herausforderung zu entscheiden, wofür es sowohl Bedarf als auch personelle wie finanzielle Ressourcen gibt. In den nächsten Abschnitten wird dargestellt, wie anhand effizienten Personaleinsatzes an der Universitätsbibliothek Graz Services in diesem Bereich aufgebaut werden konnten und weiterentwickelt werden können.

3. Die Entwicklung der Stabs- und Servicestelle Publikationsservices an der Universität Graz

2012 wurde im Entwicklungsplan der Karl-Franzens-Universität Graz im Rahmen eines strategischen Projekts 2013–2015 erstmals die Etablierung publikationsunterstützender Services an der Universitätsbibliothek Graz festgelegt. Konkretisiert wurde dieses Ziel im Personalentwicklungs- und Organisationskonzept der Universitätsbibliothek 2015–2025, in dem der Aufbau einer Stabsstelle zur Unterstützung bei der Veröffentlichung wissenschaftlicher Publikationen als strategisches Ziel deklariert wurde. Dieses Vorhaben hatte zum Ziel, die diversen bereits bestehenden Angebote der Universitätsbibliothek im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens zu koordinieren. Die Angebote bestanden und bestehen in der Möglichkeit, zumeist kostenfrei Open-Access-Artikel in Subskriptionszeitschriften im Rahmen von Open-Access-Abkommen mit renommierten Verlagen zu publizieren, Information und Beratung zu bibliometrischen Fragen und der Betreuung des universitätseigenen Open-Access-Repositoriums uni≡pub, das im März 2014 in Vollbetrieb gegangen ist und seither dem wissenschaftlichen Personal der Universität Graz für die Open-Access-Zweitveröffentlichungen wissenschaftlicher Publikationen sowie als Plattform für die an der Universität Graz herausgegebenen Open-Access-Zeitschriften zur Verfügung steht. Im August 2015 übernahm die Bibliothek zudem den Universitätsverlag. Diese Services werden von zwei Abteilungen der Universitätsbibliothek, der Abteilung Zeitschriften & Datenbanken (E-Medien, Bibliometrie, Open-Access-Abkommen) sowie der Abteilung Informationsdienste (Repositorium, Universitätsverlag), angeboten. Aufgrund dessen wurde die Form einer Stabsstelle gewählt, da diese Zusammenarbeit am besten als Teil der Matrixorganisation außerhalb der Linienorganisation der Bibliothek umzusetzen war.

Nach einer bereits über den Sommer laufenden intensiven Vorbereitungsphase erfolgte am 27. August 2015 das Kick-Off-Meeting der neuen Stabsstelle, bestehend aus drei Mitarbeiterinnen und einem Mitarbeiter der Abteilungen Zeitschriften & Datenbanken (E-Medien, Bibliometrie, Open-Access-Abkommen) sowie Informationsdienste (Repositorium, Universitätsverlag).

4. Aufbau eines kooperativen Netzwerks

Die ersten Team-Meetings hatten zum Ziel, die von diesen beiden Abteilungen angebotenen Services im Bereich des wissenschaftlichen Publizierens zu koordinieren und besser zu vernetzen. Da bereits zuvor eine engere Zusammenarbeit der Abteilung Zeitschriften & Datenbanken mit dem Leistungs- und Qualitätsmanagement im Bereich Bibliometrie und Performance-Messung sowie dem Forschungsmanagement und -service im Bereich Förderberatung und Verwertung von Forschungsergebnissen bestanden hatte, wurden diese Abteilungen als erste in die Ziele und Arbeit der neuen Stabsstelle an der Universitätsbibliothek eingewiesen. Bei diesen Gesprächen stellte sich rasch heraus, dass beide Verwaltungseinheiten an einer Zusammenarbeit mit der neuen Stabsstelle der Bibliothek interessiert waren. Als erste Folge dieser Gespräche gab das Forschungsmanagement und -service die Verwaltung und Finanzierung des Publikationszuschusses an die Stabsstelle ab. Im Zuge weiterer Gespräche entstand sowohl mit dem Leistungs- und Qualitätsmanagement als auch mit dem Forschungsmanagement und -service eine über die Bibliothek hinausgehende Kooperation. Ausgehend von dieser ersten erfolgreichen Vernetzung recherchierte das Team der Publikationsservices, welche weiteren publikationsunterstützenden Angebote an der Universität Graz bestehen. Die ersten Verwaltungseinheiten, die daraufhin von den Teammitgliedern kontaktiert wurden, waren die Rechts- und Organisationsabteilung, die unter anderem Rechtsberatung zu Urheberrecht, Bildrecht und Verlagsverträgen anbietet, sowie das DocService, das den wissenschaftlichen Nachwuchs am Beginn einer wissenschaftlichen Karriere unterstützt. Auch diese beiden Verwaltungseinheiten waren an einer Zusammenarbeit interessiert und entschieden sich, an der Kooperation teilzunehmen. In weiteren Gesprächen mit allen Kooperationspartnern wurden die bestehenden Angebote erhoben, Möglichkeiten zur Koordination und Zusammenarbeit besprochen, Informationen ausgetauscht und nächste Schritte vereinbart. Das Ziel war, die Verwaltungseinheiten sowie deren Angebote besser untereinander zu vernetzen, den Informationsaustausch zu intensivieren und damit die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Universität Graz zu unterschiedlichen Aspekten des wissenschaftlichen Publizierens besser beraten und unterstützen zu können.

Die Servicestelle entwickelte sich damit aufgrund der Eigeninitiative ihrer Teammitglieder sowie der Kooperationsbereitschaft aller kontaktierten Abteilungen von einer ursprünglich auf die Universitätsbibliothek beschränkten Einrichtung zu einer mehrere Verwaltungseinheiten übergreifenden universitätsweiten Kooperationsstelle. Der offizielle Startschuss der neuen Servicestelle „Publikationsservices“ erfolgte im April 2016 mit einer universitätsweiten Newsmeldung und dem Onlinegehen der Homepage.22

5. Aufbau des Serviceportfolios

Zunächst wurde auf Basis der an der Bibliothek bereits bestehenden Serviceangebote ein Konzept für die Stabsstelle erstellt, welches Zielgruppen, Schwerpunktsetzung und ein erstes Serviceportfolio umfasste. Die Schwerpunkte dieses Konzepts richteten sich nach den verschiedenen Ziel­gruppen der Promovierenden, (Nachwuchs)-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler sowie neu an die Universität gekommenen (Gast)-Dozentinnen und -Dozenten und (Gast)-Professorinnen und -Professoren. Daraufhin wurden zunächst, angepasst an die einzelnen Zielgruppen, die bisherigen Beratungsinhalte hinsichtlich Bibliometrie, Open Access und Universitätsverlag sowohl in Form von Informationsmaterialien (Folder, Download-Bereich auf der Homepage) aufbereitet als auch in Form persönlicher Beratungsgespräche und Veranstaltungen angeboten. Im Zuge der Gespräche mit allen Beteiligten kam rasch der Wunsch auf, das Beratungsangebot auszubauen und auf Themen auszuweiten, die bislang an der Universität kaum oder gar nicht angeboten wurden, aus Sicht der Publikationsservices aber für die Forschenden interessant und wichtig sein könnten, beispielsweise das Thema Forschungsdaten(-management) und Data Management Plans.

Wesentlich in der Planungsphase war die Bedarfserhebung, um für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler relevante und maßgeschneiderte Services anbieten zu können. Zu diesem Zweck führte das Team der Publikationsservices im Jahr 2016 Gespräche mit der Vizedekanin und den Vizedekanen für Forschung an allen Fakultäten der Universität,23 um zum einen die neue Servicestelle vorzustellen, zum anderen anhand eines vorbereiteten Gesprächsleitfadens ein Feedback zu den bestehenden Angeboten an der Universität Graz einzuholen sowie Wünsche und Bedarfe hinsichtlich zusätzlicher Angebote abzuklären. Anhand der Ergebnisse dieser Gespräche identifizierte das Team der Publikationsservices drei thematische Schwerpunkte:

Prozess des Publizierens

Publizieren an der Universität Graz

Verwertung und Sichtbarmachung von Forschungsergebnissen

Zu diesen drei Schwerpunkten erarbeitete das Team der Publikationsservices 14 Themenkreise, die sowohl bereits vorhandene Beratungsthemen umfassen als auch die im Zuge der Gespräche mit den Vizedekanen gewünschten zusätzlichen Themen einschließen:

Aktuelle Trends in der wissenschaftlichen Kommunikation

Bibliometrie

Creative Commons

Die Sichtbarkeit der eigenen Forschung erhöhen

Forschungsdatenmanagement und Data Management Plans

Grundlagen des Publizierens

Open-Access-Abkommen

Open Access allgemein

Open-Access-Policies des Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) und anderen Förderorganisationen

Prozess des Publizierens in Journals

Publikationsserver uni≡pub

Publizieren an der Universität print und digital

Urheberrecht und Bildrecht

Verlagsverträge

Zu diesen 14 Themen entwickelten die Publikationsservices ein umfangreiches Serviceportfolio. Dieses umfasst folgende Angebote:

Information und Beratung: Auf der Homepage der Publikationsservices sind zu allen oben genannten Themenbereichen Informationen zu finden, bei einigen Themen stehen zusätzlich Unterlagen und Informationsmaterialien zum Download zur Verfügung. Darüber hinaus bieten die Publikationsservices zu allen Themen individuelle Beratung per E-Mail, Telefon oder im persönlichen Gespräch.

Kurzworkshops von 30 bis 45 Minuten: Die Kurzworkshops sind kostenfrei für (Lehr)-Veranstaltungen buchbar und auf Wunsch miteinander kombinierbar, es kann beispielsweise eine 1,5-stündige Lehrveranstaltung aus zwei bis drei Kurzworkshops zusammengestellt werden.

Kurse, (Gast-)Vorträge und Workshops: Mehrmals pro Semester veranstalten die Publikationsservices zu unterschiedlichen Themen Kurse und Workshops, die sie zum Teil selbst abhalten, zu denen sie zum Teil aber auch Expertinnen und Experten als Gastvortragende einladen. Im Unterschied zu den Kurzworkshops stehen diese Veranstaltungen allen Interessierten offen und können ebenfalls kostenfrei besucht werden.

6. Perspektiven und Visionen für die weitere Entwicklung

Wie anhand der obigen Themenliste der Publikationsservices zu sehen ist, werden an der Universitätsbibliothek Graz zu allen Tätigkeitsfeldern, die von Librarians‘ Competencies Profile und NASIG Core Competencies genannt wurden, Services angeboten bzw. aufgebaut. Ein weiterer, für die Publikationsservices wesentlicher Aufgabenbereich, der jedoch in den beiden genannten Dokumenten nicht näher beleuchtet wird, ist die kooperative und koordinierende Tätigkeit mit verschiedensten Verwaltungseinheiten. In Librarians‘ Competencies Profile findet dieser Aspekt überhaupt keine Erwähnung, während in NASIG Core Competencies die Fähigkeit zur Zusammenarbeit auf unterschiedlichsten Ebenen zwar betont wird, ohne jedoch vertieft darauf einzugehen.24 Aus der Erfahrung der Publikationsservices zeigt sich, dass diese zu einer Kommunikationsplattform werden können, die den Austausch von Information und Wissen fördert und es darüber hinaus ermöglicht, sich auch inhaltlich angesichts neuer Themen zu koordinieren. Letztendlich ist auch diese Vernetzung unterschiedlicher Verwaltungseinheiten ein Serviceangebot an Studierende, Forschende und Lehrende, da es dadurch möglich ist, Anfragen schnell und effizient zu beantworten oder weiterzuleiten.

Zu diesem Zeitpunkt kann gesagt werden, dass die neue Servicestelle von allen Seiten ausgesprochen positiv aufgenommen wurde, was sich insbesondere in den im ersten Halbjahr 2017 durchgeführten Folgegesprächen mit den Kooperationspartnern sowie der Vizedekanin und den Vizedekanen für Forschung zeigte. Bereits die ersten Veranstaltungen fanden große Zustimmung, dies zeigt sich auch anhand der Teilnehmerzahl – der erste Workshop der Publikationsservices im November 2016 wurde von annähernd 100 Angehörigen des wissenschaftlichen und administrativen Universitätspersonals besucht, und auch die nachfolgenden Veranstaltungen waren bislang meist ausgebucht. Dies kann auch als Indikator dafür gewertet werden, dass das Angebot von großer Relevanz für die Angehörigen der Universität Graz ist.

Die Stabsstelle Publikationsservices hat sich von Beginn an ein ambitioniertes Programm gesetzt. In den kommenden zwei bis drei Jahren gilt es nun, dieses Stück für Stück umzusetzen. Dabei stehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor allem vor der Herausforderung, neben dem Auf- und Ausbau der Servicestelle und ihrer Themenbereiche und Beratungsangebote auch in einem Bereich wie der wissenschaftlichen Kommunikation, der in einer Umbruchsphase ist, inhaltlich auf dem aktuellen Stand zu bleiben, die je eigene Expertise zu vertiefen, sich in wesentliche Gesprächsforen einzubringen und zukunftsweisende Initiativen wie e-infrastructures Austria PLUS, Austrian Transition to Open Access (AT2OA), die Kooperation E-Medien Österreich (KEMÖ)25 und das Open Access Network Austria (OANA)26 mitzugestalten. Nur durch diese zeitliche Investition in die je eigene Expertise jedes Teammitglieds ist es möglich, flexibel neueste Themen aufzunehmen. Als Beispiel hierfür seien die Themen „fake truth“ und „alternative facts“ genannt, was zu einer vertieften Auseinandersetzung mit der größeren Thematik der Integrität wissenschaftlicher Kommunikation und Literatur geführt hat. Die Ergebnisse werden derzeit für eine Veranstaltung im kommenden Studienjahr aufbereitet. Hierzu wird auch eine vertiefte und vernetzte Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Informationskompetenz anvisiert. Um den unterschiedlichen Ansprüchen hinsichtlich der anfallenden Tätigkeiten sowohl in der eigenen Abteilung als auch in der Stabs- und Servicestelle gerecht werden zu können, ist der Austausch mit den jeweiligen Vorgesetzten von großer Bedeutung. Darüber hinaus ist ein effizientes Zeitmanagement aller Beteiligten erforderlich.

Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt ist die Etablierung der Servicestelle als zentrale Anlaufstelle für Studierende sowie Angehörige des wissenschaftlichen und administrativen Personals. Zu diesem Zweck veranstalten die Publikationsservices im kommenden Wintersemester einen Tag des wissenschaftlichen Publizierens. Die Themen spannen sich dabei über Literaturrecherche und -verwaltung, Publikationsprozess, predatory publishing, Bild- und Urheberrecht, Forschungsdatenmanagement und Bibliometrie bis hin zur Verwertung und Sichtbarmachung der Forschungsergebnisse. Alle Kooperationspartnerinnen und Kooperationspartner wurden eingeladen, einen inhaltlichen Beitrag zu gestalten sowie die jeweilige Abteilung und ihre Service- und Beratungsangebote vorzustellen. Ziel der Veranstaltung ist, den Teilnehmenden einerseits konkrete, sofort umsetzbare Informationen zu den verschiedenen Phasen des Verfassens und Publizierens einer wissenschaftlichen Arbeit zu geben, andererseits aber auch die mit den unterschiedlichen Themen befassten Abteilungen mit ihren jeweiligen Angeboten und Leistungen vorzustellen und einen Überblick über die Zuständigkeiten und Kontaktpersonen für Fragen zu geben.

Die ursprünglich als bibliotheksinterner Service eingerichtete Stabsstelle Publikationsservices entwickelte sich im Verlauf eines Jahres nicht zuletzt aufgrund der Eigeninitiative ihrer Teammitglieder sowie der Bereitschaft der Bibliotheksdirektion und der jeweiligen Abteilungsleitung, die Stabsstelle über die Bibliothek hinaus zu einer Servicestelle auszuweiten, zu einer Kooperationsplattform verschiedener universitärer Verwaltungseinheiten sowie zu einem Beratungs- und Servicezentrum mit umfangreichen Angeboten für Promovierende und (Nachwuchs)-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftler. Diese anfangs nicht geplante, aber durch das Interesse und die Kooperationsbereitschaft der beteiligten administrativen Einheiten wie auch der Vizedekanin und der Vizedekane für Forschung ermöglichte Entwicklung ist zwar ein großer Gewinn für alle Beteiligten, wirft jedoch die Frage auf, ob eine Weiterführung der Publikationsservices mit ihren umfangreichen Arbeitsfeldern auch zukünftig organisatorisch in Form einer Stabsstelle gelingen wird. Die Arbeit in der ursprünglich vor allem aus organisatorischen Gründen eingerichteten Stabsstelle stellt sich durch den Ausbau zu einer kooperativen Servicestelle mit eigenem Beratungsangebot und Veranstaltungsprogramm inzwischen als verhältnismäßig zeitintensiv dar, was zu der Überlegung führt, ob es auf längere Sicht gesehen nicht Vorteile hätte, die Stabsstelle in eine Abteilungsstruktur überzuführen. Hier gilt es jedoch zu bedenken, dass eine Stabsstelle, im Sinne einer Matrixorganisation, abteilungsübergreifend konzipiert ist. Dadurch ist eine Flexibilität gegeben, die es möglich macht, die Zusammenarbeit über die Bibliothek hinaus auf andere Verwaltungseinheiten und Dekanate auszuweiten. Diese Flexibilität und adaptive Qualität zu erhalten, auch angesichts dessen, dass auf den Elan des Aufbruchs und des Neuen unweigerlich Routinen folgen, wird wesentlich dafür sein, ein nachhaltiges Serviceportfolio für die Angehörigen der Universität Graz und eine tragfähige Kooperationsplattform für Verwaltungseinheiten zu entwickeln, um so auch zur Umsetzung der strategischen Ziele der Universität beizutragen. Dies ist auch gerade im Kontext der Änderungen und Entwicklungen in verschiedensten Bereichen wie beispielsweise der wissenschaftlichen Kommunikation von großer Bedeutung. Nicht zuletzt ist gerade diese Arbeit in einem höchst dynamischen und sich im Umbruch befindenden Umfeld etwas, was diese Tätigkeiten aus bibliothekarischer Sicht besonders reizvoll, spannend und interessant machen.

Literaturverzeichnis

ACRL. „Principles and Strategies for the Reform of Scholarly Communication 1.“ Zuletzt geprüft am 26.09.2017. http://www.ala.org/acrl/publications/whitepapers/principlesstrategies.

Calarco, Pascal, Kathleen Shearer, Birgit Schmidt und Dominic Tate. Librarians’ Competencies Profile for Scholarly Communication and Open Access. June 2016. Zuletzt geprüft am 26.09.2017. https://www.coar-repositories.org/files/Competencies-for-ScholComm-and-OA_June-2016.pdf.

Core Competencies for Scholarly Communication Librarians Task Force. „NASIG Core Competencies for Scholarly Communication Librarians.“ Zuletzt geprüft am 26.09.2017. http://www.nasig.org/site_page.cfm?pk_association_webpage_menu=310&pk_association_webpage=9435.

Schmidt, Birgit und Kathleen Shearer. Librarians’ Competencies Profile for Research Data Management. June 2016. Zuletzt geprüft am 26.09.2017. https://www.coar-repositories.org/files/Competencies-for-RDM_June-2016.pdf.

Working Group „Open Access and Scholarly Communication“ of the Open Access Network Austria OANA). „Vienna Principles of Scholarly Communications.“ Zuletzt geprüft am 26.09.2017. http://viennaprinciples.org/.

1 Im Folgenden wird der Begriff „Stabsstelle“ für die an der Universitätsbibliothek eingerichtete Stabsstelle Publikationsservices verwendet, während „Servicestelle“ für die Kooperation verschiedenster Verwaltungseinheiten im Bereich Publikationsservices steht.

2 Entnommen dem Entwurf der Ziel- und Leistungsvereinbarungen 2018–2020. Das Leitbild wurde im Rahmen der neuen Ziel- und Leistungsvereinbarungen der Universitätsbibliothek mit der Universität um diesen Teil erweitert. Die Veröffentlichung ist für Ende 2017 geplant.

3 „Vienna Principles of Scholarly Communications,“ Working Group „Open Access and Scholarly Communication“ of the Open Access Network Austria (OANA), zuletzt geprüft am 26.09.2017, http://viennaprinciples.org/.

4 „Day 2 - Wednesday 18 October 2017,“ Internet Librarian International, zuletzt geprüft am 26.09.2017, http://www.internet-librarian.com/2017/Wednesday.aspx.

5 Diese Task Force war eine Zusammenarbeit von VertreterInnen von der Association of Research Libraries (ARL), der Canadian Association of Research Libraries (CARL), der Confederation of Open Access Repositories (COAR) und der Ligue des Bibliothèques Européennes de Recherche (LIBER).

6 Pascal Calarco u.a., Librarians’ Competencies Profile for Scholarly Communication and Open Access, June 2016, zuletzt geprüft am 04.08.2017, https://www.coar-repositories.org/files/Competencies-for-ScholComm-and-OA_June-2016.pdf.

7 „NASIG Core Competencies for Scholarly Communication Librarians,“ Core Competencies for Scholarly Communication Librarians Task Force, zuletzt geprüft am 26.09.2017, http://www.nasig.org/site_page.cfm?pk_association_webpage_menu=310&pk_association_webpage=9435.

8 „Principles and Strategies for the Reform of Scholarly Communication 1,“ ACRL, zuletzt geprüft am 26.09.2017, http://www.ala.org/acrl/publications/whitepapers/principlesstrategies.

9 Ebd.

10 Calarco u.a., Librarians’ Competencies Profile, 1.

11 Ebd., 2.

12 „NASIG Core Competencies.“

13 Calarco u.a., Librarians’ Competencies Profile, 2.

14 „NASIG Core Competencies.“

15 Calarco u.a., Librarians’ Competencies Profile, 2.

16 „NASIG Core Competencies.“

17 Calarco u.a., Librarians’ Competencies Profile, 2.

18 „NASIG Core Competencies.“

19 Ebd.

20 Birgit Schmidt und Kathleen Shearer, Librarians’ Competencies Profile for Research Data Management, June 2016, zuletzt geprüft am 26.09.2017, https://www.coar-repositories.org/files/Competencies-for-RDM_June-2016.pdf.

21 „NASIG Core Competencies.“

22 „Publikationsservices,“ Universität Graz, zuletzt geprüft am 26.09.2017, https://ub.uni-graz.at/de/dienstleistungen/publikationsservices/.

23 Es wurden Gespräche mit den Fakultäten Katholische Theologie, Rechtswissenschaften, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, Geisteswissenschaften, Naturwissenschaftlichen, Umwelt-, Regional- und Bildungswissenschaften geführt.

24 Vgl. „NASIG Core Competencies.“

25 „Bibliothekskonsortien in Österreich,“ Kooperation E-Medien in Österreich, zuletzt geprüft am 26.09.2017, http://www.konsortien.at.

26 „Open Access Network in Austria (OANA),“ zuletzt geprüft am 26.09.2017, http://www.oana.at/.