DeepGreen

Entwicklung eines rechtssicheren Workflows zur effizienten Umsetzung der Open-Access-Komponente in den Allianz-Lizenzen für die Wissenschaft

Markus Putnings, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg
Beate Rusch, Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg (KOBV), Zuse Institute Berlin (ZIB)

Zusammenfassung:

Die Grundsätze für den Erwerb überregionaler Lizenzen, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert werden (sog. Allianz-Lizenzen), beinhalten spezifische Regelungen zum Open Access. Damit wird DFG-seitig sichergestellt, dass bei Abschluss von Allianz-Verträgen die inkludierten Inhalte sowohl von Autoren als auch von den lizenznehmenden Einrichtungen unter vorteilhafteren Konditionen gegenüber den üblichen Self Archiving Policies (z.B. Verlagsversion, verkürzte Embargofrist) in Repositorien archiviert und veröffentlicht werden dürfen. Die Erfahrung der seit 2011 getätigten Allianz-Abschlüsse zeigt allerdings, dass der Kreis berechtigter Autorinnen und Autoren und Institutionen eigenständig kaum Gebrauch von ihren hierdurch erhaltenen Open-Access-Rechten macht. Entsprechend liegt ein großer Schatz wissenschaftlicher Literatur bei den Verlagen, der noch zu heben ist. Das bewilligte DFG-Projekt DeepGreen (Ausschreibung „Open-Access-Transformation“ von 2014) zielt darauf ab, die vereinbarten Open-Access-Konditionen der Allianz-Lizenzen auf technischer Ebene komfortabel auszugestalten und, wenn möglich, zu automatisieren, so dass nicht mehr Autorinnen und Autoren oder die hierzu berechtigten Bibliotheken die Publikationen manuell in Open-Access-Repositorien einpflegen müssen, sondern die Verlage selbst zyklisch über definierte Schnittstellen abliefern. Dazu bauen die Projektpartner (Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg, Universitätsbibliothek TU Berlin, Helmholtz Open Science Koordinationsbüro am Deutschen GeoForschungsZentrum, Bayerische Staatsbibliothek München sowie die Verbünde Bibliotheksverbund Bayern und Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg) ein Dark Archive namens DeepGreen auf, in das teilnehmende Allianz-Lizenz-Verlage Publikationen und Metadaten einspeisen. DeepGreen soll im Anschluss als Datendrehscheibe für berechtigte Open-Access-Repositorien dienen. Als Pilotpartner konnten die Verlage Karger und SAGE gewonnen werden. Der vorliegende Aufsatz stellt das Projekt und den aktuellen Stand der Arbeiten vor.

Summary:

The acquisition standards of national licences supported by Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) (referred to as alliance licences) include specific open access policies. This ensures that both authors and licensees have the right to archive and publish the included content of alliance agreements in repositories under more advantageous conditions than the standard self-archiving policies (e. g. publisher´s version, shortened embargo periods). However, empirical research concerning the alliance licences contracted since 2011 has shown that entitled authors make almost no use of their open access rights. Thus, a tremendous amount of scientific literature has yet to be uncovered from publishers’ closed access systems. The project DeepGreen, approved by DFG (based on the 2014 initiative „Open Access Transformation“), seeks to establish a convenient and automated technical infrastructure to support existing open access agreements. The intended scenario is that publishers will be required to deliver periodically all publications eligible for open access through defined interfaces, instead of authors (or their respective libraries) having to upload these items manually into corresponding open access repositories. To this end, the members of the project consortium (University Libraries of Friedrich-Alexander University Erlangen-Nürnberg (FAU) and TU Berlin, Helmholtz Open Science Office at the German GeoResearch Centre, Bavarian State Library, and two Librarian Network Organizations, BVB and KOBV) will build the platform DeepGreen, essentially a dark archive, into which publications and metadata are fed periodically according to the publishers’ contracted alliance licences. In turn, the platform DeepGreen will deliver these publications to the legitimate repositories automatically. Two publishers, Karger Publishers and SAGE Publications, have agreed to pilot the project as associated partners. This paper presents the project and the current status of the work.

Zitierfähiger Link (DOI): http://dx.doi.org/10.5282/o-bib/2016H4S110-118
Autorenidentifikation: Putnings, Markus: GND: 1043244379; ORCID orcid.org/0000-0002-6014-9048
Schlagwörter: Elektronische Publikationen, elektronisches Publizieren, Open Access, Recht

1. Ausgangslage

Über Allianz-Lizenzen werden im Rahmen von nationalen Opt-in-Konsortien dynamische Informationsprodukte, wie zum Beispiel Zeitschriftenpakete und Fachdatenbanken, häufig mit interdisziplinärem Charakter lizenziert und zum überwiegenden Teil von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziell bezuschusst.1 Durch diese DFG-Förderung gelten für den Erwerb von Allianz-Lizenzen obligatorische Standards, die „Grundsätze für den Erwerb DFG-geförderter überregionaler Lizenzen (sog. Allianz-Lizenzen)“. Diese beinhalten auch eine Klausel zu Open Access:

„Regelungen zum Open Access

16. Autoren aus autorisierten Einrichtungen sind ohne Mehrkosten berechtigt, ihre in den lizenzierten Zeitschriften erschienenen Artikel in der Regel in der durch den Verlag publizierten Form (z.B. PDF) zeitnah in institutionelle oder disziplin-spezifische Repositorien ihrer Wahl einzupflegen und im Open Access zugänglich zu machen. Das gleiche Recht besitzen die autorisierten Einrichtungen, denen die jeweiligen Autoren angehören.

Der Anbieter erklärt sich bereit, autorisierte Einrichtungen bei der Identifizierung und Lieferung relevanter Artikeldaten und Volltexte, einschließlich der digitalen Objekte, ohne Mehrkosten beratend und technisch zu unterstützen. Das kann z.B. darin bestehen, die Volltexte inkl. der Metadaten in einem gängigen Format bzw. nach solchen Standards bereit zu stellen, die ein Einspielen in Repositorien erleichtern. Begrüßenswert wäre zudem, dass der Anbieter es selbst übernimmt, Artikel von Autoren aus autorisierten Einrichtungen in ein vereinbartes Repositorium einzupflegen, z.B. über eine SWORD-Schnittstelle.“2

Üblicherweise ist im Grünen Weg bei vielen Verlagen die nachträgliche Open-Access-Veröffentlichung auf Repositorien erst nach 12 bis 24 Monaten erlaubt, und auch nur in der Postprint-Version, das heißt der begutachteten und akzeptierten Autorenfassung, die vom finalen Layout der Verlagsversion abweichen kann. Die oben genannte Klausel erweitert die Open-Access-Rechte der Zweitveröffentlichung: Nun darf in der Regel die Verlagsversion auf institutionellen oder disziplinären Open-Access-Repositorien veröffentlicht werden, und zwar in der überwiegenden Mehrzahl der Abschlüsse sofort oder aber nach einer verkürzten Embargofrist von sechs Monaten.3

2. Das Problem der Nutzung der Open-Access-Rechte

Eine Umfrage der Bayerischen Staatsbibliothek im Jahr 2013 ergab, dass lediglich 16 Einrichtungen die oben beschriebenen Rechte der Open-Access-Komponente aus den Allianz-Lizenzen aktiv nutzten. Die Initiative zur Publikation ging dabei fast ausschließlich von den beteiligten Bibliotheken aus, da die wissenschaftlichen Autorinnen und Autoren mangelndes Interesse demonstrierten. Das gemeldete Zahlenmaterial ergab, dass von 2011 bis 2013 nur rund 600 Beiträge archiviert wurden.

Diese Zahl ist angesichts mehrerer Tatsachen enttäuschend: Aktuell sind in der Zeitschriftendatenbank 294 Produkte mit dem Sigel für National- oder Allianz-Lizenzen versehen. Jedes Produkt beinhaltet viele verschiedene Zeitschriften, E-Books, etc. Multipliziert mit den jeweiligen Artikeln pro Zeitschrift und den lizenzierten Jahrgängen, die unter die benannten Open-Access-Regelungen fallen, ergibt das ein Potenzial von tausenden Open-Access-Artikeln, die aktuell noch hinter einer Paywall versteckt sind, obwohl sie frei zugänglich sein könnten.

Außerdem stammen viele der bei der Umfrage gemeldeten Beiträge allein von einer Einrichtung, nämlich der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) (siehe Abb. 1). Hier werden seit 2011 die lizenzierten Inhalte von sieben Allianz-Lizenz-Verlagen auf Autorinnen und Autoren der FAU hin ausgewertet und die gefundenen Artikel in einer speziellen Collection auf OPUS FAU, dem institutionellen Repositorium, eingestellt.4

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Der Aufwand in der Bibliothek ist dabei nicht unerheblich. Da die FAU keine Hochschulbibliografie besitzt, müssen alle fraglichen Veröffentlichungen der Allianz-Lizenz-Verlage explizit auf Autorinnen und Autoren der FAU hin durchsucht werden. Dies geschieht über eine Abfrage der Universitätszugehörigkeit, sofern das Datenfeld „Affiliation“ auf Verlagsseiten oder in Fachdatenbanken vorhanden und praktikabel nutzbar ist. Ein Problem hierbei ist, dass die entsprechenden Angaben nicht normalisiert sind, sondern schlicht den Freitexteintragungen der Autorinnen und Autoren der Einreichung entsprechen. Damit sind diverse Institute, Adressangaben und Eingaben in verschiedensten Sprachen und Abkürzungen enthalten; allein der offizielle Universitätsname „Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU)“ bietet an die 100 verschiedene Schreibweisen. Mit Trunkierungen wie Univ* Erlangen* lassen sich nicht alle potenziell zugehörigen Artikel ermitteln, da die Autorinnen und Autoren teilweise nur das Institut oder Department nennen, das Kürzel FAU oder aber auch gar keine Affiliation angeben. So kommt es jeweils zu einem gewissen „Schwund“ bei der Suche. Auch sind die Abfragen, die Extraktion der Volltexte und die Einbringung in OPUS FAU mit allen zugehörigen Metadaten so aufwendig, dass diese Aktionen nicht laufend durchgeführt werden können, sondern nur in konzertierten zusätzlichen kleinen Projekten neben dem Tagesgeschäft. Entsprechend gibt es lange Zeitverzögerungen bis zur Veröffentlichung, selbst wenn die Open-Access-Komponente der entsprechenden Allianz-Lizenz eine sofortige Open-Access-Veröffentlichung ohne Embargofrist erlaubt.

3. Die Projektidee

An der FAU bestand entsprechend der Wunsch nach einem Workflow, der es ermöglicht, dass Artikel verlagsseitig automatisch in OPUS FAU eingespielt werden, sofern z.B. durch Allianz-Lizenzen eine Berechtigung vorliegt. Triebfeder für einen konkreten Aktionsplan war die DFG-Ausschreibung „Open-Access-Transformation“ im LIS-Programm vom Juni 2014. Erbeten wurden hier „innovative Lösungen [...], die sich auf unterschiedliche Bereiche des Publikationsprozesses beziehen, zum Beispiel

auf technische und organisatorische Aspekte des Publikationsprozesses;

auf die dem Open Access zugrunde liegenden Finanzierungs- und Geschäftsmodelle;

auf die Überführung traditionell subskriptionsbasierter Zeitschriften in den Open Access;

auf das Absichern der möglichst umfassenden Nachnutzbarkeit der Publikationen […]“.5

Diese Potenziale waren schnell gefunden. Es sollte kein lokalspezifischer technischer Workflow entwickelt werden, sondern ein für alle berechtigten Allianz-Lizenznehmer nutzbarer. Damit kann der „Schatz“ an Tausenden von Artikeln deutscher Autorinnen und Autoren, die in den 294 National- oder Allianz-lizensierten Verlagsprodukten veröffentlicht haben, gehoben und weltweit frei zugänglich gemacht werden. Gemäß den anfangs zitierten Regelungen zum Open Access sind hierzu die autorisierten Einrichtungen ohne Mehrkosten berechtigt. Diese Regelung kann zukünftig auch noch weiter wirken, sofern die DFG das Projekt auch politisch unterstützt und die Open-Access-Grundsätze auch bei anderen Konsortial- und Paketverhandlungen angewandt werden. Unter der Bedingung der verkürzten oder idealerweise ausgesetzten Embargofrist und der erlaubten Nutzung der Verlagsversion kann so zumindest national eine Überführung subskriptionsbasierter Zeitschriften in den Open Access durch die entsprechende „Vermischung“ des Grünen und Goldenen Wegs von Open Access erzielt werden. Sofern die Verlage kooperieren und der technische Workflow die Kompatibilität der Schnittstelle(n) von Verlagen und Repositorien sicherstellt, ließe sich die Idee der Direktablieferung in Repositorien auch generell auf den Grünen Weg übertragen, indem die Autorin bzw. der Autor bspw. gleich beim Autorenvertrag einwilligt, die Publikation nach Embargofrist abzuliefern, oder indem die Self Archiving Policy des Verlags dies standardmäßig vorsieht.

Folgende Ziele sollten daher im Rahmen der Projektidee verfolgt werden:

Die Förderung von grünem Open Access,

eine automatisierte Ablieferung von Publikationen durch Verlage unter Nutzung der lizenzrechtlich verhandelten Vorteile (zum Beispiel die zeitnahe oder sofortige Lieferung der Verlagsversion),

die Planung und Umsetzung einer technischen Datendrehscheibe, das heißt, eines Intermediärs, der die Datenqualität sicherstellt, beispielsweise mit Blick auf die Zuordenbarkeit der Affiliation und die Kompatibilität der genutzten Vokabulare und Schnittstellen. Verlage nutzen im Gegensatz zu Bibliotheken in der Regel Metadatenformate wie ONIX, NISO JATS oder CrossRef-XML, wohingegen auf Repositorien zum Beispiel Dublin Core oder Dublin Core-kompatible Importformate wie das DSpace Simple Archive Format zum Einsatz kommen,

die Schaffung eines möglichst offenen und anpassbaren Systems als Datendrehscheibe, um die verschiedenen technischen „Endsysteme“, also zum Beispiel EPrints, DSpace, OPUS et cetera bestücken zu können oder um passende Importer Scripts für die institutionellen Repositorien gestalten zu können,

die Ausgestaltung von Automatismen, die weitgehend unabhängig von individuellen Entscheidungsschritten und der hierfür nötigen Autorenberatung ablaufen. In einer ersten Projektphase basieren diese vollständig auf den bereits verhandelten Open-Access-Regelungen der Allianz-Lizenzen, welche auch die autorisierten Einrichtungen in Anspruch nehmen dürfen.

Eine perspektivische, möglichst natürliche Erweiterbarkeit des implementierten Systems, etwa um weitere Lizenzverhandlungen oder Policy-Formulierungen oder ganz generell den Grünen Weg von Open Access leicht umsetzen zu können.

4. Das DFG-Projekt DeepGreen

Der ursprünglich niederschwellige Wunsch eines technischen Workflows, der es ermöglicht, wissenschaftliche Artikel direkt vom Verlag automatisch in OPUS FAU einzuspielen, entwickelte sich im Laufe der Zeit weiter und nahm konzeptionell, wie oben beschrieben, eine zu große Dimension an, als dass er von einer Bibliothek alleine umsetzbar gewesen wäre. Zunächst wurde deshalb der Kooperative Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg (KOBV) ins Boot geholt, der für das Hosting von OPUS FAU verantwortlich ist. Nach und nach wurden weitere Partner gewonnen, um alle nötigen Kompetenzfelder abzudecken.

Das DeepGreen-Projektkonsortium besteht abschließend aus:

der Bayerischen Staatsbibliothek, die sich vor allem mit ihrer Kompetenz als erfahrene Vertragsverhandlerin einbringt und der hier außerdem die Rolle eines Betreibers von Fachrepositorien wie z.B. OstDok - Osteuropa-Dokumente Online zukommt,

das GeoForschungsZentrum Potsdam, das eine besondere Expertise im Bereich Open Access aufweisen kann und an dem das Open-Science-Büro der Helmholtz Gemeinschaft angesiedelt ist,

zwei Universitäten mit technisch unterschiedlicher Repositorieninfrastruktur (TU-Berlin mit DSpace und dem Ideengeber, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, mit OPUS),

zwei Verbünden, dem Bibliotheksverbund Bayern und dem Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg, die im Aufbau und Betrieb von bibliothekarischen Dienstleistungen geübt und in Fragen von Datenformaten und Schnittstellen gewandt sind. Der KOBV übernimmt in diesem Projekt die Koordination.

Zwei von 12 Verlagshäusern mit Allianz-Lizenzen konnten für die Mitarbeit gewonnen werden. Zum einen ist dies das international aufgestellte Verlagshaus SAGE Publications, das nach eigenen Angaben über 950 Zeitschriften vor allem aus den Sozial-, Geistes- und Lebenswissenschaften verlegt, und zum anderen das Schweizer Verlagshaus Karger, welches sich mit seinen 105 Zeitschriften vor allem in der Disziplin Biomedizin bewegt.

Nachdem das Projektkonsortium Mitte 2015 die Förderzusage erreichte, wurde der offizielle Projektstart auf den 01.01.2016 festgelegt. Bei der DFG-Förderung handelt es sich um eine flexible Förderung, was bedeutet, dass Bedingungen gestellt wurden: Ein Teil der bewilligten Mittel ist solange gesperrt, bis ein erster Prototyp der technischen Datendrehscheibe präsentiert werden kann. Dieser soll bis zum Herbst 2016 fertiggestellt sein.

Die Datendrehscheibe ist eine vermittelnde Instanz zwischen den Verlagen und den Repositorien. Ziel ist es, einen Vertragsinhalt in die Realität umzusetzen und die Geschäftsgänge in den Bibliotheken zu erleichtern. Die technische DeepGreen-Drehscheibe lässt sich als Schaltstelle, Zwischenarchiv oder als ein öffentlich nicht zugängliches Repositorium und damit unsichtbares „Dark Archive“ vorstellen.

Für Deutschland neu und damit innovativ ist der Ansatz, dass Verlagsdaten automatisiert an Repositorien geschickt werden. Auf der internationalen Ebene gibt es bereits renommierte Fachrepositorien, z.B. Europe PubMed Central, die Lieferverfahren mit Verlagen seit Jahren in der Praxis einsetzen. Die Erfahrung dieser internationalen Vorbilder lehrt, dass eine erfolgreiche Zusammenarbeit mit Verlagen nur funktionieren kann, wenn keine neuen technischen Hürden aufgebaut werden und verschiedene, auch niedrigschwellige Möglichkeiten zur Ablieferung angeboten werden.

5. Die technische Umsetzung

Die Erwartungen an die technische DeepGreen-Infrastruktur werden formal in sogenannten User Stories aus Sicht der unterschiedlichen Beteiligten zusammengefasst. Aus der Perspektive von Verlagen, Bibliotheken in ihrer Rolle als Repositorienbetreiber, aber auch aus Sicht des Plattformbetreibers DeepGreen und des Förderers, der z.B. Kennzahlen messen möchte, werden verschiedene Szenarien beschrieben, die ein Prototyp nach Möglichkeit bedienen soll.

Die Szenarien werden nach dem agilen Prinzip MoSCoW (Must have, Should have, Could have, und Would like but won‘t get) von den Projektbeteiligten priorisiert. Eine Veröffentlichung auf der DeepGreen-Webseite ist geplant.

Parallel zu den User Stories wurde ein DeepGreen-Metadatenschema erarbeitet, das zur fachöffentlichen Kommentierung publiziert und im Rahmen eines Expertenworkshops im April 2016 präsentiert wurde.6 Das Metadatenschema ist auf der Grundlage der Best-Practice-Empfehlungen von OCLC zur verteilten Nutzbarkeit zwischen verschiedenen Repositorien entwickelt worden.7 Es sieht vielfältige Möglichkeiten vor, etwaige Verlagsmetadaten abzubilden. Gleichzeitig bietet es genügend Flexibilität, um den Bedürfnissen unterschiedlichster Repositorien entgegen zu kommen. Darüber hinaus werden sogar Metadaten-Felder vorgesehen, die eine weitere Nachnutzung oder Verarbeitung, z.B. bei der Ablieferung an die Deutsche Nationalbibliothek, erleichtern würden. Schließlich wird es in der Praxis darauf ankommen, was die Verlage tatsächlich liefern können. Aktuell (Stand Juni 2016) läuft hierzu eine elektronische Umfrage des Projektes bei den Allianz-Lizenzverlagen.

Bei der Bewertung geeigneter technischer Vorbilder zur Nachnutzung beschäftigt sich das Projekt derzeit intensiv mit dem in Großbritannien aufgelegten Projekt Jisc Publications Router.8 In diesem britischen Langzeitprojekt wurde ein digitales Verteilzentrum aufgebaut, das ebenso wie ­DeepGreen zwischen Verlagen und berechtigten Repositorien vermittelt.9 Der Jisc Publications Router ist, wie im Blog-Beitrag des Projektverantwortlichen Steve Byford erläutert, eine grundsätzliche Neuentwicklung basierend auf den Erfahrungen und Lehren der vorherigen Versionen dieses Projekts.10 In insgesamt 10 Untermodulen werden sowohl die Kernfunktionalitäten des Verteilzentrums implementiert, als auch die gängigsten Schnittstellen wie SWORD zur Ein- und Ausgabe, OAI-PMH als Harvesting-Mechanismus, oder ein FTP-Client zur Entgegennahme von Verlagsablieferungen. Die interne Speicherung zur Abwicklung der Verteilfunktion geschieht dabei mittels einer eigenen, JSON-gestützten Datenbank, die durch die bekannte und etablierte Volltext-Suchmaschine „Elasticsearch“ indiziert wird. Zudem wird eine FLASK-basierte Software-Bibliothek zur Verfügung gestellt, um Webapplikationen mit der Suchmaschine „Elasticsearch“ als Endpunkt (engl. Backend) im Kontext des Publication Routers einfach aufzusetzen.

6. Zusammenfassung und Ausblick

Das Projekt DeepGreen wird von Förderern und Projektbeteiligten als ein Experiment verstanden. Erstmals wird in Deutschland eine automatische Ablieferung von Verlagsdaten an Repositorien versucht. Der erste Ausgangspunkt sind die Allianz-Lizenzen, deren Potenzial für die Wissenschaft vollständig ausgeschöpft werden soll. Gleichzeitig kommt den Allianz-Lizenzen an dieser Stelle vor allem Mustercharakter zu. Gelingt das Experiment und können Verlage zur Kooperation gewonnen werden und kann gleichzeitig eine schlanke, skalierbare Infrastruktur aufgebaut werden, dann lassen sich etliche Szenarien des Grünen Open Access denken, die von dem Projekterfolg profitieren könnten.

Technisch wird idealiter eine Nachnutzung und/oder Mitnutzung eines vorhandenen Systems präferiert. Sicherlich sind die deutschen Rahmenbedingungen, die durch die existierenden Allianz-Lizenzen geschaffen wurden, sehr speziell. Das spricht allerdings nicht gegen die Vision, gemeinsam mit ähnlichen Initiativen, wie etwa Jisc, ein international gültiges Verteilsystem aufzubauen, da auch der Radius wissenschaftlicher Verlage nicht national, sondern international ausgerichtet ist.

Literaturverzeichnis

Byford, Steve. „Jisc Publications Router Enters a New Phase,“ Jisc Scholarly Communications (Blog). 1. Juli 2015. Zuletzt geprüft am 26.04.2016. https://scholarlycommunications.jiscinvolve.org/wp/2015/07/01/jisc-publications-router-enters-a-new-phase/.

DeepGreen. „Veröffentlichung Metadatenschema.“ Zuletzt geprüft am 26. 04. 2016. https://deepgreen.kobv.de/veroeffentlichung-metadatenschema/.

Deutsche Forschungsgemeinschaft. „Grundsätze für den Erwerb DFG-geförderter überregionaler Lizenzen (Allianz-Lizenzen).“ DFG-Vordruck 12.181 - 03/15. Zuletzt geprüft am 26.04.2016. http://www.dfg.de/formulare/12_181/12_181_de.pdf.

Deutsche Forschungsgemeinschaft. „Open Access-Transformation.“ Information für die Wissenschaft Nr. 29. 2. Juni 2014. Zuletzt geprüft am 26.04.2016.
http://www.dfg.de/foerderung/info_wissenschaft/2014/info_wissenschaft_14_29/index.html

DFG. „Allianz-Lizenzen --- Nationallizenzen.“ Zuletzt geprüft am 26.04.2016.
https://www.nationallizenzen.de/ueber-nationallizenzen/allianz-lizenzen-2011-ff..

Jisc. „Jisc Publications Router.“ Zuletzt geprüft am 26.04.2016.
https://pubrouter.jisc.ac.uk/.

Jisc Scholarly Communications (Blog). https://scholarlycommunications.jiscinvolve.org/wp/. Zuletzt geprüft am 26.04.2016.

OCLC. “Best Practices for CONTENTdm and other OAI-PMH Compliant Repositories: Creating Sharable Metadata.” Version 3.1. 20. Juni 2013. Zuletzt geprüft am 26.04.2016.
http://www.oclc.org/content/dam/support/wcdigitalcollectiongateway/MetadataBestPractices.pdf.

OPUS4-FAU. „OPUS 4 | Allianzlizenzen.“ Zuletzt geprüft am 26.04.2016.
https://opus4.kobv.de/opus4-fau/solrsearch/index/search/searchtype/collection/id/16213.

1 DFG. „Allianz-Lizenzen,“ zuletzt geprüft am 26.04.2016. https://www.nationallizenzen.de/ueber-nationallizenzen/allianz-lizenzen-2011-ff.

2 Deutsche Forschungsgemeinschaft, „Grundsätze für den Erwerb DFG-geförderter überregionaler Lizenzen (Allianz-Lizenzen),“ DFG-Vordruck 12.181 - 03/15, zuletzt geprüft am 26.04.2016, http://www.dfg.de/formulare/12_181/12_181_de.pdf.

3 „Übersicht zur Nutzung der verhandelten Open-Access-Rechte,“ zuletzt geprüft am 19.07.2016, https://www.nationallizenzen.de/open-access/open-access-rechte.xls/view.

4 „OPUS 4 | Allianzlizenzen,“ zuletzt geprüft am 26.04.2016,
https://opus4.kobv.de/opus4-fau/solrsearch/index/search/searchtype/collection/id/16213.

5 Deutsche Forschungsgemeinschaft, „Open-Access-Transformation,“ Information für die Wissenschaft Nr. 29, 2. Juni 2014, zuletzt geprüft am 26.04.2016, http://www.dfg.de/foerderung/info_wissenschaft/2014/info_wissenschaft_14_29/index.html.

7 Online Computer Library Center, „Best Practices for CONTENTdm and other OAI-PMH Compliant Repositories: Creating Sharable Metadata,“ Version 3.1, 20. Juni 2013, zuletzt geprüft am 26.04.2016, http://www.oclc.org/content/dam/support/wcdigitalcollectiongateway/MetadataBestPractices.pdf.

8 Steve Byford, „Jisc Publications Router Enters a New Phase,“ Jisc Scholarly Communications (Blog), 1. Juli 2015, zuletzt geprüft am 26.04.2016, https://scholarlycommunications.jiscinvolve.org/wp/2015/07/01/jisc-publications-router-enters-a-new-phase/.

9 „Jisc Publications Router,“ zuletzt geprüft am 26.04.2016, https://pubrouter.jisc.ac.uk/.

10 Unter der Adresse https://github.com/JiscPER sind die vorläufigen Ergebnisse dieses erneuten, in der Skriptsprache Python implementierten Ansatzes zu finden.