Ausschreibungen und Vergaberecht in Wissenschaftlichen Bibliotheken

„Ausschreibungen und Vergaberecht in Wissenschaftlichen Bibliotheken“ – unter diesem Thema stand der eintägige Workshop des VDB LV Bayern am 07. April in der Universität Erlangen-Nürnberg.

Seitdem Unterhaltsträger die Berücksichtigung einschlägiger europäischer und nationaler Rechtsnormen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge und Leistungen einfordern, kommen auch Bibliotheken nicht mehr umhin, sich mit den formalen Kriterien zu beschäftigen und entsprechende Aufträge auszuschreiben. Während dies für die Auftragsvergabe in einzelnen Bereichen wie der Bibliotheksausstattung und der Informationstechnologie bereits zum Alltag gehört, waren Ausschreibungen in der Erwerbung bislang eher die Ausnahme. Dementsprechend groß waren der Fortbildungsbedarf und das Interesse der dreißig anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sowohl die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen des Vergaberechts als auch deren Umsetzung anhand konkreter Praxisbeispiele zu Ausschreibungen in der IT und der Erwerbung zu erfahren und zu diskutieren.

Den Anfang machte Frau Angelika Höß vom Auftragsberatungszentrum Bayern, die in einem ausführlichen Grundsatzvortrag die rechtlichen Rahmenbedingungen des Vergaberechts und die wesentlichen Voraussetzungen sowie einige juristische Fallstricke bei der Konzeption einer Ausschreibung erläuterte. So betonte sie anhand der rechtlichen Grundlagen die Vorteile einer Ausschreibung, die allen Beteiligten Rechtssicherheit und die Durchführung eines transparenten Verfahrens garantiert. Ein wesentliches Element der Steuerung des Ausschreibungsverfahrens ist die Einholung von Referenzen, da sich über diese im Sinne einer Eignungsprüfung steuern lässt, ob Angebote überhaupt Eingang in die Angebotswertung finden. Wann und in welcher Form ausgeschrieben werden muss, ergibt sich demnach aus dem Wert der Auftragsvergabe. In Anbetracht der Vielzahl der dabei zu beachtenden Rechtsnormen und formalen Vorgaben helfen Vergabehandbücher mit Formularsammlungen den Ausschreibenden im konkreten Fall weiter.

Die Ausschreibung von Scannern für den Publikumsbereich an der UB Erlangen-Nürnberg hatte der Vortrag von Frau Ingrid Schenker (UB Erlangen-Nürnberg) zum Thema. In diesem konkreten Fall war die Durchführung einer beschränkten Ausschreibung mit Teilnahmewettbewerb auf Grund der geringen Anbieterzahl und einer zeitlichen Dringlichkeit der Auftragsvergabe möglich. So wurden neben den rechtlichen Rahmenbedingungen die einzelnen Etappen der Ausschreibung von der Leistungsbeschreibung über die Eignungsprüfung der Anbieter bis zur Angebotswertung und Auftragsvergabe dargestellt. Dabei hat sich die Ausschreibung als positiv erwiesen, da in einem transparenten Entscheidungsprozess und unter Beteiligung aller Betroffenen das aus Sicht der Bibliothek und ihrer Nutzer beste Gerät ausgewählt werden konnte.

Ein weiterer Beitrag beschäftigte sich mit der Ausschreibung von Zeitschriftenpaketen. Hier erläuterte Herr Dr. Joachim Kreische (UB Dortmund) die Genese und Durchführung zweier Zeitschriftenausschreibungen an der UB Dortmund, die zum Ziel hatten, die Zeitschriftenerwerbung auf möglichst einen Lieferanten zu zentralisieren. Auch er betonte in seinem Beitrag den Wert einer detaillierten und klaren Leistungsbeschreibung als Basis für eine erfolgreiche Ausschreibung. Dabei hatte sich im Vorfeld ein enger Kontakt mit potentiellen Lieferanten und die Klärung wichtiger Leistungsparameter als hilfreich für die Konzeption und anschließende inhaltliche Bewertung der Angebote erwiesen. Allerdings zeigte sich speziell an diesem Fall, dass eine erfolgreiche Ausschreibung durch außergewöhnliche äußere Einflussfaktoren, hier in Form der Insolvenz des erfolgreichen Ausschreibungsgewinners, nicht immer den gewünschten Verlauf nimmt.

In zwei Arbeitsgruppen zu den Themenbereichen Recht und Geräteausstattung sowie Erwerbung vertieften und diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einzelne Fragestellungen und Themen, ehe zum Abschluss des Workshops wesentliche Aspekte aus beiden Arbeitsgruppen noch einmal dem gesamten Plenum vorgetragen wurden. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich das Instrument Ausschreibung in der Praxis durchaus bewährt, die Bibliotheken und die von ihnen nachgefragten Dienstleistungen häufig allerdings nur auf einen sehr beschränkten Kreis an Anbietern treffen. Die aus anderen Bereichen bekannte Vielfalt an Anbietern und Produkten ist hier in vielen Fällen nicht gegeben, so dass das Instrument einer Ausschreibung oft nur wenige inhaltliche Handlungsoptionen bietet.

Rainer Plappert, Universitätsbibliothek Erlangen-Nürnberg

Zitierfähiger Link (DOI): http://dx.doi.org/10.5282/o-bib/2016H2S96-97