Der „Tag der aufgeschobenen Hausarbeiten“.

Ein neues Veranstaltungsformat zur Vermittlung von Informationskompetenz an der UB Kaiserslautern

1. Einleitung

Am Mittwoch, dem 1. Juli 2015, fand an der Universitätsbibliothek (UB) Kaiserslautern unter dem Titel „Tag der aufgeschobenen Hausarbeiten – Eine Nacht ist nicht genug“ erstmalig eine ganztägige Veranstaltung statt, die darauf abzielte, Studierende durch ein umfassendes Programm beim Verfassen ihrer Hausarbeiten zu unterstützen.1 Neu ist diese Idee nicht. Seit 2012 bieten mehrere Schreibzentren und Hochschulbibliotheken eine „Lange Nacht der aufgeschobenen Hausarbeiten“ an. Ebenso gibt es seit 2013 einige Universitätsbibliotheken, welche einen „Tag der aufgeschobenen Hausarbeiten“ veranstalten.2 Auch an der UB Kaiserslautern stand die Intention im Vordergrund, aktiv gegen das Aufschieben anstehender Arbeiten vorzugehen und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern an einem Tag, ergänzend zum regulären Lehrbetrieb, Vorträge und Workshops zum Thema „wissenschaftliches Schreiben“ zu bieten, um sie beim Verfassen ihrer Hausarbeiten zu unterstützen. Das Kursangebot setzte sich daher aus zahlreichen Kursen zusammen, die sich mit dem Schreiben von Hausarbeiten, dem Umgang mit Stress, Zeitmanagement und Recherche beschäftigen. Ziel war es, möglichst viele Studierende zu motivieren, mit dem Schreiben ihrer Facharbeit zu beginnen, bzw. sie dabei zu unterstützen, diese fortzusetzen oder zu beenden. Abgerundet wurde das Programm durch psychologische Beratungen, „schreibfördernde“ Rahmenbedingungen (Sport, Entspannung) und eine kulinarische Versorgung.

2. Hintergründe

Bei der Durchführung von Bibliotheksveranstaltungen wurde immer wieder deutlich, dass unter den Studierenden großer Bedarf an Fortbildung in den Bereichen Organisation und Informationskompetenz besteht. Von Seiten der Lehrenden und Studierenden der Technischen Universität (TU) wurde dieser Eindruck bestätigt. Eine Analyse der Anfragen an das Personal der Zentralen Information der UB ergab, dass 54 % der Auskünfte die Themenfelder Recherche und Literaturbeschaffung betreffen. Diesem spezifischen Bedarf sollte nun durch ein entsprechendes Angebot der Bibliothek begegnet werden.

Folgende Ziele waren bei der Planung der Veranstaltung maßgeblich: Zum einen sollten den Studierenden Hilfsmittel für und Herangehensweisen an das Schreiben wissenschaftlicher Arbeiten zur Verfügung gestellt werden, zum anderen galt es den „Tag der aufgeschobenen Hausarbeiten“ (TdaH) als jährliche PR-Veranstaltung für die UB und deren Kollaborationspartner zu etablieren. Ferner sollten die Fachbereiche als Kooperationspartner gewonnen werden. Daher stand auch die Zielsetzung, den Arbeitsaufwand bei der Betreuung und Korrektur von Facharbeiten durch die Fachdozentinnen und -dozenten zu reduzieren, auf der Agenda. Als Kriterien für die Messung des Erfolgs der Maßnahme wurden die Bereitschaft der Fachbereiche und der zentralen Einrichtungen zur Partizipation, die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer am Veranstaltungstag sowie das anschließende Feedback herangezogen.

Das Organisationsteam des TdaH bestand aus zwei Fachreferentinnen sowie drei Mitarbeitern der PR-Abteilung der UB. Unterstützt wurde das Team zusätzlich durch freiwillige Helfer/innen der UB, der EDV-Abteilung des Regionalen Hochschulrechenzentrums und Lehrende aus dem Fachbereich der Sozialwissenschaften sowie des Distance and Independent Studies Center (DISC). Das Rahmenprogramm wurde vom Studierendenwerk der TU Kaiserslautern und dem Unisport gestaltet und durch den Verkauf von alkoholfreien Cocktails an der „Ausleih-Bar“ der Bibliothek abgerundet.

Die Kosten für Flyer und Plakate (s. Abb. 1) übernahm die PR-Abteilung der TU, da die Veranstaltung auch als Werbeveranstaltung für die Universität insgesamt deklariert werden konnte. Aus UB-Mitteln wurden die restlichen Aufwendungen finanziert.

Abb. 1: Plakat zur Bewerbung der Veranstaltung

3. Durchführung und Bewertung

Anmeldungen und Kursbelegung

Zum TdaH hatten sich 94 Personen angemeldet. Inklusive der Spontanbesucher/innen ergab sich ein finaler Wert von 124 Teilnehmenden mit einem Mitarbeiteranteil von 20 %. Von den angemeldeten Personen sind 86,2 % zu mindestens einem der angemeldeten Kurse auch erschienen; lediglich 13,8 % blieben der Veranstaltung komplett fern. Demgegenüber stehen 34 %, die alle Kurse besuchten, für die sie angemeldet waren.

Die Analyse ergab, dass sich die Teilnehmenden allen Fachbereichen (Ausnahme: Physik) zuordnen lassen (s. Abb. 2). Die stärkste Gruppe waren Studierende/Mitarbeitende der Sozialwissenschaften mit 25,3%, gefolgt von Maschinenbau, Chemie und Bauingenieurwesen.

Abb. 2: Verteilung der Teilnehmenden nach Fachbereichen

Die angemeldeten Personen buchten insgesamt 271 Kurse (Spannweite: 1-9 Kurse/Person; Mittelwert: 2,88 ± 0,19 S.E.M.3). Mit mehr als 25 Anmeldungen besonders beliebt waren „Richtig zitieren, Plagiatsvermeidung, Urheberrecht“, „Selbst- und Zeitmanagement“ sowie der Workshop „Tool-Kit zur Gestaltung einer wissenschaftlichen Argumentationsstruktur und zum Navigieren beim Schreiben“ (s. Abb. 3).

Abb. 3: Übersicht zur Kursbelegung

Nur zwei Kurse wiesen weniger als zehn Anmeldungen auf. Dies erklärt sich durch die sehr spezifische Thematik bzw. durch den späten Zeitslot. Interessanterweise wurden viele Kurse besucht, ohne dass eine Teilnahmebescheinigung gewünscht war (s. Abb. 3, magenta vs. blau). Insgesamt 81 % der Teilnehmenden gaben ein Feedback zu den Kursen ab (elektronisch oder auf einem Zettel), welches fast durchweg positiv war. Lediglich 3,3 % negative Kursbewertungen wurden registriert.

Nur wenige nutzten die Beratungen zu den von der UB Kaiserslautern lizenzierten Datenbanken Perinorm und SciFinder. Eine Vertreterin der Firma CAS (Betreiber von SciFinder) war vor Ort, um individuell zu beraten. Insgesamt fanden sich lediglich sieben Personen zur Beratung bei ihr ein, alle aus einer Arbeitsgruppe. Die Konsequenz wird sein, dass in Zukunft dieser Programmpunkt nicht mehr angeboten wird. Ein als individuelle Beratungseinheit zu effizienten Lernstrategien und Arbeitsstrukturen konzipiertes „Schnupper-Coaching“ wurde leider nicht genutzt. Das Angebot war, wie alle anderen Angebote zur individuellen Beratung, nicht an eine Anmeldung gebunden und höchstwahrscheinlich war es den Studierenden nicht klar, was sie zu erwarten haben. Bei Wiederholung der Veranstaltung sollten demnach im Vorfeld auf der E-Learning-Plattform OLAT Inhaltsbeschreibungen aller Kurse veröffentlicht und auch für die individuellen Beratungen eine Anmeldung gefordert werden.

Obwohl es nach wie vor ein gewisses Hemmnis darstellt, psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, wurde die Psychologische Beratungsstelle von acht Personen zur individuellen Beratung aufgesucht. Das Sportangebot am TdaH fand allerdings keinen Anklang. Zu keinem der beiden angekündigten Zeitpunkte erschien auch nur eine interessierte Person. Das Organisationsteam vermutet, dass dieses Ergebnis vor allem in der hohen Außentemperatur von 37 °C am Veranstaltungstag begründet liegt. In der Mensa wurde, gemeinsam mit dem Küchenchef, ein zum Thema passendes Menü zusammengestellt und am Veranstaltungstag angeboten. Für das sogenannte „Brainfood“4 fanden insbesondere jene Lebensmittel Verwendung, denen eine konzentrationssteigernde Wirkung nachgesagt wird. Das Angebot überzeugte und konnte mehr als 1200 Mal verkauft werden. Es zählt damit zu den „Top Essen“ der Kaiserslauterer Mensa.

4. Ausblick

Nach der erfolgreichen erstmaligen Durchführung des TdaH fiel der Entschluss, die Veranstaltung im kommenden Jahr zu wiederholen. Auf der Grundlage der gemachten Erfahrungen erweist es sich als sinnvoll, einige Aspekte der Veranstaltung bei einer wiederholten Durchführung zu optimieren. So werden einige Details der PR-Strategie modifiziert und es soll insgesamt frühzeitiger mit dem Marketing begonnen werden. Auch die Raumplanung mit nachfolgender Reservierung wird zukünftig deutlich früher vorgenommen. Bezüglich der Personalorganisation gibt es ebenfalls Optimierungsbedarf.

Insgesamt war die Veranstaltung ein voller Erfolg. Mit einem sehr geringen Budget konnte eine sinnvolle, umfassende und gut besuchte Beratungsveranstaltung für die Studierenden und Mitarbeitenden der Universität Kaiserslautern durchgeführt werden. Von vielen Seiten gab es positive Stimmen: Lehrende, Studierende und Mitarbeiter/innen waren durchweg von der Veranstaltung überzeugt. Der TdaH ist damit zu einem wichtigen Meilenstein in der Außendarstellung der Bibliothek geworden. Die Veranstaltung förderte maßgeblich den Gemeinschaftsgedanken innerhalb der Bibliothek. Nach bereits initial großem Interesse an einer Mitwirkung am Projekt bildeten sich spontan gut funktionierende Sub-Teams, die sich aus Mitarbeitenden verschiedener Abteilungen und hierarchischer Ebenen zusammensetzten und ihre Kompetenzen sehr effizient zu bündeln wussten. Zudem resultierten fruchtbare Kooperationen zwischen der Bibliothek und den beteiligten Einrichtungen, die im Hinblick auf das reguläre Schulungsprogramm und auf Sonderveranstaltungen von beiderseitigem Nutzen sind. Konkret werden einerseits Lehrveranstaltungen von Lehrenden des DISC nun auch im Bibliotheksprogramm gelistet und andererseits von der UB vermehrt Kurse angeboten, welche die fachspezifische Informationskompetenz stärken.

Der TdaH wird in das jährliche Curriculum der UB-Veranstaltungen integriert und soll jedes Jahr am ersten Mittwoch im Juli stattfinden. Alle beteiligten Lehrenden und Abteilungen sowie die zentralen Organisationseinheiten haben ihre Beteiligung für das Jahr 2016 zugesagt. Unter diesen Voraussetzungen besteht kein Zweifel, dass die Veranstaltung auch zukünftig erfolgreich sein wird und zahlreiche Interessierte in die Vorträge und Workshops lockt.

Julia Pletsch, Universitätsbibliothek Kaiserslautern
Désirée Griesemer, Universitätsbibliothek Kaiserslautern

Zitierfähiger Link (DOI): http://dx.doi.org/10.5282/o-bib/2016H2S78-82

1 Die Veranstaltung wurde im Rahmen eines Projekts des MALIS-Studienganges der FH Köln konzipiert und von Frau Prof. Dr. Inka Tappenbeck betreut.

2 Vgl. z.B. „Der Lange Samstag der Hausarbeiten,“ zuletzt geprüft am 22.03.2016, https://www.uni-due.de/hausarbeitentag/archiv.php, und „Uni.aktuell – Langer Tag der aufgeschobenen Hausarbeiten,“ zuletzt geprüft am 22.03.2016, http://ekvv.uni-bielefeld.de/blog/uniaktuell/entry/langer_tag_der_aufgeschobenen_hausarbeiten2.

3 S.E.M. = Standard Error of the Mean/Standardfehler des Mittelwertes.

4 Vgl. Kerstin Mitternacht, „Betriebsmedizin geht durch den Magen,“ Ärzte-Zeitung vom 06.02.2015, zuletzt geprüft am 22.03.2016, http://www.aerztezeitung.de/praxis_wirtschaft/assistenzberufe/article/878652/brainfood-betriebsmedizin-geht-durch-magen.html.