Der Einsatz der Personalgruppen in der Sacherschließung an wissenschaftlichen Bibliotheken – Ergebnisse einer Umfrage

Kristina Fischer, Bad Wildbad
Heidrun Wiesenmüller, Hochschule der Medien Stuttgart

Zusammenfassung:

Der Beitrag stellt die Ergebnisse einer Umfrage zum Einsatz der verschiedenen Personalgruppen in der Sacherschließung an deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken vor. Es wurde untersucht, inwieweit mehrere Personalgruppen eingesetzt werden, welche Modelle es für die Aufgabenteilung gibt und wie sich diese bewähren. Von Interesse war dabei insbesondere der Einsatz von Diplom- bzw. Bachelor-Bibliothekarinnen und -Bibliothekaren. Ebenfalls ermittelt wurde die Haltung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die selbst in der Sacherschließung tätig sind, zur Rolle des höheren und des gehobenen Dienstes in der Sacherschließung.

Summary:

The paper presents the results of a survey about the activities of different staff groups in subject cataloguing at academic libraries in Germany. It was examined at how many libraries several staff groups are active in this field, which tasks and responsibilities are assigned to the different groups and how the different models are evaluated. Of special interest were the activities of certified libra­rians (Diplom or Bachelor) in subject cataloguing. The study also addresses the attitudes of staff members who work in subject cataloguing with regard to the role of academic librarians and certified librarians in subject cataloguing.

Zitierfähiger Link (DOI): http://dx.doi.org/10.5282/o-bib/2016H2S56-77
Autorenidentifikation:
Fischer, Kristina: ORCID: http://orcid.org/0000-0002-3541-7848;
Wiesenmüller, Heidrun: GND 122087801,
ORCID: http://orcid.org/0000-0002-9817-5292
Schlagwörter: Sacherschließung; Inhaltliche Erschließung; Wissenschaftliche Bibliothek; Personaleinsatz; Gehobener Dienst; Höherer Dienst; Fachreferent; Diplombibliothekar

1. Fragestellung und Methodik

In einem Aufsatz von 2014 beschäftigten sich Heidrun Wiesenmüller und Dagmar Kähler mit der Frage, ob ein einschlägiges Fachstudium zwingend nötig sei, um qualitätvolle Sacherschließung zu betreiben.1 Die Autorinnen stellten in diesem Zusammenhang fest: „Bisher gibt es keine empirische Studie, in der die Verteilung der Sacherschließungsleistung auf Personen mit und ohne einschlägiges Fachstudium untersucht wird.“2 In einer Bachelorarbeit an der Hochschule der Medien in Stuttgart wurde nun von Kristina Fischer mit einer Umfrage untersucht, welche Personalgruppen in deutschen Bibliotheken im Bereich der Sacherschließung eingesetzt werden, in welchem Umfang und in welcher Form dies geschieht und wie die Haltung der betroffenen Kolleginnen und Kollegen dazu ist.3 Eine wichtige Frage dabei war, wie der Einsatz von Diplom- bzw. Bachelor-Bibliothekarinnen und -Bibliothekaren in der Sacherschließung eingeschätzt wird. Die Ergebnisse dieser Umfrage wurden für den hier vorgelegten Beitrag nochmals vollständig gesichtet, analysiert und interpretiert.4

Für die Untersuchung wurden zwei Onlinefragebögen konzipiert: Der erste Fragebogen sollte nur einmal, repräsentativ für die jeweilige Bibliothek, ausgefüllt werden. In der Regel dürfte dieser Fragebogen von Personen in Leitungsfunktion beantwortet worden sein. Mit dem zweiten Fragebogen sollten persönliche Meinungen und Haltungen einzelner Bibliotheksmitarbeiterinnen und -mitarbeiter, die selbst in der Sacherschließung tätig sind, ermittelt werden. Dieser Fragebogen konnte und sollte deshalb von mehreren Personen aus derselben Bibliothek beantwortet werden. Die Fragebögen wurde mit „Google Formulare“ erstellt. In einem Pretest, an dem vor allem Mitglieder der AG Sacherschließung des Bibliotheksservice-Zentrums (BSZ) teilnahmen, wurden die Fragebögen auf Verständlichkeit und Praktikabilität geprüft und anschließend leicht überarbeitet.5

Per Mail angeschrieben wurden Zuständige für die Sacherschließung in insgesamt 119 deutschen wissenschaftlichen Bibliotheken: Es handelte sich dabei um sechs Bibliotheken von nationaler Bedeutung, 46 Universitätsbibliotheken, 27 Landes-, Regional- bzw. Staatsbibliotheken, 21 Hochschulbibliotheken sowie 19 Spezial- bzw. Fachbibliotheken. Die Studie war damit von vorneherein als Stichprobenuntersuchung angelegt, da eine Anfrage bei allen wissenschaftlichen Bibliotheken in Deutschland im Rahmen einer Bachelorarbeit nicht leistbar gewesen wäre. Bei der Interpretation der Ergebnisse muss man dies stets im Hinterkopf behalten. Die Größe der Stichprobe – und damit die Aussagefähigkeit – hängt dabei sehr stark vom Bibliothekstyp ab. So konnte z.B. bei den Universitätsbibliotheken ein relativ großer Anteil angefragt werden: Geht man von insgesamt 84 deutschen Universitätsbibliotheken aus,6 so machen die 46 angefragten Universitätsbibliotheken 54,8 % davon aus. Tatsächlich an der Umfrage teilgenommen haben 19 Universitätsbibliotheken (vgl. Kap. 2.1), d.h. immerhin 22,6 % der Gesamtzahl. Bei den Hochschulbibliotheken oder den Spezialbibliotheken ist die Stichprobe hingegen nur sehr klein und die Aussagekraft entsprechend geringer.7 Die Umfrage lief während drei Wochen im November 2015.

2. Auswertung des ersten Fragebogens

Der erste Fragebogen wurde von den Zuständigen in insgesamt 44 Bibliotheken vollständig beantwortet, d.h. von 37 % der Angefragten.8

2.1. Spektrum der teilnehmenden Bibliotheken

Einige allgemeine Fragen im ersten Fragebogen dienten dazu, mehr über die teilnehmenden Bibliotheken zu erfahren. Um einen Überblick über das Spektrum der beteiligten Bibliotheken zu erhalten, sollten die Befragten ihre Bibliothek einem von fünf Typen zuordnen; dabei waren Mehrfachnennungen möglich (im Fragebogen: Frage 7).9 Die beiden größten Gruppen unter den 44 Bibliotheken machen die Universitätsbibliotheken mit 19 Nennungen sowie die Spezial- und Fachbibliotheken mit 13 Nennungen aus. Dazu kommen acht Landes-, Regional- bzw. Staatsbibliotheken, fünf Bibliotheken von nationaler Bedeutung und vier Hochschulbibliotheken.

Die Größe der Bibliotheken wurde mit den Kriterien Medienbestand (Frage 8) und Personal (Frage 9) gemessen. Überwiegend handelt es sich um große Bibliotheken mit einem Bestand von 1 bis 5 Mio. Medieneinheiten (19, d.h. 43,2 %) oder zumindest von 300.000 bis 1 Mio. Medieneinheiten (12, d.h. 27,3 %). Vertreten waren außerdem sieben (15,9 %) sehr große Bibliotheken (viermal 5 bis 10 Mio.,
dreimal über 10 Mio. Medieneinheiten) sowie sechs (13,6 %) eher kleine Bibliotheken (zweimal 100.000 bis 300.000, dreimal 30.000 bis 100.000, einmal unter 30.000 Medieneinheiten). 17 Bibliotheken (38,6 %) verfügen bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern über mehr als 100 Vollzeit­äquivalente (VZA). Dem stehen auf der anderen Seite der Skala neun Bibliotheken (20,5 %) mit weniger als 20 VZA gegenüber. Die restlichen 18 Bibliotheken (40,9 %) liegen dazwischen (fünfmal 81-100, dreimal 61-80, viermal 41-60, sechsmal 21-40).

2.2. Sacherschließung in den teilnehmenden Bibliotheken

Die in den teilnehmenden Bibliotheken aktiv angewendeten Inhaltserschließungssysteme wurden getrennt nach verbaler und klassifikatorischer Erschließung abgefragt (Frage 1). In beiden Fällen waren Mehrfachnennungen möglich. Es waren jeweils einige Auswahlen vorgegeben; weiteres ließ sich unter „Sonstiges“ angeben. In einem Freitextfeld konnte außerdem genauer erläutert werden, für welche Bestände die verschiedenen Erschließungsarten zum Einsatz kommen.10

Bei der verbalen Erschließung werden, wie nicht anders zu erwarten, in den meisten der 44 Bibliotheken die Regeln für den Schlagwortkatalog (RSWK) oder zumindest GND-Schlagwörter verwendet (29 Nennungen, d.h. 65,9 %). Für 21 dieser Bibliotheken stellt dies die einzige Art von verbaler Erschließung dar. In elf Bibliotheken (25 %) kommen lokale Schlagwörter bzw. hauseigene Thesauri zum Einsatz – teilweise als einzige Form der verbalen Erschließung, teilweise neben RSWK. Anderes wie z.B. die Medical Subject Headings (MESH) spielt so gut wie keine Rolle (1 Nennung). Der Umfang der verbalen Erschließung ist in den Häusern unterschiedlich: Teilweise wird der gesamte Monografienzugang berücksichtigt, teilweise werden nur besondere Bestände verbal erschlossen. E-Book-Pakete bleiben häufig ausgeschlossen. In einigen Bibliotheken wird auch unselbständige Literatur verschlagwortet. Immerhin elf Bibliotheken (25 %) praktizieren keine Form der verbalen, sondern nur klassifikatorische Erschließung.11

Bei der klassifikatorischen Erschließung ist das Bild noch etwas bunter, weil nicht selten mehr als eine Form der klassifikatorischen Erschließung angewendet wird. Am häufigsten kommen Haussystematiken zum Einsatz (19 Nennungen, d.h. 43,2 %). Am zweithäufigsten wurde die Regensburger Verbundklassifikation (RVK) genannt (17 Nennungen, d.h. 38,6 %). Es folgen die Basisklassifikation (BK) und die Dewey-Dezimalklassifikation (DDC) mit jeweils sechs Nennungen (13,6 %) sowie die Gesamthochschulbibliothekssystematik (GHBS) mit drei Nennungen (6,8 %). Nur je einmal genannt wurden die Klassifikation der National Library of Medicine (NLM) und die universelle Dezimalklassifikation (UDC). Der Umfang der klassifikatorischen Erschließung ist in den Häusern sehr unterschiedlich: Teilweise werden alle Medien klassifiziert, teilweise nur Freihandbestände. Manchmal bezieht sich die Anwendung nur auf spezielle Bestände (z.B. SSG-Bestände oder unselbständige Literatur im Rahmen einer Fachdatenbank). Fünf Bibliotheken (11,4 %) praktizieren keine Form der klassifikatorischen, sondern nur verbale Erschließung; bei diesen handelt es sich ausschließlich um Fach- bzw. Spezialbibliotheken.

2.3. Personaleinsatz in der Sacherschließung

Gefragt wurde auch, wieviele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der jeweiligen Bibliothek inhaltlich erschließen (Frage 2). Am häufigsten wurde hier „weniger als 5“ angegeben (17 Bibliotheken, d.h. 38,6 %). Dreimal liegt die Zahl zwischen 6 und 10 (6,8 %), zehnmal zwischen 11 und 15 (22,7 %), sechsmal zwischen 16 und 20 (13,6 %) und achtmal über 20 (18,2 %).

Besonders interessant ist die Frage, welche Personalgruppen in der Sacherschließung eingesetzt werden (Frage 3); Abb. 1 zeigt das Ergebnis. In 16 Bibliotheken (36,4 %) ist dies nur eine einzige Personalgruppe: In elf Bibliotheken sind es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einem Fachstudium und einem bibliothekarischen Referendariat bzw. Masterabschluss (25 %), in fünf Häusern sind es Bibliothekarinnen und Bibliothekare mit einem Diplom- oder Bachelorabschluss (11,4 %). Im Folgenden werden für diese Personalgruppen der Einfachheit halber auch die Bezeichnungen „höherer“ bzw. „gehobener Dienst“ verwendet.12 In 28 Bibliotheken (63,6 %) werden mindestens zwei Personalgruppen eingesetzt. Die häufigste Kombination ist die von höherem und gehobenem Dienst in 21 Bibliotheken (47,7 %). In fünf Fällen (11,4 %) sind zusätzlich noch Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste, Hilfskräfte oder beide Gruppen beteiligt. In einer Bibliothek arbeiten gehobener Dienst und Fachangestellte in der Sacherschließung zusammen, in einer weiteren wird der höhere Dienst von Hilfskräften unterstützt (jeweils 2,3 %) – beides findet sich in Abb. 1 unter „Sonstiges“ aufgeführt.

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Wie die Zahlen zeigen, sind Angehörige des höheren Dienstes weiterhin die Hauptträger der inhaltlichen Erschließung: Sie sind in 38 Bibliotheken (86,4 %) – alleine oder gemeinsam mit anderen Personalgruppen – in der Sacherschließung tätig. Aber in immerhin 32 Bibliotheken (72,7 %) werden auch Diplom- bzw. Bachelorkräfte in der Sacherschließung eingesetzt. Deutlich geringer ist die Beteiligung von Fachangestellten und Hilfskräften (jeweils 4 Bibliotheken, d.h. 9,1 %).

Bibliothekstyp

Anzahl

nur hD

nur gD

hD + gD

hD + gD + FaMI/Hiwi

Sonstiges

reine UB

16

6

0

7

3

0

reine Spezial- bzw. Fach­bibliothek

12

3

3

6

0

0

Landes-, Regional- oder Staatsbibliothek (rein oder kombiniert)13

8

0

1

5

1

1 (hD + Hiwi)

Bibliothek von nationaler Bedeutung (rein oder kombiniert)14

5

2

0

2

1

0

reine Hochschulbibliothek

3

0

1

1

0

1 (gD + FaMI)

Für Tab. 1 wurden die 44 Bibliotheken gemäß ihrem Typ in fünf Gruppen unterteilt. Dabei lassen sich allerdings gewisse Unschärfen nicht vermeiden.15 Auch sind die absoluten Zahlen bei den Hochschulbibliotheken und den Bibliotheken von nationaler Bedeutung eigentlich schon zu klein, um noch repräsentative Ergebnisse zu erbringen – entsprechend vorsichtig müssen die Werte betrachtet werden.

Als ausschließliche Domäne des höheren Dienstes kommt die Sacherschließung nur bei Bibliotheken von nationaler Bedeutung (2 von 5, d.h. 40 %), bei reinen Universitätsbibliotheken (6 von 16, d.h. 37,5 %) sowie bei Spezial- und Fachbibliotheken (3 von 12, d.h. 25 %) vor. Der ausschließliche Einsatz von Diplom- bzw. Bachelor-Bibliothekarinnen und -Bibliothekaren fand sich in der Stichprobe im Bereich der Hochschulbibliotheken (1 von 3, d.h. 33,3 %), der Spezial- bzw. Fachbibliotheken (3 von 12, d.h. 25 %) sowie der Landes-, Regional- bzw. Staatsbibliotheken (1 von 8, d.h. 12,5 %). Die fünf Bibliotheken, die dieses Modell praktizieren, sind alle vergleichsweise klein (viermal unter 20 VZÄ, einmal 21 bis 40 VZÄ) und haben unter Umständen gar keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im höheren Dienst.16 Der Einsatz sowohl des höheren als auch des gehobenen Dienstes (evtl. noch unterstützt durch Fachangestellte und/oder Hilfskräfte) ist in hohem Maße bei den Landes-, Regional- und Staatsbibliotheken (6 von 8, d.h. 75 %), bei den reinen Universitätsbibliotheken (10 von 16, d.h. 62,5 %), bei den Bibliotheken von nationaler Bedeutung (3 von 5, d.h. 60 %) sowie bei den Spezial- und Fachbibliotheken (6 von 12, d.h. 50 %) anzutreffen.

2.4. Aufgabenverteilung in der Sacherschließung

Wie gezeigt wurde, werden an relativ vielen Bibliotheken mehrere Personalgruppen in der Sacherschließung eingesetzt. Dies sagt freilich weder etwas darüber aus, wie hoch die Anteile der verschiedenen Personalgruppen sind, noch etwas darüber, welche Art von Aufgaben von ihnen jeweils übernommen werden. Deshalb enthielt der Fragebogen ein Freitextfeld, in dem genauer erläutert werden konnte, wie die verschiedenen Bereiche der Sacherschließung praktiziert werden und welche Personenkreise dafür zuständig sind (Frage 4). Für die Auswertung lag ein besonderes Augenmerk auf den Antworten aus Bibliotheken, in denen es eine Arbeitsteilung zwischen mehreren Personalgruppen gibt, sowie auf der Rolle der Diplom- bzw. Bachelorkräfte. Eine Sichtung der zahlreichen, teilweise ausführlichen Erläuterungen zeigt vor allem die erstaunliche Vielfältigkeit der praktizierten Modelle. Klare Trends lassen sich kaum ablesen. Die Bibliotheken haben vielmehr ganz unterschiedliche Wege gefunden, um die Aufgaben in der inhaltlichen Erschließung zu erfüllen.

In einigen Fällen wird die Beteiligung des gehobenen Dienstes eher als Ausnahmefall betrachtet: So wird aus einer Universitätsbibliothek berichtet, dass die Sacherschließung „vorwiegend durch die Fachreferenten“ erfolge und „lediglich eine erfahrene Mitarbeiterin des gehobenen Dienstes (...) ebenfalls mit dieser Aufgabe betraut“ sei.17 Für eine andere Universitätsbibliothek, die nur mit RVK erschließt, heißt es, die Systematisierung sei „in der Regel“ beim höheren Dienst angesiedelt, werde aber „je nach Fach und Kapazität auch vom gehobenen Dienst oder studentischen Hilfskräften vorgenommen“. Ähnlich in der Antwort einer weiteren Universitätsbibliothek: Die Sacherschließung werde „überwiegend vom höheren Dienst durchgeführt, in einigen Abteilungen bzw. Standorten (Sondersammlungen, Zentren, Instituten) z.T. auch vom gehobenen Dienst“. Aus einer nur klassifikatorisch erschließenden Universitätsbibliothek wird berichtet: „Einige Kolleginnen und Kollegen des gehobenen Dienstes haben Fachreferatsaufgaben übernommen und erschließen im Rahmen dieser Tätigkeit.“

Der Einsatz von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des gehobenen Dienstes ist öfter auf bestimmte Bereiche eingeschränkt, etwa auf besondere Bestandsgruppen (z.B. Karten, Musikalien), auf Literatur, welche spezielle Sprachkenntnisse erfordert (z.B. Koreanisch), oder auf die Erschließung für Fachdatenbanken. Als typisches Einsatzgebiet für Diplom- und Bachelorkräfte wurde außerdem mehrfach die Normdatenredaktion benannt. Teilweise sind aber auch hier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des höheren Dienstes tätig, ebenso wie bei der Pflege von Systematiken und Thesauri. An manchen Bibliotheken wird eine Unterscheidung nach den angewendeten Erschließungssystemen getroffen: An einer Universitätsbibliothek werden beispielsweise nur lokale Schlagwörter vom gehobenen Dienst vergeben, alles andere (RSWK, BK, RVK) vom höheren Dienst. Feste Muster zeichnen sich aber auch hier kaum ab: So ist z.B. in einer Hochschulbibliothek die verbale Erschließung nach RSWK Sache des höheren Dienstes und die Aufstellungssystematik die des gehobenen Dienstes; in einer Landes-, Regional- bzw. Staatsbibliothek ist es genau umgekehrt.

Manchmal findet eine Aufteilung nach Schwierigkeitsgrad statt: Beispielsweise übernehmen in einer Spezial- bzw. Fachbibliothek Angehörige des höheren Dienstes nur die „schwierigen Fälle“ der RSWK-Erschließung. Aus einer Bibliothek von nationaler Bedeutung heißt es: „Notations- und Schlagwortvergabe wird von allen getan, aber mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad“. Als Routine betrachtete Vorarbeiten sind öfter im gehobenen Dienst angesiedelt, etwa die Übernahme von Beschlagwortungen oder RVK-Notationen aus anderen Verbünden. Gelegentlich genannt wird auch eine Unterscheidung zwischen konzeptionellen Arbeiten und der reinen Umsetzung – so z.B. aus einer Spezialbibliothek, die nach einer Haussystematik erschließt: „Konzepte höherer Dienst, Ausführung gehobener Dienst“. Ähnlich heißt es bei einer Universitätsbibliothek, welche RSWK, RVK und eine Haussystematik anwendet: „Aktive Vergabe von Schlagworten und Signaturen erfolgt durch den gehobenen Dienst; Koordination (z.B. Absprachen und Festlegungen) durch den höheren Dienst“.

Es gibt aber auch Beispiele dafür, dass es keine wirklichen Abgrenzungen zwischen den Personalgruppen mehr gibt. Eine Bibliothek von nationaler Bedeutung benennt die Redaktionsarbeit als Aufgabe des gehobenen Dienstes; „ansonsten keine Unterschiede“. Aus einer Universitätsbibliothek, die nur mit RVK erschließt, heißt es entsprechend, es gebe „keine hierarchische Aufgabenverteilung bei der Sacherschließung“. Eine Spezialbibliothek berichtet, dass es bei ihnen keine Fachreferate im klassischen Sinne gebe: „Alle Bibliothekare übernehmen Aufgaben der Sacherschließung. Dadurch gestaltet sich der Arbeitsplatz des Einzelnen abwechslungsreich.“

Gibt es eine eigene Abteilung bzw. ein eigenes Referat Sacherschließung, sind dort typischerweise eher Bibliothekarinnen und Bibliothekare mit Diplom- bzw. Bachelorabschluss tätig. In der Antwort einer Universitäts- und Landesbibliothek wird erläutert, dass die Leitung dieser Abteilung mittlerweile vom höheren auf den gehobenen Dienst übergegangen sei, und dass vor einigen Jahren „die Fachreferenten in der Regel von der aktiven verbalen Inhaltserschließung entbunden wurden“. Auch in Spezial- und Fachbibliotheken scheint öfter ein großer Teil der aktiven Sacherschließung von Diplom- bzw. Bachelorkräften erbracht zu werden – was sicher auch etwas mit der Struktur des vorhandenen Personals zu tun hat.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass bei der Aufgabenteilung zwischen höherem und gehobenem Dienst ein sehr breites Spektrum anzutreffen ist: Es reicht von nur gelegentlichen oder nur unterstützenden Tätigkeiten des gehobenen Dienstes bis hin zu einer ganz erheblichen Mitwirkung bei der Sacherschließung. Ebenso vielfältig sind die qualitativen Ausprägungen, in denen sich die konkrete Arbeitsteilung bewegen kann.

2.5. Begründung und Bewertung der Aufgabenverteilung

In einem weiteren Freitextfeld konnten die Befragten, in deren Bibliotheken mehrere Personalgruppen in der Sacherschließung eingesetzt werden, die Gründe dafür angeben (Frage 5). Teilweise wurde hier allerdings auch begründet, warum es keine Aufgabenverteilung gibt, z.B. bei einer Bibliothek, in der nur der höhere Dienst inhaltlich erschließt: „Inhaltlich ist eine gewisse Sachkenntnis beim höheren Dienst von Vorteil, so dass die [Sacherschließung] vom Fachexperten ausgeübt wird.“ In einem anderen Fall, bei dem ebenfalls nur der höhere Dienst aktiv erschließt, scheint die antwortende Person eher über mögliche Gründe nachgedacht zu haben, die in der Zukunft zu einer Aufgabenverteilung führen könnten: „1. zu viele andere Aufgaben für Fachreferenten, 2. mangelndes Interesse der Fachreferenten an Sacherschließung, 3. Bibliothekaren soll mehr Verantwortung übertragen werden“.

Relativ häufig wurde angegeben, dass die vorhandene Arbeitsteilung „historisch gewachsen und bewährt“ sei. Eine wichtige Rolle spielen darüber hinaus Fragen der Arbeitseffizienz und Rationalisierung. Von einer Universitätsbibliothek, in der der gehobene Dienst einen erheblichen Teil der Sacherschließung leistet, wird als Motivation „Beschleunigung der Medienbearbeitung“ und „Entlastung der Fachreferenten“ genannt. Beide Aspekte finden sich auch in mehreren anderen Antworten. Für die Arbeitsökonomie ist es fraglos nützlich, wenn bestimmte Aspekte der inhaltlichen Erschließung gleichzeitig mit der Formalerschließung geleistet werden können (so z.B. in der Antwort einer Hochschulbibliothek: „Sachstelle wird bei Katalogisierung vergeben“). Hingewiesen wurde auch auf die steigende Nachnutzung von Fremddaten, wodurch in vielen Fällen keine eigene aktive Sacherschließung mehr nötig sei. So heißt es z.B. in der Antwort einer Universitätsbibliothek: „Der Umfang der anfallenden Literatur neben all den anderen Aufgaben [des höheren Dienstes] ist sonst nicht zu bewältigen. (...) Die Geschäftsgänge müssen deshalb soviel wie möglich vom kooperativen Prinzip der verbalen Sacherschließung und von Fremddatenanreicherung profitieren.“ In einem Fall, wo auch Hilfskräfte in der Sacherschließung tätig sind, war dies einem besonderen Projekt geschuldet: „Viel Retro-Bestand musste in kurzer Zeit bearbeitet werden. Das ist nicht allein durch den höheren Dienst zu leisten, außerdem ist dort der Anspruch an die Qualität nicht so hoch – also werden dafür studentische Hilfskräfte eingesetzt.“

Natürlich spielt auch die Frage der Qualifikation in den Antworten eine Rolle. Eine Beteiligung von Diplom- bzw. Bachelor-Bibliothekarinnen und -Bibliothekaren wird gelegentlich mit besonderen Kenntnissen begründet, z.B. „Spezialistin [für] RSWK und BK aus dem gehobenen Dienst“ oder „gehobener Dienst teilweise mit abgeschlossenem Fachstudium“. Mehrfach wurde auf unterschiedliche Stärken der Personalgruppen hingewiesen: „Da die Fachrefenten den größten Teil der betreuten Fächer studiert haben und langjährige Praxis im Vokabular und der Klassifikation haben, obliegt ihnen die inhaltliche Arbeit (Inhaltsanalyse usw.). Mitarbeiterinnen des gehobenen Dienstes verfügen dagegen über die größere Routine in der formalen Anwendung der Standards, in der Erfassung der Daten und den Datenformaten“.

Auf zwei Einzelaussagen sei noch gesondert hingewiesen: Aus einer Universitätsbibliothek, in der die Sacherschließung überwiegend Aufgabe des höheren Dienstes ist und Diplom- bzw. Bachelorkräfte nur (wenig fachlich geprägte) lokale Schlagwörter vergeben, wird dies damit begründet, dass „für fachliche Schlagwort-Vergabe kein Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten beim Personal des gehobenen Dienstes“ vorhanden sei. In einer Landes-, Regional- bzw. Staatsbibliothek wird eine „Geringschätzung der Fachreferatsaufgaben bei Angehörigen des höheren Dienstes“ konstatiert. Leider sind dieser Antwort keine genaueren Details zu entnehmen; es wird darauf hingewiesen, dass man sich gerade „mitten in einem Umstrukturierungsprozess“ befinde.

Gefragt wurde außerdem, ob sich die Aufgabenteilung bewährt habe (Frage 6). Von den verantwortlichen Personen in den Bibliotheken, die mehrere Personalgruppen einsetzen, haben 25 diese Frage beantwortet: 19 (76 %) mit „ja“, 5 mit „eher ja“ (20 %) und eine mit „eher nein“ (4 %). Bei letzterer handelt es sich um die Bibliothek, die sich derzeit in einem Umstrukturierungsprozess befindet. Die Zuständigen sind also insgesamt recht zufrieden mit der Aufgabenverteilung innerhalb ihres Personals.

Die Antworten konnten außerdem noch kommentiert werden. Aus einer Landes-, Regional- bzw. Staatsbibliothek wird über „ein gutes Zusammenspiel“ von höherem und gehobenem Dienst berichtet. Für eine sehr große Bibliothek wird konstatiert: „Der gesamte Bereich der modernen Inhaltserschließung ist durch die Einbeziehung des gehobenen Dienstes effizienter geworden, die Regelwerke werden konsequent angewendet (...). Im höheren Dienst sind Ressourcen für andere Aufgaben (Management, Leitung, Informationsvermittlung) frei geworden. Die Arbeitszufriedenheit und die Erweiterung des Fachwissens sind im gehobenen Dienst signifikant gestiegen.“ Die schon vorher aufgeführten Aspekte wie Entlastung der Fachreferentinnen und -referenten und schnellerer Buchdurchlauf werden mehrfach positiv benannt. In mehreren Antworten wird auch die im Ergebnis erreichte gute Qualität hervorgehoben. Für eine Universitätsbibliothek, die nur RVK anwendet, wird betont, dass die Beteiligung des gehobenenen Dienstes und studentischer Hilfskräfte in der Sacherschließung „unkritisch“ sei.

3. Auswertung des zweiten Fragebogens

Der zweite Fragebogen wurde 115-mal beantwortet – im Durchschnitt also von 2,6 Personen pro Bibliothek.18 Dieser Teil der Umfrage diente der Ermittlung der persönlichen Einschätzungen und Haltungen von Personen, die in der Sacherschließung tätig sind.19 Die Verantwortlichen in den Bibliotheken, die den ersten Fragebogen zu beantworten hatten, wurden deshalb gebeten, den zweiten Fragebogen an Sacherschließerinnen und -erschließer aus ihrem Haus weiterzuleiten. Es ist also davon auszugehen, dass die 115 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich an der Umfrage beteiligt haben, alle über eigene praktische Erfahrungen in der inhaltlichen Erschließung verfügen.

3.1. Spektrum der teilnehmenden Mitarbeitenden

Ähnlich wie beim ersten Fragebogen wurden bestimmte allgemeine Daten erhoben, um bei Bedarf Kreuzauswertungen zu ermöglichen oder die gemachten Aussagen besser einordnen zu können. So wurden die Teilnehmenden auch hier nach dem Bibliothekstyp befragt; dabei waren wiederum Mehrfachnennungen möglich (Frage 6).20 Die beiden größten Gruppen machen – genau wie beim ersten Fragebogen – Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Universitätsbibliotheken mit 56 Nennungen sowie aus Spezial- bzw. Fachbibliotheken mit 31 Nennungen aus. Dazu kommen 23 Nennungen für Landes-, Regional- bzw. Staatsbibliotheken, zwölf Nennungen für Bibliotheken von nationaler Bedeutung sowie sieben für Hochschulbibliotheken. Auch bei der Frage nach der Bestandsgröße (Frage 7) ergibt sich ein ähnliches Bild wie beim ersten Fragebogen: Die meisten Bibliotheken haben einen Medienbestand von 1 bis 5 Mio. oder zumindest 300.000 bis 1 Mio.

Abgefragt wurde außerdem der Abschluss der Teilnehmenden (Frage 8). Mehrere Antwortmöglichkeiten waren vorgegeben; weiteres konnte unter „Sonstiges“ eingetragen werden. 58 Befragte (50,4 %) haben ein bibliothekarisches Referendariat absolviert bzw. besitzen einen bibliothekarischen Masterabschluss; drei von diesen wiesen darauf hin, dass sie auch einen bibliothekarischen Diplom-Abschluss haben. 49 Befragte (42,6 %) haben einen bibliothekarischen Diplom- oder Bachelorabschluss; zwei davon haben auch ein Fachstudium absolviert. Dazu kommen zwei Fachangestellte für Medien- und Informationsdienste21, d.h. 1,7 %, sowie drei Fachwissenschaftler/innen ohne bibliothekarische Ausbildung (2,6 %). Drei Personen (2,6 %) machten keine Angaben über ihren Abschluss.

3.2. Aufgabenverteilung aus Sicht der Betroffenen

Auch im zweiten Fragebogen wurde abgefragt, welche Personalgruppen in der jeweiligen Bibliothek im Bereich der Sacherschließung tätig sind (Frage 4). Erwartungsgemäß kommen dieselben Varianten vor, die schon im ersten Fragebogen aufgetaucht waren (vgl. Kap. 2.3). Der einzige Fall, der im zweiten Fragebogen nicht nachgewiesen ist, ist die Kombination von höherem Dienst und Hilfskräften. Ähnlich wie im ersten Fragebogen wurde auch hier die Zufriedenheit mit der Situation abgefragt (Frage 5): „Wie empfinden Sie die Situation hinsichtlich der Aufteilung der Aufgaben in der Sacherschließung in Ihrer Bibliothek?“ Diese Frage wurde sowohl von den Teilnehmenden beantwortet, in deren Bibliotheken eine Arbeitsteilung vorliegt, als auch von denen, in deren Bibliotheken nur eine einzige Personalgruppe in der Sacherschließung eingesetzt wird.22 Zunächst sei die Zufriedenheit aller Personen betrachtet, welche diese Frage beantwortet haben:23 50 von 113 Personen (44,2 %) schätzen die Situation, in der sie arbeiten, als „gut“ ein, 45 als „eher gut“ (39,8 %), 17 als „eher schlecht“ (15 %) und eine Person als „schlecht“ (0,9 %).

Von den 73 Personen, die in einer durch irgendeine Form der Aufgabenteilung geprägten Situation arbeiten, empfinden 33 (45,2 %) dies als „gut“, 26 (35,6 %) als „eher gut“, 13 (17,8 %) als „eher schlecht“ und eine Person (1,4 %) als „schlecht“. Ein Vergleich dieser Ergebnisse mit der entsprechenden Frage im ersten Fragebogen zeigt, dass die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Verhältnisse merklich kritischer beurteilen als die Personen in Leitungsfunktion, die den anderen Fragebogen in erster Linie beantwortet haben dürften. Diese beurteilten die Aufgabenteilung zu 76 % mit gut und zu 20 % mit eher gut (vgl. Kap. 2.5). Über die Ursachen für die unterschiedliche Einschätzung kann man nur spekulieren: Denkbar ist, dass es in der Praxis Schwierigkeiten gibt, die von der Leitungsebene nicht wahrgenommen oder als weniger gravierend eingestuft werden als von den Betroffenen selbst. Unter Umständen spielen aber bei den Mitarbeitenden auch allgemeine Aspekte der Arbeitszufriedenheit in die Antworten mit hinein, die unabhängig von der Frage der Aufgabenverteilung sind.

Tab. 2 zeigt die Zufriedenheit der Antwortenden, untergliedert nach den vier hauptsächlichen Varianten. Dabei sei jedoch daran erinnert, dass es bei den Aufgabenverteilungsmodellen in der Praxis sehr unterschiedliche Ausprägungen gibt (vgl. Kap. 2.4), die für die statistische Auswertung zwangsläufig in „denselben Topf geworfen“ werden müssen.

Personaleinsatz

Anzahl

gut

eher gut

eher schlecht

schlecht

nur hD

26

9

13

4

0

nur gD

11

6

5

0

0

hD + gD

57

27

21

8

1

hD + gD + FaMI/Hiwi

16

6

5

5

0

Die höchste Zufriedenheitsrate findet sich interessanterweise, wenn ausschließlich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des gehobenen Dienstes erschließen – allerdings ist die Grundgesamtheit hier mit nur elf Personen sehr gering: Sechs davon haben „gut“, die restlichen fünf „eher gut“ angegeben; niemand hat „eher schlecht“ oder „schlecht“ gewählt. In der Beliebtheitsskala folgt dann das Modell „höherer und gehobener Dienst“, welches 27 von 57 Betroffenen (47,4 %) als „gut“ und 21 (36,8 %) als „eher gut“ einschätzen. An dritter Stelle liegt das Modell, bei dem die Sacherschließung ausschließlich dem höheren Dienst obliegt, mit neun von 26 Stimmen (34,6 %) für „gut“ und 13 (50 %) für „eher gut“.

Am wenigsten beliebt ist die Kombination von drei oder gar vier Personalgruppen mit sechs von 16 Stimmen (37,5 %) für „gut“ und fünf (31,3 %) für „eher gut“. Der Anteil negativer Einschätzungen (fünfmal „eher schlecht“, d.h. 31,3 %) lag hier deutlich höher als bei den anderen Modellen. Konkrete Gründe für das relativ schlechte Abschneiden dieses Modells lassen sich den Antworten leider nicht entnehmen. Denkbar wäre, dass der Einsatz von Fachangestellten oder Hilfskräften in der Sacherschließung entweder grundsätzlich als problematisch eingeschätzt wird oder dass der Einsatz so vieler Personalgruppen die Abstimmung und Koordination erschwert.

In einem Freitextfeld konnte die Einschätzung zusätzlich kommentiert werden; die Antworten sind vielfach sehr aufschlussreich. Näher betrachtet werden sollen hier die Modelle „nur höherer Dienst“ und „höherer und gehobener Dienst“. Im ersten Fall haben elf Personen ihre Antwort kommentiert. Drei davon ordnen das Modell als „gut“ ein, weil es „sachlich angemessen“ sei bzw. – wie es in einem anderen Kommentar heißt – „weil hier die entsprechenden Fachkenntnisse vorhanden sind und auch entlohnt werden“. Eine Person, die sich für „eher gut“ entschieden hat, ergänzt dies noch um den Aspekt, dass die Fachreferentinnen und Fachreferenten dadurch mehr Kontakt zu ihrem Bestand haben.24 Sechs Personen äußern den Gedanken, dass Diplom- bzw. Bachelorkräfte zumindest einen Teil der Sacherschließung übernehmen könnten. Eine Person schreibt, dass die inhaltliche Erschließung vollständig auf den gehobenen Dienst übergehen sollte, um Zeit für andere, als wichtiger empfundene Tätigkeiten frei zu bekommen.25 Dazu passt eine weitere Äußerung, dass vieles nicht erschlossen werde, „da FachreferentInnen keine Zeit (und Lust?) dazu haben“; dies liege auch daran, dass die Regeln – insbesondere im Normdatenbereich – zu kompliziert geworden seien. Eine Person sieht jedoch auch in der Einbindung von Diplom- und Bachelorkräften keine Lösung, „weil weder beim höheren noch beim gehobenen Dienst ernsthaftes Interesse an Sacherschließung besteht“.

Aus den zahlreichen Kommentaren zum Kombinationsmodell „höherer und gehobener Dienst“ geht hervor, dass die vorhandene Aufgabenteilung vielfach als „nützlich und effektiv“ und „der Situation angemessen“ eingeschätzt wird. Auch hier sind wieder die unterschiedlichen Ausprägungen zu beobachten (vgl. Kap. 2.4): So schreibt eine Person aus dem höheren Dienst, die das Modell als „gut“ einordnet: „Der Großteil wird vom gehobenen Dienst übernommen. Konzeptionelle und knifflige Fragen in Absprache mit dem höheren Dienst. Das ist eine effiziente Aufteilung.“ In einer Reihe anderer Antworten wird die gelungene Arbeitsteilung darin gesehen, dass nur die Fremddatenübernahme sowie die formalen und redaktionellen Tätigkeiten im gehobenen Dienst angesiedelt seien, hingegen die „Inhaltserschließung im engeren Sinne“ durch wissenschaftliche Bibliothekarinnen und Bibliothekare erfolge. Bei den kritischen Stimmen („eher schlecht“ oder „schlecht“) findet sich mehrmals der Gedanke, dass der höhere Dienst noch stärker durch den gehobenen Dienst entlastet werden könnte. Zweimal wird aber auch angeführt, dass die Aufgabenverteilung „willkürlich und zufällig“ erfolge. Eine Person beklagt die insgesamt zu geringen Personalressourcen sowie eine mangelnde Wertschätzung der Sacherschließung bei der Bibliotheksleitung; bei der Verteilung der Aufgaben auf die verschiedenen Personalgruppen handele es sich nur noch um „Krisenmanagement“. In einer weiteren Antwort wird konstatiert, dass die Fachreferatsarbeit „mit geistig wenig anspruchsvoller Tätigkeit gleichgesetzt“ werde.

3.3. Allgemeine Einstellung zum gehobenen Dienst in der Sacherschließung

Ein wichtiges Element im zweiten Fragebogen waren die Fragen zu persönlichen Haltungen. In der ersten davon wurde ganz allgemein gefragt: „Wie finden Sie es, wenn Diplom- und Bachelor-Bibliothekarinnen und -Bibliothekare in der Sacherschließung eingesetzt werden?“ (Frage 1). Abb. 2 zeigt das Ergebnis für die 113 Personen, die diese Frage beantwortet haben: 55 Personen (48,7 %) entschieden sich für „gut“, 32 Personen (28,3 %) für „eher gut“, 19 für „eher schlecht“ (16,8 %) und sieben für „schlecht“ (6,2 %). Über drei Viertel (87, d.h. 77 %) sehen also den Einsatz des gehobenen Dienstes in der Sacherschließung positiv.

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Hier stellt sich zwangsläufig die Frage, ob der Grad der Zustimmung vom eigenen Abschluss der befragten Personen abhängt – dies scheint tatsächlich der Fall zu sein. Abb. 3 zeigt die Antworten derjenigen Personen, die dem höheren Dienst zuzurechnen sind,26 sowie diejenigen, die dem gehobenen Dienst zuzuordnen sind, sofern sie die Frage beantwortet haben. Um einen direkten Vergleich zu ermöglichen, werden die Werte nicht als absolute Zahlen angegeben, sondern als Prozentzahlen auf die jeweilige Grundgesamtheit (56 bzw. 49 Personen).

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Während die Antworten für „eher gut“ bei beiden Gruppen nahezu gleich sind, liegen die „gut“-Bewertungen weit auseinander: Die Antwortenden aus dem höheren Dienst wählten dies zu 32,1 %, die aus dem gehobenen Dienst zu 67,3 %. Insgesamt ist die Zustimmung (gut oder eher gut) im gehobenen Dienst mit 93,9 % überwältigend hoch. Bei den Angehörigen des höheren Dienstes ist sie mit 58,9 % deutlich geringer. Entsprechend mehr kritische Stimmen gibt es in dieser Gruppe: 30,4 % ordnen die Beteiligung von Diplom- oder Bachelorkräften als „eher schlecht“ ein und 10,7 % als „schlecht“. Im gehobenen Dienst sind es nur 4,1 bzw. 2 %.

Die Befragten konnten ihre Antwort in einem Freitextfeld kommentieren. Bei einigen der Personen, die mit „gut“ geantwortet haben, spielt die eigene positive Erfahrung eine große Rolle, z.B. „weil ich seit Jahren als Bibliothekar die Sacherschließung in unserer Abteilung übernehme“ oder „wird in unserer Bibliothek schon 20 Jahre erfolgreich praktiziert und ist allgemein (auch bei den Fachreferenten) akzeptiert“. Wiederholt wird auf eine höhere Regelwerksaffinität der Diplom- bzw. Bachelorkräfte hingewiesen, z.B.: „Fachreferenten haben (hoffentlich) das nötige Fachwissen, die Feinheiten der Regelwerke kennen sie meist nicht“. Zum fachlichen Hintergrund ist die Sicht in dieser Gruppe: „Dafür braucht es kein Universitätsstudium“. Dabei wird auch auf die Fälle verwiesen, in denen Fachreferentinnen und Fachreferenten Fächer betreuen, die sie nicht studiert haben. In einer anderen Antwort heißt es:

„Die Grundkompetenz zur Nutzung des Instrumentariums für die sachliche Erschließung wird im bibliotheksfachlichen Studium und nicht im Fachstudium erworben. Eine Kenntnis des Fachgebietes, in dem die Sacherschließung erfolgt, ist ohne Zweifel sinnvoll, diese muss sich aber (...) nicht auf dem Niveau bewegen, das durch ein spezifisches Fachstudium erworben wird, sondern kann über die längerfristige Erfahrung im Umgang mit der einschlägigen Literatur, über den Auskunftsdienst etc. erworben werden.“

Auch die verstärkte Nachnutzung von Fremddaten wird in einigen Antworten als Begründung erwähnt. Dennoch sei, wie mehrere Befragte betonen, in manchen Fällen Unterstützung durch Fachexpertinnen und -experten nötig.

Neben der schnelleren Bearbeitung der Medien und der Entlastung des höheren Dienstes wird auch die Rückkoppelung mit dem Auskunftsdienst als Vorteil benannt: Diplom- und Bachelorkräfte, die selbst inhaltlich erschließen, würden dadurch ihre Recherchekompetenz verbessern. Überdies wird die Sacherschließung als interessante und abwechslungsreiche Tätigkeit für den gehobenen Dienst wahrgenommen.27 Jedoch „sollte es dann eigentlich auch die Möglichkeit geben, dementsprechend höher eingruppiert zu werden, was nicht der Fall ist“.28

In der Gruppe, die mit „eher gut“ geantwortet hat, trifft man häufig auf dieselben Argumente wie bei der sehr positiv eingestellten Gruppe. Öfter wird allerdings eine gewisse Einschränkung vorgenommen, z.B. „für einfachere Titel in gängigen Sprachen bestimmt möglich“ oder „es hängt von der Materie (evtl. nur Teilbestände), der Erschließungstiefe, der Erfahrung ab“. Eine antwortende Person kann es sich in der klassifikatorischen Erschließung gut vorstellen, bei der verbalen Sacherschließung hingegen eher nicht.

Mehrere Personen, die sich für „eher schlecht“ entschieden haben, betonen die Bedeutung der Sacherschließung als „originäre Kernaufgabe der Fachreferenten“; dies sei „die Stelle, wo die meiste inhaltliche Fachkompetenz benötigt wird“. Die in dieser Gruppe vorherrschende Haltung ist, dass das Fachstudium für eine erfolgreiche Sacherschließung deutlich wichtiger sei als die bibliothekarische Ausbildung. Entsprechend heißt es in einer Äußerung: „(...) halte ich Diplombibliothekare mit Fachstudium, die es ja auch gibt, für genauso gut geeignet wie Bibliothekare des höheren Dienstes.“ Interessant ist der Hinweis, dass die Kompetenz der wissenschaftlichen Bibliothekarinnen und Bibliothekare in der Informationsvermittlung abnehmen könnte, „wenn sie nicht auch in die Sacherschließung einbezogen sind“. Eine Rolle des gehobenen Dienstes in der Sacherschließung wird nicht von allen Antwortenden in dieser Gruppe kategorisch ausgeschlossen, sollte sich dann aber auf Bereiche wie Fremddatenübernahme und Normdatenarbeit beschränken. Eine Person hält das Fachstudium für die Arbeit in einer Spezialbibliothek für unverzichtbar, aber „in einer Universalbibliothek wäre dies eventuell ohne Fachstudium möglich“.

Die mit „schlecht“ antwortenden Personen betonen die Bedeutung des Fachstudiums erwartungsgemäß noch etwas stärker, z.B.: „Ich empfinde es als sachlich höchst problematisch, wenn sie [die Erschließenden] kein entsprechendes Fachstudium (...) absolviert haben.“ Die Erschließung durch Diplom- bzw. Bachelorkräfte dauere länger und sei fehleranfälliger. Überdies würden die Fachreferentinnen und Fachreferenten „nicht genützt“ und sie seien dann „weniger in der Lage, aktuelle Themen im Auge zu behalten“.

3.4. Weitere Haltungsfragen

Ergänzend zu dieser allgemeinen Haltungsfrage wurden die Befragten mit sechs spezielleren – teilweise bewusst provokant formulierten – Thesen konfrontiert, zu denen sie sich positionieren sollten (Frage 2). Die Auswahlmöglichkeiten waren hier jeweils „stimme gar nicht zu“, „stimme eher nicht zu“, „stimme eher zu“ und „stimme sehr stark zu“.

Die erste Aussage lautete: „Nur Bibliothekarinnen und Bibliothekare mit Referendariat sind dank ihres Fachstudiums in der Lage, adäquat und effizient inhaltlich zu erschließen.“29 Abb. 4 zeigt die Ergebnisse für alle 114 Befragten, die diese Frage beantwortet haben: 28 Personen (24,6 %) stimmen der Aussage gar nicht und 45 (39,5 %) eher nicht zu – zusammen also knapp zwei Drittel (64 %). Das verbleibende gute Drittel (36 %) stimmt der Aussage zu; 28 Personen (24,6 %) eher und 13 (11,4 %) sehr stark.

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Für Abb. 5 wurden die Ergebnisse nochmals differenziert: Die erste Datenreihe zeigt die Antworten der 58 Personen, die dem höheren Dienst zugeordnet werden können30, die zweite Datenreihe die Antworten der übrigen 56 Teilnehmenden, die diese Frage beantwortet haben. Um einen direkten Vergleich zu ermöglichen, werden die Werte hier nicht als absolute Zahlen angegeben, sondern als Prozentzahlen auf die jeweilige Grundgesamtheit.

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Dabei zeigen sich merkliche Unterschiede zwischen den beiden Gruppen: Beim höheren Dienst sind 46,6 % der Stimmen ablehnend (13,8 % stimmen gar nicht zu, 32,8 % eher nicht) und 53,4 % zustimmend (37,9 % stimmen eher zu, 15,5 % sehr stark). Bei den übrigen Befragten ist die Ablehnung der These mit 82,1 % deutlich höher (35,7 % gar nicht, 46,4 % eher nicht) und die Zustimmung mit 17,8 % entsprechend niedriger (10,7 % stimmen eher zu, 7,1 % sehr stark).

Es liegt auf der Hand, dass hier der jeweilige Hintergrund und die Selbstwahrnehmung der Antwortenden eine erhebliche Rolle spielt: In der Sacherschließung tätige Personen, die nicht dem höheren Dienst angehören und überwiegend kein Fachstudium besitzen, fühlen sich ihrer Aufgabe offenbar durchaus gewachsen und lehnen die These deshalb ab. Aber auch die knappe Hälfte der Angehörigen des höheren Dienstes ist nicht der Ansicht, dass Fachstudium und Sacherschließung zwingend zusammengehören.

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Die zweite Aussage lautete: „Auch Diplom- bzw. Bachelor-Bibliothekarinnen und -Bibliothekare haben ausreichend Kenntnisse, um inhaltlich zu erschließen, und sind eine gute Untertützung.“ Die Abb. 6 und 7 zeigen die Auswertungen dafür, wiederum einmal in absoluten Zahlen für die Gesamtgruppe und einmal in Prozentzahlen differenziert nach höherem Dienst und den übrigen Befragten.

Da der erste Teil der zweiten Aussage sozusagen komplementär zur ersten war, war eine vergleichbare Verteilung der Antworten zu erwarten – nur eben „anders herum“. Tatsächlich fallen die Zahlen aber noch etwas deutlicher aus: Nicht nur zwei Drittel, sondern fast drei Viertel der Antwortenden (86 von 115, d.h. 74,8 %) stimmen dieser Aussage eher oder sehr stark zu. Dies liegt vermutlich am zweiten Teil der Aussage, in dem von einer „Unterstützung“ durch Diplom- bzw. Bachelorkräfte die Rede war. Dies kann sich – zumindest in einem gewissen Maße – offenbar ein sehr großer Teil der Befragten vorstellen.

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Vergleicht man die Antworten von Teilnehmenden aus dem höheren Dienst mit denen der übrigen, so ergeben sich auch hier deutliche Unterschiede: Bei ersteren liegt die Zustimmung bei 56,9 % (39,7 % stimmen eher zu, 17,2 % sehr stark), bei den übrigen Befragten sind es sogar 93 % (43,9 % stimmen eher zu, 49,1 % sehr stark).

Die nächsten beiden Haltungsfragen bezogen sich auf Aspekte der praktischen Erschließung. Der Aussage „Für die Sacherschließung ist ein Fachstudium nicht zwingend erforderlich, da die Erfahrung eines Erschließers am wichtigsten ist“ stimmten fast zwei Drittel (75 von 115, d.h. 65,2 %) zu. 54 Personen (47 %) stimmten eher zu, 21 (18,3 %) sogar sehr stark. 23 (20 %) stimmten eher nicht, und 17 (14,8 %) gar nicht zu. Die vierte Aussage lautete: „Ein Vorteil beim Einsatz von Diplom- und Bachelor-Bibliothekarinnen und -Bibliothekaren ist, dass diese es von der Formalerschließung her gewöhnt sind, sich eng an die Regeln zu halten“. Dem konnte sich gut die Hälfte (57,7 %) der 111 Antwortenden anschließen: 43 (38,7 %) stimmten eher zu, 21 (18,9 %) sehr stark. 29 (26,1 %) stimmten eher nicht zu und 18 (16,2 %) gar nicht.

Die letzten beiden Haltungsfragen waren bibliothekspolitisch ausgerichtet: „Der Einsatz von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren mit Referendariat bzw. Master-Abschluss im Bereich der Sacherschließung ist zu teuer“ und „Bibliothekarinnen und Bibliothekare mit Referendariat bzw. Master-Abschluss sollten sich lieber um andere Aufgaben kümmern, wie z.B. die Informationsvermittlung“. Auch bei diesen Fragen scheint die Sicht der Angehörigen des höheren Dienstes besonders interessant, weshalb im Folgenden zusätzlich zum Ergebnis der Gesamtgruppe jeweils auch eine differenzierte Darstellung gezeigt wird.

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Fast drei Viertel der Befragten, die diese Frage beantwortet haben (83 von 111, d.h. 74,8 %), halten den Einsatz des höheren Dienstes in der Sacherschließung nicht für zu teuer: 36 (32,4 %) stimmten dieser Aussage gar nicht zu, 47 (42,3 %) eher nicht. Ein Fünftel (23, d.h. 20,7 %) stimmte eher zu und nur fünf Personen (4,5 %) stimmten sehr stark zu.

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Dabei stimmen die Angehörigen des höheren Dienstes dieser These etwas stärker zu als die übrigen Befragten: Bei ersteren liegt die Zustimmung bei 28,1 % (22,8 % stimmen eher zu, 5,3 % sehr stark), bei den übrigen Befragten sind es nur 22,2 % (18,5 % stimmen eher zu, 3,7 % sehr stark).

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Die Aussage, dass Bibliothekarinnen und Bibliothekare mit Referendariat bzw. Master-Abschluss sich besser um andere Aufgaben als die Sacherschließung kümmern sollten, wird ebenfalls mehrheitlich abgelehnt, aber nicht so stark wie die vorhergehende These. Knapp zwei Drittel der Befragten, die diese Frage beantwortet haben (72 von 111, d.h. 64,9 %), sind nicht dieser Ansicht: 19 (17,1 %) stimmten der Aussage gar nicht zu, 53 (47,7 %) eher nicht. 32 Personen (28,8 %) stimmten eher zu, sieben Personen (6,3 %) sehr stark.

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Auch hier stimmen die Angehörigen des höheren Dienstes der These stärker zu als die übrigen Befragten, doch sind die Unterschiede nicht sehr groß: Bei ersteren liegt die Zustimmung bei 36,4 % (25,5 % stimmen eher zu, 10,9 % sehr stark), bei den übrigen Befragten sind es nur 33,9 % (32,1 % stimmen eher zu, 1,8 % sehr stark). Auffällig ist aber, dass man eine sehr starke Zustimmung fast ausschließlich bei Angehörigen des höheren Dienstes vorfindet.

3.5. Allgemeine Anmerkungen

Im Anschluss an die Haltungsfragen gab es im Fragebogen noch ein Freitextfeld, in dem die Befragten ihre Meinung zum Einsatz von Diplom- bzw. Bachelor-Bibliothekarinnen und Bibliothekaren im Bereich der Sacherschließung noch genauer erläutern konnten (Frage 3). Die hier gemachten Kommentare decken im Wesentlichen dieselben Aspekte ab, die bereits in Kap. 3.3 beschrieben wurden.

Häufig wurde außerdem an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass das Thema differenziert betrachtet werden müsse, z.B.: „Man kann schlecht Aussagen für den gesamten zu erschließenden Bestand treffen“, es müsse „berücksichtigt werden, dass verschiedene Sacherschließungssysteme unterschiedlich komplex sind“, in bestimmten Fächern sei „ein gewisses Maß an Sachkenntnis nötig, das man ohne Fachstudium nicht erwarten“ könne. Teilweise wurde deshalb auch bemängelt, dass die Fragen „zu pauschal“ waren. Diese Kritik ist fraglos berechtigt. In der Tat konnte mit der im zeitlich sehr begrenzten Rahmen einer Bachelorarbeit erstellten Umfrage keine sehr feine Differenzierung geleistet werden. Dies muss weiteren Studien vorbehalten bleiben.

Dieses Freitextfeld sowie ein abschließendes Anmerkungsfeld wurde zum Teil auch für allgemeine Aussagen zur Sacherschließung genutzt. Einige Antwortende äußerten die Ansicht, dass die intellektuelle Sacherschließung von automatischen Indexierungsmethoden abgelöst werden wird. Andere betonen den hohen Wert der Sacherschließung, insbesondere im Zusammenhang mit Discovery-Systemen.31 Demgegenüber steht aber auch eine Äußerung, in der die „Sinnhaftigkeit, insbesondere der verbalen Sacherschließung (RSWK)“ bezweifelt wird. Wie die Anmerkungen ebenfalls zeigen, stieß das Thema der Umfrage bei den Teilnehmenden auf großes Interesse.

4. Fazit

Heidrun Wiesenmüller und Dagmar Kähler hatten vermutet, dass Sacherschließung nicht zwingend in der Hand von Personen mit Fachstudium liege, sondern sich „in der Praxis an deutschen Wissenschaftlichen Bibliotheken (...) ein weitaus bunteres Bild“ zeige.32 Die Ergebnisse der Umfrage von Kristina Fischer haben dies nachdrücklich bestätigt. Zwar bilden Angehörige des höheren Dienstes weiterhin das Rückgrat der Sacherschließung. Doch zeigt das Ergebnis der Stichprobe, dass an vielen Bibliotheken auch Diplom- bzw. Bachelorkräfte eingebunden sind. In der Regel funktioniert dies offenbar sehr gut und bringt Vorteile für alle Beteiligten – u.a. eine schnelle und effiziente Medienbearbeitung, eine Entlastung der Fachreferentinnen und Fachreferenten sowie interessante und abwechslungsreiche Aufgabenbereiche für den gehobenen Dienst.

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Umfrage ist die enorme Vielfalt der existierenden Modelle für eine Aufgabenteilung zwischen unterschiedlichen Personalgruppen. Dies zeigt, dass es keine Patentrezepte gibt und dass jede Bibliothek den für ihre Situation optimalen Mix bei der Verteilung der Aufgaben in der inhaltlichen Erschließung finden muss.

Bewusst wurden in der Umfrage auch persönliche Haltungen ermittelt. Zu bedenken ist dabei allerdings, dass es sich bei den Befragten ausschließlich um Personen handelt, die selbst in der Sacherschließung aktiv sind. Der Einsatz des gehobenen Dienstes in der Sacherschließung wird überwiegend positiv gesehen, wobei allerdings die Zustimmung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem höheren Dienst geringer ist als die der übrigen Befragten. In den Haltungsfragen zeigt sich außerdem eine hohe Wertschätzung für die Sacherschließung im Aufgabenspektrum des höheren Dienstes: Auf breiter Linie abgelehnt werden die Thesen, dass Sacherschließung durch den höheren Dienst zu teuer sei und dass andere Aufgaben wichtiger seien.

Literaturverzeichnis:

Wiesenmüller, Heidrun und Dagmar Kähler. „Sacherschließung und Fachstudium – eine untrennbare Verbindung?” In Bibliothekare zwischen Verwaltung und Wissenschaft, herausgegeben von Irmgard Siebert und Thorsten Lemanski, 205–218. Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 2014.

Fischer, Kristina. Sacherschließung in wissenschaftlichen Bibliotheken – eine Analyse der Aufgabenverteilung zwischen den Personalgruppen. Bachelorarbeit, Hochschule der Medien, 2016. urn:nbn:de:bsz:900-opus4-48307.

1 Heidrun Wiesenmüller und Dagmar Kähler, „Sacherschließung und Fachstudium – eine untrennbare Verbindung?,“ in Bibliothekare zwischen Verwaltung und Wissenschaft, hrsg. Irmgard Siebert und Thorsten Lemanski (Frankfurt am Main: Vittorio Klostermann, 2014), 205–218.

2 Ebd., 211.

3 Kristina Fischer, Sacherschließung in wissenschaftlichen Bibliotheken – eine Analyse der Aufgabenverteilung zwischen den Personalgruppen (Bachelorarbeit, Hochschule der Medien, 2016), urn:nbn:de:bsz:900-opus4-48307.

4 Bei der Arbeit an diesem Aufsatz stellte sich außerdem heraus, dass leider aufgrund eines Übermittlungsfehlers nicht alle Antworten korrekt in die Auswertung für die Bachelorarbeit mit eingeflossen sind. Dies erklärt bestimmte Abweichungen bei den Zahlenwerten zwischen den im Folgenden gemachten Angaben und denen in der Bachelorarbeit.

5 Für Details zur Konzeption der Fragebögen und zum Pretest vgl. Fischer, Sacherschließung in wissenschaftlichen Bibliotheken, 17–20.

6 Die Zahl 84 beruht auf einer Recherche in der Bibliothekssuchmaschine BibS am 02.05.2016, https://www.bibliotheksstatistik.de/bibsFilter.

7 Eine Recherche in BibS (wie Anm. 6) am 02.05.2016 ergab 227 Hochschulbibliotheken. Angefragt wurden 21 davon, d.h. 9,3 %. Tatsächlich teilgenommen haben nur vier Hochschulbibliotheken (vgl. Kap. 2.1). Die Zahl der Spezialbiblio­theken in Deutschland ist nahezu unüberschaubar: Alleine für Nordrhein-Westfalen listet derzeit 461 Treffer auf, für Bayern 325 und für Baden-Württemberg 300. In diesem Segment wurde also überhaupt nur ein sehr kleiner Bruchteil kontaktiert.

8 Der Fragebogen ist vollständig abgedruckt bei Fischer, Sacherschließung in wissenschaftlichen Bibliotheken, 76-88. Zur Auswertung vgl. ebd., 21–44.

9 Fünf Bibliotheken ordneten sich zwei Gruppen zu (z.B. als Kombination von Universitäts- und Landesbibliothek), sodass die Gesamtzahl der Nennungen für die 44 Bibliotheken bei 49 liegt.

10 Die Ergebnisse können im Folgenden nur sehr knapp skizziert werden; eine ausführliche Darstellung findet sich bei Fischer, Sacherschließung in wissenschaftlichen Bibliotheken, 24–30.

11 Bei neun Bibliotheken war hier die Auswahl „Keine verbale Sacherschließung“ ausgewählt. Im Fragebogen einer Bibliothek steht an dieser Stelle „GHBS“, bei einer weiteren „Haussystematik“ (was dann jeweils bei der Frage nach der klassifikatorischen Erschließung wiederholt wurde). Es ist anzunehmen, dass auch diese beiden Bibliotheken keine aktive verbale Sacherschließung betreiben.

12 Diese aus dem Beamtenwesen stammende Terminologie (teilweise auch dort mittlerweile durch andere Bezeichnungen abgelöst, z.B. durch „QE4“ und „QE3“ in Bayern) ist hier und im Folgenden in einer weiten Bedeutung zu verstehen.

13 Hier wurden sowohl die fünf Landes-, Regional- bzw. Staatsbibliotheken in reiner Ausprägung eingeordnet als auch die drei, die zusätzlich noch „Universitätsbibliothek“ oder „Hochschulbibliothek“ angegeben haben.

14 Hier wurden sowohl die drei Bibliotheken eingeordnet, die als Typ nur „Nationalbibliothek oder Bibliothek von nationaler Bedeutung“ angegeben hatten, als auch die beiden, die sich zusätzlich noch einem weiteren Bibliothekstyp zugeordnet hatten (einmal „Universitätsbibliothek“, einmal „Spezial- bzw. Fachbibliothek“)

15 Einerseits wegen der Mehrfachzuordnungen, vgl. Fußnoten 13 und 14. Andererseits ist nicht gesichert, ob die Zuordnung durch die Befragten konsistent erfolgt ist (z.B. könnte eine große Staatsbibliothek entweder zum Typ „Landes-, Regional- oder Staatsbibliothek“ oder zu „Bibliothek von nationaler Bedeutung“ gerechnet worden sein).

16 Im Fall einer Hochschulbibliothek, die Diplom- bzw. Bachelorkräfte sowie Fachangestellte in der Sacherschließung einsetzt, lässt sich dies anhand einer Aussage aus dem zweiten Fragebogen (als Kommentar zu Frage 1, vgl. Kap. 3.3) bestätigen: „Wer soll es sonst machen, wenn es an der Bibliothek keinen höheren Dienst gibt?“

17 Allgemeiner Hinweis zu den wörtlichen Zitaten aus der Umfrage: Um die Lesbarkeit zu erleichtern, wurden Tippfehler u.ä. stillschweigend korrigiert sowie Abkürzungen wie „gD“ und „hD“ grundsätzlich aufgelöst.

18 Unter der Annahme, dass diese Fragebögen nur aus den Bibliotheken stammen, für die auch der erste Fragebogen beantwortet wurde. Dabei kann nicht ausgeschlossen werden, dass aus einigen Bibliotheken relativ viele und aus anderen nur relativ wenige Mitarbeitende den Fragebogen beantwortet haben. Gut möglich ist es außerdem, dass manche Personen beide Fragebögen beantwortet haben.

19 Der Fragebogen ist vollständig abgedruckt bei Fischer, Sacherschließung in wissenschaftlichen Bibliotheken, 89–100. Zur Auswertung vgl. ebd., 45–70.

20 Zwölf Personen ordneten ihre Bibliothek mehr als einem Typ zu, sodass die Gesamtzahl der Nennungen in den 115 Fragebögen bei 129 liegt.

21 Hier wurde auch eine Person aus dem mittleren Dienst zugeordnet, die auch ein Fachstudium hat.

22 Dies war an sich nicht intendiert gewesen; der Fragebogen war an dieser Stelle nicht eindeutig genug. Für die Auswertung ist dies aber durchaus positiv, weil dadurch die Zufriedenheit aller Gruppen miteinander verglichen werden kann.

23 Allgemeiner Hinweis zu den Grundgesamtheiten: Eine explizite Antwortmöglichkeit „keine Angabe“ war grundsätzlich nicht vorgesehen, doch konnten Fragen unbeantwortet gelassen werden. Hier und im Folgenden bleiben die (wenigen) Personen, die eine Frage nicht beantwortet haben, für die Auswertung unberücksichtigt. Dadurch ergeben sich wechselnde Grundgesamtheiten.

24 „Weil es einen fachlich geschulten Blick auf die Medien gibt und umgekehrt eine Rückkoppelung an die Fachreferentinnen und Fachreferenten zu ihrem Bestand.“

25 „Weil meine persönliche Meinung die ist, dass die Sacherschließung von Diplom-Bibliothekaren erledigt werden könnte und vielleicht auch sollte. Ich habe genügend andere Tätigkeiten, die für mich Priorität haben. Insofern hindert mich die Sacherschließung daran, die Arbeitszeit für wichtigere Tätigkeiten zu nutzen.“

26 Fachwissenschaftler/innen ohne bibliothekarischen Abschluss wurden dabei nicht berücksichtigt.

27 Z.B.: „Außerdem handelt es sich häufig um eine anspruchsvolle und befriedigende Arbeit, die von KollegInnen im gehobenen Dienst gern übernommen wird.“

28 Ähnlich hat sich jemand in einem allgemeinen Freitextfeld (vgl. Kap. 3.5) geäußert: „Ein ethisches Problem ist allerdings, dass man durch den Einsatz von Diplombibliothekar/innen bei der Sacherschließung viel Geld einspart.“

29 Die Formulierung „mit Referendariat“ war nicht ganz präzise, da es auch andere Zugangswege zum höheren Dienst gibt. Es ist aber anzunehmen, dass die Befragten die Aussage so umfassend interpretiert haben, wie sie gemeint war.

30 Fachwissenschaftler/innen ohne bibliothekarischen Abschluss wurden dabei nicht berücksichtigt.

31 Z.B. die interessante Äußerung: „Ich halte die Sacherschließung für enorm wichtig, um den Überblick über die Vielzahl der Medienwerke bzw. Treffermengen zu behalten. Aufgrund der Facettensuche schmeißen die Nutzer die Titel in ihren Suchergebnissen raus, die kein Schlagwort (auch wenn die Nutzer nicht genau wissen, was ein Schlagwort ist) haben. Das zeigen zumindest unsere Schulungen und Erfahrungen.“

32 Wiesenmüller und Kähler, „Sacherschließung und Fachstudium – eine untrennbare Verbindung?,“ 207.